GcwerfefcbaftUcbc#).Reichsvereinsgesetz und Gewerkschaften.Waldenburg i. Schl.. 7. Juli.(Privatdcpesche des«Vorwärts".) Gestern wurde der Vertrauensmann derZahlstelle Waldenburg vom Bergarbeiterverbande, namensFriedrich Bergemann, von dem Gottesberger Schöffengerichtzu 20 M. Geldstrafe verurteilt, weil er jugendliche Berg-arbeiter, das heißt solche unter 18 Jahren, in den Berg-arbeiterverband als Mitglieder aufgenommen hat. DemEinwand des Angeklagten, daß der Bergarbeitrrverbandkeine politische Organisation sei, nur rein wirtschaftlicheZwecke verfolge, infolgedessen jugendliche Bergarbeiter auf-genommen werden könnten, wurde in der Urteilsbegründungentgegengehalten, daß, da der Verband„einen Druck auf dieGesetzgebung"(?) ausübt, was eine politische Handlungdarstelle, jugendliche Arbeiter deswegen nicht aufgenommenwerden dürften. Weil dieses durch den Angeklagten dennochgeschehen, müsse er bestraft werden.Dieses Urteil schlägt allen Zusicherungen und Ver-sprechungen ins Gesicht, die gelegentlich der Beratungen desReichsvereinsgesetzes im Reichstage über die Behandlung derGewerkschaften gemacht worden sind. Zudem ist die Fest-stellung, daß der Bergarbeiterverband„einen Druck auf dieGesetzgebung ausübe", eine vage Annahme des Schöffen-gerichts in Gottesberg, die durch nichts bewiesen ist und durchnichts bewiesen werden kann. Seine Konstitution befähigtden Bergarbeiterverband von vornherein gar nicht dazu,einen„Druck auf die Gesetzgebung" auszuüben. Wenn imVerband Berufsangelegenheiten und aus diesem Anlaß auchdie einschlägige Gesetzgebung, ja selbst ganz allgemeineFragen der Sozialgesetzgebung erörtert werden, so ist diesdas gute Recht des Bergarbeiterverbandes wie aller anderenGewerkschaftsorganisationen überhaupt. Ein politischerVerein muß aber auf die Gestaltung politischer Angelegen-heiten einwirken wollen. Das Urteil in Gottesbergscheint die„Erörterung" politischer Angelegenheitenund die„Einwirkung" auf dieselben nicht auseinander-gehalten oder sich die Feststellung der„Einwirkung" sehrleicht gemacht zu haben. Für die Gewerkschaftenbesteht jedenfalls keine Veranlassung, eine solche fürdie moderne Justiz sehr bequeme, für den gewerkschaftlichenKampf sehr unbequeme Auslegung des Reichsvereinsgesetzeswiderstandslos über sich ergehen zu lassen.Seriin und Umgegend.Die Lohnbewegung der Staker.r Die Arbeitgeber im Stakcrgewerbe hoben es bis jetzt nicht fürnötig erachtet, über den eingereichten Tarifvertragsentwurf zu ver-handeln. Wie N o a ck am Dienstag in der außerordentlichen Mit-gliederversammlung der Staker berichtete, ist auf die Forderungen.die dem Herrn zugesandt wurden, der bei den Verhandlungen imvorigen Johre als die leitend« Person der Unternehmer erschien,keinerlei Antwort eingegangen. Da also auf diesem Wege nichtszu erreichen war, empfahl die Lohnkommission der Versammlung,zu beschließen, daß die Forderungen nun den einzelnenFirmen von den Vertrauensmännern vorgelegtwerden, und daß, wo sie nicht anerkannt werden, dieArbeit niederzulegen ist, die betreffenden Bauten gc-sperrt werden. Es soll jedoch bei der ganzen Bewegung mit ruhigerUeberlegung vorgegangen werden und in der Weise, wie es derUmstand, daß die Unternehmer des Stakergewerbes noch unorgani-siert sind, mit sich bringt.— In der lebhaften Debatte, die demBericht folgte, sprachen sich einige Redner dafür aus, den Lohn-kämpf gleich auf der ganzen Linie zu eröffnen. Die Versammlungentschied sich jedoch für die von der Lohnkommission vorgeschlageneKampfweise. ES wurden sodann die Firmen bestimmt, denen gleicham mndercn Tage die Forderungen zur Anerkennung vorgelegtWerden sollten, was nun auch gestern bereits geschehen ist.Akkirdtaris und Eubunternehmerfeage im Fliesenlegerberuf.Die Stellungnahme zu dieser Frage, die am letzten Freitagin der öffentlichen Fliesenlegerversammlung nach längeren Er-örterungcn vertagt wurde, hatte am Dienstag die FliesenlegerBerlins zu einer neuen öffentlichen Versammlung im„NeuenKlubhaus" zusammen geführt. W a l d h e i m, aus dessen Referatvom Freitag der„Vortvärts" in Nr. 1b3 das wesentlichste wieder-gab, eröffnete die Diskussion. Die Debatte gestaltete sich wiedersehr lebhaft. Während eine Anzahl Redner die von den Vorständenvorgelegte Resolution empfahlen, traten andere dafür ein, daß be-schlössen werde, von einem bestimmten Zeitpunkt ab überhauptnicht mehr bei Subunternehmern zu arbeiten.Unter Ablehnung des anderen Vorschlags wurde die R e s o»lution der Vorstände mit einer Abänderung mitgroßer Mehrheit angenommen. Die Resolution ver-weist auf daS Ueberhandnehmen der Subunternehmer, die jetztdie Arbeiten der großen Tariffirmen zum weitaus größten Teilübernehmen und fährt dann fort:„Die Herstellungspreise, welche die Subunternehmer er-halten, stehen in keinem Verhältnis zu denen, die im Tarif fest-gelegt sind. Selbst die Hilfsarbeiter sind davon noch zu ent-lohnen. DaS hat zur Folge, daß mittels Zahlung von Klassen-löhnen, Antreiberei und indirekter Maßregelung die Arbeits-kräfte der Leger und Hilfsarbeiter aufs äußerste ausgenutztwerden. In dieser Methode erblickt die Versammlung einegroße Gefahr für den ganzen Beruf und eine schädigende Ein-Wirkung auf d?e Lohn- und Arbeitsverhältnisse.— Die Versammlung konstatiert weiter, daß die Arbeitsvergebungseitens der Tarifgeschäfte an Subunterneh-m e r, ohne daß man sich an die Bestimmungen des Tarifs hält,eine Umgehung des Tarifs mit eigennützigen Absichten bedeutet.ES wird den Kollegen zur Pflicht gemacht, vonden Subunternehmern die Entlohnung nachdem Akkordtarif zu verlangen, und zwar istÜber die einschlägigen Maßnahmen mit denOrganisationsvorständen zu verhandeln. DieVersammlung verpflichtet zugleich die Orga.nisationSvor stände, das in der gezeigten Rich-tung gehende Be st reden der Kollegen zu unter.stützen.— Die Versammlung ist fest davon überzeugt, daß nurdann wieder eine Besserung im Beruf eintritt, wenn das schäd-liche und vollständig überflüssige Subunternchmertum be-seitigt ist." iDie Versammlung beschloß, daß alle Meldungen von denwiitgliedern sämtlicher beteiligten Organisa«t i o n e n an eine bestimmte Person zu richten sind. Dazu wurdeW a l d h e i m bestimmt, der bei Meldungen zur Erledigung derSache die Vorstände der Organisationen heranzieht. Waldheimwohnt in Schöneberg, Meininger Straße 8.OeutTches Reich.Der Verband der Hutmacherhatte bei einer Zunahme von 313 Mitgliedern im Jahre 1908 eingünstigeres Ergebnis im organisatorischen Fortschritt zu ver.zeichnen als im Vorjahre, das einen Zuwachs von nur 87 Mit-gliedern brachte. Den Hauptanteil an dieser Ziffer haben dieweiblichen Mitglieder mit 271, die überhaupt mit ihren 2371 Mit-gliedern ein großes Kontingent der Gcsamtmitgliedcrzahl im Ver-bände stellen, die am Jahresschlüsse 7206 betrug.Die Krise hat auch diesem Verbände die Verbesserungen derLohn- und Arbeitsbedingungen erschwert; weitere Kreise um-fassende Lohnbewegungen konnten nicht unternommen werden, dieBewegungen haben nur einem kleinen Teile der Mitglieder Er-folge gebracht.— Durch die Lohnbewegungen wurde für 402 Be-teiligte eine Arbeitszeitverkürzung von 1543 Stunden und für303 Beteiligte eine Lohnerhöhung von 747 M. pro Wodje erreicht,ferner für 626 Personen sonstige kleine Arbcitsvergiinstigungen;abgewehrt wurde eine Verkürzung des Verdienstes für 42 Per-sonen um 175 M. pro Woche und für 16 Beteiligte sonstiges. FürStreikende wurden 4082 M., für Gematzrcgelte 2094 M. vcraus-gabt.— Von den Gesamteinnahmen des Verbandes und seinerUnterstützungskassen sind 75 Proz. den Mitgliedern in Form vonUnterstützungen wieder zugeflossen. Einer Einnahme von127 000 M. steht eine Ausgabe von 124 000 M. gegenüber. DerVermögensbestand des Verbandes betrug bei einer Zunahme vonrund 3000 M. insgesamt 172 300 M. Die Ausgabe für Arbeits-losenuntcrstützung stieg von 52 000 M. im Jahre 1907 auf 73 200 M.im Berichtsjahre. Die Jnvalidenkasse, die 61 invalide Berufs-genossen zu unterstützen hat, darunter einen schon seit 1866, ver-einnahmte aus Beiträgen 7050 M. und verausgabte an Unter-stützungen 9462 M. Zu den Einnahmen kommen noch 1410 M.Zinsen und 1000 M. aus der Zentralkasse, so daß Einnahmen undAusgaben sich die Wage halten und der 43 500 M. betragendeKassenbcstand der gleiche ist wie im Vorjahre. Die Krankenzuschuß-lasse hatte bei 33 700 M. Ncttoeinnahmcn 32 600 M. Ausgaben undeinen Bestand von 27 600 M. Die Frauensterbekasse hatte bei4305 M. Einnahmen 1329 M. Ausgaben und einen Kassenbestandvon 33 753 M.Der Vorstand appelliert zum Schlüsse seines Berichtes an dieMitglieder, eine rege Agitation für den Verband zu entfalten, umden wirtschaftlichen Aufschwung, der anscheinend jetzt im Gewerbeeintritt, zur Verbesserung und Regelung der Arbeitsbedingungenausnutzen zu können._Die Arbeitswilligen in Kiel.werden täglich kecker; sie fühlen sich als die Herren der Situation.Dienstag nachmittag holten Arbeitswillige im Hinterhauseder Muhliusstraße 91 die Klosettkübel ab. Dabei mußten sie vorder offenstehenden Küche einer Arbeiterwohnung vorbei. EinArbeitswilliger belästigte die in der 5küche anwesende Frau; dieseverbat sich dies und ließ den Namen„Streikbrecher" fallen. Alsder Arbeitswillige noch nicht ging, kam auch der Mann hinzuund stellte den Arbeitswilligen zur Rede, dabei gleichfalls dasWort �Streikbrecher" gebrauchend.Jetzt rief der Arbeitswillige feine Kollegen herbei; diese undder die Abfuhrwagen begleitende Schutzmann von der städtischenPolizei brachen nunmehr gewaltsam in die inzwischen verschlosseneWohnung ein, und der Schutzmann schlug auf den Inhaber derWohnung mit der blanken Waffe ein. Als die Frau ihrem Mannzur Hilfe kommen wollte, fielen die Arbeitswilligen über sie herund bearbeiteten sie mit Fäusten und Stiefeln, so daß sie ohn-mächtig wurde. Als sie wieder zu sich kam, nahm sie ihr sechsMonate altes Kind auf den Arm und wollte nach ihrem Mannesehen, der aus der Wohnung verschwunden war. Dieser wardraußen mit den Arbeitswilligen ins Handgemenge gekommen;bei dieser Gelegenheit stieß der Schutzmann dem Kind vor dieBrust, so daß es hinten überschlug und nur noch an den Füßenvon der Frau gehalten wurde. Der Mann wurde dann in denstinkenden Abfuhrwagen gesperrt und zur Polizeiwache gefahren,wo er festgehalten wurde. Später wurde auch die Frau verhaftet,eine halbe Stunde in Haft behalten und dann wieder entlassen.Ueber solche Fälle meldet die bürgerliche Presse nichts!Im Hamburger Bauarbeiterstreik hat sich daS Einigungsamtdes Hamburger Gewerbegerichts zur Vermittelung bereit erklärt.Die Maurer, Zimmerer und Bauhilfsarbeiter haben bereits ihreZustimmung zu den Verhandlungen gegeben.Streik.Kissingen. Wegen Lohnforderungen sind die Damenschneiderund»Schneiderinnen in den Streik eingetreten.Im Hafengebiet Mannheim-LubwigShafen stehen große undschwere wirtschaftliche Kämpfe bevor. Der Arbeitgeberverband derHafengebicte hat die Kollektivarbeitsverträge der Kranenführer,Elevatorführer, Silomaschinistcn und Stückgutarbeiter gekündigt.Auch der für die Mannheimer Reederei gültige Schiffahrtstarifwurde vom Arbeitgeberverband gekündigt. Diese Verträge sindnun mit dem 30. Juni abgelaufen. Zweck der Kündigung ist, diebisher in den Hafenbctrieben gezahlten Wochen- und Tagelöhnein Stundenlöhne umzuwandeln, um dabei die Löhne zu redu-zieren. In der Schiffahrt sollen die Wochenlöhne zwar bestehenbleiben, jedoch um 2 bis 3 Mark pro Woche verkürzt werden. DerAblauftermin der neu abzuschließenden Verträge soll aber auf dieungünstige Zeit, auf den 1. Februar 1911, verlegt werden. DerArbeitgeberverband der Hafengebiete, der sämtliche Branchen imHafen umfaßt, ist anscheinend entschlossen, mit der größtenEnergie gegen die Arbeiterverbände vorzugehen. Beweis dafür ist,daß er es abgelehnt hat. Verhandlungen unter der unparteiischenLeitung des Geiverbegerichtsvorsitzenden zu pflegen. Wie voraus-zusehen, verliefen infolgedessen die zwischen den in Betracht kom-Menden Verbänden der Maschinisten und Heizer, sowie der Hafen-arbeiter mit dem Arbeitgeberverband direkt gepflogenen münd-liehen und schriftlichen Verhandlungen bis jetzt resultatlos. DieLage ist infolgedessen sehr ernst. In Betracht kommen in derSchiffahrt bis jetzt rund 300 Maschinisten und Heizer, ferner 400Hafenarbeiter._Immer wieder Vertragsbrüche der Unternehmer.Die ausgesperrten Maurer, Erd- und Bauhilfsarbeiter inSaarbrücken sind zum großen Teil abgereist und haben auswärtsArbeit gefunden, so auch in Elsaß-Lothringen. In der„Straß-burger Holz- und Baufachzcitung" fordert nun der Vorstand desLandesverbandes des deutschen Arbeitgeberbundes für das Bau-gewerbe in Elsaß-Lothringen seine Mitglieder auf:„Keinen der von dem Arbeitgcberverband des Saargebietesausgesperrten Arbeiter einzustellen, oder, falls dies versehent-lich schon geschehen, sie sofort wieder zu entlassen."Die Bekanntmachung beginnt mit den Worten:„Wie Ihnen aus der übersandten Streitliste bekannt, habendie Maurer, Erd- und Bauhilfsarbeiter im Saargebiete(Saar-brücken und Umgegend) von dem dortigen Arbeitgeberverbandausgesperrt lverden müssen."Müssen ist übrigens gut. Erst werden die Arbeiter aus-gesperrt, und dann werden sie durch schwarze Listen behindert.anderwärts Arbeit zu erhalten. Mit dieser Art des Kampfesbegehen aber die Unternehmer einen eklatanten Vertragsbruch.In Z 10 des allgemeinen Mustertarifes im Baugewerbe, der auchfür einige Städte Elsaß-LothvingenS gilt, heißt es:„Die Einstellung der Arbeiter liegt im freien Ermessen desArbeitgebers. Also niemand, auch nicht die Organisation beider-seits, darf einen Druck auf den Arbeitgeber bei Einstellen deriArbeiter ausüben."Das bestätigte auch das Gewerbegericht München, indem es ineiner Entscheidung über den§ 10 u. a. sagt:„So wie der Satz steht, läßt er keinen Zweifel zu, daß über-Haupt jeder Zwang einer der beiderseitigen Koalitionen auf denArbeitgeber bei der Auslese seiner Arbeiter unzulässig sein soll.Es wäre in der Tat auch nicht einzusehen, warum nur ein Teilauf Zwang hierbei verzichten solle, wenn der andere Teil diesesRecht unbeschränkt für sich beansprucht."Wenn die Unternehmer in Elsaß-Lothringen ihren UkaS nichtzurückziehen, kann es zu ernstlichen Differenzen kommen, da derVorstand des Gaues Straßburg des Zentralverbandes der MaurerDeutschlands die Speere über alle Unternehmer verhängen will,di� der Aufforderung der Unternehmerorganisation Folge leisten.Versammlungen.Die Arbeitsverhältnisse der Kesselschmiede, Nieter und Stemmer,sowie auch die sanitären Einrichtungen, oder vielmehr derMangel an solchen, in den Betrieben beschäftigte am Sonntag eineallgemeine Versammlung dieser Berufsgruppen, die, einberufenvom Metallarbeiter- und vom Schmiedevcrband, im Gewerischafts-Hause tagte. Die einleitenden Ausführungen des ReferentenSiering wie die der Diskussionsredner ergaben, daß sowohlin den Kesselschmieden wie in den EisenkonstruktionswerkstättenZustände und Arbeitsbedingungen vorhanden sind, die eine öffent-liche Besprechung schon lange notwendig machten. In den Kessel-schmieden besteht im allgemeinen die neunstündige Arbeitszeit, teil-weise auch, wie bei Borsig in Tegel, die achtstündige; es gibt jedochauch noch Kesselschniieden, namentlich kleinere Betriebe, wo zehnStunden täglich gearbeitet wird. Und doch ist die Arbeit dermaßenanstrengend und gesundheitsschädlich, daß der Organismus derArbeiter wahrhaftig bis 8 Stunden täglich schon allzu früb zer-rüttet wird. Der Verdienst, der erzielt wird, erscheint im Ver-hältnis zu den Löhnen anderer Gruppen vo« Arbeitern halbwegsannehmbar, wenigstens in größeren Betrieben. Es liegt jedochgar kein Grund vor. von den scheinbar guten, in Akkord ver-dienten Löhnen der Stemmer, wenn sie wirklich hier und da ein-mal 1 M. die Stunde ausmachen, viel Geschrei zu machen; denndie Tätigkeit ist so aufreibend, daß eine ganz besonders kräftigeNahrung notwendig ist. wenn der Kesselschmied, Nieter oderStemmer sich eine Reihe von Jahren für seinen Beruf arbeits-fähig erhalten will. Als eine besonders schädliche Arbeitsmethodeist die mit dem Revolver anzusehen. Durch diesen Revolver toirddas Gedröhn und Getöse, das der Arbeiter ertragen muß, unge-Heuer verstärkt. Bei Schwartzkopff in Wildau wird der Revolvernur dann angelvandt, wenn man auf andere Weise nicht gut anden Niet herankommen kann,' während man bei Borsig in Tegeltäglich damit arbeitet. Uebrigens ist man über die Rentabilitätdieses immerhin kostspieligen maschinellen Werkzeuges geteilterMeinung, wenn dadurch auch an Arbeitskräften gespart wird.Ein Diskussionsredner, der in einer Eisenkonstruktions-werkstätte tätig ist, berichtete, daß zum Beispiel beimBrückenbau viele der mit dem Revolver bearbeiteten Niete nichtdie nötige Haltbarkeit zeigen, so daß sie nachgearbeitet lverdenmüssen, und daß, auch nach Meinung der Ingenieure, der Revolver-betrieb teurer kommt als der Handbetrieb, lieber die Verhältnissein der Kesselschmiede bei Borsig wurde auch in anderer Hinsichtwieder bitter geklagt. Man behauptete in der Diskussion, daß dieVerhältnisse sich nicht gebessert hätten, und daß der vor einigenWochen geführte Kampf bei Borsig zu früh abgebrochen wordensei.— Die Besprechung dieser Angelegenheit gehörte jedoch nichtzur Tagesordnung der Versammlung.— Ferner wurden die Zu-stände bei der Firma Schwartzkopff besonders scharf ver-urteilt. Ihren Betrieb in Wildau nennt man in ber Arbeiter-schaft ironisch die„Lungenheilstätte", weil er just dasGegenteil einer Heilstätte ist. Obwohl es dort, in der Gegend vonZeuthen, wahrhaft nicht an frischer Luft fehlt, soll es mit derLuft im Betriebe wie mit den übrigen Arbeitsverhältnissen undsanitären Zuständen so schlecht bestellt sein, daß die Gesundheitder Arbeiter gleichsam systematisch untergraben wird.Ueber die Firma Orenstein& Koppel wurde in derVersammlung gesagt, daß der Direktor' auf das Verlangen derKesselschmiede nachbesseren, verschließbaren Garderobeschränken undnach anständigen Wascheinrichtungen geantwortet habe, die Leuteseien viel zu roh um ihnen gute Sachen hinzustellen, und sie seiendessen gar nicht würdig. Dem Mann muß offenbar die Achtungvor der Arbeiterschaft noch erst beigebracht werden.— Die Zustände in den Eisenkonstruktionswerkstätten sind nicht besser als inder Kesselschmiede. Zwar haben die Nieter dort nicht im selbenMaße unter furchtbarem Getöse zu leiden, aber andererseits herrschtin den Eisenkonstruktionswerkstätten noch allgemein die zehnstündigeArbeitszeit, und die Arbeit selbst ist nicht minder anstrengend, dieLchnverhältnisse sind nicht besser. Als ein besonderer Ilebelstandwurde erwähnt, daß bei der Firma B r e e st u. Co. die Eisenteilefrisch mit Mennig gestrichen zur Vernietung kommen, wodurch sichein solcher Dunst entwickelt, daß selbst die abgehärtesten Atmungs-organe es nicht zu ertragen vermögen.— Die Organisationsverhältnisse sind sowohl in den Kesselschmieden wie bei den Nieternder Eisenkonstruktionswerkstätten ziemlich gut. Auch ist in diesenBerufen selbst in der Zeit der Wirtschaftskrise das Angebot vonArbeitskräften keineswegs übermäßig stark. Ilm so niehr liegt esin der Macht der Arbeiter, unerträgliche Arbeitsverhältnisse undMißstände zu beseitigen.— Die Versammlung war leider nichtso zahlreich besucht, wie es die Wichtigkeit der Tagesordnung er-fordert hätte. Das ausnahmsweise schöne SonntagSwetter hatteoffenbar einen großen Teil der wochenlang vom Dienst und Lärmder Werkstatt geplagten Arbeiter verlockt, schon frühzeitig imFreien Ruhe und Erholung zu suchen. Die Besprechung soll des-halb zu gelegener Zeit in einer neuen Versammlung fortgesetztwerden.IVacdrickten und OcpcFcbcn.Zum Tode verurteilt.Hamburg, 7. Juli. lW. T. B.) DaS Schwurgericht verurteilteheute nach zweitägiger Verhandlung den Korbmachergesellen Moch-riewski, der die mit ihm in wilder Ehe lebende Scheuerfrau Fischeram 11. Mai durch 14 Messerstiche getötet hatte, zum Tode.Sommervcrgnügen.Innsbruck, 7. Juli.(B. H.) In der Station Jenbach ist abendsder Personenzug Nr. 29 infolge schlechten Funktionierens einerWeiche entgleist. Angeblich sollen nur vier Personen verletztworden sein. Von Innsbruck ist ein Hilfszug nach der Unfallstelleabgegangen._Nationalitäten-Hetze.Soloniki, 7. Juli.(B. H.) Aus Drama laufen schlimme Nach.richten ein. Man befürchtet dort blutige Zwischenfälle, da diemohammedanische Bevölkerung mittels öffentlichen Aufrufs sämt-liche Nationalitäten zur Boykottierung der Griechen aufge»fordert hat._Sie haben ihn— noch.Saloniki, 7. Juli.(B. H.) Die im Ausland verbreiteten Ge-rüchte von einem Fluchtversuch Abdul Hamids werden amtlichals Erfindung bezeichnet.Es wird weiter geköpft.K-nstantinopel, 7. Juli.(W. T. B.) Der.Derwisch Wahdeti.Gründer der mohainmedanischen„Union" und Herausgeber derZeitung„Vulkan" ist vom Kriegsgericht zum Tode verurteiltworden; das gleiche Schicksal hat angeblich auch den früheren Gene-ralgouverneur von Erserum, Jussuf, getroffen.Revolution.Rewyirk, 7. Juli.(W. T. B.) Auf deutsch-atlantischem Kabel.Nachrichten aus Kolon besagen, daß die in Kolumbia ausgebrocheneRevolution einen Zusammenschluß aller politischen Parteien gegendie Negierung deS zurzeit in London weilenden Präsidenten Neyesbedeute. Die Aufständischen haben die Orte Baranouille undSavadilla, die nur geringen Widerstand leisteten, besetzt und sollenauch Santa Marta eingenommen haben. In Kolon ist eineDepeschenagentur von der Negierung eingeführt; ein amerikanischesKanonenboot wird erwartet.Verantw. Redakt.: Wilhelm Tüwell, Lichtenberg. Inserate verautw.-xh. Glocke, Berlin. Druck u.Verlag:VorwärtsBuchdr.u.VerlagSanstall Paul Singer& Co., Berlin S W. Hierzu S Beilagen».vnterhaltungkbl.