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schöpft niedergesunken sind, sind also nicht auch noch ge starben, fondern haben sich glücklicherweise wieder erholt AuS diesem Grunde aber hat nur ja gerade auch der Kaiser befohlen, nun endlich Vorschläge zu machen, wie die Leute ini Gepäck zu entlasten sind. Von den Reservisten sind im ganzen IS gestorben, davon nur 2 am Hitzschlag. Abg. Bachem wünscht auch für die wenigen Fälle, wo Landwehrmänner den Strapatzen der Manöver erliegen, den Erlaß eines Gesetzes, welches ihren Hinterbliebenen eine aus kömmliche Entschädigung gewährt. Kriegsminister Brvnsart v. Schellendorff: Wir sind dieser Richtung seit Jahren bereits thätig. Der Rest des Extra-Ordinariums des Militäretats und die Einnahmen desselben werden ohne weitere Debatte genehmigt, ebenso die bayerische   Quote. Die(vor einigen Tagen ausgesetzte) Abstimmung über die erste Rate von 14 ovo M. für ein neues Generalkommando in Metz  , veranschlagt aus 600 000 M., ergiebt die Ablehnung der Forderung. Damit ist die Berathung des Militäretats erledigt. Gegen 6 Uhr vertagt sich das Haus. Nächste Sitzung Mittwoch 2 Uhr.(Aushebung des Identitätsnachweises.) rn Abgeordnetenhaus. 29. Sitzung vom 6. März 1894. II Uhr. Am Regierungstische: Bosse und zahlreiche Kommissarien Die zweite Berathung des Staatshaushalts-Etats für 1894/95 wird fortgefetzt uiU> zwar beim Etat des Kultus Ministeriums, Gehalt des Ministers. Abg. Stötzel(30 tritt für die Zulassung der Orden ei», weil diese am besten geeignet seien, den Ansturm der Sozial demokratie auf die Ar bester abzuwehren. Der Reichskanzler Graf Caprivi   hat gesagt t Jede Borlage müsse auf ihre Wirkung gegen- über den Sozialdemokraten geprüft werden. Das scheint man bei der Nichtgenehmignng einer Ordensniederlassung der Franzis- kauer in Essen nicht gethan zu haben. Minister Bosse: Wenn der Minister nach dem Gesetz vev fährt, so ist es für die katholische Kirche viel besser, als wenn der Minister nach Stimmungen verfährt, um es hier bei der Etatberathuug etwas bequemer zu haben. Abg. Porsch(Z.): Wenn eine so große Zahl von angesehenen Männern einer Stadt eine Nieder- lassung beantragen, so kann der Minister in diesem Wunsche wohl schon den Nachweis eines Bedürfnisses er- kennen. Die Sprachunterrichts-Versügung des Ministers müßte auf Oberschlesien   ausgedehnt werden. Die Kinder können nicht einnral so viel polnisch, um beim Gottesdienst die Kirchenlieder stng»l zu können. Minister Bosse: Bezüglich Oberschlesiens   kann ich meine Erklärung nicht ändern. A'bg. Letocha(Z.) spricht sich wie die Abg. Porsch und Graf Ball'strem für die Ausdehnung der Sprachenversngung aus Oberschlesten aus. A!'g. Herrmauu(Z.) tritt ebenfalls für den Religions Unterricht in der Muttersprache ein. Abg. Stanke(Z.) schließt sich den Ausführungen der übrigen vberschlestschen Abgeordneten namentlich bezüglich der mährischen Einwolsmer Oberschlestens an. Abg. v. Heydebrandt(k): Selbst die Herren vom Zen trum n>«rden es kaum bestreiten können, daß die Polonisirung in Oberschlesien   große Fortschritte gemacht hat. Das niuß uns stutzig machen. Die Frage ist eine wesentlich politische. Die Herren wollen einen berechtigten Anspruch der national-polnischen Agitätoretl erfüllen und danist die Erregung beseitigen. Wir halten aber den Anspruch nicht für berechtigt und seine Er- füllung wird die Bekämpfung dieser Bestrebungen erschweren. (Sehr richtig! rechts.) Abg. Porsch(Z.): Die Herren verwechseln Ursache und Wirkung. In der Entwickelung zum Deutschthum ist ein Rück- schlag eingetreten. das ist aber eine Folge der falschen Schul- Abg. Sz««l«»(Z.) tritt den Ausführungen des Ministers in bezug auf Oberschlesien   entgegen und bestreitet, daß«ine be- sonders polnische Nationalagitation bestehe. Die meisten Leute können nicht ordentlich deutsch, infolge dessen wollen sie polnische Zeitungen lesen, deren jetzt neun in Oberschlesien   bestehen; aber keine derselben hat irgend einen anderen Standpunkt eingenommen wie das Zentrum, und abgesehen von der Aufregung des Wahl- kampfes sind die Artikel der Zeitungen immer maßvoll gewesen. Bon kommunistischen Tendenzen w. könne gar keine Rede sei». Die Redakteure stehen durchweg auf dem katholischen Stand- punkte. Da die schlechte Berichterstattung über oberschlesische Verhältnisse nur darauf begründet ist, daß die Beamten kein Pol- nisch verstehen, so sollte der Minister fakultativen polnischen Unterricht an den schlesischen Gymnasien einrichten und in Breslau  wieder die polnische Gesellschaft der Studenten zulassen, die ver- boten ist. Ferner muß Oberschlesien   vollständig der Pro- vinz Posen gleichgestellt werden, sonst wird die Sache immer schlimmer. Abg. v. Schalscha(Z.) schließt sich als Kenner der ober- schlesischen Verhältnisse den Ausführungen der anderen ober- schlesischen Abgeordneten vollständig an. Abg. Dauzeuberg(Z.): Der Kultusminister hat viele schönt Worte gesprochen, aber und das ist ja das Zeichen des neuen Kurses an Thaten fehlt es. Die Bildung einer katholischen Abtheilung hat der Minister rundweg abgelehnt, weil dadurch Mißtrauen hervorgerufen werde. Davon merkt man doch nichts in Bayern  , Oesterreich, Württemberg   rc., wo besondere katholische oder evangelische Behörden bestehen. Minister Bosse: Auf die früheren Mitglieder der katholische» Abtheilung sollten meine Bemerkungen über die Abtheilung selbst auch nicht den geringsten Verdacht werfen. Abg. v. JazdzewSki(Pole) konstatirt mit Freuden, daß aus seiner Heimathprovinz kein einziger Abgeordneter gegen die neue Sprachenverfügung sich erklärt habe. Damit schließt die Debatte. Das Gehalt des Ministers wird genehmigt, ebenso die übrigen Ausgaben für das Ministerium, darunter auch die neue Stelle eines Vorstehers der Meßbild- anstalt(6000 M., wofür aber 5100 M. für einen Hilfsarbeiter in Wegfall kommen). Die Erwähnung der Stiftung rnons pietatis in den Erläuterungen giebt dem Abg. Sattler(natl.) Gelegenheit, auf die gegen dies« Stiftung gerichteten Angriffe hinzuweisen. Minister Bosse erklärt einen Theil der Angriffe schon jetzt für grundlos, will sich aber bis zur dritten Lesung näher in- formiren. Ohne Debatte genehmigt das Hau? das KapitelOber- Kirchenrath Das KapitelEvangelische Konsistorien" wird bewilligt. Zu dem KapitelEvangelische Geistliche und Kirchen; Bisthümern und katholiche Geistliche und K i r ch e n" hat Abg. von Strombeck(Z.) folgenden Antrag gestellt;Die Staatsregierung*u ersuchen, Ermittelungen darüber anzustellen, ob und welche geistliche Stellen, deren ganz- liche oder theilweise Unterhaltung von der Staatsregierung auf Grund rechtlicher Verpflichtungen geleistet wird, zur Zeit ihren Inhabern ein standesgemäßes Einkommen nicht gewähren." Abg. v. Strombeek(Z�) erläutert seinen Antrag dahin, daß der- selbe sich nicht auf solche Fälle beziehen solle, wo der Staat nur einen kleinen Beitrag leiste, sondern auf solche Fälle, wo er der tauptunterhaltungspflichtige ist. Bei der Säkularisation hat der taat zum größten Theil die zu zahlenden Gehälter einseitig festgestellt, es wird heute eine Erhöhung in vielen Fällen noth- wendig sein. Geheimer Ober- Regierungsrath Hegel: Die Untersuchung aller Fälle, in denen der Staat einen Zuschuß zu leisten hat. würde eine umfangreiche werden. Die Regierung hat sich da- gegen ablehnend verhalten. In dem beschränkteren Umfange ist die Resolution«her annehmbar, aber überflüssig, denn wo der Staat für alle Bedürfnisse aufzukommen hat, hat er schon von Zeit zu Zeit, wenn er das Bedürfniß anerkannte, Zulage» gewährt. Abg. Brandenburg(Z.) hält den Antrag Strombeck für nothwendig. Abg. Danzenberg(Z.) empfiehlt ebenfalls den Antrag v. Strombeck. Das Kapitel wird genehmigt und um 4Ve Uhr die weitere Berathung bis Mittwoch 11 Uhr vertagt. Ooklsles. Die Milderung der sozialen Gegensätze. Recht uu begreifliche Anschauungen sprach der Vorsitzende des Vereins für Volks-Kindergärten im Osten, Herr Dr. med. Löwenstein in der letzten Generalversammlung dieses Vereins aus. Der Herr wünschte nämlich, daß die Kindergärten gleich den Schulen noch einmal städtische Einrichtungen würde» und knüpfte an diesen gewiß berechtigten Wunsch den Hinweis, daß dies der Weg sei. ..die sozialen Gegensätze der verschiedenen Volksklassen zu mildern." Was der Herr Löwenstein mit diesem Räthselwort meint, ist bis jetzt der Mitwelt leider noch verborgen geblieben. Unseres Wissens lassen die heutigen Schulen, die für die Reichen, Weniger reichen und Armen streng gesondert gehalten sind, die sozialen Gegensätze gerade in ihrer ganzen abscheulichen Nacktheit zu Tage treten. Tastet man auch schon im Polizeipräsidium eine der vielen Grundlagen des ortsüblichen Christenthums an? So muß man sich unwillkürlich fragen bei der Nachricht, daß der Dezernent beim Polizeipräsidium, Medizinalrath Dr. Wernich, sich in einem neuerdings erschienenen Buche: Leichenwesen, ein- schließlich der Feuerbestattung", für die Leichenver- brennung ausgesprochen hat. Hoffentlich sorgen die Vertreter des unverfälschten Berliner   Chrisren- und Stöckerthunis dafür, daß dem augenscheinlich in das staatserhaltende Gefüge nicht recht hineinpaffenden Dr. Wernich bei Zeiten mores ge­lehrt werde. Ans Plötzensee brachten wir am 2. d. Mts. einige Be- trachtungen über den leidenden und pflegebedürftigen Zustand einiger durch ihre grandiosen Betrügereien ganz besonders be rühmt gewordener Gauner. Wir erwähnten in dem Artikel u. a auch des Bankier Maaß aus Charlottenburg   als im Gefängniß- lazareth befindlich. Diese Miltheilung ist, wie uns versicherl wird, falsch. Bankier Maaß ist mchtjim Lazarethflügel unter gebracht, sondern er befindet sich seit dem 17. Februar im Schooße seiner in der Lübcckerstraße wohnhasten Familie. Der Mann muß also so leidend sein, daß für ihn auch die Lazareth pflege nicht mehr gut genug ist! Wie glücklich ist doch gegen- über dem leidenden Bankier der sozialdemokratischeStraf gefangene", der seine beschaulichen Tage in Plötzensee bei Rum- futsch und Mehlbrei zubringt. Gesundheit ist auch bei dem politischen Gefangenen das höchste Gut, selbst wenn sie durch die Gefängnißkoft zu Grunde gerichtet werden sollte. Eine neue Pferdebahnlinie, welche vom Kriminalgericht-, Moabit   durch die Paulstraße, Lutherbrücke, Potsdamer Thor Königgrätzerstraße, Prinz Albrechtstraße, Zimmerstraße bis zur Lindenstraße geht, soll von der städtischen Verwaltung der Direktion der Charlottenburger   Pferdebahn- Gesellschaft ge- nehmigt worden sein. Ueber daö furchtbare Unglück auf der Stadtbahn wird uns geschrieben: Ohne dem Ergebniß der Untersuchung vor- greifen zu wollen, muß ich. auf grund genauester Erkundigung, meine Ansicht dahin aussprechen, daß in diesem Fall allerdings Niemanden die Schuld trifft". Ter Signalist, der die heran kommenden Züge zu benachrichtigen und die auf der Strecke Arbeitenden zu warnen hat, konnte das Zeichen nicht rcchtreilig geben, weil er durch den von einer Lokomotive ausgelassenen Dampf daran verhindert war, den nahenden Zug zu sehen. Und daß der Dampf an dieser Stelle ausgelassen wurde, war vorschriftsmäßig. Wie gesagt, dieses Urtheil ist nur ein vor- laufiges. Aber auch wenn es durch dieUntersuchungbestätigt wird.so drängt sich die Frage aus: Ist es nicht möglich, ab- olute Garantie gegen die Wiederkehr ähn- icher Katastrophen zu schassen? Wenn nicht, dann wäre es unverantwortlich, überhaupt noch derartige Arbeiten während des Betriebs vornehmen zu lassen Wir glauben, daß bezüglich des Tampfablassens Vorschriften ge macht werden können, die hinreichende Sicherheit gewähren. Das muß aber auch sofort geschehen. Die Verunglückten bezogen einen Tagelohn von 2 M a r k ünfzig Pfennig. Und dieser Bettel für eine unentbehr- liche und lebensgefährliche Arbeit! Daß die Eisenbahn- Ver- wallung für die H i n t e r b l i e b e n e n ausgiebig sorge, dar- über hat das Publikum zu wachen, und vor allem die Sozial- demokratie. Theaternoth. Der Selbstmord des Direktors Lüpschütz soll haupsächlich seine Ursache darin haben, daß das Polizeipräsidium von diesem Herrn als künftigen Leiter des Barnay-Theaters eine ehr beträchtliche Kautionssumme verlangte. Es ist, wie es heißt, dem mittellosen Herrn Lüpschütz nicht möglich gewesen, diese Kaution man spricht davon, daß 200000 M. gefordert sind auszutreiben und die Verzweiflung über die Geldsorgen ließ den Direktor zum Revolver greisen. Ter Fall ist an sich ja gewiß sehr tragisch und so sehr wir das Geschick des unglücklichen Selbst- mörders bedauern, so können wir doch nicht in die Anklagen ein- stimme», die namentlich von der Börsenpresse aus Anlaß dieses § alles gegen die Polizei erhoben werden. Auf keinem rwerbsgebiete ist es wohl fragwürdiger, namentlich um die Existenz der unteren Angestellten bestellt, als auf dem des Theaters und wenn die Polizei den Beruf in sich fühlt, Garantien für die finanzielle Sicherheit eines solchen Be- triebes zu forder», so ist ihr dies gewiß nicht zu verdenken. Schon oft genug hat sich übrigens herausgestellt, daß im Theater- wesen von Geldmänner» in ähnlicher Weise mit vorgeschobenen Slrohfiguranten operirt wird, wie wir dies z. B. im Bauwesen sich tagtäglich vor unsern Augen abspielen sehen. Die traurige Lage der Bühnenangestellten ist gerade gelegen!- lich des in diesen Tagen erfolgten Krachs des Viktoriatheaters wieder blendend in die Erscheinung getreten. Ueber die traurigen Zustände in diesem Theater bringt dieVossische Ztg." einen Bericht, dem wir folgende Einzelheiten entnehmen: Tie am 1. d. M. für die zweite Hälfte des Monats Februar fälligen Monatsgagen sind zum größten Theil nicht gezahlt worden. Das Orchester- und Theaterpersonal verlangte bereits am Sonntag Abend stürmisch die fälligen Gagen, ein Theil der Balleteusen verweigerte im zweiten Ballet mitzuwirken und konnte nur da- durch beschwichtigt werden, daß eine kleine Theilzahlung gewähr- leistet wurde. Der gestrige Abend führte zum Eklat. Es er- schien vor Anfang der Vorstellung, die erst um 8 Uhr anfangen konnte,«in Herr auf der Bühne, der unter Beistand des Herrn Oberinspektors Clausius erklärte, daß er die finanzielle Regelung und die Weiterführung des Theaters übernehmen würde, er bitte indeß um eine Bedenkzeit von zwei Tagen, um genaue Einsicht in die Bücher zu haben; diese sollen jedoch derart ge- führt sein, daß ein Durchfinden schwer möglich sein wird. Die Vorstellung fand nun statt, und nach veren Schluß erklärte der Miteigenthümer des Grundstücks Herr Sternheim dem Personal, daß er mit Herrn Bruckhoff die Direktion über- nehmen würde, falls die Angelegenheit nicht in zwei Tagen er- ledigt sei; es sollte alsdann das ganze Personal sich als weiter engagirt zu betrachten haben. Derschwer erkrankte" Direktor Litaschi soll sich in Wien   befinden. Gerade dieser Fall belehrt wohl darüber, daß die Polizei ihren sozialen Berus   durchaus korrekt erfüllt, wenn sie möglichst feste Garantien gegen Theaterkrachs verlangt; zum mindesten liegt solches mehr im öffentlichen Interesse, als z. B. die landes- üblichen Schuhriegeleien. mit denen Arbeiierorganisationen, die gegen lohndrückende Unternehmer kämpfen, heute wie ehedem noch vielfach bedacht werden. Keine unangebrachte Sentimen- talität! Ueber eine romantische Vergiftungsaffäre berichtet eine hiesige Lokalkorrespondenz folgendes: Am Sonnabend Abend be- suchte die am 2. September 1873 geborene unverehelichte Mar- garelhe Knispel, die bei ihren Eltern in der Müllerstraße 1o6d wohnte, mit ihrer jüngeren Schwester Marie und in Gesellschaft der Seestraße 16 wohnenden unverehelichten Luise Waldow einen Maskenball, den der RauchklubHolländer" im Wirthshause Feldschlößchen" in der Müllerstraße veranstaltete. Margarethe hatte das Kostüm einer schottischen Bäuerin angelegt. Als sie nun mit ihren Begleiterinnen den Saal betreten hatte, zuckte sie plötzlich zusammen, als sie in der EingangSthür zum Saal einen jungen Mann bemerkte. Gleich darauf stieß sie den Schreckens- ruf aus:Mein Gott, wenn er nur nicht hier ist!" Das sehr aufgeregte Mädchen tanzte nur einmal und verschwand dann aus dem Saal mit dem Versprechen, bis zum Contretanz wieder er- scheinen zu wollen. Wohin fie sich begeben hat, ist bis jetzt nicht aufgeklärt. Leute, die sich in dem Lokal aufgehalten haben, sahen aber gegen Mitternacht eine schottische Bäuerin an einem photographischen Schaukasten stehen, der am Lokal an- gebracht ist. Anscheinend hat sie dort eine Zusammenkunft gehabt. Etwa eine Stunde später wankte Margarethe Knispel in den Tanzraum zurück, suchte ihre Schwester auf, die sich umkleidete und erklärte in kurz abgebrochenen Worten:Marie, ich muß sterben; bringt mich sofort nach Haufe." Ties geschah denn auch, und das anscheinend schwerkranke Mädchen theilte zu Hause seiner Mutter mit:Er hat mir eine Oblate in den Mund 8eschoben; ich habe sie essen müssen untz muß sterben." Auf die rage der geängstigten Mutter, wer denn die Vergiftung aus- Seführt habe, antwortete Margarethe:Aergert mich mit solchen ragen nicht; ich antworte nicht darauf." Am Sonntag Nach- mittag um 2 Uhr verstarb das junge Mädchen unter Verglftungs- erscheinungen. Noch in der Nacht bezw. am Morgen wurden zwei Aerzte hinzugezogen, deren Ansicht über den Vorfall noch nicht bekannt ist. Frau Krispel hat nun sofort dem 57. Polizeirevier Anzeige erstattet. Daraufhin ist die Leiche der Verstorbenen mit Beschlag belegt und nach dem Schauhause gebracht worden. Es heißt, Margarethe Knispel habe vor einiger Zeit ein Liebes- verhältniß mit einem Schlächtergesellen unterhalten, aber aus Veranlassung der Mutter vor kurzem gelöst. Aus diesem Anlaß soll der junge Mann die Aeußerung gethan haben:Margarethe gönne ich keinem Anderen, es passirt noch ein Unglück." Diese Worte bringt die Mutter mit dem räthselhaften Vorgang in Zu- sammenhang. Den Namen des Mannes zu nennen verbietet das Dunkel, das noch über dem Hergange schwebt, und es muß zu- nächst noch mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß die roman- hast klingenden Angaben sich durch Thatsachen nicht erweisen lassen. Jedenfalls aber muß erst das Ergebniß der gerichtsärzt- liehen Leichenöffnung abgewartet werden. Zlus der Gesellschaft. Eine eigenartige Liebes- und Heirathsgeschichte weiß eine hiesige Lokalkorrespondenz zu be- richtet. Sie lautet: Ein- seltsame und keineswegs erfreuliche Ueberraschung wurde dieser Tage der Besitzerin zweier der schönsten Palais unserer Stadt zu Theil. Die Dame, eine Wittwe in den besten Jahren, hatte vo« kurzem wieder geheirathet, und zwar einen Mann, der um einiges jünger ist als sie selber. Nach den Flitterwochen mußte die Dame in Familienangelegenheiten Berlin   auf kurze Zeit verlassen und legte ihre Geschäfte ver- traue-voll in die Hände ihres Gatten. Als sie nach einiger Zeit zurückkehrte und in ihre Wohnung treten wollte, fand»e dieselbe verschloffen und kein Mensch machte ihr aus. Von böser Ahnung getrieben, ließ sie die Wohnung gewaltsam öffnen, und nun bot sich ihr ein unerwarteter Anblick. Die Wohnung war vollständig ausgeräumt; ja,� selbst die in die Wände eingelassenen kostbaren Büffets waren aus denselben herausgebrochen. Dieser Entdeckung folgte die noch weitaus ärgere, daß der saubere Herr Gemahl die Miethszinse einkassirt hatte, mit denselben verduftet war und nebstbei auch vergessen hatte, seinen Auftrag auszuführen und die alligen Hypothekenzinsen zu bezahlen, so daß die Gläubiger bereits ihre Rechte geltend machten und die Paläste von dem Schicksale der Subhastation bedroht sind. Damit nicht genug, wurde die Frau plötzlich zum Untersuchungsrichter vorgeladen. dort über ihren Herrn Gemahl eingehend befragt und dieser ihr als Untersnchungsgefangener gegenübergestellt, da von dritter Seite eine Betrugsanzeige gegen ihn eingelaufen war. Die uu- glückliche Frau hat nun alle Schritte eingeleitet, um sich von hrem Mann scheiden zu lassen. Das Seltsamste aber ist, dag die Frau vor ihrer Lerheirathung wiederholt vor dem Manne gewarnt worden war." Der liebe Ahlwardt ist am Dienstag Mittag aus Plötzen- /ee entlassen worden. Es hatten sich, wie eS heißt, des schlechte» Wetters wegen, nur etwa sechs Mann in einem in der Nahe der Bastille belegenen Restaurant eingesunden, allwo dem übrigens gleich einer Rose blühenden Rektor aller Deutschen   ein Knüppel mit dem Bildniß des ollen ehrlichen Seemann verehrt wurde. Als sich später niehr Gesinnungsgenossen zusammengefunden halten, marschirte man im Gänsemarsch nach den Germania  « älen. Dort wurde der Nachmittag mit dem üblichen anti- emitischen Hokuspokus ausgefüllt. Erwähnt zu werden verdient noch, daß auS nicht ersichtlichen Gründen vor dem Ge- fängniß in Plötzensee zur Mittagszeit eine Anzahl Gendarmen aufgestellt war. Im Anschluß an diese Mittheilung ei bericktet, daß der technische Direktor der Löwe'schen Gewehr- abrik, Oberstlieutenant a. D. Karl Kühne, gegen den Ahlwardt hauptsächlich seine Angrifft in den Judenflinten gerichtet hat. am 2. d. M. gestorben ist. Unsere preußische Vereins- und Versammlungsfreiheit. Am 10. Dezember v. I. fand in Reinickenderf eine öffent- liche Versammlung von Frauen und Männern statt; i» derselben wurde ein Statutentwurf für einen zu gründenden Frauen- und Mädchen-Bildungsverein berathen, die Statuten zenehmigt und ein provisorischer Vorstand gewählt. Der Vor- tand schickte der zuständigen Behörde ein Exemplar der Statuten ein. Der nur aus Frauen bestehende provisorische Vorstand sah davon ab, bevor er die Statuten zurückerhalten hatte, eine Vereins- Versammlung einzuberufen. Um aber die Agitation unter den Frauen nicht einschlafen zu lassen, berief Frau Noack als Vorsitzende eine öffentliche Versammlung von Frauen»nd Männern auf Sonntag, den 7. Januar d. I. ein. Am 2. Februar er. hielten die Vorstandsmitglieder, sowie die 7 Frauen, die als Mitglieder in den Verein eingetreten waren, der noch keine Ver- ämmlung abgehalten hatte, sowie die Referentin der Versamm- lung vom 7. Januar 1894. Ottilie Baader  , mit Mittheilung der behördlichen vorläufigen Schließung des e r e i n S auch zugleich Anklagen und zwar unter der Firma Noack und Genossen. Angeklagt war der Borstand und die leben Mitglieder wegen Vergehens gegen das Vereinsgesetz ßß 8, U, 16 und die Referentin jener öffentlichen Versammlung wegen j 130 des Etr.-G.-B. Aufreizung verschiedener Bevöllerungs- ! lassen zu Gewaltthätigkeiten. Ein Bergehen gegen das Vereins- gesetz wird darin erblickt, daß die Bereinsvorsttzende eine öffent- liche Versammlung einberufen hat und weil aus Aeußerungen einiger Genoffen,der Verein bezwecke die Aufklärung über die geschäftliche Lage der Frauen" zu schließen sei, daß der Verein politische Zwecke verfolge. Durch daS Platzen eineS DampfkeffelrohrS ereignete sich am Montag Abend gegen 6 Uhr im Z entr a l h o t el«in