Ministerrat für die innere Lage in B o s n i e n in Aussichtgenommenen Kurs. Demnach werde in Bosnien eine Reihevon Veränderungen der Walt um gs rechtlicherNatur ans dem Gebiete der Polizei, der Schule, des Ver-sammlungswesens zu gewärtigen sein, womit zugleich einestraffere Handhabung der Grenzpolizei zu erwarten sei. E i nSchritt bei dem serbischen Kabinett werdein kürze st er Zeit erfolgen. Er werde, wie mitBestimmtheit gesagt werden könne, keinen Eingriffin staatliche Hoheitsrechte Serbiens enthalten.Nichts werde der serbischen Regierung zugemutet werden,was als Affront oder Demütigung gedeutet werden könnte.Daher sei zu erwarten, daß die serbische Regierung den öfter-reichischen Forderungen auf Bestrafung der an der Anstif-tung des Attentats beteiligten Personen und auf Vorkehrun-gen zur Abstellung jener Uebelstände, deren Weiterbestandeinen korrekten Nachbarverkehr ausschließen würde, voll undganz Rechnung tragen werde. In der Demarche werde dieserbische Regierung aufgefordert werden,gewisse Sicherheiten zu bieten, daß auch in Serbienzukünftig die groß serbische Propaganda auf demGebiete der Monarchie von der serbischen Regierung nicht nurnicht begünstigt, sondern möglichst verhindert werde.Der Mfstanö in Albanien.Koritza gefallen.Haag, 9. Juli. Der Kriegsminister hat folgende Depescheerhalten: Koritza ist am 6. Juli gegen Abend in die Händeder vereinigten Epiroten und Aufständischengefallen. Die holländischen Offiziere befinden sich wohl-auf und sind auf dem Wege nach Valona.Der mexikanische Konflikt.New Aork, S. Juli. Nach einem Telegramm aus Mexiko hatdort der amerikanische Minister des Auswärtigen im Senat und inder Kammer eine Denkschrift über die Meinungsverschieden-heiten der Vereinigten Staaten mit Mexiko verlesen. In dieserDenkschrift wird die Bereitwilligkeit der Regierung HuertaS zumAusdruck gebracht, mit den Konstitutionalisten über Errichtungeiner neuen provisorischen Regierung zu verhandelnund ferner die Bereitwilligkeit HuertaS, zurück-zutreten, falls man hierdurch zu einem sicheren Frieden ge-langen könnte. Zum Schluß gab die Denkschrift der Hoffnung AuS-druck, daß die südamerikanische Vermittlung zu einer engeren Ver-bindung der amerikanischen Nationen führen möchte.Fortschritte der Konstitutionalisten.Nogales(Mexiko), 9. Juli. Hier ist die Nachricht eingetroffen,daß die Konstitutionalisten Guadelajara eingenommen.haben.Ablehnung der Friedensvorschläge.Washington, 9. Juli. Nach Meldungen von dermexikanischen Grenze hat die P a r t e i C a r r a n z a s dieEinladung der Vermittler zu zwanglosen Besprechun-gen mit den Vertretern Huertas nicht angenommen.Zrankreich.Eine verdächtige Geschichte.Paris, 9. Juli. Di« Untersuchung gegen die in Beau-Moni verhafteten Russen Kiritschek und Trojanowski hatAnhaltspunkte dafür ergeben, daß die beiden mit zahlreichenAnarchisten in Verbindung standen. Bei Kiritschek wurdeein Schriftstück vorgefunden, das die Namen von etwa 20 aus-ländischen Anarchisten enthielt, die fast durchweg seit einiger Zeitvon der Pariser Polizei überwacht werden. Vier der-selben: Ustinow, Gorodetzki, Gogelin und Abachitze wurden bereitsfestgenommen und nach dem Untersuchungsgefängnis gebracht.Kiritschek behauptet zwar, daß er die Verhafteten nichtkenne, weigert sich jedoch, irgendwelche Aufklärung darüber zngeben, wie er in den Besitz der bei ihm vorgefundenen Namens-liste gelangt ist. Einem Blatte zufolge neigt der mit der Angelegen-heit betraute Staatsanwalt Gazier von Poitiers zu der Ansicht,daß der Anschlag Kiritscheks und Trojanowskis nicht gegen denKaiser von Rußland, sondern gegen den Präsidenten derRepublik gerichtet war, der nächsten Sonntag die Stadt Peronneim Somme-Departemcnt besuchen will. Der Ort, in dem die beidenRussen verhastet wurden, ist nur wenige Kilometer von der Bahn-linie entfernt, welche Präsident Poincare bei seiner Reise benutzenwird. Auf Grund der mit Kritischek und Trojanowski vor-genommenen Verhöre ist der Staatsanwalt zu der Ueberzeugung ge-langt, daß es sich um ein e r n st e s Komplott handelt, unddaß die Verhasteten, welche die Bomben nicht selbst hergestellt,sondern von Helfershelfern erhalten haben dürften, mitder Ausführung eines Attentats betraut waren.Wir meinen, daß diese Geschichte auf 100 Meter nach Sock-spitzelet riecht.Die englische Woche.Paris, 9. Juli. Die Kammer nahm heute die gestern vomSenat genehmigten Kredite für die englische Woche der inStaatswerkstätten beschäftigten Arbeiter mit 522 gegen 11 Stim-- men an.Mus öer Partei.Zur Tagesordnung des Parteitags, mit der sie sonst einverstandenist. schreibt die.Leipziger VolkSzta.':.Eins fehlt— ein Punkt,dessen Erörterung uns notwendig erscheint: die Klassenjustiz.Die wüste Justizkampagne, die jetzt gegen die Sozialdemokratie imGange ist. bedarf einer Beleuchtung auf dem Parteitag. Einmalkann ein solches Referat unfern Genossen im Lande nützliche An-leitung geben zur Ausnützung der Sache in der Agitation; außer-dem ist es wertvoll, vor der Oeffentlichkeit den Hintermannern diesesTreibens eine scharfe, deutlich- Antwort der ganzen Partei zu geben.Wir empfehlen deshalb dem Parteivorstand, d,e Tagesordnung umdiesen Punkt zu ergänzen.Die Eröffnung des Parteitags findet am 13. September,ab-e n d S 6 Uhr, im Huttenschen Garten, Birchowstr. 2, statt.AuS den Organisationen.In einer Kreiskonferenz für den 8. sächsischen ReichStagswahl-kreis(P i r n a- S e b n i tz), die zum Parteitag Stellung nahm.führte der Abgeordnete des Kreises, Genosse Otto Rühle, aus,daß die Frage des Massenstreiks in Würzburg diskutiertwerden müsse. Das Toben der Reaktion zwinge dazu, nicht nurtheoretisch, sondern auch praktisch zum Massenstreik Stellung zunehmen. Auch die klugen Staatsmänner unter uns müßten sichschließlich den wirtschaftlichen Vorgängen beugen, und die Gewerk-schaften, die sich am heftigsten gegen den Massenstreik gesträubthätten, würden vielleicht noch bei ihm Rettung suchen. Beim Berichtder Reichstagsfraktion werde die Kolonialpolitik und dasJt&i e x h o ch.zu Ausemanderjetzungen Veranlassung geben. Daßdie Kolonialpolitik in ihrer heutigen Form kapitalistisch sei und des-halb grundsätzlch bekämpft werden müsse, darüber habe der Jnter-nationale Kongreß in Stuttgart und auch das Handbuch für sozial-demokratische Wähler keine Zweifel gelassen. Dennoch habe sich inder Fraktion eine Minderheit gefunden, die bereit war, die Mittelzur Erbauung der Uruganda- und Ovambobahn zu bewilligen, weildiese Eisenbahnen angeblich Kulturzwecken dienten. Der Parteitagmüsse weiteren Persuchen, unsere Stellung zur Kolonialpolitik nachkapitalistischen Nützlichkeitsgrundsätzcn zu orientieren und die prinzi-pielle Gegnerschaft preiszugeben, energisch entgegentreten. In derweniger wichtigen Frage des Kaiscrhochs hofft Redner, daß sich dieKreiskonferenz, der Parteitag und die überwiegende Mehrheit derGenossen im Reiche für die Haltung der Mehrheit der Fraktionentscheiden werde.In der sich an das Referat Rühles anschließenden Debattestimmten alle Redner diesen Darlegungen zu. Angenommen wurdefolgende Resolution:„Die Konferenz billigt den Mehrheits-beschluß der Fraktion in der Frage des Kaiserhochs. Sie erwartet,daß die Fraktion auch in Zukunft eine unseren grundsätzlichen An-schauungen entsprechende Haltung einnimmt."— Mit Rücksicht aufdie Ausführungen des Genossen Rühle wird das Delegationsrechtzum Parteitag voll ausgenutzt und die Genossen Erfurt,S t e r z e l und Redakteur T i e tz äls Delegierte gewählt.«Im Wahlkreise Grünberg-Frehstadt betrug die Mit-gliederzahl am Schlüsse des verflossenen Geschäftsjahres 977. DieAgitation im Wahlkreise, der 8 Städte, 178 Dörfer und III Guts-bezirke umfaßt, ist sehr schwierig und wird außerdem noch durchden Mangel an Versammlungslokalen gehemmt. Zur Verbreitunggelangten 75 000 Flugblätter und 14 000 Volkskalender. Die Zahlder sozialdemokratischen Gemeindevertreter beträgt zurzeit 23 in12 Ortschaften._Schweizer außerordentlicher Parteitag.Die schweizerische Sozialdemokratie wird am 15. und 16. Augustin Bern tagen, um in erster Linie zum Fabrikgesetz, dasparlamentarisch durchberaten ist und das im Herbst Gesetz wird,wenn nicht dreißigtausend Bürger das Referendum verlangen,Stellung zu nehmen. Referenten werden die Genossen Eugsterund S i g g- Genf sein. Sollte die Sozialdemokratie oder eineandere mächtige Gruppe das Referendum ergreifen, so ist dasSchicksal des parlamentarischen Kompromisses in der Volks-abstimmung besiegelt. Der Entscheid des Parteitags ist noch un-gewiß, die leitenden Parteiinstanzen sind gegen Ergreifen de?Referendums.Der Parteitag wird auch programmatisch Stellung nehmen zurErneuerungswahl des Nationalrats im Herbst(Referenten: M a n z-Zürich und G o l a h- Lausanne) und zur ebenfalls im Herbst statt-findenden Volksabstimmung über den eidgenössischen Proporz.—Weiter wird sich der Parteitag mit dem Internationalen Kongreßin Wien und mit der Schaffung eines Parteisekretariats anStelle des jetzigen Gemeinschaftssekretariats mit dem schweizerischenGrütliverein beschäftigen. Der„Fall Bruppacher" soll erst imnächsten Jahr vor den Parteitag gelangen— bis dahin werden sichdie erhitzten Gemüter allseitig abgekühlt haben.Soziales.Rutschen Sie mir den Buckel runter.Nach der Vorschrift des Z 71 des Handelsgesetzbuches berechtigteine erhebliche Ehrverletzung des Angestellten durch den Prinzipalden Angestellten, das Dienstverhältnis gemäߧ 70 H.G.B,(in-folge wichtigen Grundes) ohne Einhaltung einer Kündigungsfristaufzulösen. Die Feststellung darüber, ob eine erhebliche Ehrver-letzung liegt, ist dem Ermessen des Gerichts überlassen, das dieeinzelnen Tatbestandsmerkmale zu prüfen und unter Berück-sichtigung der gegebenen Situation zu beurteilen hat, wann eineerhebliche Ehrverletzung vorliegt. Am Dienstag wurde vor demReichsgericht die Frage erörtert: ob die oben genannte Redewendungstets als erhebliche Ehrverletzung zu erachten sei.Ein mit mehr als 6000 M. angestellter Subdirektor der Deut-schen Lcbensversicherungsbani in Lübeck geriet mit seinem Vor-gesetzten, dem Leiter der Spezialdirektion der Bank in Frankfurta. M. in lebhafte Mcinungsdifferenzen. Der Leiter der Spezial-direktion suchte die Auseinandersetzung durch die wenig schmeichcl-hafte Bemerkung„Rutschen Sie mir den Buckel runter!" end-gültig abzubrechen. Der Kläger wurde nun erregt, verwahrtesich dagegen und hielt dem M. vor. daß er jahrelang für die Gesell-schaft gearbeitet habe und daß alles darauf hinauslaufe, uni ihnletzt hinauszudrängen. M. erwiderte darauf:„Machen Sie, daßSie aus dem Kontor hinauskommen!" Der Kläger verließ nun-mehr das Geschäftslokol und teilte dem M. am Tage daraufschriftlich mit,. daß er in der Redensart„Rutschen Sie mir denBuckel runter" eine Ehrverletzung finde und die ganze Aus-eina Übersetzung als einen inszenierten Vertragsbruch ansehe. Ertrete infolge Vorliegens eines wichtigen Grundes von dem An-stellungsvertrage zurück und werde gemäߧ 70 Absatz 2 H.G.B.Schadensersatzansprüchc erheben. Ter Leiter schrieb darauf, daßder Bertrag unbedingt von beiden Seiten inne zu halten sei. DieVerweisung aus dem Kontor sei nur wegen des ungebührlichenBetragens erfolgt, einer weiteren Tätigkeit bei respektvollem Bc-nehmen stehe gar nichts im Wege.Das Laiid geruht, das Kammergericht und nun auch das Reichs-gcricht haben den Kläger mit seiner Klage abgewiesen. Unter dengegebenen Umständen sei die Aeußerung des M. als eine Ehr-Verletzung nicht aufzufassen. Sie war allerdings— so führt dasKammergericht aus— unhöflich und dem Verkehr unter gebildetenLeuten nicht entsprechend, doch war sie nicht so ehrverletzcnd, daßdem Kläger die Wiederaufnahme der Arbeit nach dem Schreibendes M. nicht wieder hätte zugemutet weden können.Wegen Pietätsbezeugung bestraft.Das Reichsgericht fügte dem Kranz seines Unruhms amMittwoch ein neues Blatt bei. Es bestätigte ein Urteil desLandgerichts Dortmund mit der Formel, die Revision schei-tcre an der„tatsächlichen Feststellung" des angegriffenenUrteils, das„ohne erkennbaren Rechtsirrtum" angenom-men habe, ein Leichenbegängnis werde durch Bezeugung her-gebrachter Pietät zu einem„ungewöhnlichen".Am 6. Oktober v. I. fand in Lütgendortmund die Beerdigungdes Bergmannes Schultz, eines Mitgliedes des sozialdemokratischenWahlvereins, statt. An der Spitze des Leichenzuges gingen diespäteren Angeklagten Witt und Willner, einen Kranz mit roterSchleife tragend, und neben ihnen Hippel als Vorsitzender des Ver-eins. Als der Polizeikommissar R. den Kranz mit der roten Schleifeerblickte, forderte er die beiden Kranzträger auf, die Schleife zuentfernen. Daraufhin sprang Richter hervor und rief dem Beamtenzu:„Ihr wollt Christen sein? Ihr seid schöne Christen! Scheu-sale!" Auf Grund dieser Aeußerungen ist Richter wegen öffentlicherBeleidigung zu 100 M.. Witt, Willner und Hippel wegen Ueber-tretung des Vereinsgesetzes zu je 15 M.(Ycldstrafe verurteilt. DasGericht nahm an, das Leichenbegängnis wegen der großen rotenSchleife an dem vorangetragenen Kranze sei nicht mehr ein ge-wohnliches Leichenbegängnis, sondern ein„ungewöhnliches", eine„politische Demonstration", ein„öffentlicher Umzug" ohne Polizei-lichc Genehmigung geworden. Daß diese Art der Beerdigung die beiLeichenbegängnissen von Sozialdemokraten übliche seit Jahren ist,hinderte das Gericht nicht an seiner der Wahrheit widersprechenden„Feststellung"..Das Reichsgericht verwarf die gegen das Urteil eilt-gelegte Revision. Es hat damit also ungewollt sich zu derschnurrigen Rechtsnorm bekannt: die Bezeugung her-gebrachter Pietät wird zu einer„außergewöhnlichen",wenn der Beerdigte ein Sozialdemokrat ist. Und dennochgibt es KMe. dis bss WÄten vM MssenjiM fegfiieitgn,Mus Inöustn'e und Handel.Die englische Berufsstatistik.In einem über 1000 Seiten starken Bande hat die englischeRegierung soeben die Resultate der Volkszählung des Jahres1911 veröffentlicht, die sich auf die Berufseinteilung der Bevölle-rung beziehen. Die zahlreichste Bcrussklasse war im Jahre 1911 dieKlasse der Dienstboten, die 1302 348 Personen umfaßte; davonwaren 1260 673 weiblichen und 41 765 männlichen Geschlechts.Gegen 1901 ist ein Rückgang namentlich in der Zahl der weiblichenDienstboten unter 25 Jahren zu verzeichnen. Die amtlichen Zifferndokumentieren demnach die Klage der Bourgeoisie über Ae Dienst-botennot und stützen auch die im täglichen Leben oft gemachte Er-sahrung, daß sich die Mädchen der Arbeiterklasse immer mehr an-deren Berufen zuwenden, die ihnen mehr Bewegungsfreiheit ge-statten. Beschäftigt waren im ganzen Lande 11453 665 männlicheund 4 830 734 weibliche Personen. Von den 18 Berufen, in denenmehr als 200 000 Personen arbeiten, steht die Landwirtschaft anzweiter Stelle. Sie beschäftigt 1 134 714 männliche und 94 841 weib-liche Personen, oder 106 633 Personen mehr als im Jahre 1901.Diese bemerkenswerten Ziffern stehen im schroffsten Widerspruchzu den Angaben über die Landflucht, die beständig von den libe-ralen Landreformcrn gemacht werden. Teilweise werden sie sichdurch die genauere und systematischere Zählung erklären lassen; aberdie in der englischen Landwirtschaft beschäftigte Bevölkerung, dievom Jahre 1851 bis zum � Jahre 1901 beständig im Abnehmen be-griffen war, wird sich auch wohl infolge der au; die hohen Lebens-mittelpreise der letzten Jahre zurückzuführenden �Prosperität derLandwirtschaft vermehrt haben. Nach der Landwirtschaft beschäftigendie meisten Personen: der Kohlenbergbau(968 051 männliche und3185 weibliche Personen), das Baugewerbe(814 989 männliche und2953 weibliche Personen), die Baumwollindustrie(250 901 mann-liche und 372 834 weiblich« Personen).Interessant ist es auch, zu erfahren, welche Rolle die Frauenim englischen Erwerbsleben spielen. In 7 von den 18 Berufen,die mehr als 200 000 Personen beschäftigen, überwiegen die Frauen.So bei den Dienstboten, in der Baumwollindustric(250 911 mann-liche und 372 834 weibliche Personen), in der Damenschnciderei(333 129 Näherinnen gegen 3826 männliche Personen), im Lehrer-beruf(211 183 Lehrerinnen gegen 89 648 Lehrer), in der Schneiderei(127 527 weibliche gegen 127 301 männliche Personen), in der Woll-industrie(127 637 weibliche gegen 105 552 männliche Personen), imWeißwarenhandel 110 955 weibliche gegen 93171 männliche Per-sonen). Die Zahl der beschäftigten alten Frauen hat infolge desAlterspensionsgesetzes abgenommen, die der jungen Frauen hat zu-genommen. Von den 4 830 734 beschäftigten Frauen waren 980191verheiratet und 411 011 Witwen. Ter größte Prozentsatz unver»heirateter Frauen wurde in Lancashirc beschäftigt, wo in Städtenwie Preston, Burnleh, Blackburn 74 bis 78 Proz. aller unvevhei-rateten weiblichen Personen(über 10 Jahre) beschäftigt wurden.Die Zahl der weiblichen Dienstboten, Textilarbeiterinnen und Nähe-riynen nahm gegen das Jahr 1901 ab, doch die Zähl der weiblichenBüreauangestellten verdoppelte sich zwischen 1901 und 1911. Auchin anderen ähnlichen Berufen ist eine beträchtliche Zunahme derweiblichen Arbeitskräfte zu verzeichnen.Das Problem der Kinderarbeit beleuchten folgende Ziffern derStatistik. Von 2 812 433 Kindern im Alter von 10 bis 14 Jahrenmußten 146 417 an die Arbeit(97 141 Knaben und 49 276 Mädchen).Mehr als die Hälfte der kleinen Mädchen arbeitete in der Textil-industrie; ein Drittel von den übrigen waren Dienstboten. Von denJungen waren 24 870 Boten, 14 387 arbeiteten in der Baumwoll-industrie und 6391 in der Wollindustrie, 8252 waren Zeitungsaus-träger, 8121 arbeiteten im Kohlenbergbau(5371 davon unter Tage)und 7803 arbeiteten in der Landwirtschaft. In Lancashire gab es37 und in West-Aorkshire 18 Städte mit einer Bevölkerung von5000 bis 50 000, in denen mehr als 25 Proz. der Knaben undMädchen zwischen 10 und 14 Jahren im Jahre 1911 an die Arbeitmußten. In vielen Städten hat sich die Zahl dieser beschäftigtenKinder in dem Jahrzehnt des Berichts prozentual vermehrt. Mannennt diese Kinder, die meist in der Textilindustrie arbeiten, die„Halbzeitler", weil sie während der einen Hälfte des TageS in derFabrik arbeiten und wahrend der anderen Hälfte in der SchuleUnterricht genießen, wenn sie nicht vor Müdigkeit einschlafen.Der Bericht wirft auch sonst viel interssantes Licht auf die Wirt-schaftliche und soziale EntWickelung Englands. So erfährt man, daßdie Gruppe der Kraftwagenführer, von denen man im Jahre 1901erst 623 zählte, im Jahre 1911 49 943 Personen umfaßte. Dieseschnell« Zunahme veranschaulicht recht deutlich die Wandlung, diesich im Stratzcnbild der englischen Städte vollzogen hat. Beachtens-wert ist auch die Zunahme der Zahl der katholischen Priester, dieinfolge der Einwanderung aus Frankreich von 2849 auf 3302 stieg.Der Goldbestand der Zentralbanken. In nachstehender Neber«ficht wird zu zeigen versucht, wie sich der Goldbestand der wichtigereneuropäischen Zentralbanken in den letzten Jahren bis einschließlich1913 entwickelt hat. Es betrug in Millionen Mark der Goldbestandam Schlüsse der nachstehenden Jahre:1909 1910 1911 1912 1913Deutsche Reichsbank. 681.06 661.64 727,76 776.65 1 169.97Schweiz. Nationalbank 99,15 124.49 128,53 138,51 135,96Oesterr.-Ungar. Bank. 1 150.92 1 122,47 1 098,08 1 023,36 1 054,83Bank von Frankreich. 2 796,30 2 623,54 2 565,16 2 565,86 2 806.15Niederländische Bank. 205,66 212,11 238,61 275,01 257,53Bank von Italien.. 760,66 780.18 806,34 817,62 886,11Bank von England.. 665,61 639,66 661,73 618,71 713,65Russische Staatsbank. 2 544,52 2 661,04 2 714,91 2 867,15 3 375,24Im Laufe von vier Jahren hat sich der Goldbestand der auf-geführten Zentralbanken von 8 903,88 Millionen Mark auf10 299,44 Millionen oder um 1 395,56 Millionen gehoben. Davonentfallen nicht weniger als 1211,57 Millionen auf dos Jahr 1913.Es ist kein Zufall, daß gerade diese? Jahr die Ansammlung derGoldvorräte beschleunigte. Es waren keineswegs bloß reinwirtschaftliche Gründe, die diese Steigerung der Goldvorräte in denZentralbanken herbeiführten, sondern vermutlich wirkten politisckeMotive noch stärker. Die Russische Staatsbank hat im Jahre 1913ihren Goldbestand um 408,09 Millionen Mark vermehrt, die DeutscheReichsbank um 393,32, die Bank von Frankreich um 240,29, die Bankvon England um 94,94 Millionen Mark. Die Oesterreichisch-ungarische Bank zeigt dagegen nur ein ganz geringes Mehr gegen1912, gegen die früheren Jahre sogar einen stetigen Rückgang, Imlaufenden Jahre hat sich die Ansammlung von Gold bei denZentralbanken fortgesetzt. Vor allem war eS die Bank von Franl-reich, die ihre Goldbestande ganz wesentlich steigerte.Letzte Nachrichten.Wilhelms Abschied?Wien, 9. Juli.(Hd.) Heute findet in Durazzo ein Kronratstatt, an dem alle in Durazzo anwesenden Notabcln teilnehmenwerden.Zwei belgische Militärflieger verunglückt.Hasselt(Belgien), 9. Juli.(W. T. B.) Auf dem hicsigcüFlugplatz geriet ein Militärflugzeug gegen die Schuppen, wobeidie Insassen, Leutnant Hurbert tödlich und Leutnant Poot leichtverletzt wurden.__Folgenschwere Brandstiftung.Radolfzell, 9. Juli. In Steißlingen brannten infolge Brand-stiftung vier Zdebengebäude des dortigen Gasthauses nieder. EinMann wurde von niederstürzenden Balken erschlagen, einanderer schwer verletzt. Der Brandstifter konnte verhaftetwerde«.