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Ms Groß-Serlin. Heüenkliche Praktiken. In den Lchulen. besonders in den höheren, werden seit einigen Wochen die Schüler aufgefordert, Goldstücke bei ihren Angehörigen und Verwandten zu sammeln und gegen Um- wechslung abzuliefern. Niemand wird dagegen etwaL   einzu- wenden haben. Und es sind auch bereits ganz beträchtliche Summen in Gold auf diesem Wege zusammengebracht und der Reichsbank abgeliefert worden. Der Sammeleifer der Schüler darf aber in keinem Falle angeregt und angereizt werden durch Mittel, die aller Päda- gogik und auch den Unterrichtszwecken der Schule wider- sprechen. Kommen da dieser Tage meine Buben aus der Schule heim und noch vor dem üblichen Tagesgrutz riefen beide, wie auZ einem Munde: Vater, hast Du Gold? Gib uns doch alle Goldstücke für die Schule!" Ich muhte lächeln über die kindliche Naivität, die in dieser Frage und Bitte lag. Mein Gott, als wenn heutzutage ein Schriftsteller, der vor allem das Menschliche betont, noch Gold im Hause hätte! Er ist herzlich froh, wenn sich einmal ein kleiner Papierschein oder ein Silberling in seine Tasche verirrt. Aber ich fragte trotzdem meine Buben: Was will denn Eure Schule mit dem Gold?" Das wird alles abgeliefert," antworteten sie,alles kommt in die Reichsbank. Und wer sein Gold nicht hergibt, der hat nur Schaden, sagt der Herr Lehrer; denn vom 1. März an gibt es für jedes Goldstück zwei Mark weniger. Wer aber jetzt es abliefert, der kriegt noch zwanzig Mark". So?" sagte ich,hat das wirklich Euer Herr Lehrer gesagt?" Ja", antworteten beide fest,er hat es gesagt". Ich fand das bedenklich, daß den Kindern ein derarttger, vollkommen verkehrter Grund angegeben wurde, um die Gold- stücke bei den Eltern, Verwandten und Bekannten locker zu niachen. Der augenblickliche Zweck mag ja damit erreicht werden; aber es wird dadurch auch Unsicherheit und Beunruhigung ins Volk getragen. Ich behielt natürlich, um die Autorität des Herrn Lehrers bei meinen Buben nicht zu erschüttern, diese Gedanken für mich. Der jüngere meiner Buben schmeichelte:Vater, gib mir doch ein Goldstück mit. Weißt Du, wenn ich eins mitbringe, dann brauche ich an dem Tage keine Schularbett zu Haus machen." Und der ältere fiel ein:Ja, und wer das meiste Gold mitbringt, der kriegt eine ganze Woche keine Schul- arbeit auf!" So?" sagte ich wieder.Und wer hat denn das gesagt?" Der Herr Lehrer!" bestättgten alle beide.Wer ein Goldstück mitbringt, kriegt für einen Tag keine Schularbeit auf, und wer das meiste mitbringt, braucht die ganze Woche keine Schularbett machen. Gib uns doch ein Goldstück mit. Weißt, wir gehen dann noch---" Und sie wollten zu einer Reihe von Bekannten gehen und um Goldstücke bitten. Das machte mich wieder sehr bedenklich. Also ein Schüler, dessen Eltern, Angehörige und Bekannte so glücklich sind, noch recht viele Goldstücke auf Lager zu haben, sollte den Vorzug erhalten nein, den Nachteil erleiden, einen Tag oder eine Woche die zum Unterricht so notwendigen Schulausgaben nicht machen zu brauchen! Ich hielt das für eine sehr unpädagogische Art, den Sammeleifer der Kinder anzureizen. Aber ich verbarg auch diese Gedanken meinen Buben und sagte ihnen nur: Na, die Schulaufgaben tuen Euch ganz gut und macht sie tmr immer ordentlich. Damit Ihr sie nicht machen braucht. deswegen gebe ich Euch keine Goldstücke mit. Aber Euer Vater hat auch gar keine Goldstücke, die lagern bei unS über­haupt nie lange und jetzt erst recht nicht. Seid froh, daß noch so viel da ist, daß es zum Leben langt; wie ich froh bin, daß ich das noch schaffen kann. Und da und da braucht Ihr auch nicht hinzugehen. Das sind alles Leute, bei denen auch Goldstücke keine lange Liegestatt haben." Und meine Buben waren still, setzten sich hin und machten ihre Schulaufgaben. Tie Stiederbarnimer Genossen und ihr Reichstags- abgeordneter. Jahre find es her, daß der Kreis Niederbarnim   einen Ver- tretcr der Sozialdemokratie in den Reichstag sandte. Nach einer alle Kräfte aufs äußerste anspannenden AgitationSarbeit gelang eS in der Stichwahl am 1. März ILA), den freikonservativen Kandidaten aus den: Sattel zu heben und dem sozialdemokratischen Kandidaten den Sieg zu verschaffen. Seit dieser Zeit ist der Kreis Nieder- bornim eiserner Besitzstand der Partei, und Genosse Artur Stadt- Hägen, der damals Gewählte, hat den Kreis 25 Jahre ununter- brochen im Reichstag   Vertretern Zwar ist die jetzige Zeit zu Feiern nicht angetan, allein unsere Niederbarnimer Genossen glaubten doch, diesen Zeitabschnitt und zugleich das Parlamentsjubiläum ihres Abgeordneten nicht ganz sang« und klanglos vorübergehen lassen zu sollen. Und so hatten sie zu Sonntag eine Zahl tätiger Genossen des Kreises nach dem Cafe Bellovue in Stralau-Rummels- bürg geladen, um in Gemeinschaft ihres Abgeordneten der Zeit vor 25 Jahren zu geoenten. Auch eine Anzahl Genossen, die vor 25 Jahren kräftig mitgewirkt hatten, waren der an sie gerichteten Einladung gefolgt, und es war eine Freude, zu sehen, wie herzlich diese alten Kampfgenossen, die sich oft 15 und 20 Jahre nicht ge- sehen, sich die Hände schüttelten. Nach einigen Begrüßungsliedern trat Genosse Paul Brühl an das Rednerpult und sprach zunächst einen Festprolog, der in Ernst und Sdherz des Wirken Staothagens zum Ziel hatte und von den Genossen mit verständnisvollem Schmunzeln quittiert wurde. Kaum gibt es in Deutschland   einen zweiten Kreis, wo der Ab- geordnete und die Genossen, so fest und einig aneinandergeschlossen, wie es in 25jähriger Frist der Fall von Niederbarnim   ist" war die Quintcssenz des Prologs. Dann würdigte Genosse Brühl   die Er- eignisse vor 25 Jahren, darauf verlveisend, welch große Opferwillig- keit damals von einer verhältnismäßig kleinen Zahl Genossen ge- übt wurde, wie sie alles daransetzten, um der Sache vorwärts zu helfen. In lebhafter Weise schilderte Brühl   die Wahttämpfe, die Agitation-- und Organisationsarbeit, welche die Genossen im Per- ein mit ihrem Abgeordneten durchgemacht haben, er erzählte von den Mühen und von der Kleinarbeit, an denen sich auch der Jubilar trotz seiner parlamentarischen und schriftstellerischen Tätigkeit stets beteiligt habe. Manches treffende Wort über den Kampf für unsere gerechte Sache wurde gesprochen, und weil eS von Herzen kam, ging es auch zu Herzen und löste freudige Zustimmung aus. Genosse Stadthagen   dankte. Er habe seinerzeit die Kan- didatur angenommen in der Meinung, ein Zählkandidat zu sein. TaS Wahlergebnis 1890 habe diese Meinung korrigiert. Siadthagcn plauderte aus den Wahlerinnerungen von 00, erinnerte au die
Blumberger Schlacht am März ZV und au die Art des bamakige» Wahlkampfes, wie manche Verfolgungen strafrechtlicher Natur gegen ihn aus Anlaß der Wahl unternommen wurden, und kam zum Schluß, daß die Arbeiterklasse noch große Aufgaben zu lösen habe, die aber nur durch Klarheit und durch Geschlossen- heit gelöst werden könnten. Und wieder stimmten die Genossen freudig zu. Der gesellig« Teil bot den Teilnehmern manch guten Genuß. Das Ebertsche Quartett verfügte über prächtige Stimmen und gute Vortragsweise. Genosse Falkenhahn paradierte mit einer klaren reinen Baßstimme und riß die Zuhörer hin. Um den Abend zu verschönen, hatten Genossen auL dem Kreise sich zur Verfügung gestellt. Der den Lichtenberger Freunden bekannte Genosse Kliem, jetzt in Chemnitz  , war zur Feier eigens hergeeilt, setzte sich in feld­grauer Uniform ans Klavier, um seinen Freund Küter-Karlshorst zu seinen der Stunde angemessenen volkstümlichen GesangSvor- trägen zu begleiten. Und alle, die an diesem Abend mitgew-irtt hatten, konnten nur einmütiges Lob entgegennehmen für die an- genehmen Stunsen, die sie den Teilnehmern bereitet hatten. Die ganze Veranstaltung war von einer Herzlichkeit und echt Partei- genüfsischem Geist durchzogen, daß man feine Freude haben konnte. Die Stunden verflogen zu schnell und heim ging es in dem Bewußtsein, daß die Niederbarnimer Genossen es verstanden hatten, zu zeigen, wie Treue um Treu  « geübt wird und wie Partei- arbeft auch Anerkennung findet. lieber den städtischen Kartoffelverkauf macht der Magistrat folgende Mitteilungen: Der städtische Kartoffelvertauf setzt« in der Woche vom 22. bis 28. Februar in den Markthallen in Mengen bis zu 20 Pfund, ins­gesamt 67 000 Zentner Kartoffeln an die Bevölkerung ab, d. i. unter Zugrundelegung einer Einwohnerschaft von 2 Millionen Menschen 'Shi Pfund pro Kopf. In Anbetracht dessen, daß ein erheblicher Teil der Berliner   Bevölkerung mit Kartoffeln auf längere Zeit versorgt ist. daß namentlich auch die Anstalten, Speisewirtschaften usw. ihre Kartoffeln von anderer Seite beziehen und daß auch in gewissem Umfange der frei« Handel in der letzten Woche schon nicht unbe- trächtliche Mengen Kartoffeln auf den Markt gebracht hat, ergibt stch ein ganz ungewöhnlich hohes Quantum. Es ist nur dadurch zu erklären, daß einmal das Publikum trotz der Beschränkung des Verkaufs auf ein Höchstquantum von 20 Pfund, durch mehrere Ein- kaufe eine größere Gewichtsmenge aus den städtischen Verkaufs- stellen sich zu verschaffen wußte, und andererseits daraus, daß in- folge völligen VersagenS einer öffentlichen Versorgung der Vor- »rte das Publikum aus diesen nach Berlin   strömte, um an den Einrichtungen der Stadt Berlin   teilzunehmen. In einzelnen Ver- kaufsstellen im Westen und Osten ist unzweifelhaft mehr an die Vorortbevölkerung als cm diejenige Berlins   verkauft worden. Ins- gesamt hat Berlin   in den letzten Wochen in den Markthallen im Kleinverkauf 161 000 Zentner Kartoffeln abgesetzt. Wenn neuer- dings auf Einrichtungen der Stadt Charlottenburg   als nadhahmenS- wertes Beispiel hingewiesen wird, so wird Berlin   sich diesem Vor- gehen schwerlich anschließen können. Die Versorgung der Klein- Händler in Ladengeschäften mit Kartoffeln von der Stadt verbot sich in Berlin   aus mehreren Gründen; einmal ist bei den großen Verhältnissen Berlins   eine Kontrolle über die Jnnehaltung der Verkaufspreise überhaupt nicht möglich, wollte sodann aber Berlin  , wie eS in Charlotienburg geplant ist, den Verkauf auf einzelne private Läden beschränken, so würde der Andrang zu diesen ein so starker gewesen sein, daß unzweifelhaft ein polizeiliches Einschreiten zu erwarten war, wie auch die Polizei den Verkauf in den Markt- hallen in den verflossenen Tagen mehrfach hat schließe» müssen. Endlich stand überhaupt nicht das nötige Fuhrwerk zur Verfügung, um das Abfahren von den städtischen Gütern an ein« größere Zahl von Verkaufsstellen zu bewirken. ES steht zu hoffen, daß alle bisher beklagten Uebelstände in der nächsten Zeit durch stärker« Zufuhren des privaten Handels nach Berlin   eine Abhilfe finden. In der zweiten Hälfte des Februar hat eine gewisse Knappheit an Kar- toffeln in der Reichshauptstadt immer bestanden, da in dieser Zeit die Vorräte in den Lagerkcllern zu Ende zu gehen pflegten und der Sandwirt vor Beginn des MonatS März die Kartoffelmieten nicht öffnen kann, da er anderenfalls wegen der Nachtfröste ein Ver- derben befürchten muß." Wenn die letzte Bemerkung zutrifft, so dürfte sie die Auf- Hebung der Höchstpreise im Kleinhandel besonders charakterisieren. Denn dann würde diese Aufhebung nicht den Zweck erreichen, näm- lich Kartoffeln zu beschaffen, allerdings zu höheren Preisen. Im übrigen wird im Publikum nicht allein über die Kartoffel- knappheit und Kartoffeltenerung geklagt, sondern auch über die Qualität ver Kartoffeln. Teuer und schlecht, dieser Wahrspruch kann auf die Kartoffeln angewendet werden. Die Hausfrauen klagen darüber, daß die Kartoffeln vielfach süßlich, fleckig und faulig sind, außerdem soll viel Schmutz mitgewogen werden, so daß in vielen Fällen der Abgang außerordentlich groß ist. Erst dieser Abgang zeigt, wie teuer heute schon der Genuß von Kartoffeln ist, und die Verfertiger billiger Kochrezept« tun gut, ihre Rezepte einer schleunigen Revision zu unterziehen.
Interpellation zur Kartoffelnot. Die sozialdemokratische Fraktion hat heute folgende Interpellation in der Berliner   Stadtverordnetenversammlung eingebracht: Welche Maßnahmen gedenkt der Magistrat zu treffen, um auf dem hiesigen Kattoffelmarkt der großen Preissteigerung entgegen- zuwirken, die. wie auch der preußische Ministerialerlaß vom 26. Fe­bruar d. I. anerkennt, zu einer Ausbeutung des Publikums ge- führt hat._ Neue Aufnahme der Mchlvorräte im Haushalt. Auf Gnind des§ 36k der Bekanntmachungen des Bundes- rates vom 23. Januar und 6. Februar 1915 wird mit Ge- nehmigung der Aufsichtsbehörde angeordnet: Bei Gelegenheit der Neuausgabe der Brotkarten für die 3. bis 6. Woche(8. März bis 4. April 1913) hat jeder Haus- haltungßvorstand auf dem ihm vom Hausbesitzer oder dessen Stellvertreter vorzulegenden Formular nach Matzgabe des Aufdrucks anzugeben, wieviel Mehl sich am 4. März 1915 morgens in seinem Haushalt befindet. Diese Erklärungspflicht erstreckt sich auf Mehl- mengen jeden Umfanges. Bäcker, Konditoren, Mehl- Händler usw. haben ebenfalls die für ihren eigenen Haus- halt bestimmten Vorräte anzugeben, nicht aber diejenigen, welche für ihren Gewerbebetrieb bestimmt sind. Die Hausbesitzer oder deren Stellvertreter haben die Quittung vollzählig und ausgefüllt spätestens am Montag. den 8. März 1915, in der Geschäftsstelle der zuständigen Brotkommission abzugeben. Wer diesen Vorschriften zuwiderhandelt, insbesondere die Angaben verweigert oder falsche Angaben macht, wird gemätz ß 44 der Bundesratsverordnung vom 25. Januar 1915 mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geldsttafe bis zu 1500 Mark besttaft._ Die Klageaufnahme des Gewerbegerichts ist nur noch in der Zeit von 12 bis 2'/- Uhr täglich geöffnet.
Echte Kameradschaft. Die 5. Kompagnie des Reserve-Jnfanterie-RegimeniS 204 hatte in Erfahrung gebracht, daß eS der Fcunilie eines gefallenen Land- sturmmanneS aus Berlin   recht traurig ginge, da eine größere Anzahl Kinder vorhanden waren. Der Feldwebel veranstaltete für die be- drängte Familie im Felde eine freiwillige Sammlung, an der sich alle Angehörige der Kompagnie vom Ofsizier bis zum Gemeinen beteiligten und die 125 M. ergab. Der Betrag wurde der armen Frau sofort übersandt und die erste Not gelindert. Ein W echter Kameradschaft!_ Aerztekouflikt i« der Wilmersdorfer Landkrankenkasse« Die Wilmersdorfer   Landircmkenkasse hat den Vertrag mit dem Verband der Wilmersdorfer   Aerzte ohne Einhaltung einer Kün- digungsfrfft gekündigt. Die Kasse begründet diese Maßnahme mit der Nichterfüllung der dem Aerzteverband obliegenden Verpflich- tungen. Der Verband habe nicht genügend die kassenärztliche Tätigkeit seiner Mitglieder überwacht und es sei wegen der Bezah- lung der Einzelleistungen zu Differenzen gekommen. Der Aerzteverband teilte seinen Mitgliedern darauf mit, die Vertragsbestimmungen nach wie vor auf das genaueste zu beachten.
Ein neues Verbrechen des Lehrers Westphal  . Ein Raubmordversuch auf einen Rittmeister F. aus Wilmersdorf  ist jetzt von der Kriminalpolizei aufgeklärt worden. Der Rittmeister wollte ein Gut kaufen und trat zu diesem Zweck mit dem Fabrik- befitzer Hoffmann in Verbindung, der ihm sein Gut Bänken bei Belzig   verkaufen wollte. Als beide eine Besichtigung deS GnteS vor- nehme« wollten und F. unterwegs den Waldboden untersuchte. schnellte er plötzlich mit einem lauten Aufschrei empor und taumelte gegen einen Baum. Bald füdlte er. daß ihm Blut den Rücken hinab lief. Er glaubte einen Gehirnschlag erhalten zu haben. Hoff- mann war sehr teilnahmsvoll und brachte den Kranken nach seiner in Berlin   gelegenen Wohnung. Er entfernte sich dann, um einen Arzt zu besorgen, der aber nicht kam. Ein später gerufener Arzt entdeckte dann statt des Gehirnschlages einen Nackenstich, der von einem sttlettarttgen Werkzeug herrührte. Hoffmann ließ sich aber nicht mehr sehen und war auch nicht zu ermitteln. Der Knminalpoltzei ist eS jetzt gelungen, diese dunkle Angelegen- heit aufzuklären. Der Ueberfall erinnerte an die Ermordung des Gutsbesitzers Wilhelm Bobnstedt. dessen Mörder der ehemalige Lehrer und Gutsverwalter Willi Westphal ist. der jetzt im Unter- suchungSgefängniS zu Schneidemühl   seiner Aburteilung entgegen­steht. Handschriftliche Brief« von Westphal undHoffmann" waren vorhanden, und die Polizei stellte bald fest, daß Westphal auch die Briefe an den Rittmeister geschrieben hat. Der Rittmeister und einige andere Herren, mit denenHoffmann" wegen des Guts- Verkaufes in Verbindung trat, haben Westphal nach einer Photo- graphie bereits erkannt. Westphal wird ihnen jetzt persönlich gegen- übergestellt werden._ Der Charlottenburger   Stadthaushaltsetat. Der diesjährige Etat wird von der Stadtverordnetenverfamm- lung am Mittwoch verhandelt; er hat infolge der durch den Krieg veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht nach den gewöhn- lichen Grundsätzen aufgestellt werden können. Sämtliche Einzel- etats find als Kriegsetats betrachtet und ihre Ansätze unter dem Gesichtspunkte eingesetzt worden, daß vor dem 1. Oktober 1915 der Friede nicht zu erwarten ist. Bon vornherein mutzte mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Einnahmequellen gerechnet wer- den, bei der Einkommensteuer allein mit einem Ausfall von 1 477 000 M. Sehr erheblich sind auch hauptsächlich infolge der hohen Kohlenpreise die ReingewinnauSfälle bei den Gas­werken und dem Elektrizitätswerk. Die Ueberschüsse bleiben hinter den Ansätzen von 1914 um zusammen rund 1 270 000 M zurück. Die Folge davon ist die Notwendigkeit, die Ausgaben einzuschränken, soweit es sich um wünschenswerte aber nicht un- bedingt notwendige Aufgaben und Einrichtungen handelt. Im ein- zelntm sei bemerkt, daß die Einnahmen aus Schulgeldern um 14 735 M. niedriger angesetzt sind, weil im Jahre 1915 mit einem geringeren Besuch der höheren Lehranstalten gerechnet werden muß. Die Waldschulen, und zwar sowohl für die Kinder höherer Lehranstalten als auch für Vollsschüler sollen infolge des Krieges geschlossen bleiben. Der Etat der Armenverwaltung erfordert in- folge der teilweifen Entlastung der Armenpflege durch die Leistun- gen der Unterstützungskommissionen einen um 106 000 M. ge­ringeren Zuschuß, für bare Unterstützungen konnten allein 40 000 Mark weniger angesetzt werden. Um die VolkSgesundheitSpflege, insbesondere die Säugltngsfürsorge in dem durch den KriegSzu- stand gebotenen Maße durchführen zu können, sind diesem Zweck 190 000 M. aus vorhandenen Sparkassenüberfchüssen zugeführt worden. Weniger Ausgaben erwachsen unter anderem aus Er- sparniffen bei Besoldungen infolge Einberufungen zum HcercL- dienst und aus der am 1. Oktober erfolgenden Uebernahine der Steuerveranlagung durch den Staat. Durch den Zuschlag zur Staatseinkommensteuer, der bekannt- lich 140 Proz. betragen soll, entsteht ein« Mehreninahrne von 1 101 620 M. Dagegen werden die Erträge der Umsatzsteuer um 400 000 M., der Grundsteuer um 55 400 M., der Gewerbesteuer um 50 000 3JL, der Warenhaussteuer um 75 000 M. und der Zu- wachssteuer um 100 000 M. mit Rücksicht auf die allgemeine Witt- schaftLlage geringer geschätzt. Im ganzen wird von den Gemeinde- steuern ein Mehrüberschuß in Höhe von 526 720 M. erwartet
Lebensmittelversorguug der Gemeinden. Oberschönewcide. Unter Mitteilungen gab der Vorsitzelche ick der letzten Gemenchevertreter-Sitzung bekannt, daß die Gemeinde 2000 Zentner Roggenmehl und 200 Zentner Weizenmehl angekauft hat. Bon diesen Vorräten sind bis jetzt 440 Zentner an hiesige Bäckermeister verausgabt worden. Bei Beginn des Krieges waren 1700 Zentner Kartoffeln angekauft worden, die bei eintretender Knappheit an die Einwohnerschaft zu billigen Preisen abgegeben werden sollten. In den vorangegangenen Wochen sind nun diese Bestände fast vollständig geräumt worden, doch dürften bei frost- freier Witterung weitere tausend Zentner Kartoffeln unter günstigen Abschlüssen eintreffen. Gemäß der Bundesratsoerordnmrg über Ver- sorgung der Gemeinden von mehr als 5000 Einwohnern mit Fleisch­dauerwaren schlug die Verwaltung vor, für diesen Zweck 375 000 M. zu bewilligen Bei dieser Gelegeicheit fragte Gen. R a in s b r o ck an, ob es wahr sei, daß größere Quantitäten Kartoffeln durch un- günstige Lagerung verdorben wären. Der Gemeindevorstand ent­gegnete, daß die nicht einwandfreien Kartoffeln den: Verkäufer zur Verfügung gestellt worden seien. Von unseren Rednern wurde bc- tont, daß es nicht zweckmäßig sei, die Beschaffung der Lebensmittel einer einzelnen Person zu übertragen: es müßten Sachverständige hinzugezogen werden. Im Zeichen des Burgfriedens stand die Wahl eines Abgeord­neten zum Kreistag. An Stelle des ausgeschiedenen Gen. Much  wurde Gen. Schwarzburgcr geioählt. Das Angebot eines Ein- wohnerS, der Gemeinde 200 000 M. zu 5% Proz. bei vollem Oelde  zur Verfügung zu stellen, wurde awgsnmtnnen. Die Rechnungs- RevisionSkommt ssion erstattete Bericht über die Prüfung der Jahres- rechnung 1913, tvoraus hervorging, daß ein lleberschuß von 1 8 0 4 6 0 M. erzielt worden sei, tabon allerdings 53 451 M. Außen­stände. Eine größere Summe des Ueberschussos soll dem Kanalisa- tionsfonds überwiesen und ein anderer Teil für Steuerrückzah- lungen reserviert werden. Für einen Feldkrankenwagen Ivurden 100 M. bewilligt, dagegen ein Beitrag für ein Knegerijenn auf Burg Hartenstein mit dem Hinweis abgelehnt, daß es sich um Lille  private Gründung handle. Der letzte Punkt der Tagesordnung war die Beschlußfassung über die Linienfübrimg der Straßenbahn von Lichtenberg  ach Oberschönetoeide. Drei Anträge lagen hierzu