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S e m 8 a t S Rede weist auf eine stärkere Opposition hin, als sie der publizierte Debattebericht sichtbar macht. Abgesehen von dem anmaßenden Ton gegen die deutschen   Sozialdemokralen ist die Rede durch ihr der Partei auferlegtes Schweigegebot gegen- über der Jnlandpolitik charakterisiert. Dem entspricht, daß die Parteikonferenz, hier in der Konföderation der Gewerkschaften ungleich, nicht einmal die von der liebedienerischen französischen   Regierung verfügteGolos'-Unterdrüdung verurteilte und über Burtzew schwieg. Dieser neue Kurs findet Anerkennung in einem Leitartikel des von Rußland   bestochenenFigaro", der Sembat beglückwünscht und sagt, man könne nicht besser seiner eigenen Partei antworten. Im Ganzen müsse man konstatieren, daß die Soziali st en nach vergeblichen Versuchen, den Krieg ihrenr Programm anzupassen, dabei sind, ihr Programm dem Krieg anzupassen. * DerBerner Tagwacht" entnehmen wir folgendes: Die Verhandlungen wurden mit einenr langen Bericht des Parteisekretärs D u b r e u i l h eingeleitet. Er gab einen allgemeinen Ueberblick über die Entwicklung der Parteiverhältnisie seit Beginn des Krieges. Der Bericht verweist auf die Anstrengungen I a u r 6 S, um den Krieg zu verhindern. Jaurss versuchte nicht nur auf die französische   Regierung einzuwirken, er verlangte von ihr auch, daß sie Rußland   zur Mäßigung zwinge. Das erst unlängst veröffent- lichie Telegramm des Zaren an Kaiser Wilhelm  , worin vor- geschlagen wurde, es sei der österreichisch- serbische Konflikt dem Haager Schiedsgericht zur Erledigung zu überweisen, ist auf die Intervention von Jaurös zurückzuführen. Vor seinem Tode habe Jaurss die Auffassung gehabt, daß, wenn trotzdem der Krieg ausbrechen sollte, weder die sozialistische Partei Frankreichs  noch das französische   Volk oder seine Regierung irgendwelche Ver- antwortung treffe, da diese alles getan hätten, um eine friedliche Losung des Konfliktes zu erzielen. D u b r e u i l h verteidigte die Haltung der französischen   Partei mit dem Hinweis auf das auch von der Internationale anerkannte Recht der nationalen Verteidigung. Aus Verlangen der sozialdemokratischen Partei hätte die französische   Regierung vor Ausbruch des Krieges, als Deutsch- land bereits aggressiv vorging, die Truppen acht Kilometer von der Grenze zurückgehalten, um Zusammenstöße zu vermeiden. Nachdem noch bekannt wurde, daß Deutschland   die Neutralität Belgiens   und Luxemburgs   verletzte, hätte die sozialistische Kammer- gruppe nichts anderes tun können, als den Kriegskredlten zu- zustimmen. Schon am 3. August wurde der Partei vorgeschlagen, B e r- t r e t e r i n d a s M i n i st e r i u m der nationale» Verteidigung zu entsenden. Die Partei lehnte das ab. Erst zwei Wochen später, als der Feind gegen Paris   marschierte, habe man sich dazu verstanden. Der Schritt sei nötig gewesen, um nach außen zu manifestieren, daß das französische   Volk einig sei in der Abwehr der drohenden Gefahr. Zudem aber sei der Eintritt der Genossen G u e s d e und S e m b a t eine gewisse Garantie für die richtige Durchführung der nationalen Verteidigung und eine Sicherheit gegen- über reaktionären Versuchen, die die Republik   und die demokratischen Rechte des Volkes in Gefahr setzten. In der Nachmittagssitzung ergriffen zunächst die Delegierten der Provinzorganisationen das Wort. Ein Teil von ihnen, obschon er der außerordentlichen Lage Rechnung trug, wandte sich gegen die Politik der Partei und warf die Frage auf, ob nicht eine Umkehr am Platze wäre, der über- wiegende Teil aber billigte die Haltung der Partei und ihrer Ver- trcter. Darauf folgten die oben im Auszug wiedergegebenen Reden von Gucsde und Sembat. Ter Berichterstatter derBerner Tagwacht" bemerkt zum Schluß Wegen der vorgerückten Zeit wurden danach die Verhandlungen ab- gebrochen, nachdem noch über die Londoner   Delegation einige Mit- teilungen gemacht wurden. Was die offiziellen Funktionäre der Partei und die Vertreter anbetrifft, läßt sich zusammenfassend sagen, daß sie ebenso entschlossen sind zum Durchhalten wie die Wortführer ,>er deutschen   Sozialdemokratie....
das Bombardement von veurne  . Amsterdam  , den. Februar. fT. U.) Die Verlegung des belgischen Hauptquartiers aus Veurne war bereits «nitgeteilt worden. Nunmehr gibt der Berichterstatter derTijd  " in einem vom 8. datierten Brief auch die Gründe dafür an, ohne daß er ausdrücklich sagt, daß sie für die Verlegung des Hauptquartiers maßgebend waren. Seit 6 Wochen wurde Veurne   bereits bombardiert, es fielen 2, 3, mal S Granaten auf die Stadt, ohne viel Schaden zu verursachen. Doch seit der Nacht vom 22. Januar begann das Bombardement ein er n st Haftes Aussehen zu bekommen. Seit diesem Tage beschießen die Deutschen   die Stadt fortgesetzt. Der Seekrieg. Zum Handelskrieg durch Unterseeboote. Hamburg  , den 15. Februar. Das W o l f f s ch e Depeschen­bureau meldet: In den Kreisen der deutschen   Seeschiffahrt wird bemerkt: Bei der bisher seitens Englands geübten Praxis und bei seinem Interesse, Konflikte zwischen Deutschland   und neutralen Staaten herbeizusühren, ist es nicht ausgeschlossen, daß zur Erreichung dieses Zweckes ein oder mehrere neutrale Dampfer durch englische Unterseeboote absichtlich versenkt werden. Auch sind, soweit in diesen Kreisen bekannt wird, von England in großer Menge besonders Minen gegen deutsche Unterseeboote gelegt worden. Deutsche   Fach- Icute glauben, diese Gefahren müßten die Neutralen eindringlich darauf hinweisen, daS Kriegsgebiet zu meiden. SieTimes' über die neutrale Aaggenfrage. Amsterdam  , 15. Februar.(Privattelegramm des Vorwärts".) DieTimes" verteidigt die Hissung der Neutralfflaggen, bemerkt jedoch, daß auch die freundschaft- lichen Auseinandersetzungen mit Amerika   vermeidbar gewesen wären, wenn die Admiralität und das Auslandsamt besser zu- sanimengewirkt hätten. Es will uns nicht einleuchten, daß der Gebrauch der Neutralflagge, als die Admiralität ihn an- riet, plötzlich so dringend war, daß alle anderen Erwägungen zunichte gemacht wurden. Das Auslandsamt kann manche dieser Erwägungen besser beurteilen als die Admiralität. Ein fortdauerndes Zusammenwirken ist zur Vermeidung böser Schnitzer notwendig. Diesmal ist nichts Ernstes passiert und wird wahrscheinlich nicht passieren, aber der Zwischenfall ist eine gute Lektion. DieLusitamV unter englifther flagge. Loudou, 15. Februar.(W. T. B.) Meldung des Reuterschen Bureaus. DieLusitania  " ist am Sonnabend von Liverpool   unter englischer Flagge ausgefahren.
/Auszeichnung öer Neft-Desatzung derEmden  '. Berlin  , 15. Februar.(W. T. B.) Dem bisherigen Kom- Mandanten S. M. S.Ayesha", Kapitänleutnant v. Mücke, ist das eiserne Kreuz erster Klasse und der ganzen Besatzung des Schiffes das eiserne Kreuz zweiter Klasse verliehen worden. Der Krieg und Sie Kolonien. portugiejische Verstärkungen für /Angola  . London  , 15. Februar. Nach einer Blättermeldung aus Lissabon   ist am 3. Februar eine neue Expedition von dreitausend Mann nach Angola   abgegangen. Da die Deutschen   aus Angola   sich zurückgezogen haben, läßt die Vermehrung des Effektivbestandes, so sagt das Blatt, darauf schließen, daß die Portugiesen die Offensive gegen Deutsch  -Südwcstafrika ergreifen wollen. Diese Nachricht wird in Deutschland   mit ebensoviel Zweifel wie Ruhe aufgenommen werden.(W. T. B.) Der türkische   Krieg. Englische Befürchtungen. London  , 13. Februar.(T. U.) Nach Depeschen aus Aden liegen dort eine Reihe englischer Transportschiffe aus Indien   und Australien  seit einigen Tagen fest. Es scheint, daß man aus irgendwelchen Gründen die Weiterfahrt nicht für sicher hält. Die Truppen auf den Transportschiffen sind zum größeren Teile für Aegypten  , zum kleineren, für den westlichen Kriegsschauplatz bestimmt. Die Garnison von Aden, die in den letzten Monaten sehr verstärkt worden ist. befindet sich in ständiger Alarmbereitschaft angesichts der feindseligen Haltung der Eingeborenen gegenüber den Engländern. Türtisthe Erfolge in Mesopotamien  . Konstantinopel  , 13. Februar.(W. T. B.) DieAgence Milli" erfährt aus Bagdad  : Vorgestern fand zwischen den B o r p o st e n d e s Ii n ken rki s ch e n Flügels und englischer In- fanterieund Kavallerie ein Zusammen st otz statt; die englischen Truppen zogen sich unter Zurücklassung von 17 Toten auf dem Kampfplatz zurück. Auch den Truppen des rechten türkischen  Flügels gelang es trotz des feindlichen Geschütz- und Maschinen- gewehrfeuers, bis an den Dattelwald bei K o r n a heranzukommen. Der Feind ist vollständig demoralisiert. Die Türken hatten nur fünf Verwundete. Bei anderen Angriffen gelang eS den Türken, die kleine Festung P i r i n d i zu besetzen. Dabei sind ihnen 500 Kamele als Beute in die Hände gefallen. Zu den marokkanifcken Kämpfen. Rabat  , 18. Februar.(W. T.©.) Meldung der Agence Hadas. Im Susgebiet hat ein Marokkanerführer, welcher unter den Tschubastämmen die Ruhe wiederher st ellen sollte, einen glänzenden Erfolg erzielt, der beinahe eine gänzliche Unterwerfung der Aufständischen herbeigeführt hat. öuögetkommWon«--preußischen Mgeorönetenhauses. Berlin  , 13. Februar 1S13.(SB. T. B.) In der heutigen Sitzung der verstärkten Budgetkommission wurde die Besprechung der wirtschaftlichen Kriegsmaßnahmen fortgesetzt. Ein Kommissionsmitglied weist darauf hin, daß die wirtschaftliche Mobilmachung nicht rechtzeitig eingeleitet sei, man habe drauflos gelebt, auch nicht überall die nötige Beweglichkeit zur Förderung der Einfuhr gezeigt. Wegen der Kartoffeln sei eine mäßig« Preiserhöhung gerechtfertigt, weil dieselben durch die Lage- rung an Gewicht verlören. Bau von Gemüse und Frühkartoffeln sei zu fördern, vielleicht unter Garantie eineö Mindestpreises. Für den Ausgleich zwischen Osten und Westen müßten die Verkehrsmög- lichkeiten verbessert werden. Den Flockenfabriken für Hafer und Gerste müsse die Möglichkeit der Betriebsfortsetzung gewährt werden. B., der Verteilung von Brot möge nicht zu schematisch vorgegangen werden. Man müsse für die Aufrechterhaltung schwächerer Existen- zen nach dem Kriege Sorge tragen. L.in anderes Mitglied bemerkte, bedauerlich sei die lange Auf- rccyterhaltung des Schlachtverbots geivesen. Für die Festlegung der inländischen Futtermittel müsse gesorgt werden, auch müßten für die Verteilung angemessene Preise bestimmt werden. Besondere Sorgfalt sei durch die örtlichen Behörden darauf zu verwenden, daß keine Getreidevorräte verdürben. Die Unterverteilung werde niafl erhebliche Schwierigkeiten verursachen, in einzelnen Gegenden sei sie schon seit längerer Zeit organisiert. Die Anordnung der Be- schaffung von Dauerware von Schweinen sei zweckmäßig, man müsse dafür sorgen, daß möglichst alle schlachtbaren Schweine unter wirt- schaftlicher Ausnutzung geschlachtet würden, natürlich unter Er- Haltung der Zuchttiers. Ein weiteres Mitglied der Kommission hob die Bedeutung des Hafermehls für die kleinbäuerlichen Besitzungen hervor, es werde dort viel für die Ernährung der Bevölkerung ge- braucht, ferner die Notwendigkeit an Rindviehgespann und Zucht- kälber Hafer zu füttern. Für den Winzerstand müsse Kupfervitriol beschafft, auch der Absatz der großen lagernden Weinvorräte ge- fördert werden. Der Arbeitermangel sei tunlichst durch Beur- laubungen zu mildern. Die höheren Betriebskosten der Landwirt- schaft seien ausreichend zu berücksichtigen. Ein Kommissionsmitglied bemerkte, ein übereilte? Abschlachten ohne genügende Konservierungsmaßregeln sei zu ver- meiden. Bei den Konservenfabriken müßten die notwendigen Hilfskräfte und das Material für die Büchsen belassen werden. Ausreichende Kartoffelpreise wirkten zugunsten der Abschlach- tung. Besondere Berücksichtigung erfordere die Erhaltung der Landespferdezucht. Ein anderes KommissionSmttglied faßte die Punkte zusammen, in denen nach seiner Auffassung Einverständ- nis vorhanden sei. In der Frage der Wirtschaftspolitik bewnte der Redner, daß er und seine Freunde fteihändlerisch im Sinne einer internationalen Arbeitsteilung lediglich nach Matzgabe der Pro» duktionskosten nicht seien. Sie hätten für die Handelsverträge und für Erziehungszölle gestimmt. Die Meinüngsverschieden- heiten bezögen sich auf einzelne Zollsätze und sonstige Bestimmun- gen. Man möge eine Frage des Matzes und Grades nicht zu einer Frage des Prinzips machen. Hierauf antwortete der Unter st aatssekretär im Finanzmini st erium auf eine Reihe von' Anfragen und An- regungen einzelner Vorredner. Er wies auf die großen Schwierig- leiten hin, die den Kommunalverbänden aus der Aufgabe er- wüchsen, die Verteilung der Vorräte unter die Konsumenten durch- zuführen, vor allem, sie gerecht durchzuführen. Jeder Durch- schnittsbetrag berge die Gefahr der Verschwendung in sich und mache Ungerechtigkeiten unvermeidlich. Es werde die schwere Aufgabe der Kommunen sein, nach Möglichkeit auszugleichen. Die Kommunal- verbände seien mit der Verteilung der ihnen zugewiesenen Vor- räte ja nicht gebunden. Für die Anregung mehrerer Vorredner, die Stellung des Leiters der Kriegsgetreidegesellschaft unabhängi- ger zu machen, sei er dankbar. Auch er halte es für erforderlich, die Zentrale stark und unabhängig zu machen, und andererseits
würde er gern dazu beitragen, durch Bestellung von Bezirkssach- verständigen, tunlichst auch aus landwirtschaftlichen Kreisen, dafür zu sorgen, daß das Verständnis der schweren Aufgabe der Kriegs- getreidegesellschaft in alle Kreise dringe. Ein Kommissionsmitglied besprach des näheren die Kartoffelversorgungsfrage. Auf einige Anftagen von Vorrednern erwiderte der Land- wirtschaftsminister darüber, ob Futtermittel zu beschlag- nahmen seien, schwebten Verhandlungen. Die Bezugsvereinigung deutscher Landwirte setze die Preise der aus dem okkupierten Feindesland stammenden Zuckerrübenschnitzel nicht willkürlich fest, sondern sei an vereinbarte feste Preise gebunden. Bezüglich der Kartoffeln sei eine Bestandsaufnahme außerordentlich schwer und ein Ergebnis unsicher. Richtiger erscheine die Erhöhung der Preise für Speisekartosfeln. Wegen verstärkten Anbaues von Frühgemüse seien die Landwirtschaftskammern mit Anweisung versehen. Schlachtungen von Schweinen seien in Preußen in der Zeit vom 1. Dezember 1914 bis 1. Februar 1913 schätzungsweise zirka 4,3 Millionen vorgenommen worden. Der demnach verbleibende Bestand von zirka 13 Millionen sei für Preußen noch reichlich hoch und vertrage eine mäßige Verr-nge- rung, ohne daß man für die Schweinezucht als solche Befürch- tungen zu haben brauche. Die Maul- und Klauenseuche babe sich leider infolge des Krieges stark vermehrt. Die Bekämpfung sei wegen der Einberufung zahlreicher Veterinär- und Polizeibeamter leider nicht so möglich, wie in Friedenszeiten. Ein Kommissionsmitglied machte darauf ausmerk- sam, daß die Bergarbeiter kein warmes Essen in der Grube er- halten könnten; das möge bei der Brotverteilung berücksichtigt werden. Dazu machte der H a n d e l s m i n i st e r darauf aufmerksam, daß die Kommunalverbände die Möglichkeit hätten, schwer arbei- tenden Männern, so auch den im Bergbau tätigen, nach Bedarf auszuhelfen. Nächste Sitzung Dienstag 11 Uhr: Soziale Kriegs- fürforge in Verbindung mit dem Gesetzentwurf über Beihilfen zu Kriegswohlfahrtsausgaben.
Die Lage im fernen Osten. Die politisch höchst bedeutsamen Forderungen Japans  an China  , die vor einigen Tagen von dem Moskauer Blatte R u ß k o j e S I o w o" gemeldet und inzwischen in einem Pekinger   Telegramm der Londoner  Time s" bestätigt wur- den, sind von der Petersburger Diplomatie mit ziemlich ge- mischten Gefühlen aufgenommen worden. Allerdings meldet die PetersburgerN e t s ch", nach Ansicht autoritativer russi- scher Diplomaten gingen diese Forderungennicht über die Grenzen der jetzt bestehenden japanisch-chinesischen Be­ziehungen hinaus". Diese Forderungen bezögen sich auf Ge- biete der chinesischen Republik, die außerhalb der Sphäre des russischen   Einflusses stehen, und deshalb sehe die Petersburger Diplomatie sichzurzeit nicht veranlaßt, sich durch die japa- nisch-chinesischen Beziehungen ablenken zu lassen, uin so mehr als volle Sicherheit bestehe, daß Japan   von China   voll- kommene Genugtuung erhalten werde". Bei aller Vorsicht der Wendungen tritt in dieser offiziösen Notiz eine starke Beunruhigung hervor. Weit schärfer äußert sich natürlich die unabhängige Presse, deren schroffen Ausfällen gegen Japan   was besonders charakteristisch ist die russische   Zensur keine Schwierigkeiten in den Weg legt. Uns liegt als eine der bedeutsamsten Kundgebungen in dieser Frage ein Artikel der liberalen Moskauer Zeitung ,.R u ß k i j a W e d o m o st i" vor, den wir in Anbetracht der Wickitigkeit der erörterten Frage in seinen wesentlichsten Teilen wiedergeben. Vorausgeschickt sei, daß der Artikel ge- schrieben wurde, bevor noch die Bestätigung der ersten Nach- richt über die japanischen Forderungen vorlag. Wenn das Blatt eines der führenden Organe des russischen Liberalis- mus trotzdem die heftigsten Angriffe gegen das verbündete Japan   richten durfte, so ist das für die politischen Stiiil- mungen in Rußland   sehr bezeichnend. Es ist kaum anzunehmen schreibt das erwähnte Blatt< daß Japan   selbst bei den jetzigen äußerst günstigen Verhältnissen hoffen kann, China   mit einem Schlage in eine Abhängigkeit von sich zu versetzen, in der etwa Aegypten   sich von England befindet. Trotz- dem bedeutet die Verwirklichung der japanischen Forderungen die Einführung eines japanischen Protektorats über China  .... Japan   nimmt zurzeit im fernen Osten eine ausschließliche Stellung ein. Der Gang des Weltkrieges gab ihm die Möglichkeit» seinen stärksten Konkurrenten, Deutschland  , aus China   zu ent- fernen; das Bündnis mit den Dreiverbandsmächten, die mit den europäischen   Angelegenheiten zu sehr beschäftigt sind, schützt es davor, daß Rußland  , England und Frankreich   seinen aggressiven Plänen entgegenwirken könnten. Noch nie hatte Japan   in seiner chinesischen   Politik so sehr freie Hand wie heutzutage; möglich, daß ein solcher Augenblick nie mehr wiederkehrt. Es versteht sich von selbst, daß Japan   diese günstige Konjunktur ausnutzt und das Maximum von Vorteilen für sich herauszuschlagen sucht. Deshalb können bestimmte Punkte des japanischen Programms gegenüber China   sich sehr bald in positive Forderungen verwandeln(dies ist laut der Meldung derTimes" bereits geschehen. D. Red.j, die durch unzweideutige Drohungen bekräftigt werden. Aus diesem Grunde muß daS Programm Japans   einer aufmerksamen Prüfung unterzogen werden. Japans   Ansprüche können in zwei Gruppen geteilt werdet!: in allgemeine und speziell«. Die letzteren beziehen sich auf bestimmte Gebiet« Chinas  , die Japan   in seine Einflußsphäre einbezieht. Die allgemeinen Ansprüche beziehen sich auf China   als Ganzes. Japan  erhebt Ansprüche auf drei Gebiete: die frühere Einfluhsphäre Ruß- l a n d s, aus der es 1994/95 verdrängt wurde, die bisherige Ein- flußsphäre Deutschlands   und endlich die Gebiete in der Näh« der Insel Formosa, die Japan   schon im Jahre 1895 China   fort- genommen hat. Japan   sucht demnach sein« Stellung sowohl in N o r d ch i n a(Südmandschurei, Ostmongolei) und M i t t e l ch i n a (Schantung). als auch in Südchina(Fudsian, Tsjanfi, Hunan  ) zu festigen. Sie beansprucht in den erwähnten Gebieten für die Japaner das Siedelungs- und Handelsrecht, daS Recht der Er­werbung von unbeweglichem Besitz, die Uebergabe der Bergwerke, Eisenbahnlinien, Jndustriekonzessionen, das ausschließliche Recht der Erbauung neuer Bahnen usw. Japan   will sich, mit einem Wort, die Möglichkeit der wirtschaftlichen Ausbeutung eines be- deutenden Teiles der chinesischen   Küstengebiete sichern und verlangt zu diesem Zweck, daß die Japaner zum Teil in eine privilegiert«, zum Teil sogar in eine Monopolstellung versetzt werden. Die angeführten speziellen Forderungen sind an sich schon sehr ernster Natur. Ihr« Verwirklichung würde den größten Teil Chinas   unvermeidlich in ein« japanische Kolonie ver- wandeln. Aber die allgemeinen Forderungen Japans   gehen noch weiter und verwandeln die politische Unabhängigkeit Chinas   cke kacto in eine Fiktion. Bei der Durchficht dieser Forderungen er- innert man sich unwillkürlich an die e n g li sch- ä g y p t i sch e n Beziehungen. Möglich, daß sie den japanischen Politikern sogar als Muster vorgeschwebt haben. Laut der Pekinger   Meldung verlangt Japan   von China  : daß japanische Räte« das Ministe-