Rußland ist im letzten Jahrzehnt wiederholt von Choleraheimgesucht worden und hatte z. B. im Jahre 1905 eine schwereCholeraepidemie. Obgleicv aber die lange deutsch-russische Grenzedem Vordringen der Krankheit nach Deutschland keinerlei natür-liche Hindernisse bietet, im Gegenteil die Weichsel mit ihremSchiffahrtSverkehr geradezu ein Einfalltor für sie darstellt, so istdie Seuche niemals über die Grenze hinaus vorgedrungen. Ein-zelne bei uns eingeschleppte Fälle sind dicht an der Grenze sogleicherkannt und durch die erforderlichen Vorsichtsmatzregeln alsbaldunschädlich gemacht worden. Diesen Erfolg verdankt Deutschlandseinem vorzüglich organisierten Seuchenschutz, llebeb das ganzeReich sind zahlreiche Medizinal-UntersuchungSäntter � sbakterio-logische Stationen) ausgebreitet, welche zur sofortigen Feststellungansteckender Krankheiten dienen. Treten irgendwo solche Krank-heiten gehäuft auf, so können diese Aemter„fliegende Labora-torien" in die gefährdete Gegend senden, um an Ort und Stelle nochrascher und nachdrücklicher die Seuche zu unterdrücken. DurchIsolierungen und Desinfektion wird die Ansteckungsquelle unschäd-lich gemacht und die Ausbreitung der Krankheit dadurch verhin-dert. Auch bei unserem Heere befinden sich zahlreiche tragbarebakteriologische, nach den neuesten Anforderungen der hygienischenWissenschaft eingerichtete Laboratorien, damit jeder Seuchenver-dacht sofort an Ort und Stelle geklärt werden kann. Hygienischwohlgeschulte Sanitätsoffiziere begleiten die Truppen, je ein hy-gienisch-spezialistisch ausgebildeter Sanitätsoffizier befindet sich beijedem KorpSarzt und schließlich bei jedem Armeearzt je ein„Be-ratender Hygieniker", die aus den ordentlichen Professoren derHygiene an den Universitäten und Instituten ausgewählt sind.Sachverständiger Rat in gesundheitlichen Fragen steht hiernach auS-reichend zur Verfügung. Gegen Typhus und Cholera gibt es fernereine zweckmäßige Schutzimpfung, welche das Kriegsmini-sterium natürlich längst in seinen Plan zur Bekämpfung dieserSeuchen einbezogen hat. Der Impfstoff steht zur Verfügung.Zum Abkochen des Wassers sind fahrbare Trinkwasserbereiter,zur Ausführung von Desinfektionen fahrbare DeSinfek-tionSapparate vorhanden. Ein solcher neuzeitlicher auf einemKraftwagen montierter Desinfektionsapparat ist mit einer großenFeldwäschereianlage, gleichfalls auf Kraftwagen montiert, der-bunden.Gegen Pocken ist daS Heer durch die Impfung geschützt.Wir dürfen hiernach mit Sicherheit darauf vertrauen, daß wirauch für den Kampf mit Seuchen auf das beste gerüstet sind.vom österreichisch-serbijchen Kriegs-fchauplatz.Grenzkämpfe.Budapest, 11. August. sW. T. B. Meldung des UngarischenTelegraphen-KorrespondenzbureauS.) Nachts setzten zwei Detache«mentS des 61. Jnfanterie-Regiments unter Führung von drei Leut-nants mit Kähnen über die Donau und warfen sich auf die dortbefindlichen feindlichen Wachtposten.ES entspann sich ein harter Kampf, wobei die Serben, dreißigTote und viele Verwundete zurückließen. Die Verluste auf unsererSeite betragen nur einen Toten und drei Verwundete.Nachdem die DetachemeittS, die sich durchweg auS Leuten zusammensetzten, die sich freiwillig gemeldet hatten, mehrere Telephon-anlagen deS Feindes zerstört und mit ziemlichem Erfolg Spren»güngen von Brücken und Stzegen vorgenommen hatten, kehrten siein ihr Lager zurück.___Der Krieg und öie Kolonien.der englische Einfall in Togo.Ueber die Besetzung der Hauptstadt Togo», Lome, durch dieEngländer schreibt die.Norddeutsch« AllgemeineZeitung*:Die Besetzung von Lome, der Hauptstadt unsere? SchutzgebietesTogo, durch eine auS der benachbarten Goldküste eingedrungeneenglische Truppmexpedition hat, wie wir hören, im Reichskolonial»amt nicht im geringsten überrascht. Bei der geographisch außer»ordentlich schwierigen Lage der langgestreckten, schmalen, zwischenfranzösisches und englisches Gebiet eingekeilten Kolonie mußte miteinem derartigen Handstreich gerechnet werden. Wir müssen unsdeshalb mit einer vorübergehenden englischen Verwaltung in unsererkleinen Musterkolonie abfinden, und find überzeugt, daß unsere zurVerteidigung aus natürlichen Gründen wirksamer vorbereiteten größerenafrikanischen Kolonien das Schicksal TogoS nicht so leicht teilen dürsten.Namentlich unsere wackeren Südwester. Militär- und Zivilbevölke-rung, werden sich ihrer Haut zu wehren wissen. Wie eS aber auchkommen mag, über da» Schicksal unseres deutschenKolonialbesitzes wird nicht draußen, sondern aufden Schlachtfeldern und in den GewässernEuropa» endgültig entschieden werden. Diese Ent«scheidung können und wollen wir ruhigen Herzen» abwarten.kriegsbekanntmachnngen.Eine Warnung vor falschen Gerüchten.Berlin, 11. August.(W. T. B.) Es ist natürlich, daßunser Volk in diesen Tagen der Spannung auf jede» Gerüchtachtet. Durch Weitertragung Pflegen sich Gerüchte zu der-größern, mag es sich um Erfolge oder Mißerfolge unsererWaffen handeln. So laufen Gerüchte um, daß ganze Regi-menter vernichtet seien, z. B. daS Regiment Gardedukorps.Dies wurde zu einer Zeit verbreitet, als das Regiment sichnoch auf dem Transport befand und den Kriegsschauplatznoch gar nicht erreicht hatte. Auf der anderen Seite wurdenunmögliche Erfolge verkündet, so die Einnahme von Bclfort.Es hieß sogar, kaiserliche Kraftwagen hätten die Ortschaftendurchfahren und diese Nachricht kundgegeben. Solche Gerüchtekönnen der Phantasie entsprungen sein, sie können aber auchvon feindlicher Seite absichtlich verbreitet werden, um uns zuschaden. Denn auch ein vorgespiegelter Erfolg, wie der Fallvon Belfort, kann Unheil anrichten, wenn sich die erweckteHoffnung später als trügerisch erweist.Mit wie niedrigen Mitteln unsere Gegner arbeiten, magdie Nachricht beweisen, daß wir England eine Teilung derNiederlande zur beiderseitigen Vergrößerung angeboten hätten,um Englands Neutralität zu erkaufen. Ueber solche Gemein-heiten wird ein höherer Richter entscheiden. Alle diese Machen-schaften beweisen nur. daß wir eine gute, gerechte Sache ver-fechten, und unsere Gegner das Gegenteil. iUnser opferwilliges Volk wird immer wieder aufgefordert,nur solchen Nachrichten über Kriegsereigniffe Glauben zuschenken, die der Generalstab veröffentlicht. Die meisten kennenden Krieg nur aus Erzählungen und Büchern. Auch dortspielt dte Phantasie eine Rolle im guten wie im bösen Sinne.Die unendlichen Schwierigkeiten und Mühen, unter denen einErfolg in langer Zeit langsam heranreift und geerntet wird,kennen selbst nur wenige der Beteiligten. Wenn es Zeitist, wird alles bekannt gegeben, aber nur so, daßwir dann nichts mehr znrückzunehmen, sondern nur nochmanches erweiternd hinzuzufügen haben. Wir halten das Ver-sprechen, keinen Mißerfolg zu verschweigen und keinen Erfolgzu vergrößern. Auch einen etwaigen Mißerfolg, mit demunter den schwankenden Verhältnissen des Krieges immer gerechnet werden muß, wird unser starkes Volk ertragen, undein Erfolg wird keine überschwenglichen Hoffnungen und keinenUebermut erwecken, des sind wir gewiß.Der Generalquartiermeistervon Stein.Soweit der Vertreter der Heeresleitung. Zu seinen Dar-legungen sei bemerkt, daß auch noch auf andere Weise falsche Gerüchte entstehen können, ohne daß dabei Böswilligkeit und feindlicheMachenschaften im Spiele sind. Montagabend hatten z. B.Berliner Schutzleute den Auftrag, den deutschen Erfolg beiMülhausen möglichst schnell in der Stadt zu verbreiten. Beritteneund Fußmannschaften eilten durch die Straßen und schrien dieNachricht aus. Sofort sammelten sich überall größereMenschenmassen an, die bei dem Lärm und der Aufregung den ganzen Wortlaut der Meldung, die von denebenfalls erregten Schutzleuten nicht gerade mustergültig verkündetwurde, nicht verstehen konnten. Nur einige Worte drangen an dieOhren der sich drängenden und hinzulaufenden Menge. Die besonders geläufigen und bekannten Worte wurden aufgegriffen, so inerster Linie das Wort B e I f o r t. Sofort wurde, bei de« meistenfast unbewußt, kombiniert:.Beifort genommen*, und dieser Rufging dann von Mund zu Mund und eilte als Gerücht durch dieStraßen.Die Behörden könnten also auch manches tun, um falschen Gelrächten vorzubeugen, vor allem was die Verbreitungsart ihrer Nachlrichten anbetrifft.Eine Verfügung über Extrablätter unüZeitungsausgaben.Berlin, 11. August. Die Zeitungen werden gebeten, nachfolgendeBekanntmachung zu veröffentlichen:1. Als„Extrablätter" dürfen lediglich solche Mitteilungen herausgegeben werden, welche sich auf die wörtliche Wiedergabe der Depeschendes W. T. B. beschränken und die Ueberschrift„Extrablatt" trage»Andere Mitteilungen dürfen weder die Ueberschrift Extrablatt nochExtraausgabe oder ähnliche Bezeichnungen führe».2. De« Zeitungen ist verboten, andere Ausgaben al» die inFriedenszeitcn erscheinenden herauszugeben, falls nicht allgemein oderim Einzelfalle von mir die Genehmigung erteilt wird. Die Heraus-gäbe einer Morgenausgabe am Montag ist allgemein gestattet.Berlin, den 11. August 1914.Der Oberbefehlshaber in den Marlen:gez.». Kessel, Generaloberst.presse unü Kriegsnachrichten.Berlin, 11. August.<W. T. B.) Es liegt Veranlassungvor, erneut dringend darauf hinzuweisen, daß Veröffent-lichungen über Vorgänge auf dem Kriegsschauplatz erst danndurch die Presse verbreitet werden dürfen, wenn der Wortlautder Wolffschen Depeschen vorliegt, und zwar nur indiesem Wortlaut. Wird dieser Grundsatz nicht strengbefolgt, so ist böswillige Irreführung von weitesttragenderBedeutung möglich.Noch immer törichte slutomobiljagüen.Berlin, 11. Angnst.(W. T. B.) Trotz der von derobersten Heercsvcrwaltnng seit mehreren Tagen dringend auS-gesprochenen Forderung, dem Autoverkehr keine Schwierig-leiten in de« Weg zn lege«, wiederhole« sich immer noch der-artige Mißgriffe, die die schwerste« Folge« nach sich ziehen.Jeder, der den Antomobilverkehr hindert, versündigt sich amHeere.Frankreichs Kriegserklärunggegen Gesterreich.Paris, 11. August. W. T. B.(Meldung der Agencetavas.) Infolge des insbesondere innerhalb der letzten dreiage zwischen Paris und Wien gepflogenen Meinung?-austausches hat die französische Regierung aufGrund der internationalen Lage und mit Rücksicht auf dieungenügenden Erklärungen, die die österreichisch-ungarischeRegierung betreffend die Entsendung österreichisch-ungarischer Truppen nach Deutschland gegebenhatte, dem österreichisch-ungarischen Botschafter heute vormittagmitgeteilt, daß sie sich genötigt sehe, den französischenBotschafter in Wien abzuberufen. Der öfter-reichisch-ungarische Botschafter bat darauf den Minister desAuswärtigen, ihm seine Pässe zuzustellen. DerBotschafter verließ Paris in einem nach Italienabgehenden Sonderzuge. Beim Abschied wurden die Formender internationalen Höflichkeit gewahrt. Die Botschafterder Vereinigten Staaten in Paris und Wien habenden Schutz der österreichisch-ungarischen beziehungsweise derfranzösischen Untertanen übernommen.Die öesetznng Luxemburgs.Wie seinerzeit amtlich bekanntgegeben wurde, hat sich Deutsch»land genötigt gesehen, zum Schutze der in deutscher Verwaltungbefindlichen Eisenbahnen Luxemburgs und als SicherheitS»Maßregel gegen die Angriffe der Franzosen Teile deS LuxemburgerLandes zu besetzen. Die luxemburgische Regierung erließdarauf am Sonntag folgende Proklamation:„Bereits gestern abend war der Bahnhof Ulflingenvon preußischem Militär vorübergehend besitzt und ein Teil desBahngleiseS auf diesseitigem Gebiet aufgerissen worden. Herr Staats«minister Eyschen legte sofort telegrophisch bei dem StaalSsekretärdes«uSwärtigen Amts in Berlin Verwahrung ein. Heutemorgen hat die großherzogliche Regierung in Erfahrung gebrachtdeutsche Offiziere und Soldaten seien auf AutoS und Fahrrädernin da» Land eingedrungen. In diesem Augenblicke werden Truppen-züge mit gepanzerten Eisenbahnwagen über die deutsche Eisen»bahnstrecke in der Richtung Luxemburg gefahren. Herr Staats-minister Eyschen hat sofort dem deutschen Gesandten v. Buch einenProtest überreichen lassen.Die Großherzogin richtete folgendes Telegramm an dendeutschen Kaiser:„DaS Großherzogtum wird in diesem Augenblick vondeutschen Truppen besetzt. Meine Regierung hat sofort an zu-ständiger Stelle Protest eingelegt und Erklärungen der GründedeS Vorfalls gefordert. Ich bitte Tw. Majestät, diese Erklärungenzu beschleunigen und in jedem Falle die Rechte des Großherzog-tums wahren zu wollen. Maria Adelheid."Nachmittags 6 Uhr erhielt der deutsche Gesandte in Luxemburg.Herr v. Buch, folgendes Telegramm des deutschen Reichskanzlers,das er sofort der luxemburgischen Regierung vorlegte:„Unsere militärischen Maßnahmen in Luxemburg bedeutenkeine feindselige Handlung gegen Luxemburg, sondernlediglich Maßnahmen zur Sicherung der in unserem Betrieb be-findlichcn dortigen Eisenbahnen gegen einen Ueberfall derFranzosen. Luxemburg erhält für eventuellen Schaden volle Ent-fchädtgung. Bitte, dortige Regierung benachrichtigen.Bethmann Hollweg."Von dem Staatssekretär deS Auswärtigen Amtes in Berlin, demfrüheren deutschen Gesandten in Luxemburg, Herrn v. I a g o w.hat StaatSminister Eyschen auf telegraphischcm Wege Aufschlüsseüber die Gründe und den Zweck der Besetzung verlangt. Als Antwort lief Sonntagabend folgendes Telegramm aus Berlin ein:Die militärischen Maßnahmen sind zu unserem größten Be-dauern dadurch unvermeidlich geworden, daß wir zuverlässigeNachrichten haben, wonach französische Streitkräfte imBormarsch auf Luxemburg sind. Wir mußten diese Maß-nahmen zum Schutz unserer Armee und zur Sicherung der Eisen-bahnen treffen. Ein feindlicher Akt gegen das befreundete Luxem-bürg ist von uns in keiner Weise beabsichtigt. Zu vor-heriger Verständigung mit luxemburgischer Regierung war bei derdrohenden Gefahr leider keine Zeit mehr. Die kaiserlicheRegierung sickert Luxemburg vollen Schadenersatz für vonuns verursachte Schäden zu.gez. Jagow.Der Stabsoffizier, der die Besetzungsoperationen in derHauptstadt leitete, wurde am Sonntag um(<,11 Uhr(n daS Kabinettdes Gtaa.tSministerS Eyschen eingeführt, wo ihm eröffnet wurde,welche diplomatischen Schritte der Präsident der luxemburgisckenRegierung unternommen hatte. Der Offizier erwiderte, er sei auß-schließlich mit der Aufgabe betraut, die Stadt u n d d i e U m-gebung Luxemburg» militärisch zu besetzen. In dieZivilverwaltung sich einzumischen, habe er keinen Auftrag. DerEisenbahnverkehr werde aufrechterhalten werden.Die deutschen in Selgien.Die ganz« Presse durchwogt Entrüstung über die Greuel, dieangeblich von den Belgiern an den Deutschen, die sich bei Ausbruchdes Kriege« noch im Lande befanden, verübt wurden. Zweifellossind, besonders in Brüssel, auch tatsächlich Ausschreitungenvorgekommen, die überaus häßlich, ja, gemein genanMwerden müssen. Doch ist e? gut, von gewissen Uebertkeibungeu.die sich hier und da bemerkbar gemacht haben, abzusehen.Einer unserer Mitarbeiter, der erst in der Nacht vom 6. zum7. August, mit dem letzten Zuge, der überhaupt Deutsch« über dieGrenze schafft«, auS Brüssel fortkam, hat uns eine lebendige Schilde-rung der Borkömmnisse gegeben, die folgendes Bild zeigt:ES ist richtig, daß eS in der Stadt, besonder» in den Nord-vierteln, zu schweren Ausschreitungen des Pöbelökam. Deutsche Lokale, wie„Efplanade" und„Krokodil"wurden buchstäblich demoliert; das„Hotel de Berlin" wurdevon einer aufgeregten Menge mit Steine« beworfen, weiles auch ein Schild mit der Auffchrist„Berliner Hof" trug.Bürgergardisten standen hier und sahen zu. ohne einzugreifen.Deutsche Geschäftsinhaber wurden gezwungen, binnen wenigerStunden ihr Gut und Geschäft zu verlassen, ohne daß es ihnenmöglich war, etwas von ihren Habseligkeiten zu retten. Ja, eS kamvor, daß Krauen auf die Straße gejagt wurden, ohne daß sie sichnur fertig ankleiden konnten. An 4<X> Personen, die sich in der�Hoffnung, einen Zug zu erreichen, in der Nacht zum Dienstag aufdem Bahnhof eingefunden hatten, wurden für 4 Stunden in Haftgenommen. Sin Kellner mußt« Tage in Hast bleiben, weilman in seinem Koffer ein Dolchmesser gefunden hatte. Ein Deut-scher wurde von eine« Posten erschossen, weil er auf dreimali-gen Anruf:„Hände hoch!" nicht gehört hatte. Der arme Menschverstand kein Wort Französisch und wußte deshalb garnicht, was von ihm verlangt worden war. Allgemein erzählte mansich auch, daß Deutsche fälschlich al» Spione verhastet und erschossenworden wäre« Vielfach veogriff sich auch der Straßen pöbelan Deutschen; sie wurden angehalten, beschimpft und teilweise schwermißhandelt. Da» Gerücht, daß ain deutscher Metzgermeisterregelrecht massakriert worden sei, wurde von Leuten erzählt.die wenigstens erklärten, selber Lugenzeugen gewesen zu sein. Eineweitere Gewähr für seine Wahrheit konnte unser Gewährsmannnicht geben. WaS inzwischen manche deutsche Blätter über andereGreuel erzählt haben, ist wohl nicht voll aufrechtzuerhalten. Einvon einigen Organen als Opfer eine» feigen Mordes hingestellterDeutscher fuhr sogar mit unserem Gewährsmann im gleichen Zugeüber die Grenze. Die Aufregungen riefen bei mehreren FrauenWahnfinnSanfälle hervor.ES darf übrigens nicht verschwiegen werden, daß man auf derdeutschen Seite auch nicht ganz schuldlos war. InOstende, von wo unser Mitarbeiter nach Brüssel kam, hatte derdeutsche Konfulardienst eirngermaßen versagt, so daß d i e Abreisezu spät erfolgte. Als der Ausbruch der Feindseligkeiten vor derTür stand, hielt e« ein Trupp deutscher Reservisten, der vomBrüsseler Bahnhof aus nach der Heimat befördert werden sollte, fürangebracht, laut und herausfordernd die„Wacht amRhein" und„Deutschland, Deutschland über alles"zu singen» auch Rufe auszustoßen wie:„In drei Tagen findwir wieder hier," ufw. Ein deutsche« Geschäft steckt in der erregtenZeit wie zum Hohn die deutsche Fahne heraus. WennKlagen laut wurden, daß Geschäftsinhaber ihre deutschen Angestelltenso rigoros auf die Straße gesetzt hätten, so ist zu bemerken, daßauch die deutsche Firma Leonhard Tietz in Antwerpen ihre Ange-stellten ohne Entschädigung Hais über Kopf vor die Tür setzte, dannihre Waren der belgischen Regierung zur Verfügung stellte und sichso ihre Weiterexistenz erkmifte.Endlich muß hervorgehoben werden, daß eS doch nur Aus.nahmefälle wäre«, in denen deutsche Staatsangehörige wirk-lich mißhandelt wurden. Und dem steht gegenüber, daß die Be-drohten doch auch vielfach bei den Belgiern Schutz und Ent-