Zeit- und Sachbezug: Nach einem Vorabdruck in der Deutschen Roman-Zeitung von November 1863 bis März 1864 erscheint der Roman 1864 in 3 Teilen bei Janke in Berlin in Buchform. Der Text steht in der Tradition des Bildungsromans mit der Besonderheit, dass zwei konträre Lebensgeschichten dargestellt werden. Der in dem Roman dargestellte resignierende Rückzug in die Innerlichkeit kann als Reaktion auf die preußisch-deutschen Zustände nach der gescheiterten Revolution verstanden werden. - Inhalt: In dem "Bildungsroman" wird der Werdegang des Knaben Johannes Unwirrsch aus äußerst ärmlichen Verhältnissen geschildert und mit dem des jüdischen Jungen Moses Freudenstein verbunden. Der Roman kritisiert in antagonistisch angelegten Lebensbeschreibungen materialistisches Nützlichkeitsdenken zugunsten des Strebens nach ideellen Werten wie Wahrheit und Liebe, deren Verwirklichung allein in der Bescheidenheit zurückgezogenen Lebens möglich wird. - Überlieferung: Noch zu Lebzeiten wird "Der Hungerpastor" Raabes beliebtester Roman. Raabe selbst hat den Roman später zu seinen "Kinderschriften" gezählt und als "literarische Jugendsünde" bezeichnet. Die Inanspruchnahme als vermeintlich antisemitisches Dokument während des "Dritten Reichs" vereitelt nach 1945 zunächst Raabes Rezeption.