Nr. 305. 31. Jahrgang.
Partei und Gewerkschaften zur Nahrungsmittelversorgung.
Die Generalfommission der Gewerkschaften und der Parteivorst and haben am 4. d. M. an das Reichsamt des Innern eine Eingabe gerichtet, in der noch einmal dringend die zur Nahrungsmittelversorgung erforderlichen Maßnahmen befürwortet werden. Die Eingabe hat folgenden Wortlaut:
„ Die Generalfommission der Gewerkschaften Deutschlands und der Vorstand der sozialdemokratischen Partei, deren Vertreter an den Erörterungen über die Preisfestsetzungen für Getreide im Reichsamt des Innern teilnahmen, erkennen grundsäglich die Notwendigkeit der von dem Bundesrat getroffenen Maßnahmen an.
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Roggen Weizen
Mark
Mark
Oftober 1912
180,20
211,50
November 1912
176,90
205,80
Dezember 1912
174,80
205,50
Januar 1913
170,70
196,80
Februar 1913
166,40
194,90
März 1918 April 1918
161,70
194,-
201,80
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•
162,20
Wir bitten deshalb, unsere Vorschläge zu berücksichtigen und nicht zögernd an Maßnahmen heranzutreten, die heute der ge= samten Bevölkerung zum Schuße dienen müssen."
Aus Groß- Berlin. Herbstwanderung.
Die Preisfestsegung des Bundesrats würde also für Ende 1915 einen Roggenpreis von 256 M. und einen Weizenpreis von 296 M. in Aussicht stellen. Diese Maßnahme stellt an einsamt. Tausende seiner Freunde hat der Waffendienst Der Ausbruch des Krieges hat unsere Wälder verdie Bevölkerungskreise, die heute von der Last der wirtschaft nach außen geführt, und den Heimgebliebenen erstarb unter lichen Unbill niedergedrückt werden, eine unerhörte 3u- der lähmenden Wirkung der Kriegserklärungen für lange mutung, die mit tiefer Erbitterung empfunden Wochen die Lust an den gewohnten sonntäglichen Wandewird. Dabei sind diese Preisfestsetzungen, die der Preistreibe- rungen. Stundenlang fonnte man damals durch sonst leidrei noch weiten Spielraum laffen, nicht einmal so weit durch lich belebte Waldstrecken gehen, ohne von menschlichen Wesen geführt, daß auch die Mehlpreise festgelegt werden. Jetzt mehr zu sehen, als etwa einen Landsturmmann mit Armbinde erst wird sich das Heer der Spekulanten auf die Preistreiberei Leider sind wir insofern enttäuscht, als die Höchst für Mehl legen, um abzuwarten, bis hier die Regierung die und Gewehr, der in der Nähe des Bahndammes mit gesetztem Gang und prüfendem Blick das Gelände durchschritt. Allpreise viel zu hoch angesetzt sind. Berücksichtigt man, daß nötigen Maßnahmen ergreift, denn das Beiſpiel der Preis- mählich, besonders auch mit der wieder zunehmenden Verdie Ernte nicht ungünstig ausfiel und die Aufwendungen der festsetzung für Getreide ist keine Abschreckung für das speku- besserung des Bahnverkehrs, ist es besser geworden. Und Landwirte nur in einzelnen Distrikten das Maß des üblichen lative Treiben jener Kreise. Die arbeitende Bevölke da erfahrene und wohlmeinende Aerzte uns den Rat geben, überschritten, so rechtfertigen die festgesetzten Preise sich feines- rung sollte erwarten können, daß ihre Interessen eine andere schon mit Rücksicht auf unsere Gesundheit die Erholungen so wegs. Sie gehen weit über die der lebenden Würdigung erfahren, als mit diesen Anordnungen, die eine menig aufzugeben wie die Arbeit, damit das von den furchtGeneration bekannten Preise hinaus. Selbst neue, millionenschwere Laſt auf ihre Schultern legt, gegen baren Ereignissen überreizte Hirn ein Gegengewicht finde, die die ganze Preistreiberei der 3ollpolitiko möge dieser Rat beherzigt werden. Für viele wird es nur erreichbare Gebiete langen. Aber auch der hier beschriebene für den Grunewald, die Jungfernheide oder sonstige billig Ausflug dürfte vielen trop der Ungunst der Zeiten noch
im Jahre 1891, als Deutschland eine Mißernte hatte und die
Einfuhr aus Rußland durch. Ausfuhrverbote unmöglich war, erreichte der Durchschnittspreis in Berlin für Roggen nur 211 M. und für Weizen 224 M. In den letzten zehn Jahren 1904/13 war der Durchschnittspreis für Roggen 167,45 M. und für Weizen 201,60 m.
In einer Zeit, wo Millionen von Menschen schwere Opfer
bringen, sei es im Heeresdienst oder durch wirtschaftliche Leiden, kann nicht einem Teil der Bevölkerung ein besonderer Gewinn aus dieser Notlage zugeſtanden werden. Wir bedauern in hohem Maße, daß die Preisfestſegungen so spät kamen und in den wirtschaftlich interessierten Kreisen nicht das Empfinden dafür vorhanden ist, in diesen Zeiten feine besonderen Profite zu machen.
Es ist uns bekannt, daß die Interessenten erklärt haben, start herabgesetzt werden, große Verluste eintreten müssen. daß bei den schon abgeschlossenen Käufen, wenn die Preise Wir glauben, daß die Spekulanten, die an der Preistreiberei schuld find, teine Rücksicht bei der Preisfestseßung verdienen. Wer sich in solche Spekulationen begibt, mag auch die Folgen tragen. Die Verordnung hätte aber auch zurückgreifen können auf alle abgeschlossenen Käufe oder noch nicht vollzogene Lieferungen. Auch jest wäre es noch an der Zeit, die Preise herabzusehen. Wenn aber dieser Weg nicht mehr gangbar erscheint, so müßte die Regierung die Verordnung dahin erweitern, daß für die Folgezeit die Preise lang. jam herabgesetzt werden, und daß die noch nicht verfauften Mengen, die sich noch im Besize der Landwirte befinden, zu einem erheblich minderen Preise zur Verfügung gestellt werden müssen. Vor allem sollten solche Ankäufe der Staat und die Gemeinden vornehmen, um diese Vorräte zu geeigneter Zeit zu mäßigen Preisen auf den Markt zu bringen.
nur ein Kinderspiel ist.
fammenhang die für Sülsenfrüchte. Auch hier sind im Mit der Preisfestsetzung für Getreide steht im engen ZuDetailhandel hohe Preise üblich, die einen großen Teil der Arbeiterschaft zwingen, auf diese nahrhafte Kost zu verzichten, weil die Preise unerträglich sind.
Im Gegensatz zu dem zögernden Vorgehen in der Preisfestsetzung für wichtige Konjumartikel hat die Entschlossenheit und Schnelligkeit überrascht, mit der die Reichsregierung die 3uderpreise festgesetzt hat. Allerdings bestand hier die Gefahr", daß der konsument den Zuder zu billig befommt. Der Ueberfluß on Zucker, der Preisdrud, ließ das Interesse der Produzenten in den Kreisen der Regierung wohl viel drohender erscheinen, als wenn Millionen der sonsumenten eine Beute von Spekulanten werden. Der zentner 18,50 M. Die Regierung garantiert heute den ProduDurchschnittspreis für Rohzucker betrug 1913 für den Doppelzenten den Preis von 19 M. Diese Festseßung des Preises in Verbindung mit der Kontingentierung der Zuderproduktion verrät eine Fürsorge für die Zuckerproduzenten, von der wir wünschten, sie bestände in gleichem Maße für die arbeitende Bvölkerung.
Wir weisen heute schon auf die bald eintretenden, sehr schnellen Preiserhöhungen für Vieh und Fleisch hin; greift die Regierung wiederum so spät ein, wie bei den Getreidepreisen, so haben wir abermals mit einer schweren Schädigung der konsumierenden Bevölkerung zu rechnen. Viel rationeller erscheint es uns, auch die 3 uderrüben, soweit sie für die Produktion des Verbrauchszucker nicht in Betracht kommen, der Bieb fütterung dienstbar zu machen, nicht aber durch die Verarbeitung zu Melasse ein teures Viehfutter zu schaffen, bei der die Zuckerfabrikation erst ihre Revenuen in Abzug bringt.
Ferner richten wir nochmals die Aufmerksamkeit auf die In Kreisen der Landwirte, die das Ungesunde der Preis- Preisfestsegung für Kartoffeln. Wir erkennen sehr gern treibereien einsehen, würde sich hiergegen kaum ein Widerstand an, daß die Militärverwaltung in einigen Bezirken schnell geltend machen; sie können dabei immer noch Preise erhalten, eingegriffen und die Preisfestsetzung vorgenommen hat, die die reichlichen Nutzen abwerfen. Im Interesse der Konsu- erfreulicherweise mehr die Interessen der Konsumenten wahrmenten, die gegen die Preistreibereien dringend des Schußes nimmt, als die Bundesratsverordnung bei der Preisfestsetzung bedürfen, bitten wir, es bei der Verordnung nicht zu belaffen, für Getreide. Aber diese Maßnahmen beschränken sich nur auf sondern eine Ergänzung vorzunehmen, die unseren Vor einige Bezirke, die allgemeine Verordnung kann nicht länger schlägen entspricht und sicherlich auf die Zustimmung aller zurückgestellt werden, wenn nicht für die Bevölkerung dieselben Kreise rechnen kann, die an der Preistreiberei kein Interesse schweren Nachteile entstehen sollen, wie bei der Festsetzung der haben. Getreidepreise. Die Festsetzung eines Höchstpreises für KarWenn wir uns gegen diese Höchstpreise für Getreide wen- toffel- und Stärkemehl ist im Hinblick auf die wüsten den, so mit der gleichen Entschiedenheit dagegen, daß im Preistreibereien dringend notwendig. Die Verordnung des fünftigen Jahre diese r Preis pro Monat no ch Bundesrats, Kartoffelmehl als Zusatz bei der Brotfabrikation um 3 M. erhöht werden soll. Dafür liegt auch nicht der zu verwenden, hat den Preis für Kartoffelmehl bereits auf die Schein einer Berechtigung vor. Die Vergleiche mit Preishöhe für Roggenmehl getrieben. den voraufgegangenen Jahren ergeben, daß die Preise vom November 1912 bis April 1913 nach den Zusammenstellungen der Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reiches eine fallende Tendenz zeigen. Nach diesen Veröffentlichungen des Reichsstatistischen Amtes betrugen in Berlin die Preise für 1000 Kilogramm:
asbilind
Berliner Landsturm in Belgien .
Aus dem Feldpostbrief eines Berliner Landsturmmannes, .., 30. Oftober 1914. Und nun will ich Dir einen Bericht geben: wie es uns in den letzten Tagen ergangen iſt. Gs schien so, als ob wir Landstürmer in.... bleiben sollten. Wir hatten am Sonntag unsere Wäsche zum Waschen gegeben, und als der Feldwebel Montag abend um 29 anjagte, Sag wir uns bereit halten sollten, da wir am nächsten Tage um 12 Uhr abrüden würden, da schrie alles: Was wird aus unserer Wäsche? Verschiedene liefen gleich los, um mit den Wäscherinnen zu sprechen, und es herrschte große Angst, ob wir nicht die Wäsche im Stich lassen müßten! Zum Glüd kamen die Wäscherinnen am anderen Morgen, aber die Wäsche war zum größten Teil noch naß. Nun gab es ein großes Auswringen, einige padten die Wäsche so naß, wie sie war, in den Rudjad, andere trockneten sie, so gut es eben ging, im Kasernenhof. Es war gutes Trodenwetter die Frauen in der Heimat müssen also wohl treu gewesen sein. Die wollene Wäsche aber trocknete doch nicht ganz. Nur ein ganz fin diger Landsturmmann hatte sich St I am mern geschnitten, der hat wohl alles trocken bekommen, denn der Abmarsch zögerte sich doch gegen 3 Uhr hin. Es war das übliche Herumstehen und Warten, wie es beim Stommiß noch immer Mode ist.
bis
in
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Gegen 12 Uhr wurde gegeffen, natürlich Rindfleisch mit Brühfartoffeln, denn etwas anderes haben wir die ganze Zeit, wo wir lagen, nicht bekommen. Einmal allerdings gab es Rindfleisch mit Reis; der war dafür auch angebrannt, und der Versuch, Abwechselung in die Küche zu bringen, wurde nicht wiederholt.
Um 3 1hr ging es mit Musik zum Bahnhof. Ganz sah zu, die Straßen waren gedrängt voll. Die Berliner scheinen sich hier recht beliebt gemacht zu haben, obwohl die Stimmung der Bevölkerung natürlich nicht gerade deutschfreundlich ist. Das ist begreiflich; es sind hier und in der Umgebung viele Häuser zer
Wir bitten, daß sich das Reichsamt des Innern von der Auffassung befreien möge, als ob solchen Treibereien mit Ermahnungen begegnet werden kann, die zur Mäßigung raten. Diese Interessentengruppe ist dafür bekannt, daß sie ohne Rücksicht auf das Allgemeininteresse nur ihre Vor teile zu vertreten gewohnt ist.
"
immer erschwinglich sein.
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Wir fahren vom Lehrter Hauptbahnhof , über die Stadtbahn oder vom Nordring über Bahnhof Jungfernheide nach Spandau und von hier elektrisch" für zehn Pfennig bis zum Stadtpark am Beginn des Waldes. Auf oder neben der Schönwalder Chaussee gehen wir weiter, am Johannisstift vorbei, von dem an zur rechten Hand ein eisernes Gitter Gitter endet, biegen wir links ab in ein Waldgestell ein, das parallel zur Chaussee im Walde sich hinzieht. Dort, wo dieses uns in schönem Mischwald weiterführt. Wir verfolgen es so lange, bis wir dasjenige Längsgestell erreichen, das mit O bezeichnet ist, und schlagen nun dieses nach rechts ein. Zur Wald wieder auf. Das Gestell wird breiter, stößt endlich auf bezeichnet ist, und schlagen nun dieses nach rechts ein. Zur Linken tritt bald eine Wiese heran, dann nimmt uns der einen von Nieder- Neuendorf kommenden Fahrweg( Wegeinen von Nieder- Neuendorf kommenden Fahrweg( Wegweiser!) und hier biegen wir links ein in hochstämmigen Wald, geben aber bald nach rechts durch die Bäume, um die auf der Wanderkarte leicht kenntlichen Wiesen zwischen dem Spandauer Forst und dem Forsthaus Damsbrück zu erreichen, was in wenigen Minuten geschieht. Am Rande dieser Wiesen, zwischen Kiefernwald und Erlen, zieht sich ein Fußweg hin, den wir nun weiter verfolgen. Auf einer von einem Graben durchflossenen Waldlichtung taucht ein einsames Gehöft auf, die„ Kuhlake". Allerhand Geflügel watschelt hier herum, Rocktasche schaut die neueste Zeitung mit fettgedruckten Ueberdas Ganze ein Bild des tiefsten Friedens. Aber aus unserer Rocktasche schaut die neueste Zeitung mit fettgedruckten Ueberschriften. Es ist also doch wahr, und dieses Friedensbild hebt nur den Kontrast mit dem Spiel der eisernen Würfel in Ost und West. Weiter! Wir sind zum Gehöft auf dem Wege links abgebogen, und sobald wir das Gehöft aber hinter uns haben, geht es sogleich wieder rechts in den Wald gegen Falkenhagen und Finkenkrug. Dann freuzen wir die vom Forsthaus Damsbrück kommende Straße. Der Wald verläßt uns nicht. Dann kommt ein vierarmiger Wegweiser, der uns die Wahl läßt. Es ist eine Frage der verfügbaren Zeit, ob wir zum Alten Finkenkrug und erst von hier zur Bahnstation Finkenkrug wandern oder wir diese auf dem nächsten Wege erreichen wollen. Der ganze Ausflug beansprucht mehrere Wanderstunden, führt durch wenig begangenen Wald und ist in kleiner Gesellschaft sehr gut zu friedlicher Ablentung geeignet, die durch gelegentliche Gastspielrollen butiger Eichfäßchen, flüchtiger Hafen, rufender Spechte und dergleichen gefördert wird. Der Eindruck hängt im übrigen auch vom Wetter ab; er kann grundverschieden sein, je nachdem flare, frostige Luft mit Sonnenblicken Wald und Wiese beherrschen oder Herbstnebel die Umrisse verschleiern. Die Bewirtschaftung der Kleingärten.
In der Vossischen Zeitung" vom Mittwoch behandelt der Gartendirektor der Stadt Berlin die Frage, wie es möglich sei, die kleinste zur Verfügung stehende Fläche Landes
Am anderen Tage warteten wir wieder. Was würde über uns bestimmt werden? Wir gingen in der Stadt umber und freundeten uns mit der Bevölkerung schnell an, was hier leichter war als in denn die Bevölkerung ist in entschieden deutschfreundlicher als dort. Am Abend saß ein kleines Eccafé voll Landsturm, vor der Tür stand ein Haufen Einwohner und sang kräftig mit:" In der Heimat, in der Heimat!" Inzwischen sprachen einige von uns mit deutschredenden Einwohnern, die es dann den anderen im Lande herumreisen ließe, denn die großen Kerls mit den bicken übersetzten. Es wäre gar keine üble Jdee, wenn die Regierung uns Bäuchen- meist Garde- imponieren den Belgiern mächtig, und die Berliner Gutmütigkeit und Gemütlichkeit macht sich ja leicht beliebt. Die Leute denken immer, wir seien ausgesucht, d. h.: es wären die größten Leute zusammengestellt worden. Wir sagen natürlich: in Berlin seien die Männer alle so groß, worüber sie dann sehr erstaunt sind.
stört, die Bergwerke liegen still, und es herrscht ein großes Elend| werden, damit die Leute nicht auf dem Fußboden zu liegen unter den arbeitenden Klassen. Aber gerade diese traten uns am brauchten. 23 Uhr war es geworden, als die Landsturmmänner leichtesten menschlich näher, da sie am ersten begriffen, daß wir zum Schlafe tamen. alten Kerls nicht etwa aus Freude am Waffenhandwerk in den Krieg ziehen und daß wir Verständnis für ihre Lage haben. Unsere Kaserne war immer umlagert von Frauen und Kindern, die um Brot bettelten, und was wir übrig hatten, haben wir gern gegeben. Die Kinder waren sehr zutraulich, und mancher alte Landsturmmann herzte und füßte ein Kind, das seinem zu Hause ähnlich schien. Und nun łam wieder eine Eisenbahnfahrt, aber gemütlicher als unsere Reise von Spandau nach dauerte und während der wir keine Gelegenheit hatten, uns aus die 55 Stunden zustrecken, sondern eng aneinandergepreßt zu 45 Mann im Güter wagen saßen und einer über den anderen wegsteigen mußte, um an seinen Platz zu gelangen.( Uebrigens holten wir uns alle den Schnupfen, da wir, um etwas zu sehen, die Türen während der Fahrt offen ließen; einer bekam Gelenfrheumatismus.) Jest hatten wir Wagen dritter Klasse. Die Beleuchtung funktionierte nicht und jedes Abteil erhielt ein Talglicht, bei dessen schwachem Scheine ein Stat geflopft wurde. Wir fuhren bis zur Verpflegungsstation, ungefähr 4 Kilometer vor Jeder Mann empfing ein halbes Prot und ein Stüd Schinken. Der Schinken war aber nicht eingeteilt, ein Tisch empfing einen Schinken. Das gab einen heißen Kampf! Mancher erhielt ein großes, mancher ein kleines Stüd, mancher gar nichts. Diese traten nachher an und erhielten dann auch noch ein Stück. Außerdem gab es Kaffe, und dann ging es wieder in den Zug. Auf einmal hieß es: aussteigen! Wir marschierten ungefähr 2 Stunden, was mit dem vollen Gepäck feine Freude war, denn der Rudsad trägt sich lange nicht so gut wie ein Tornister.
Der Zug fuhr inzwischen zum Hauptbahnhof, von wo aus wir nur einen Weg von 10 Minuten gehabt hätten. Um 2 Uhr nachts gelangten wir in der für uns bestimmten Kaserne an. Dort hatte man von unserer Ankunft erst 5 Minuten vorher erfahren. Es gab daher wieder ein hübsches Herumstehen. Schließlich stand nur noch eine Kompagnie auf dem Hofe und stimmte das Lied an:„ Verlassen, verlassen bin i!" und andere passende Lieder, bis ein Offizier Ruhe gebot. Diese Kompagnie marschierte schließlich zu einer in der Nähe befindlichen Schule. Es mußten nun noch Strohsäde empfangen
nicht, wir mußten uns allein
Verpflegung gab es in beköstigen, wofür wir 1,45 M. erhielten. Obst ist hier billig, alles andere, bei Berücksichtigung des Kriegszustandes, nicht allzu teuer. Brot gibt es nicht, die Bäckerläden sind geschloffen und haben ein Plakat, daß es um die und die Zeit Brot gibt. Dann herrscht ein fürchterliches Gedränge, aber es gibt für einen Erwachsenen nur etwas über ein halbes Pfund, für Kinder noch weniger.
Nach tam... Wir marschierten 9 Kilometer, wobei der Rudsad wieder mächtig drückte und wir hübsch schwitzten. um so unangenehmer war es, daß wir Quartier in einem großen Kino bezogen, wo es sehr feuchttalt ist. Die Heizung muß erst in Ordnung gebracht werden. Einen Schnupfen hat ohnedies schon jeder, so daß es auf einen neuen schon nicht ankommt. Es ist ein eigenartiges Bild, besonders nachts. Die Stühle an den Seiten hochgestapelt, in der Mitte Stroh, auf den Galerien Stroh, dort liegt der Landsturm zwischen seinem Gepäck und schnarcht. Diese Kunst ist mächtig entwickelt. Jetzt werden wir Bahnen bewachen. Das Zeug werden wir hier in Belgien wohl nicht vom Leibe friegen. Das ist ja auch nicht schlimm, nur frank werden darf man nicht, sonst sieht es schlimm aus
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