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planmäßige Vergewaltigung des Volks­willens,

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Zu dieser Feststellung und Erklärung sind wir um so mehr| serer Zeit nur in Freiheit gedeihen, nur durch Gerechtigkeit] Verpflichtet und gedrängt, als die Völker in Desterreich seit bestehen kann. Und als die Vertreter der Enterbten dieser bielen Monaten ihrer verfassungsmäßigen Rechte beraubt sind Gesellschaftsordnung streben wir nach einem Staatswesen, und der Tribüne entbehren, von der aus sie ihren Willen das dem Befreiungskampfe der Arbeiter sie, auf den die künden könnten. Angesichts der Gefahr eines Krieges, der Hoffnung dieser Welt sich gründet, duru) soziale und kul­von allen Angehörigen des Staates die volle Hingabe von turelle Reformen zu Hilfe kommt; vertreten wir den demo­Gut und Blut in Anspruch nimmt, erscheint die fratischen Fortschritt auf allen Gebieten, weil durch ihn diesem Nationalitätenstaat Bestand und Festigkeit verliehen wird. Wir fühlen es tief, wie die aufbauende und festigende Kraft der demokratischen Entfaltung durch jede Störung des wie sie in der Ausschaltung des Parlaments liegt, um so er- Friedens aufs tiefste erschüttert wird. Wir wissen, wie ent­bitternder und aufreizender! Wie, es sollte nicht jeden auf jeßlich groß durch die so lange andauernde wirtschaftliche rechten Mann in diesem Staate erbittern, daß sich selbst in Serise die Not gestiegen ist; wir wissen, in welche weiten diesem Schicksalsaugenblicke, da uns ein Ringen auf Tod und Schichten das Elend sich niedergelassen hat; wir wissen, in Leben droht denn wer kann es ermessen, was dem Kriege welcher düsteren Lage sich die breiten Massen des Volkes be­mit Serbien noch alles nachfolgt!- der Absolutismus einer finden und welche verzweifelte Stimmung sich ihrer be­volksfremden Bureaukratenregierung breitmachen darf und mächtigt hat. Darum erheben wir unsere Stimme laut zur alles unterlassen wird, was die Völker in Desterreich einander Warnung, rufen an zur Besonnenheit, zur gewissenhaften näher bringt und ihnen die Möglichkeit gemeinsamer, schöpfe Erwägung aller Notwendigkeiten, die aus den Lebensbedürf­rischer Arbeit im Dienste des Volkswohles bietet! Blicket doch nissen der Völker entspringen! auf Ungarn und vergleichet die Achtung vor dem Parlament, die dort geübt wird mit dem geringschätzenden Hohn, der in Desterreich der Vertretung des Volkes gewidmet wird! Deshalb erheben wir, die gewählten Abgeordneten des deutschen Proletariats, in diesem Augenblicke des schwersten Ernstes unsere Stimme feierlich zum Protest! Wir pro­estieren gegen ein Regierungssystem, das keine Achtung vor en grundsäßlich verbürgten Rechten des Volkes hat; pir pro­testieren gegen eine Regierungstätigkeit, die die Nationen mit Unmut, das Volk mit Verzweiflung erfüllt! Mit dem stärksten Nachdruck erheben wir die Forderung, daß auch dem Bolle gegeben werde, was dem Volke gehört, daß die ber­fassungswidrige, staatsverwüstende und volksschädliche Herr­schaft der Regierung Stürgkh , die Gesez und Verfassung zu

Boden tritt, ein Ende nehme! Wir wollen

Dem Volke ist es nicht gegeben, über Krieg und Frieden zu entscheiden. Das Parlament, durch das es wirkt und spricht, ist stumm. Der politischen Freiheit in den Versamm­lungen und in der Presse sind Fesseln angelegt. In dem Be­mußtsein der schicksalsschweren Stunde soll noch einmal unser Mahnruf laut werden:

Der Friede ist das kostbarste Gut des Menschen,

das höchste Bedürfnis der Völker!

Wir lehnen jede Verantwortung für diesen Krieg ab; feierlich und entschieden beladen wir mit ihr diejenigen, die ihn, hüben wie drüben, angestiftet haben und entfesseln wollten. Wir wissen uns darin einig mit den klassen­bewußten Arbeitern der ganzen Welt, nicht zum wenigsten mit den Sozialdemokraten Serbiens , und feierlich bekennen wir uns zu der Kulturarbeit des internationalen Sozialis­mus, dem wir ergeben bleiben im Leben und verbunden bis Die deutschen sozialdemokratischen Abgeordneten in Desterreich.

ein freies, fortschreitendes Desterreich, das sich aufbaut auf der Selbstregierung aller Nationen in diesem Staate, das allen die Möglichkeit kultureller Entwick- zum Tode! Iung bietet; wir wollen ein Oesterreich, das wirklich ein Bund freier Völker ist. Wir sind der Ansicht, daß ein Staat in un- bud

Europas Antwort auf Desterreichs Note.

Was Serbien auf Desterreichs Ultimatum antworten| Es ist nicht denkbar, daß der deutsche Liberalismus bereit wird, steht in dieser Stunde noch nicht fest. Aber das Echo wäre, durch Desterreichs sinnlosen Gewaltaft auch das deutsche in Europa ist bereits vernehmbar.

Als ernst, sehr ernst, als die Einleitung zu einem euro­ päischen Krieg, zu dem gefürchteten Weltkrieg, wird die un­geheuerliche Note überall aufgefaßt. Das gibt die deutsche Breffe einhellig zu, das ist auch die einmütige Auffassung des Auslandes.

Und in der Tat: die Situation fönnte rasch furchtbar werden, das frivole va banque- Spiel der österreichischen Chauvinisten könnte entsegliche Folgen über die europäischen Nationen bringen, wenn nicht der österreichischen Regierung noch in letter Stunde Vernunft beigebracht wird!

Und wir teilen feineswegs die Auffassung, die den Dingen fatalistisch gegenübersteht und das Unheil tatenlos über sich hereinbrechen sieht. Wir erwarten vielmehr, daß Europa interveniert, und daß namentlich die deutsche Regierung Oesterreich nachdrücklichst zur Besinnung ruft!

Volk in den Weltkrieg stürzen zu lassen. Die Liberalen hoffen vielmehr auf die Einschüchterung Serbiens und der es protegierenden Großmacht.

Das verrät am deutlichsten die Köln . 3tg.", die nicht glauben will, daß aus dem österreichisch- serbischen Konflikt ein Weltbrond entstehen könnte. Das Blatt hofft, daß Nußland trotz alledem neutral bleiben würde und infolgedessen der Krieg lofalifiert bliebe. Das find Hoffnungen, die sich auf ganz vage Vermutungen stüßen. Kein Mensch, weder ein gewohn­licher Sterblicher, noch ein Diplomat, fann wissen, welchen Umfang ein neuer Balkankrieg annehmen würde. Ist erst die Kugel aus dem Lauf, so hat der Schütze jede Direktion verloren.

Darum verlangen wir den Protest des Volkes, die Intervention der europäischen Mächte, das

rücksichtslose Eingreifen Deutschlands ! Desterreich hat die verhängnisvollste Uebereilung be­gangen. Es hat Europa in die wildeste Verwirrung versetzt. Das arbeitende Volk Europas will feinen Krieg! Es Es ist, wenn die freikonservative" Post" recht hat, vorgegangen, wird alles aufbieten, um die verbrecherische Kriegsleidenschaft ohne die deutsche Regierung genügend zu informieren. Es zu dämpfen. Aber es fordert auch von den Regierungen, daß hat eine unerhörte Ueberrumpelung versucht. Deshalb ge­fie sofort dem drohenden Desterreich in den Arm fallen! schieht ihm nun sein Recht, wenn man es die Konsequenzen Vor allen Dingen hat die deutsche Regierung der öfter feines Vorgehens auch allein tragen läßt. reichischen kategorisch mitzuteilen, daß sie sich durch die Händel Aber Eile tut not! des österreichischen Imperialismus in

keiner Weise in Mitleidenschaft ziehen läßt! sich nicht sflavisch ins Schlepptan nehmen läßt!

Leider ist der größte Teil der deutschen Presse völlig berblendet. Selbst die freisinnige Presse ist dem sinnlosen Taumel der imperialistischen Prestige- Politik völlig verfallen.

Sofort muß Desterreich erklärt werden, daß Deutschland So groß die serbischen Verbrechen sein mögen, das größte Verbrechen wäre die Anzettelung des Weltkrieges!

Friedenskonferenzen in Bereitschaft halten, in diesem Falle, ihrer eigenen Theorien uneingedent, bereit sind, das Shwert zu ziehen.

In auffallendem, aber wohltuendem Gegegenlah dazu steht die sorgsam prüfende Haltung der Rheinisch- Westfälischen 3eitung", in welcher Oesterreich- Ungarn mit Recht ernste Vorhaltungen gemacht werden. Die Rheinisch- Westfälische Zeitung", die doch keineswegs in dem Rufe steht, abzuwiegeln oder zu beunruhigen, hält es angesichts des Ernstes der Stunde für ihre nationale Pflicht, auf die große Gefahr hinzuweisen, in die sich Oesterreich mit der Uebereichung seiner ungewöhnlich scharfen Note begeben hat. Sie weist zur richtigen Stunde auf die Fälle hin, in denen Oesterreich schwere Beschuldigungen gegen Balkanstaaten erhoben und nicht bewiesen hat. Sie steht, eben­so wie wir es in unserer Stellungnahme am gestrigen hend be­tont haben, auf dem Standpunkt, daß Oesterreich seine Beschuldi­gungen erst beweisen müsse, und sie erklärt mit erfrischender Deutlichkeit:

Für Kriege der habsburgischen Eroberungs­politik find wir nicht verpflichtet!"

Die Rheinisch- Westfälische Zeitung" schreibt nämlich:

Gedächtnis ist oft eine üble Sache, aber wir können nicht umhin, in diesem Augenblick es lebhaft zu gebrauchen. Wir erinnern uns, daß solch wuchtige Beschuldigungen wie jetzt von Wien aus mehrmals geschleudert worden sind. Da war im Jahre 1909 der bis dahin brave und angesehene Professor Fried­ jung . Er wurde auf einmal aus einem stillen Wiener Gelehrten zu einer Berühmtheit, als er zum Beweise der Notwendigkeit eines friegerischen Vorgehens Oesterreichs gegen Serbien eine ungeheure großserbische, hochverräterische Bewegung mit unglaub= lichen Einzelheiten feststellen konnte. Bald wurde es flar, hinter ihm stand die Wiener Regierung. Es kam zum Prozeß, aus dem Herr Friedjung als völlig Geschlagener die Treppen hin­unterging. Von allen ungeheuerlichen Beschuldigungen, die er erhoben hatte, war nichts zu beweisen. Rücksichtslos und ruchlos ließ ihn die Wiener Regierung im Stich und opferte seine Ehre als Geschichtsschreiber. Leute, die nicht bis 1909 denken können, erinnern sich aber wohl noch des Jahres 1912º13. Oesterreich- Ungarn brauchte abermals einen Kriegsvorwand. Damals tauchte eine neue europäische Berühmtheit auf, der t. t. Konsul Prochaska. Er hatte mancherlei Unglück, war zuerst ermordet, dann verschwunden, dann gemartert, dann ent­ehrt, schließlich bitter gekränkt, und endlich kam er ganz heil und froh aus seinem albanischen Bezirk nach Wien zurück. gleicher Zeit sollte der ebenfalls gut österreichisch gesinnte Franziskanerpater Palic in Stutari gekreuzigt sein. Auch von diesem Kreuz konnten später nicht die kleinsten Reliquien, vor= gezeigt werden. Wenn wir alles dessen uns heute erinnern, so stellen wir zugleich fest, daß von den ungeheuerlichen Beschuldigungen und den österreichisch unga rischen Leitmotiven bis zum heutigen Tage auch noch nicht eine einzige Tatsache bewiesen i st. Es ist nichts, gar nichts bewiesen, als daß zwei österreichisch­ungarische Staatsangehörige namens Princip und Cabrinowitsch die Attentate auf Franz Ferdinand verübt haben. Das öster= reichisch- ungarische Ultimatum ist nichts als ein Kriegsvor wand, aber diesmal ein gefährlicher. Wie es scheint, stehen wir dicht vor einem österreichisch- serbischen Kriege. Es ist möglich, jehr möglich, daß wir ofteuropäische Brände mit Ge wehren löschen müssen, aus Verträgen oder aus dem Zwange des Tages, Aber es ist

ein Skandal,

Zu

wenn die Reichsregierung nicht in Wien verlangt hätte, daß solche Endgebote ihr vorher borgelegt wer den. Heute bleibt nur eins übrig, zu erklären: Für Kriege absburgischen Eroberungspolitik sind Bit nimi vespicitet.

Die deutsche Regierung fet also auf der Sut! il fie etwa tros des Widerstandes der deutschen Volksmehrheit ein Beltabenteuer bestehen?!

Rußland und das Ultimatum.

Aus Petersburg wird der Times" gemeldet:

,, Der Kabinettsrat in Petersburg dauerte vier Stunden und foll zu äußerst ernsten Beschlüssen gekommen sein.. Sas sonow trug einen langen Bericht über die internationale Lage vor. Der Kriegsminister gab ein Resumé vom Zustande der Ar­mee, und die übrigen Minister sprachen über den Einfluß der inner- russischen Verhältnisse, besonders die Ernte, die noch nicht eingebracht ist, und die Arbeiterunruhen. Man hielt dafür, daß teine der inneren Schwierigkeiten bedeutend ge= nug sei, als daß Rußland Serbien seinem Schicksal überlassen könnte. Einer der Teilnehmer an dem Mi­nisterrat drückte sich der Zimes" gegenüber folgendermaßen aus: Die Minister sind einstimmig der Meinung, daß durch sein Ultimatum an Serbien Defterreich- Ungarn eine Herausforderun gan Rußland gerichtet hat, und daß nur eine Antwort darauf möglich ist. Rußland soll ferner an Oesterreich das Ersuchen ge­richtet haben, die Beantwortungsfrist seiner Note an Serbien

Selbst das Großkapital gegen Oesterreichs Putsch- au verlängern aus wien wird diefe Weldung, dementiert.

versuche!

Das Echo de Paris" berichtet, der deutsche Botschafter in Paris , v. Schoen, habe dem französischen Minister des Innern eine Note überreicht, die folgendes enthalten habe: 1. daß die deutsche Regierung sowohl den Inhalt wie die Form der österreichischen Note an Serbien vollkommen billigt, 2. daß die deutsche Regierung hofft, die Diskussion zwischen Wien und Belgrad werde lokalisiert bleiben,

3. daß, wenn eine dritte Macht intervenieren würde, daraus eine schwere Spanung zwischen den beiden großen Mächtegruppen in Europa entstehen würde.

Dazu wird in deutschen Blättern bemerkt, daß es sich um keine Note gehandelt habe, sondern Herr v. Schoen habe Viviani mur gesprächsweise erklärt, daß Deutschland sich in vollständigerllebereinstimmung mit Desterreich befinde, den Inhalt der Note an Serbien durchaus billige, und daß im Falle des Eingreifens einer dritten Macht, das die deutsche Regierung nicht erwarte, der Bündnisfall allerdings gegeben wäre.

Wir halten auch diese Lesart für unglaubhaft. Deutsch land ist doch nicht der Basall Oesterreichs !

Jedenfalls will die große Mehrheit des deutschen Volkes von einem Krieg nichts wissen. Selbst die Blätter, die das deutsche Industriekapital am ausgesprochensten vertreten, die " Post" und die Rheinisch- Westfälische Zeitung", erheben schärfsten Einspruch gegen das serbische Abenteuer. So schreibt die" Post":

Der weitaus größere Teil der deutschen Preffe, und der Berliner in erster Linie, hält in ihrer Beurteilung der öster­reichischen Note ganz mechanisch an dem Bundesverhältnis Deutschlands mit Deftereich- Ungarn fest und leitet daraus, ohne die näheren Umstände überhaupt zu prüfen oder sich über die Bewegründe zu Desterreichs radikalem Vorgehen Rechenschaft zu geben, die selbstverständliche Folgerung her, sofort an die Seite Desterreich- Ungarns zu treten. Es ist ganz auffallend, wie gerade freifinnige Blätter, die das ganze Jahr über für den Weltfrieden schwärmen und für die schwierigsten Fälle

Am Dienstag in Groß- Berlin

Maſſenversammlungen

Um so mehr sollte Desterreich aus eigener Initiative dies durchaus gerechtfertigte Sugeständnis machen!

Auch Serbien würde dann untenr dem Druck der Mächte angemessene Konzessionen zu machen bereit sein!

Kriegsdemonstration im bayrischen Landtag.

München , 25. Juli. Bei der Beratung des Eisen­bahnetats erklärte u. a. der Verkehrsminister von Seidlin mit erhobener Stimme: Desterreich stehe zur Zeit in einer schweren Stunde. Wir alle wünschen dem uns befreun­beten Nachbarreiche Desterreich, daß es, wenn es zum Kriege kommen sollte, in dem ihm durch ungeheuerliche Vorkomm­niffe aufgezwungenn Kampfglücklich und sieg­reich bestehe.

Diese Demonstration eines deutschen Ministers für den Krieg in der jezigen Stunde, ist geradezu ungeheuerlich. Das bayerische und gesamte deutsche Volk wird dem heterischen Gerede recht bald die Antwort erteilen.

Tagesordnung:

Nieder mit dem Kriege!

Näheres wird noch im Vorwärts" bekanntgegeben.

Berantwortlicher Redakteur: Ernst Meyer , Steglik. Für den Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin . Drudu. Verlag: Vorwärts Buchbruderei u. Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.