Nr. t3ö. 27. Jahrgang.%. KkilM des Jotwätto" Kerlim loliisliliitt.Zonutklg, 12. Inui 1910.RitcpafSfcbc Rundfchau.Die Verteidigung der HrbeitLhomaS HodgSkin. Verteidigung der Arbeit gegen die Ansprüchedes Kapitals. AuS dem Englischen übersetzt von Dr. F.Raffel. Mit einer Einleitung von Georg Adler. Leipzig19bg. C. L. Hirschfeld. 76 Seiten. Preis 1,26 M.Karl Marx. Theorien über den Mehrwert. Herausgegeben vonKautsky. Bd. III. Stuttgart 1910. I. H. W. Dietz Nachf.Abschnitt III:.Gegensatz gegen die Lekonomen auf Basisder Ricardoschen Theorie."')In seiner Streitschrift gegen Proudhon:»Da? Elend derPhilosophie" vom Jahie 1347 hat Marx darauf hingewiesen, dahdie Geltendmachung des Rechts auf den vollen Arbeitsertrag fürden Arbeiter auf Grund der Werttheorie Ricardos durchaus lerneneue Entdeckung des französischen Anarchisten sei, sondern, datzdiese Folgerung auS jener Theorie schon längst vorher in Englandvon verschiedenen Sozialisten gezogen worden war. Besondersführte er die Schriften von HodgSrin, Thompson und Edmonds an.und an dem ausführlich dargestellten Beispiel I. F. Brays zeigteer das Utopistische und die UnHaltbarkeit dieses Standpunktes.Das hinderte Anton Mengcr, für den der Sozialismus über»Haupt nur eine Frage des Rechtsbewußtseins war, und der daherMarx' Auffassung überhaupt nie begriff, nicht, gerade dieseAutoren, besonders Thompson, als geistige Väter des MarxschenSystems zu bezeichnen, die dieser in der erbärmlichsten Weiseplagiiert habe. Durch diese Polemik wurde das allgemeine Jnter-esse auf jene englischen Autoren gelenkt, die bis dahin in Deutsch.land ziemlich unbekannt geblieben lvaren, und daher kommt eswohl auch, daß sie bisher stets lediglich als Vertreter dieser mora-lisierenden Deutung des Wertgesetzes angeschen und betrachtetwurden. So behandelt sie z. A. auch noch Mückle in seiner kürz.lich erschienenen„Geschichte der sozialistischen Ideen im 19. Jahr-hundert."") Daß es so lange dabei blieb, ist wohl durch denUmstand mit verursacht, daß diese Schriften im Buchhandel über»Haupt nicht zu haben sind und auch in den öffentlichen Bibliothekenzu den größten Seltenheiten gehören.Es ist daher sehr zu begrüßen, daß Professor Georg Adler dieUebersctzung von HodgStins„Verteidigung der Arbeit" veranlassteund dadurch dieses höchst interessante Werk wieder leicht undallgemein zugänglich gemacht hat. Das kommt uns um so gelegener, als Marx in dem eben erschienenen 3. Band seiner»Theorien über den Mehrwert" dieser Schrift eine sehr ausfuhr.liche und eingehende Besprechung gewidmet hat, die zeigt, dap, anihr doch mehr ist, als eine bloße„sozialistische Umbiegung"'")von Ricardos Arbeitswerttheorie in ethisch.juristischem Sinne.Betrachten wir zunächst die Schrift selbst, die nicht mit denAnsprüchen eines gelehrten Werkes auftritt, sondern als Gelegen.heits-Pamphlet, dessen deutsche Uebersetzung b2 Druckseiten ein-»iimmt.Nach langen und heftigen Kämpfen war endlich im Jahre1824 das gesetzliche Verbot von Arbetterkoalitionen in England ge-fallen, und es trat nun ein mächtiger Aufschwung der bis dahindrangsalierten Gewerkschaften ein, dem auf der einen Seite mitungeheuren Hoffnungen, auf der anderen mit Schrecken und Eni-setzen entgegengesehen wurde. Die Agitation der Fabrikantengegen daS Gesetz ruhte nicht. Mit allen Mitteln suchten sie dieöffentliche Meinung für die Anschauung zu gewinnen, daß einAufblühen der Gewerkschaften zum Ruin nicht nur der Industrie,sondern der Nation überhaupt führen müsse. Die wuchtigstenWaffen bot ihnen in diesem Kampf die politische Oekonomie, wiesie damals von den Professoren, den Anwälten und oft Klopf»fechtern der industriellen Klasse, verkündet wurde. Danach wurde„die Arbeit", d. h. also die Arbeiter, durch die Masse des Lohn-fonds, d. i. der für ihre Konsumtion bestimmten aufgehäuftenLebensmittel erhalten, die Höhe des Lohnes war also durch dieseMenge bestimmt, die unter die Arbeiter zur Aufteilung gelangte.Es war daher nur im Interesse der Arbeiter selbst gelegen, diesenFonds zu stärken, und daS konnte nur geschehen inpem sie denKapitalisten es erleichterten, von ihrem Profit Ersparungen zumachen, um sie wieder in der Produktion anzuwenden. Je höherder Profit, desto größer die„Ersparnisse" und somit der für dieBeschäftigung von Arbeitern bestimmte Fonds. Die Gewerk-schaften handelten daher sehr kurzsichtig, wenn sie die Löhne er»böhen und dadurch zugleich den Profit schmälern wollten. IhrInteresse lief vielmehr mit dem ihrer Ausbeuter parallel.Gegen dicfe Theorie vor allem wendet sich HodgskinS imJahre 1625 erschienene Kampfschrift, und ihr nächster Zweck istdaher nichts weniger als utopistisch.„Vielleicht vermögen dieArbeiter," heißt es gleich im ersten Absatz,„ihre Herren zur Will-fährigkeit zu zwingen; auf jeden Fall aber müssen sie das Publt-Zum von der Gerechtigkeit ihrer Forderungen überzeugen." Undausdrücklich erklärt er, daß eine öffentliche Abwehr schon durch diegegnerischen Angriffe geboten sei, Sie die Presse beherrschen. Wirdürfen dabei nicht vergessen, daß das damalige England noch nichtganz von dem Gegensatz zwischen Kapital und Lohnarbeit be-herrscht war. Die Industriellen lagen gerade zu dieser Zeit inheftigster Fehde mit den Agrariern, und diese zeigten sich, wenig.flens in ihren geistig fortgeschrittensten Vertretern, durchaus nichtabgeneigt, die Hilfe des Proletariats durch Zugeständnisse zu er-kaufen. Dieser Umstand erklärt eS auch, daß sich HodgSkin wieder.holt scharf gegen die Auffassung wendet, daß die Grundbesitzer unddie zu ihren Gunsten errichteten Kornzölle in erster Linie dieSchuld an dem furchtbaren Massenelend trügen. Er zieht hierbereits wiederholt Argumente heran, die später von den Chartistengegen die Anhänger der Liga für die Abschaffung der KornzölleinS Treffen geführt wurden, wie sich überhaupt der geistige Ein-fluß HodgkinS in der Chartistenbewegung stark geltend machte.Den Lehren der liberalen politischen Oekonomie stellt nunHodgStin eine Analyse dcS Kapitals und besonders des Lohnfond»vom Standpunkt des Proletariers gegenüber.„Ohne zirkulierendesKapital," hatte Mc. Culloch, einer der populärsten und seichtestenOckonomen jener Zeit, gesagt, und er verstand darunter Lebens.mittel und Kleidung für den Arbeiter,„könnte sich der Arbeiternie einem Unternehmen zuwenden, das nicht einen mehr oderweniger unmittelbaren Erfolg lieferte." WaS also der Arbeiterheute mehr produzierte, als der von der Hand in den Mundlebende Wilde, daS verdankte er dem Vorschuß an Lebensmittelnund der Darreichung des fixen Kapitals und des Rohmaterialsvon feiten des Kapitaliften. Diesem gebührte daher auch dieserIleberschuß.Daß nur die Sicherheit, stets UnterhaltSinittcl zu finden, denArbeiter befähigt, sich auf langwierige und verwickelte Unter-uehmungen einzulassen, gibt HodgSkin zu. Aber er stellt die Frage,ob denn diese Sicherheit wirklich auf den Vorschüssen des Kapita.listen beruhe? Hat denn in der Tat der Kapitalismus einenV'-«at von Lebensmitteln. Kleidern usw. für seine Arbeiter bereit.lr«gen? Rein, sondern er bezahlt ihnen Geld, für daS sie sichdann selbst alle diese Dinge kaufen, die aber in eben derselbenZeit hergestellt worden sind, während deren sie gearbeitet haben.Das ist ja au<� gar nicht anders möglich, da■ie meisten Konsum.•) Vgl.-■„Vorwärts" Rr. 129.B. G. Teubner. Aus Natur» und Geisteswelt.•") Mückle a. a. O. E. 76. Hier zeigt sich, wie auch an vielenanderen Stellen des Büchleins, das sehr Mgngelhafte Verständnisdes AutorS für ökonomifche Fragen. ll abtikel in der Zeit bis zur Fertigstellung größerer Arbeiten längst�verdorben wären, wenn sie schon bei deren Beginn bereit lägen.Diese Vorschüsse von zirkulierendem Kapital(HodgSkin verwechselthier ebenso wie alle seine Zeitgenossen den zirkulierenden und denvariablen Kapitalteil) sind daher bloßer Schein. Was den ein»zelnen� Arbeiter befähigt, langsichtige Arbeiten zu übernehmen,das ist nicht das Kapital, sondern es ist die Arbeitsteilung.Während der eine Arbeiter z. B. Maschinen baut, produziert einanderer Getreide, wieder ein /anderer mahlt Korn, backt Mehl.spinnt Garn, webt Tuch, näht Röcke usw., und daS Vertrauendarauf, daß alle diese Produktionsprozesse fortwährend neben-einander laufen, daß also jederzeit fertiges Brot, fertige Röckeusw. auf den Markt kommen, bietet die Möglichkeit ausgreifenderProduktion.„TaS einzige aber," fährt HodSgkm fort(S. 39),„ was man aufgespeichert und im voraus produziert nennen könnte.ist die Geschicklichkeit deS Arbeiters. Wenn die Arbeitsgeschicklichkeitdes Bäckers, des Schlächters, des Viehzüchters, des Schneiders,des Malers usw. nicht vorher geschaffen und aufgehäuft wäre, sokönnte man auch nicht die Ware bekommen, die jeder von ihnenproduziert; wo aber diese Geschicklichkeit existiert, lann man sichdiese Waren stets verschaffen, wenn man sie begehrt."Die toten Werkzeuge, die gemeinhin als Kapital bezeichnetwerden, können für sich nichts produzieren. Nicht die in ihnenaufgehäufte früher geleistete Arbeit verschafft ihnen ihre Nützlich.kcit, sondern die lebendige Arbeit, die sie in Bewegung setzt, undohne die sie bald ein wert- und nutzloses Gerumpel wären. DaSfixe Kapital bringt daher dem Eigentümer nicht deshalb einenGewinn ein, weil es aufgespeichert worden ist, sondern weil esein Mittel darstellt, über die Arbeit anderer zu gebieten. Auchdieser Teil des Kapitals ist daher nicht selbst produktiv, seine Er-gicbigkeit hängt ganz von der Geschicklichkeit deS Arbeiters ab.ZDaS also die liberalen Oekonomen für Produktivität des Kapitalsausgeben, ist weiter nichts als die Ergiebigkeit der gelerntenArbeit, die allerdings von den Kapitalisten durch ihre Beherrschungder Produktionsmittel ausgebeutet und um ihren gerechten Lohngebracht wird. Es ist gerechtfertigt, daß die Arbeit bezahlt wird,die die Produktionsmittel herstellt ebenso wie die, die sie in Betriebsetzt; nicht aber, daß derjenige, der nichts gearbeitet hat, sichzwischen diese beiden drängt und ihnen den größten Teil ihrerProdukte entreißt.„Man könnte glauben, Kapital sei eine Artkabbalistisches Wort wie Kirche, Staat oder irgend ein andererjener allgemeinen Ausdrücke, die von Leuten, die darauf ausgehen,die Menschheit zu rupfen, erfunden worden sind, um die Handzu verbergen, die sie rupft. Es ist eine Art Abgott, vor dem dieMenschen"zum Niederknien aufgefordert werden, während derschlaue Priester hinter dem Altare die Hand ausstreckt, um dieGaben anmatzlich einzustreichen, um die er im Namen der Religionbittet."(S. 48.)HodSgkin gelangt so zur Forderung deS vollen ArbeiStertrageSfür die Arbeiter, zu denen er auch die geistigen Arbeiter und dieUnternehmer rechnet, soweit sie sich in der Produktion nützlich be-tätigen, im(Ziegensatz zu den untätigen Kapitalisten, die nur ihrenarbeitslosen Gewinn einsacken. Aber darin zeigt er sich z. B.Proudhon schon weit überlegen, daß er dieses Recht nicht für jedeneinzelnen Arbeiter in Anspruch nimmt. Er erkennt klar, daß dieArbeiten in einem modernen Gemeinwesen alle voneinander sozialabhängig sind, daß daher kein Produzent feststellen kann, was daSProdukt gerade feiner Arbeit ist. Deshalb soll die Aufteilung derGüter nach einem gütlichen Uebereinkommen der Beteiligten vorsich gehen.Die Verwirklichung dieses Zustandeö wie er allein der sozialenGerechtigkeit entspricht, erwartet aber HodSgkin durchaus nicht,wie etwa sein Zeitgenosse Owen, von der Macht seiner Ueber»redung, von der zwingenden Gewalt der Gerechtigkeit und Wahr»heit, vom Mitleid der Herrschenden, von der Güte eines überlegenenStaatsmannes.„Die Arbeiter," sagt er, sollten eS jedem Staats.manne verbieten, sich in diese Angelegenheiten einzumischen. DieArbeit gehört ihnen, das Arbeitsprodukt sollte ihnen gehören, undsie allein sollten entscheiden wieviel jedem einzelnen von dem Er-zeugnis aller zukommt."Die Wortführer der Kapitalisten drohen, daß die Ansprücheder Gewerkschaften daS Kapital auS dem Lande treiben werden.Das ist aber eine sinnlose Phrase. Denn die auswanderndenKapitalisten können nichts mit sich nehmen als einen Teil ihresVorrats von Kleidern, Korn, Mascknnen usw. Das alles aber läßtsich bald ersetzen, solange die geschickten Arbeiter da bleiben. Aufdiesen beruht also des Landes Wtohlfahrt, und nicht auf den Kapi.talisten, diesen unnützen Parasiten der Gesellschaft. Den Unter-nehmergewinn, soweit er Lohn für gualifizierte Arbeit ist, wollendie Gewerkschaften nicht antasten. Wenn sie aber erreichen, daßdie Unternehmer überhaupt keinen Profit mehr von ihrem Kapitalbeziehen, dann werden sie sich selbst und dem Lande einen un-berechenbaren Dienst erweisen. Der Kampf, der heute zwischenArbeiter und Unternehmer zu toben scheint also„zwischen zweiverschiedenen Arten der Arbeit", wird sich bald als„ein Kampfder ehrlichen Arbeit gegen die widerwärtige Trägheit" entpuppen.„Die Kapitalisten und Arbeiter bilden bei weitem die Mrjori-tät in der Natiom so daß eS feine dritte Mackt gibt, die sich in ihreAngelegenheit einmischen könnte. Sie müssen und werden denStreit selbst entscheiden. Der endgültige Erfolg wird, wie ichhoffen möchte, ans selten der Gerechtigkeit sein. Doch dessen binich ganz sicher, daß cS nicht eher Wohlwollen und Frieden zwischenden kämpfenden Parteien auf Erden geben kann und geben sollte,als bis die Arbeit einen endgültigen Triumph davongetragen hat.als bis der produktive Gewcrbefleiß nur wohlhabend und derMüßiggang allein arm ist,... als bi? der Mensch mehr in Ehrengehalten wird, als die Erdscholle, auf die er mit Füßen tritt, oderdie Maschine, die er anleitet."(S. 73.)In diesem Klassenkampf der Arbeit gegen daS Kapital ist esdringend notwendig, das Proletariat aufzuklären. Dabei handeltes sich aber nicht um die Verbreitung„allgemeiner Bildung", dievon den Wortführern deS Liberalismus propagiert wird�„An densorgfältigen Uniersuchunaen der Geologen," sagt HodSgkin S 71),„oder den künstlichen Klassifikationen des Botanikers mag derAröeiterklasse nichts liegen; sicherlich aber wird sie herausfinden.warum sie als die einzige von allen Gesellschaftsklassen immer derArumut und dem Elend überliefert worden ist." Die Verbreitungdieser Wissenschaft wird auch den Kapitalisten � jenen Nimbusrauben, jene abergläubische Scheu vor ihnen beseitigen, die heutenoch ihre mächtigste Schntztvchr gegen daS ihnen physisch überlegenerevolutionäre Proletariat bildet.HodSgkin ist also durchaus nicht der utopistische Schiwärmer,als den man ihn darzustellen pflegt. Mückle z. B. behauptet.')HodSgkin habe„durch die Enthüllung der„natürlichen" Prinzipienden Menschen das unfehlbar wirkende soziale Heilmittel an dieHand geben, die wahre soziale Erkenntnis vermitteln wollen, dieaus dem Labyrinth kapitalistischer Unordnung binleitet in einenZustand vollkommener Eintracht"; denn daS kapitalistische Systembefinde sich nach ihm in keiner Weise im Einklang mit den Grund-gesehen der Natur. Ebenso läßt auch Georg Adler") Hodsgkinseinen Standpunkt rein ethisch motivieren und daS Heil davonerwarten, daß das natürlich: Recht das künstliche schließlich über-winden werde. Diese Darstellung ist aber mindesten! schief da sieganz außeracht läßt, daß HodSgkin durchaus nicht, wie etwa Owen,die Herbeiführung des von ihm erstrebten Gesellschas!Szu.standeS•) Sl.<r. O.<S. 76.A. a. O, S. 22.von Set Einsicht oder dem Mitgefühl der Herrschenden,siegenden Kraft der Wahrheit und Gerechtigkeit oder vonvon dervon anderenderartigen mystischen Faktoren, sondern von den sehr realen Fäustender Proletarier. Auch sein Appell an die öffentliche Meinung,d. h. an die große Masse derer, die an der kapitalistischen Produktionnicht unmittelbar interessiert waren, beruhte nickst auf Illusionen.Das hat der spätere Verlauf der sozialen Gesetzgebung Englands,die wiederholt durch die Rivalität zwischen Agrariern und Jndu-striellen gefördert wurde, das hat die Bewegung der Chartistenbewiesen, an der sich besonders in der ersten Zeit das Kleinbürger-tum stark beteiligte.Waren die ökonomischen Voraussetzungen richtig, von denenHodgSkin ausging, war wirklich das Kapital nichts anderes als ge-lernte Arbeit, hatten„Kapital und arbeitende Bevölkerung genastdenselben Sinn"(S. 75), stellte wirklich der Unternehmergewinnnur den Lohn der qualifizierten Arbeit der Betriebsleitung dar,dann waren nicht nur die Kapitalisten in der Tat nutzlose Para-siten, dann mußte auch die Erkenntnis dieser Tatsache das revo-lutionäre Proletariat befähigen, sich von diesen unnützen Blut-saugern zu befreien, wenn es wirklich die überwältigende Mehr-heit der Bevölkerung ausmachte.Eine fruchtbare Kritik von HodgskinS„Verteidigung der Arbeit" muß sich daher vor allem" dieser Untersuchung zuwenden.Allerdings hat sich Hodgskin auf Ricardos Werttheorie berufen, umzu zeigen, wie sich die herrschende Lehre der politischen Oekonomiegegen deren eigene Vertreter wendet; aber gerade diese Berufungauf Ricardo ist, wie wir gesehen haben, nicht grundlegend für seinenStandpunkt. Das furchtbare Massenelend, die schamlose Ausbcu-tung sind Tatsachen, die damals noch greifbarer vor jedem standenals zu irgend einer anderen Zeit. Und Hodgskin zeigt nun, daßgerade diejenigen, die hungern und darben, den ungeheuren Reich»tum wirklich schaffen, während das Kapital ohne ihre Hände un,fruchtbar bleibt. Er zeigt, toie diejenigen, die das Kapital, seinedinglichen Bestandteile schaffen, ebenso arm bleiben wie die, die eSanwenden, wie aber die reich werden, die keine nützliche Rolle inder Produktion spielen, die nichts tun, alz faul verzehren, wasandere für sie geschaffen. Das alles hat mit Theorie nichts zutun, das sind handfeste Tatsachen, die sich auch durch Theoriennicht tvegräsonieren lassen. Die Erkenntnis, daß ein solcher Ge-sellschaftszustand den Anforderungen der Gerechtigkeit nicht ent-spricht, erforderte keine gewaltigen Geistesgaben, am wenigstenbei jemand, der sich wie Hodgskin ganz aus den Standpunkt desProletariers stellte. Ließ er doch sein Pamphlet nicht unter seinemNamen erscheinen, sondern bezeichnete sich auf dem Titelblattlediglich als Arbeiter.Was seine Schrift interessant und wertvoll macht, ist auch nichtdiese Feststellung der Ungerechtigkeit des kapitalistischen Wirtschafts-systems, sondern dessen Analyse; und dieser wendet sich daher auchdie eingehende Kritik zu, der Marx HodgskinS Schrift in seinen„Theorien über den Mehrwert" unterzogen hat.Der Zweck von Hodgskins Schrift war die Zurückweisung derAnsprüche deS Kapitals durch den Nachweis seiner Unproduktivität.Aber er verwechselt dabei Gebrauchswert und Tauschwert und folgtzugleich der unhistorischcn Auffassung seiner Gegner, für die dasKapital nicht ein bestimmtes, geschichtlich bedingtes Verhältniszwischen Menschen bedeutet, sondern einen Vorrat von Lebens-Mitteln, Rohstoffen, Maschinen usw. Geht man wie Hodgkin vonden Gebrauchswerten aus, so ist es unrichtig, zu behaupten, z. B.daS Getreide sei nur ein Produkt menschlicher Arbeit. Ohne Aus»saat und die natürlichen Kräfte des Bodens käme es nie zur Ernte.Hierin hat Hodgskin Ricardo völlig mißverstanden. Dieser führtenicht die Dinge, sondern nur ihren Wert, nach dem sie sich gegen»einander austauschen lassen, auf menschliche Arbeit zurück. DemWert des Produktes setzt das angewandte Kapitel nichts Neues zu,«S verleiht rhm nur so viel als es selbst verliert. Neuer Wertwird nur durch Arbeit geschaffen; aber auf die Masse deS Pro-dukts, auf seinen Gebrauchswert ist die Anwendung von Maschinerieusw. von größtem Einfluß. Dieselbe ArbeitSmenge, die mit primi-tiven Werkzeugen z. B. einen Hut herstellt, mag sich unter Bei-Hilfe von Maschinen usw. in sechs Hüten realisieren, die auch sechs-mal soviel Bedürfnisse besrieoigen können als der eine Hut; diesewerden aber zusammen keinen größeren Tauschwert haben als dereine mit dem gleichen Arbeitsaufwand hergestellte Hut, wenn inbeiden Fällen die zur Herstellung der Hüte verwendete Arbeit ge»sellschaftlich notwendig war. Die Maschinen haben daher hier zwarkeinen Tauschwert geschaffen, wohl aber Gebrauchswerte. Daß sieohne menschliche Arbeit unproduktiv geblieben wären, beweist nichts;denn ebenso bleibt auch die menschliche Arbeit ohne Arbeitsmittel,ohne Rohmaterial und Werkzeuge unfruchtbar.HodgSkin glaubt nun diese Wirksamkeit der Arbeitsmittel auchauf menschliche Arbeit zurückführen zu können und kommt soschließlich dazu, daS Kapital schlechthin mit der Arbeiterbevölke-rung gleichzusetzen. Dieser Versuch stellt sich als eine sehr bgreif-liche Reaktion gegen die Darstellung der professoralen Oekonomiedar, die im Kapital lediglich eine Ansammlung von Maschinen.Hilss- und Rohstoffen usw. sieht. Zum Teil war ja Hodgskin selbstnoch in dieser Anschauung befangen; auch er erkannte noch nichtden rein sozialen Charakter des Kapitalverhältnisses. Aber anmehreren Stellen seiner Schrift bezeichnet er es doch schon als daSMittel, die Arbeit anderer auszubeuten. Wie wir gesehen haben,führt er aber die Wirkung, die man sonst dem Kapital zuzuschreibenpflegte» auf das Vorhandensein der„koexistierenden Arbeit' zurück,d. h. darauf, daß andere Arbeiter zur gleichen Zeit die Produkteherstellen, die von den in den anderen Produktionszweigen tätigenArbeitern benötigt werden.Marx zeigt nun den richtigen Kern dieser Behauptung auf.Die gesellschaftliche Teilung der Arbeit macht auf cinzel-neu Punkten Konzentrationen der Lebensmittel und Ar-beitSmittel nötig, die sehr zerstreut und zersplittert waren,so lange die noch primitive Arbeit alle die verschiedenenArbeitsprozesse nacheinander durchmachte. ES ist nun geradeda» Wesen der kapitalistischen Wirtschaft, daß diese lonzen-trierten und daher deutlich sichtbar gemachten Vorräte dem Ar-beiter als fremdes Eigentum gegenübcrtreten, als 5tapital eineHerrschaft über ihn ausüben. Hätte HodgSkin den historischenCharakter der kapitalistischen Produktionsweise erkannt, so hätte erwohl zugegeben, daß es notwendig sei, daß diese Vorräte, dieseakkumulierte Arbeit notwendig seien, nicht aber, daß sie im Besitzvon Nichtarbeitern seien.„Wenn Akkumulation von Kapital."meint Marx(S. 328).„nichts sein soll als Akkumulation von Ar»bcit, so sckmeßt dies durchaus nicht ein, daß eS die Akkumulationvon anderer Leute Arbeit zu sein hat."Hodgskin machte aber keinen Unterschied zwischen der dinglichenExistenz der Werkzeuge, Rohmaterialien usw. als Arbeitsmittelund ihrer historischen Funktion als Kapital und glaubte daher,den Gegnern auf ihrem eigenen Boden begegnen zu müssen. Hattendiese aus dem Kapital einen Fetisch gemacht, der aus eigener Kraftwuchs, so versuchte er, cS ganz in lebendige Arbeit aufzulösen.In der Tat aber ist es bei der Produktion auf großer Stufenleiterstets notwendig, daß ein Vorrat von Rohmaterial und Hilfsstoffenjederzeit zur Verarbeitung bereit liegt, daß der Arbeiter Lebens-mittel, Kleider, Wohnung usw. in gebrauchsfähigem Zustande vor-findet. Damit das geschehe, ist notwendig, daß diese Dinge fort-während auch gleichzeitig erzeugt werden; aber das beseitigt nichtdie Notwendigkeit des stetigen Vorhandenseins eines gewissen Vor-ratS, der mit dem Wachsen der Produktion, wenn auch nicht imVerhältnis zu diesem, mit wachsen muß. Daß aber diese VorrätedKM Arbeiter als frWdeA Eigentum entgegentreten und ihn|p