Nr. 280.- 31. Jahrg.
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Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.
Fernsprecher: Ami Moritzplatz, Mr. 151 90-151 97.
Dienstag, den 13. Oftober 1914.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morikplatz, Nr. 151 90-151 97.
Erfolge in Often und Westen.
( Amtlich.) Großes Hauptquartier, 11. Ottober, abends.( W. T. B.) Westlich Lille ist von unserer Kavallerie am 10. Oktober eine französische Kavalleriedivision völlig, bei Hazebrond eine andere französische Kavalleriedivision unter schweren Verlusten geschlagen worden.
Die Kämpfe in der Front führten im Westen bisher zu keiner Entscheidung.
Ueber die Siegesbeute von Antwerpen können noch keine Mitteilungen gemacht werden, da die Unterlagen erklärlicherweise noch fehlen. Auch über die Anzahl der Gefangenen, über den Uebertritt englischer und belgischer Truppen nach Holland liegt kein abschließendes
Urteil vor.
Vom österreichisch- russischen Kriegsschauplah.
Die Entsetzung Przemysls.
Kartoffelernte und Volksernährung.
Ueber dieses Thema stellt Professor Wo IthmannHalle interessante Betrachtungen in der Deutschen 40 000 Ruffen tot und verwundet. Tageszeitung" an. Die Schlüsse, zu denen der beWien, 12. Oktober. ( W. T. B.) Das„ Nene Wiener stellt er fest, daß, nach den bisherigen Berichten zu urteilen, fannte Fachmann kommt, find ungemein ernst. Vor allem Tagblatt" schreibt über die Entsezung die Entsegung von die diesjährige Kartoffelernte hinter der vorjährigen, die Przemysl : Die Russen gelangten nicht weiter als bis allerdings eine Rekordernte war, zurückbleiben wird. Immerzu den Drahtverhauen und Gräben der äußeren Werke. Hin rechnet er mit einem Knollenertrag von 500 Millionen Auf dem östlichen Kriegsschauplatz wurden im Norden alle An- Die ganze Festung schien ein einziger feuer- Doppelzentnern, während es im Durchschnitt der letzten sechs griffe der ersten und zehnten russischen Armee gegen die ostpreußischen Armeen von diesen am 9. und 10. zurückgeschlagen. Auch ein Um- fpeiender Vulkan, der nach allen Seiten hin Tod und Fabre 458,7 millionen Doppelzentner waren. Diese Schäßfassungsversuch der Russen über Schirwindt wurde abgewiesen. Da- Verderben hinausdonnerte. Durch die Explosion der ung ist darauf begründet, daß eine Anbaufläche von vollen bei wurden 1000 Ruffen zu Gefangenen gemacht. In Südpolen er Flatterminen im Vorfeld wurden ganze Abteilungen 4,5 millionen Heftar in Ansatz gebracht wird, die bisher nie Isten die Spissen unserer Armeen die Weichfel. Bei Grojez füb- der von ihren Offizieren vorgetriebenen Gegner auf einmal erreicht wurde. Vielleicht ist also die Erntemenge noch au lich Warschau fielen 2000 Mann des 2. fibirischen Armeekorps in zerfetzt. In den Stürmen vom 6. bis 9. Oktober verloren die sowohl Ein- als auch Ausfuhr an Kartoffeln, wobei aber die hoch gegriffen. Nun hat in normalen Zeiten Deutschland Russische amtliche Nachrichten über einen großen russischen Sieg Russen bei Przemysl an Toten und Verwundeten Einfuhr überwiegt. Jetzt wird die Ausfuhr fortfallen, ob bei Augustow- Suwalki find Erfindung. Wie hoch die amtlichen nicht weniger als 40000 Mann, also ein ganzes aber auf nennenswerte Einfuhr gerechnet werden kann, ist russischen Nachrichten einzuschätzen sind, zeigt die Tatsache, daß über Armeekorps. fraglich. Jedenfalls ist also Deutschland auf die eigene die gewaltigen Niederlagen bei Tannenberg und Insterburg keine amtlichen russischen Mitteilungen veröffentlicht sind. Ernte angewiefen.
unsere Hände.
( Wiederholt, weil nur in einem Teil der Auflage.)
Die Kriegslage.
Weitere entscheidende Schläge sind dem Fall von Anttverpen bis jetzt nicht gefolgt.
Przemysl hat seinen strategischen und taktischen Wert für die Operation unseres Heeres glänzend bewiesen, deshalb tradhteten auch die Nuffen beim Anmarsch der verbündeten deutschen und österreichisch- ungarischen Kolonnen noch im let. ten Moment, sich der Festung zu bemächtigen, denn ein weiteres Vorrücken gegen Westen mit der so offensiven Besatzung dieses fchlagkräftigen Stützpunktes im Rücken hätte gewiß eine für das russische Heer äußerst ungünstige Situation bedeutet. Die Reste der belgischen und englischen Unmittelbar nach dem letzten Angriff machten sich aber Besagungsarmee haben sich in der Richtung auf schon die Wirkungen unseres Vorrückens über Rzeszow fühlOftende geflüchtet. Anscheinend beträchtliche Teile sind dabei bar. Während der Feind Przemysl immer wieder vergebens über die holländische Grenze gedrängt oder von den deutschen berannte, hatte er zur Deckung seiner Sturmangriffe eine Truppen gefangen genommen worden. Die Zahl der in starke Abwehrgruppe von sechs InfanterieHolland Entwaffneten wird von der holländischen Presse auf divisionen und einer Kosaken division und mehr 20-30 000 angegeben. Amtliche Angaben liegen hierüber als 100 000 Mann längs der Chauffee über Jaroslau, 50 einstweilen so wenig vor wie über die Zahl der in deutsche Kilometer westwärts, entsendet. In zweitägiger Hände Gefallenen.
brannt sein.
Schlacht warf unsere von Rzeszow- Baric gegen Lancut -Dynow vorstoßende Armee die feindliche Heeresmacht und verfolgte sie bis an den San.
Für normale Zeiten führt der Verfasser folgende Zahlen über die Verwendung an: 66 Millionen Doppelzentner erfordert die Aussaat, 46 Millionen Doppelzentner werden industriell verwendet( Branntweinbrennerei, Stärkefabrikation usw.), 45 Millionen Doppelzentner gehen verloren durch Fäulnis und andere Ursachen, 163 Millionen Doppelzentner werden verfüttert, 130 Millionen Doppelzentner dienen zur menschlichen Nahrung. Unter den jezigen anormalen Verhältnissen, so meint er, kann der Verlust auf 25 Millionen Doppelzentner herabgedrückt werden, wenn sehr sorgfältig eingemietet wird und die Knollen, soweit sie als Viehfutter dienen sollen, schleunigst in Trodenanstalten verarbeitet werden, um die Fäulnis zu vermeiden. Ebenso kann durch Einschränkung der Branntweinbrennerei die Menge für gewerbliche Zwecke auf 35 Millionen herabgedrückt werden. Dagegen müsse die Aussaat für das künftige Jahr ausgedehnt werden, auf 4,6 Millionen Heftar, und da pro Hektar 22 Doppelzentner erforderlich sind, wären das 100 Millionen Doppelzentner. Somit bleiben für die Ernährung von Menschen und Vieh rund 340 Millionen Doppelzentner.
Die entkommenen Truppen sollen sich nach englischen Meldungen mit den westlich von Gent stehenden englischen, belgischen und französischen Truppenteilen vereinigt haben. Selbstverständlich geht die Ernährung der Menschen Auch soll bereits nach Depeschen der ausländischen Presse bei bor und es müßte vor allem der Vorrat an Eßkartoffeln sicherGent ein heftiger Kampf mit den deutschen Truppen ent- Wien , 12. Oktober. ( W. T. B.) Kriegsberichterstatter melden: ist indeffent sehr schwer zu bestimmen. Nach Ermittelungen, gestellt werden. Welche Mengen hier in Betracht kommen, Die Rüd wärts bewegung der Ruffen sowohl in Galizien die auf Haushaltungsrechnungen beruhen, schwankt der KonAuf dem französischen Kriegsschauplatz haben in der Um- als auch nördlich der Weichsel dauert unvermindert fumt sehr stark: in wohlhabenden Familien sind es knapp gebung von Lille größere Reitergefechte mit siegreichem an. Die österreichisch- ungarischen und deutschen Truppen find den 100 Kilogramm pro Kopf, bei ländlichen Arbeitern im Westen Ber : Ausgang für die Deutschen stattgefunden. Zwei französische zurückziehenden Russen unausgesetzt auf den Fersen. Die Ber: Deutschlands bis 250, im Often bis 450 Kilogramm. Wo IthKavalleriedivisionen( die Kavalleriedivision zählt etwa 3000 folgung des Feindes wird auf das energischste durch WoIth= geführt, ja, in vielen Städten, in denen noch vor einigen Tagen mann tritt nun für eine starke Vermehrung des Kartoffelbis 4000 Mann) erlitten empfindliche Schlappen. sich russische Besatzung und eine von ruffischen Generälen eingesette fonſums ein. Auch wir meinen, daß den arbeitenden Maffen Auf dem übrigen Teil der französischen Berwaltung breitmachte, amtieren wieder die österreichischen Landes- eben nichts anderes übrig bleiben wird, als in weitgehendstem Front dauerten die Stämpfe ohne entschiedenen Erfolg fort. behörden, beren erſte Aufgabe es ist, die Schüben ber ruffifchen Gpie Maße zu diesem Nahrungsmittel zu greifen. Rechnet man Doch hat nach französischen Meldungen das Bombariode wieder gutzumachen. Die von den Russen zerstörten Telegraphen, brauchen die 65 Millionen Menschen bis zur nächsten Ernte also durchschnittlich 300 Kilogramm Kartoffeln pro Kopf, so dement von Reims durch die Deutschen wieder be- Brücken und Bahnlinien find repariert, der Bahnverkehr funktioniert gonnen. In französischen Blättern rechnet man bereits mit wieder. Durch die Rückkehr der Beamten ermutigt, fuchen viele 195 Doppelzentner. Somit verbleiben als Viehfutter 145 dem Verlust von Reims , dem man jedoch eine entscheidende Flüchtlinge ihre verlassenen Wohnftätten auf. I'm großen und ganzen Millionen Doppelzentner, a Iso weniger als in norBedeutung nicht beimißt. haben die Ruffen nicht sonderlich arg gehaust. Die Behörden be- malen Jahren, wo diese Menge auf 163 Milrichten, daß selbst die Kosaken, abgesehen von den burch ihre Un- lion en geschäst wird! sauberkeit entstandenen Schäden, sich menschlich aufführten. General v. Auffenberg zu den Ueberzähligen versetzt.
An der ost preußischen Grenze sehen die beutschen Truppen ihren erfolgreichen Widerstand gegen die andrängenden russischen Armeen( die 9. und 10.) fort. Auch ein russischer Umfassungsversuch über Schirwindt ( aus der Richtung Stallupönen ) wurde abgewiesen. Dabei wurden 1000 Russen 34 Gefangenen gemacht.
Wien , 12. Oftober.( W. T. B.) Der General ber Infanterie, Ritter v. Auffenberg ist, weil fein Gefundheitsgust ans Heberzähligen berfest worbent. In einem überaus ihm die Pflicht längerer Schonung auferlegt, in den Stand der gnädigen Handschreiben behält sich der Kaifer die Wiederverwendung
In Südpolen sind die deutschen Truppen, die in strategischer Gemeinschaft mit ben in Galizien vordringenden Desterreichern operieren, bis zur Weichsel vorgedrungen. Bei Grojez, einige vierzig Kilometer südlich Warschaus , fielen den des Generals vor. deutschen Truppen 2000 Mann des 2. sibirischen Armeekorps als Gefangene in die Hände.
Hierin liegt jedenfalls eine sehr ernste Gefahr. Nicht nur wird es in Deutschland an Kraftfutter fehlen, das in normalen Reiten eingeführt wird, sondern auch mit dem Ersatz dieses Kraftfutters durch die einheimische Knollenfrucht ist es schlecht bestellt.
Profeffor Wohltmann schließt seinen Artikel mit einer Ermahnung zur Sparfamfeit:
" Es fommt mir vor, daß sich viele in unserem Volke des bitteren Ernstes, der uns umgibt, nicht voll bewußt sind und daher mie früher sorglos in den Tag hineinleben! Haben wir auch feinerlei Grund zu bangen, so ist es auf der anderen Seite doch auch dringend geboten, in weiser Fürsorge und mit Ernst stets ber Bufunft zu gedenken. Und dazu gehört, unser aller Leben so sparsam wie möglich einzurichten, damit uns in diesem rüdfichtslosen Daseinskampfe die materiellen Lebensbedingungen nicht ausgehen, sondern jederzeit zur Verfügung stehen, auch wenn der Krieg sich jahrelang hinziehen sollte. Die Sparsamkeit ist kein Armutszeugnis, sondern eine Tugend, die in normalen Zeiten manche Familie über Wasser hält und in schwerer Kriegszeit die Rettung der Festungen und eines ganzen Volkes fein tann."
Auch die österreichische Offensive in Galizien schreitet fort. Die von den Russen belagerte österreichische sufolge, der frühere Chef ber Nigaer Geheimpolizei Gregus erFestung Przemysl( 90 Kilometer westlich von Lemberg ) wurde nannt worden, der berüchtigte Bluthund, der die Folterungen ber politischen Gefangenen in bem fogenannten" Rigaer entsetzt. Die Russen haben vor ihrem Abzug mehrere heftige Museum", der Folterkammer der Rigaer Geheimpolizei, geleitet hat. Sturmangriffe gegen die Festung unternommen und dabei,| nach Wiener Pressemeldungen, 40 000 Mann an Toten und Verwundeten verloren. Die Russen sollen auch bereits mit| Petersburg , 12. Oktober. Offiziell wird erklärt, daß die er Räumung Lembergs begonnen haben und im Begriff stehen, Lage an der türkisch - bersischen Grenze als beoroh Galizien in nordöstlicher Richtung zu räumen. Ungarn soll ich betrachtet werden müsse. unter den Kurden, die die nunmehr völlig von russischen Truppen geräumt sein. Stofaten angriffen, wurden verkleidete Redifs entdeckt. Die Notwendigkeit einer fozialen Organisa Demnach scheint sich öftlich der Weichsel die große östliche Beziehungen zwischen Rußland und der Türkei nehmen einen tion der Verwertung der vorhandenen sehr gespannten Charakter an. Lebensmittel. Tatsache ist, daß bereits jeẞt große
Entscheidungsschlacht vorzubereiten.
Bei den Arbeiterfamilien, wo seit Ariegsbeginn noch mehr als früher Schmalhans Küchenmeister ist, braucht man wohl kaum besonders dieſe Tugend der Sparkamkeit zu vrebigen. Wichtiger als das scheint uns aber die Betonung der
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