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daß er wieder nach der Schweiz geschickt wird und in dem Fall jeht Ihr Euch jedenfalls.

Die Adresse von Madame Lafargue ist 66 Boulevard de Post Royal, Paris . Ihr Mann ist soeben verhaftet gewesen, aber be­reits wieder frei, es handelte sich um einige Reden in der Provinz und als der Instruktionsrichter von Montluçon ihn und Guesde borlud, haben sie ihn, statt zu gehorchen, in der Egalité gründlich verhöhnt. Darauf natürlich Verhaftungsbefehl, aber obwohl La­fargue täglich auf der Redaktion war und sich so wenig verbarg, daß er sogar in Versammlungen sich als Redner anfündigen ließ und sprach, brauchte die feine Bariser Polizei drei Wochen, che sie thn fand. wurde, wie vor ihm Guesde, nach dem ersten Ber­hör in Montluçon sofort freigelassen. Vielleicht kriegen sie doch noch ein paar Monate.

Honorar: Die bekannten Arbeitergroschen. Be­fonders Befähigte haben außerdem Anwartschaft auf baldiges freies Staatslogis mit der Mittagsfarte: Mehlbrei, Linsen und Bohnen.

Austretende können sich des innigsten Beileids aller Proletarier im voraus versichert halten.

,, Dresdener Volkszeitung."

Es sind jetzt gut 36 Jahre her, daß dieses Inserat in der Parteipreffe erschien. Aber so ganz unzeitgemäß und veraltet er scheint es deshalb doch noch nicht. Staatsanwälte und Gerichte sorgen auch heute noch dafür, daß die sozialdemokratischen Redakteure immer wieder in den Ruhestand( ohne Anspruch auf Pension)" versezt werden, und erst recht müssen sie heute wie Anno dazumal einen guten Magen zur Verdauung aller Polizeischikanen" und eine große Portion Mitleid mit der Geistesarmut unserer Gegner"

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Der Sadist der Landwehr.

Du weißt, in Frankreich hat sich die Arbeiterpartei ge­spalten.32) Malon und Brousse können die Zeit nicht abwarten, haben. wo sie Deputierte werden und so muß rasch Stimmvieh zusammen­getrommelt werden. Also eine Partei gemacht ohne Pro= gramm( buchstäblich denn nach einer langen Reihe ,, Conside­rants"( Erwägungen) folgt der Schluß: daß jede Lokalität ihr Pro­gramm selber mache), wo Krethi und Plethi willkommen sind und Wenn die alten Herren kriegswütig werden, ist das von je eine um dies durchzusetzen, vor dem Kongreß Leute in die Partei auf- poffierliche Sache gewesen. Der Bart sträubt sich, die Aeuglein genommen, die das alte Programm nur annehmen unter dem Vor- bliken, und da soll doch auf den Erbfeind gleich ein Hämorrhi behalt, es auf dem Kongreß umzustoßen. Guesde, Lafargue usw. donnerwetter herunterfahren! Weil wir nicht kriegsbereit sind!" wurden überstimmt und die, die dem Programm treu blieben, So heißt eine kleine Broschüre, die ein Medizinalrat und Stabs­gingen nach Roanne . Unsere Leute sind keine Taktiker und haben arzt der Landwehr außer Diensten geschrieben hat. Ich denke, daß heillose Böcke geschossen, aber sie dringen doch durch und die" Poffi- Namen und Verlag nichts zur Sache tun, denn ich möchte nicht, bilisten" werden nicht lange das große Wort führen. Die Unsern daß jemand für das Heftchen Geld ausgibt. Wenn der kleine Auf­haben an der täglichen Egalité einen sehr bedeutenden Hebel, da saß wirklich, wie der Verfasser es nennt, ein Beitrag zur Psycho­bei kommts ihnen allein auf die Sache an, was bei den Klüng- logie des Imperialismus" ist, dann kann einem allerdings diese Tern Malon und Brousse nicht der Fall ist. Geistesrichtung nur leid tun.

Nun lebe wohl, Alter, halt Dich tapfer, mit dem Bergab wirds auch wohl nicht so rasch gehen, Du weißt auf der Route sind wir Dein F. E.

alle.

Ein Redakteurgesuch aus dem Jahre 1878

Es war in jenen Tagen, da die Sozialistenverfolgung in ihrer schönsten Blüte stand, wenn auch noch vor dem Erlaß des Sozia­listengesezes. Die Prozesse gegen die sozialdemokratischen Redakteure rissen niemals ab, und die ungeheuerlichsten Strafen wurden über sie verhängt. Damals war es, als die Dresdener Parteigenossen in folgendem originellen Inserat für ihr Blatt einen Redakteur suchten: Redakteurgesuch!

Für unsere, sich der wärmsten Sympathie der ar beitenden Klassen, wie der rührendsten Aufmerksamkeit einer hohen Justiz und Polizei erfreuenden Zeitung wird zufolge der durch eine hohe Justiz angeordneten Versetzung unserer beiden Redakteure Vollmar und Pflaum auf unbestimmte Zeit in den Ruhestand -( ohne Anspruch auf Pension)

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Redakteur

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gesucht. Derfelbe muß besitzen, außer einem warmen Herzen für's Volt, einen guten Magen zur Verdauung aller Polizeischikanen, eine Zunge, welche Gefängnisluft für Freiheitsluft ansieht, eine Nafe, die alle Stiebereien bei Zeiten wittert namentlich eine große Portion Mitleid mit der Geistesarmut unserer Gegner.

Besondere Berücksichtigung erfahren Reflektanten, welche für Strafmandate und Sportelzettel einen leeren Beutel und ein Besitztum haben, in welchem der Ere­futor jederzeit mit dem Erfolge:" Wo nichts ist, hat selbst der Kaiser das Recht verloren", egekutieren kann. 32) Diese Spaltung geschah auf dem Kongreß zu St. Etienne ( 24. September bis 1. Oftober 1882). Guesde und seine Anhänger verließen den Kongreß und hielten ihren Kongreß in Roanne ab. Von da an datierte die formelle Scheidung in zwei feindliche Parteien, die noch jahrelang dauerte.

Dieser Stabsarzt hat wohl nie in seinem Leben den mordenden Säbel, sondern immer nur das Hörrohr gezückt und hat wohl nie

dem Landwehrfadisten nicht, das ist that alles zu weich und zu läppisch: Erziehung zum Haß! Erziehung zur Liebe zum Haß! Organisation des Hasses! Fort mit der unreifen Scheu, mit der falschen Scham vor Brutalität und Fanatismus! Auch politisch gelte das Wort: Mehr Badpfeifen, weniger Rüsse!" In einem Verzeichnis der in der Zeit von 1903-1913 in Preußen verbotenen Bücher finde ich auch zwei, deren Lektüre dem Medizinalrat bestens empfohlen sei: Rombach, Kurt. Meine grausame, süße Reitpeitsche. Preßburg , Hermann Hartleb"-und: Das Tagebuch einer Masseuse. Deutsch von Klara M. Budapest, Aber er soll selbst solche Bücher Grimm." Sagte ich Lektüre? schreiben und nicht Bairiotismus nennen, was eine frankhaft ange­legte Gemütsart ist!

Es verlohnt sich nicht, ein Wort wider dieses dumme Zeug zu verlieren. Wir alle wissen, daß ein gesunder Haß keine Schande ist, aber wir alle wissen auch, daß es das Streben jeder Zivilisation ist, tierische Instinkte im Interesse der Allgemeinheit möglichst ein­zudämmen. Ob das ganz und gar möglich sein wird, steht in Frage, aber versuchen soll man es doch. Auch daß einmal ein ganzes Volk in berechtigtem Haß gegen ein anderes aufflammt und zu den Waffen greift, ist psychologisch richtig und erklärlich, aber man muß nicht vergessen, daß moderne Kriege wesentlich auf kapitalistischen Gründen beruhen und daß alles andere ein wohl angelegter Schwindel ist: die Wolksbegeisterung und die flatternden Fahnen und die Orden und all das.

In der altgermanischen Volkssage wird der edle Hödur von dem hinterhältigen Loki tückisch ermordet. Der Medizinalrat ist auf seiten Lokis , weil der zwar weniger Geist, aber doch mehr Körperkräfte hatte, und fragt höhnisch:" Ist Hödur inoperabel?" Ich weiß das nicht. Daß aber der Medizinalrat operabel ist, steht fest. Er soll sich kastrieren lassen.

geſchoſſen, es sei denn daneben. Und nun greift er auf 1813 zurüd Vom Jahrmarkt des Lebens.

und beschreibt die Grausamkeiten und Schlächtereien dieser Jahre mit so intensivem Vergnügen, daß man ihm den Titel Medizinal­sadist nicht mehr verweigern darf. Er spricht von der Halali­schlacht" von Waterloo und wälzt sich noch einmal freudig stöhnend

Kulturschutt.

Irgendwo ich glaube in Braunschweig hat sich ein reicher

Sonderling noch im Tode einen boshaften Scherz mit den Behörden

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im Blute der Gefallenen. Nach diesem Aft, in dem Blücher ein titanischer Prolet" genannt wird, hat er genug. Verschonen und der behördlich abgestempelten Gutgefinntheit gestattet. Er hat wir uns mit ferneren Details! Ich es muß endlich heraus in seinem Testament eine Stiftung von 500 000 m. eingefekt, deren ich kann diesen Leuten nicht böse sein! Im Gegenteil! Jm aller- Binsen aufgewendet werden sollen zur Linderung der Mutter­schärfsten Gegenteil!" Und dann teilt er jedes Bolf in zwei klassen, fchaftsnot unbescholtener Mädchen. Nun ist der in die geborenen Krieger und in die anderen( und das sei die Staat in Verlegenheit. Daß die Stiftung einem an sich Mehrzahl). Menschen, denen es mehr oder weniger Mühe macht, einwandfreien und sozialen Zwecke dient, fann nicht be Courage aufzubringen." Früher, in der schönen alten Zeit, hätten stritten werden. Aber, aber da ist ein Wörtchen in bei den Söldnertruppen wohl nur die geborenen Krieger gekämpft. diesem Testament, das unbedingt staatsgefährlich ist: Un­Heutzutage aber haben wir es mit der Majorität der Friedlichen, bescholten!" Ein Mädchen, das ohne die standesamtliche Abstempe der Temperamentarmen zu tun. Leider kann man auf sie nicht lung ein Kind befommt, ist nicht unbescholten", sondern gefallen" verzichten der Uebermacht wegen, die man braucht. Was soll man und sollte es selbst in allem übrigen an sittlichem Empfinden der also im Ernstfall mit all diesen Phlegmatikern, verwöhnten Jungfrau Maria gleichen, deren Schicksal nach dem Dogma" nicht Schlemmern, Muttersöhnchen, Interesselosen, Dickbäuchen, Gewohn- unähnlich war. Die für die Sanktionierung dieser Stiftung zu heitsspießern, Bangbügen und sanften Antönchen anfangen? Wir ständigen Behörden drücken sich nun unter allerlei formalistischen haben es nicht nötig, uns lange den Kopf zu zerbrechen, denn wir Vorwänden um die Entscheidung. Denn sie können doch um Himmels­wissen sowieso, daß diesen Leuten sofort geholfen ist, wenn ihnen willen nicht ihre Unterschrift zu einer Tat des Erbarmens geben, eine Leidenschaft eingeflößt wird. Diese Leidenschaft kann in durch die die mittelalterliche Roheit einer noch immer herrschenden unserem Falle nur der Haß sein." Gesellschaftsmeinung weggestrichen wird.

M

Und dann folgt auf den nächsten Seiten eine Verherrlichung Die Unfreiheit und Grausamkeit der Sitte", mit dem ver­der Nationalbesoffenheit, der niedrigsten Stufe aller Leidenschaften, logenen Augenaufschlag, zeigt sich hier in einer grotesken Lächerlich­des patriotischen Hasses, die man denn doch bei einem Christen nicht teit. Religion und Staatsräson" will sagen: die Lügen zur für möglich gehalten hätte. Der Mann, der bestimmt ein friedlicher Aufrechterhaltung einer Kastenmacht haben die natürliche Mensch­Bürger ist, läßt hier, wie aus einem Ventil, seine gefährlichen lichkeit so verfälscht, daß man lieber hundert arme Mütter berelenden Emotionen auspuffen, die er sonst nicht ungestraft entladen dürfte. läßt, als daß man von dem Kulturschutt auch nur das wertloseste Dieses Material sind wir sonst nur als Erzieher in den Mädchen- Gerümpel endgültig beiseite würfe. stiften zu sehen gewohnt; von Dippold bis zu den peitschenden Für sorgeerziehern ist uns die Sorte wohl bekannt. Der Medizinalsadist der Landwehr außer Diensten bringt Kriegslieder zum Belege, die natürlich von Haß triefen, und ist der festen Ueberzeugung, der Der Mbret von Albanien kommt nicht umsonst aus Preußen. habe den Erfolg für sich, der am meisten Haß aufzuweisen hätte. Was jest da unten zusammenregiert wird, ist preußischer " Jener herrliche, niederrasende Haß ist der Beginn, die Hauptsache Geist ins Albanesische übertragen. Daß bei der Mischung das der echte und erste Götterfunke. Wir heutigen Deutschen müßten Groteske nicht zu kurz kommt, ist selbstverständlich und darum ist wahrhaftig ganz von Gott verlassen sein, wenn wir aus alledem die die Regierungsherrlichkeit Wilhelms des Einzigen eine un­nicht die Nuzanwendung zögen!" Die ganze Innenpolitik paßt erschöpfliche Fundgrube für fröhliche Leute. Solange der Mbret

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Albanesisches.

Es ist wahr: die meisten sehen nicht nach Vorwärtslefern aus. I schönem Selbstbewußtsein, von den harten Oberhemden strahlt die Die allermeisten sehen aus, als ob Suggestion stolzer Stärke aus, und sogar die Bügelfalten der Hose Als ob machen eine vornehme Linie.

Ich möchte ohne Klaffenhaß reden, kann mir aber nicht helfen: ... als ob sie nichts oder nur den Kurszettel lesen. Das ist vermutlich eine Täuschung,

Aber ich sehe keine Welt in diesen Gefichtern. Trotz aller Mühe

Was da an mir( von holder Weiblichkeit) in Seide, Flor und Musselin

in seinem Leben nicht gelingen werde, alle seine Ideale und Wünsche zu verwirklichen. Wie treffend! Aber einen gewissen Grad von Glück hatte Bebel in seinem Leben doch; und das ist nicht etwa seiner außergewöhnlichen Tatkraft und der großen Sache, die er vertrat, zu danken, sondern dem Umstand, daß der Planet Venus ( die Liebesgöttin und Bebel!) Herrscher in seinem Horoskop war. Bebels glänzende Rednergabe erklärt sich durch Sonne und Merkur in den Fischen im Trigon- Aspekt zum Monde, wodurch größere Boltsmassen und gutem Willen. angedeutet werden. Weil die Fische mit dem 12. Haufe des Horo­stops in gewiffer Verbindung stehen, hindeutend auf Feindschaften, vorüberwatschelt oder- schwebt- junge Mädchen schweben immer Krankenhäuser, Gefängnisse, Asyle usw., verbrachte Bebel ca. 5 Jahre in Gefängnissen. Die preußisch- deutsche Klassenjustiz kann beruhigt sein, sie ist schuldlos daran. Aber diese verruchten Sterne! Dann kommt das wässrige. Bebel wohnte deshalb am Züricher See, weil sechs Planeten seines Horoskops im Wasserzeichen stehen. Und schließlich zum Schluß: Warum bekämpften sich Bismard und Bebel zeitlebens?

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Zutveilen taucht ein Mensch auf. Ein Gelehrtengesicht oder dergleichen. Aber sie gehen unter in der Menge, die die Welt nicht als Kopf fondern als Zierichwänzchen. bedeutet, troßdem fie möglicherweise auch dazugehören, wenn auch

ist Berlin WW., entsprungen aus dem neuesten Modejournal. Die Mode hat wohl Gesichter, aber kein Gesicht. Ich müßte sie beschreiben natürlich. Jeder Ferien- Bericht­natürlich. Jeder Ferien- Bericht- ständigen. erstatter schreibt darüber, weil die Berichte erst anziehend werden, wenn sie vom Angezogenen handeln.

Leider bin ich in dem Fach nicht geprüft. Soviel sehe ich aber: daß die älteren Jahrgänge sich das Zeug etagenmäßig um den Leib hängen, wohingegen die jüngeren es vorziehen, die Möglichkeit anatomischer Studien an sich bei lebendigem Leibe offenzulassen.

Die Sonne als Herrscher im Horoskop Bismarcks steht in Opposition zu dem Aszendenten Bebels. Der Mond im Horoskop Bismards steht dazu in Opposition zur Himmelsmitte Bebels. So wenig haben sie an. Venus als Herrscher des Horoskops Bebels steht in Opposition von Bismards Horostop. Der Mond im Horoskop Bebels steht in Opposition zur Himmelsmitte Bismards."

Die Kleider sind dünn, aber Papas Geldbeutel ist dick. Warum sollte er es berbergen?

Er handelt in Berlin mit Stratatten oder Damenmänteln und

Wie klar, wie zweifelsfrei dieser Epigone des dunklen Mittel- hier mit Töchtern. alters alle Fragen löst! Die moderne Wissenschaft mag beschämt einpaden. Die Jünger der Astrologie sind wieder obenauf. Da ist, sage noch einer, wir machten keine Fortschritte....

töne

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" Alle Welt".

Er ist kein Jllusionär, weiß, daß auch dies hier ein Markt bei dem alles auf den Kredit und die Aufmachung ankommt. Und warum sollten seine Töchter ihre Reize verbergen? Notabene, wenn sie welche haben.

Geheiratet soll soch mal sein, und möglichst' ne militärische Charge, eventuell Reserve.

Und so sicht der Freier die Schönen denn transparent im Sonnenlicht und kann Reize und Vermögen summieren.

Was in dies Geschäft gesteckt wird, das ahnt kein Prolete, der vielleicht der Meinung ist, die Welt" ginge ins Bad, um sich zu erholen.

Amüsemant.

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Die Flundern kauft man fich.

Ostsee , 3. Juli 1914. Lieber Vorwärts"! In dieser Zeit der Ferienbriefe sollst auch Du nicht leer ausgehen. Eine Zeitung, die etwas auf sich hält, muß sich aus den Bädern schreiben lassen. Erstens gehört das I wo. Diese Welt ist stets im dicksten Trubel nnd angelt nach zum guten Zon und Du warst immer für gute Flöten­und zweitens leien die verreisten Abonnenten irgendetwas. Wenn nach weiter nichts, dann nach Lärm und nichts lieber als aus ihrer Sommerfrische. Denn jetzt ist doch kein Mensch mehr zu Hause. Wenigstens las ich wieder­holt, daß alle Welt" in diesen Tagen die Bürde der Arbeit ab- Darum soll man die Arbeit eines töchterreichen Vaters nicht wirft und sich dem süßen Nichtstun überläßt. Alle Welt! Demnach unterschätzen: fie frißt an Geldbeutel und Seele, was oft dasselbe ist. bleiben nur die Beamten der Wach- und Schließgesellschaften daheim und allenfalls unverbesserliche Stadthocker, die nicht wissen, daß sie ihre Weiße hier ebenso sauer wie in Berlin trinken können. Oder sollten Deine Abonnenten nicht zu aller Welt gehören? Hier stod' ich schon.

Und setze mich nachdenklich auf eine Bant an der Kurpromenade, m mir die Welt" zu betrachten.

Es gehen natürlich auch andere Typen an meiner Bank vorüber: der schwere Agrarier mit Gattin, die hochmütig auf das Krämerpad" blicken; Beamte und Räte aller Grade und Klassen, die sehr aufrecht gehen und sich dadurch wirklich erholen( denn das strapazierte Rückgrat darf hier seine natürliche Lage annehmen) und jene Monocle- Snobs, die überall find, wo die Welt" ist. Denn das fühlen alle: wir sind die Welt. Es leuchtet aus ihren Augen in

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Was aber ein Wesensteil der Welt" ist, das ist die Halbwelt, die ihr wie ein Schatten folgt und nicht zu ignorieren ist. Sie gibt sich um eine Nuance diskreter hier als in der Friedrichstraße. Aber sie gibt sich. Und es ist wunderbar, wie sehr Welt und Halbwelt sich in einzelnen Dingen ähneln, wie leicht und sicher sie sich ver­ständigen. Raum ein Wimpernzuden ist nötig und sie finden sich.- So wiederholt sich in buntem Wechsel das Bleibende, und es wird nur unterbrochen von vereinzelten Gestalten, die sich anscheinend Verirrt in diese Welt.

berirrt haben und vorüberwandern.

Vielleicht sind das Vorwärts"-Refer? Möglich.

Aber ihre große Masse?

Wo ist sie?

Jch zerbreche mir den Kopf: Alle Welt"

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alle Welt"

Gehört die Arbeit nicht zur Welt? Fünf vom Hundert das wäre die Welt? Und die anderen fünfundneunzig? Das ist keine Welt?

Schaffen sie nicht an der Welt?

Hämmern, hobeln, feilen, sägen, schneidern, schustern sie nicht? Warum sind sie nicht hier?

Warum liegen sie nicht in der Sonne, plätschern im Wasser, fegeln auf der See, plaudern und lachen?

Und während ich darüber nachgrüble, fommt ein fleiner, alter weißbärtiger Herr, fezt sich zu mir auf die Bank und liest ein Buch. Ach, denke ich, Du gehörst auch nicht zur Welt. Dein Rock ist ja nicht schlecht, aber Du hast ein Gesicht. Ein eigenes Gesicht, wo

etwas vom Leben drinstegt.

Und wie er auffieht und nachdenklich aufs Meer schaut, als wolle sein Blick weit, weit in die Zukunft dringen, erblicke ich den

Einband des Buches.

Bebels Memoiren liest er.

Liest fie andächtig und verfunken und schaut über die Welt hinweg. Ueber alle Welt", als wäre sie nicht da. Und sie rauscht, schwazt, lacht doch um ihn. Die Welt", die glaubt, daß sie die Welt sei.

Und ist nur ein wenig Schaum auf ihr wie dort der Gischt auf Pan. den Wellen.