an die alten Aktionäre zum Nennwerts aUegeoen wurden, obgleich der Aktienkurs damals den Nennwert um das Drei- fache übertraf. Auch der ausgewiesene Fabrikationsgewinn ist eine völlig willkürliche Größe, denn er ist durch„innere Abschreibungen" bereits um gewaltige Znimiien gekürzt worden. W i e groß der Gewinn in Wirklichkeit war, läßt sich nur ahnen. In der Bilanz erscheint das Konto der wertvollen Maschinen, die im letzten Zahre wesentlich vermehrt worden sein müssen, wie im Vorjahre mit der Ziffer von— einer Mark. Da in Wirklichkeit der Wert der Maschinen in die Hunderttausende gehen wird, bedeutet diese„Abschreibung" eine Verheim- lichung aus der Fabrikation erzielter Gewinne. Das Konto „Grundstücke und Gebäude" wird in der Bilanz wie im Vorjähre mit 6,8 Millionen Mark bewertet, obgleich der Ge- ichäftsbericht von Erweiterungen und Verbesserungen der Be- triebseinrichtungen schreibt. Auch hier sind die Zugänge ab- geschrieben worden. Dagegen zeigt das Konto für Debitoren eine Steigerung um 3-1 Millionen Mark, von 28,8 auf 62,8 Millionen Mark. Nach dem Geschäftsbericht entfällt der größte Teil der Erhöhung auf die Vermehrung der B a n k- guthaben. Also fast um 36 Millionen Mark sind die flüssigen Barmittel der Gesellschaft gestiegen, da der Staat alle Lieferungen prompt bezahlt. Wir brauchen nur noch hinzuzufügen, daß der Geschäfts- bericht eine Erhöhung des Arbeiterbestandes von 8146 auf 12 666 angibt. Die Arbeit des A u f s i ch t s r a t s wurde mit 426196 M. sgegen 366 276 M. i. V.)„vergütet". Die Vorstandstantieme läßt sich leider nicht angeben: sie wird entgegen den Statuten wie in den Vorjahren vom Fabrika- tionsgewinn vorneweg abgezogen. Erst die künftige General- Versammlung soll dieses unzulässige Verfahren nachträglich durch Satzungsänderung sanktionieren. Aehnlich den Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken, deren Entwurf zum Brief an die französische Zeitung „F i g a r o" einst lebhafte Erörterungen hervorrief, hat auch die Daimler-Motoren-Gesellschaft die Kunst der undurchsichtigen Bilanzierung zur Meisterschaft ausgebildet. Der Fabrikationsüberschuß weist nur ein Mehr von 1,2 Mil- lionen Mark auf— für Kriegszeiten sicher keineswegs er- schöpfend! Tie Gesellschaft, die unzweifelhaft bei den Kriegs- lieferungen keinerlei Risiko trägt, stellt nichtsdestoweniger einen „Krieksunkostenfonds" von 1 Million Mark in Rechnung. Trotzdem die Gesellschaft große Erweiterungen vornahm, z. B. in Marienfelde die Motorpflugfabrikation einrichtete, zeigt das Konto für Grundstücke, Gebäude. Maschinen nur eine Erhöhung von 566 666 M. Die wirkliche Vermehrung muß also vor Ermittelung des Gewinnes abgeschrieben worden sein. Das Konto der zur Verfügung stehenden Mittel ist da- gegen um 8 Millionen Mark ängeschwollen. Die Beweise für die Willkürlichkeit der Gewinnberechnung ließen sich noch vermehren. Aber es mag genügen zu bemerken, daß trotz der Verwischung der eigentlichen Gewinnziffern die D i v i d e n d e von 14 auf 16 Proz. erhöht wird. Das Pendant zu den Gewinnziffern bieten die Aus- gaben für„Wohlfahrtszweck e". Die Daimler- Gesellschaft opfert dafür rund— 166 666 M., die„Deutschen Waffen" 666 666 M.! Solange private Unternehmer die Leiter des Wirtschafts - lebens sind, muß zum mindesten durch eine scharf angezogene Steuer auf die oberen Vermögens-, Einkommensklassen ein wenn auch nur geringer Ausgleich dieser Verhältnisse ge- schaffen werden. Ferner muß eine sorgfältig ausgebaute V e r- m ö g e n s z u w a ch s st e u e r die Bereicherung durch Kriegs- lieferungen zu fassen suchen. Beides sollte zwei der vielen wichtigen Aufgaben der kommenden Reichstagstagung im Mai bilden._
Hestranöeter Dampfer. Lendim, 18. April. (SB. X. B.) Der Dampfer.Sglantlne", 1312 Tonnen groß, ist bei dem Versuche, einem Ilntersee- boote zu entkommen, bei Filey auf Strand gelaufen; man hält da? Schiff für verloren. Aufgebrachter norwegischer Dampfer. London , 18. April. (22. T. 93.J Wie die„Times" erfährt, ist der norwegische Dampfer„Soerland" nach Hartlepool aufgebracht worden; die Ladung wird dort gelöscht.
Schweöischer Dampfer auf eine Mine geraten. London , 18. April. sW. T. B.) Der schwedische Dampfer „F o I k e", mit Holz von Stavangcr nach London bestimmt, ist am 14. April abends 26 Seemeilen von Peterhead ge- funken. Der Kapitän sagt aus, daß nach einer heftigen Ex- plosion das Schiff nach zwei Stunden gesunken sei. Der Kapitän glaubt, daß das Schiff von einem Torpedo ge- troffen fei. Aninerkung des W. T. 23.: Nach einer gestrigen Meldung hat der Kapitän an seine Reederei telegraphiert, daß das Schiff auf eine Mine gelaufen fei. Geftlicher Kriegsschauplatz. Die Verproviantierung von Przempsl. Wien , 17. April.>22. T. B.) Das Kriegs pressequar- t i e r veröffentlicht eine eingehende Tarstellung über die V e r- pflegungsausrüstung von P r z e m u s 1, in dem hervor- gehoben wird, daß die Kriegsbereitschaft der Befestigungen des Reiches in erster Linie von den budgetären Mitteln abhänge. An- gesichts der durch die Beschränktheit dieser Mittel gebotenen äußersten Sparsamkeit mußt« bei Kriegsausbruch die fortifikatorische Kriegs- bereitschaft PrzemyslS mit größter Schnelligkeit durchgeführt werden, was die Verlegung großer Arbeiterabteilungen in die Festung notwendig machte, ein Umstand, welcher bei der Verpflegungsftage be- deutend ins Gewicht fiel. Trotzdem der Aufmarsch der Feldarmee die nach Przemysl führenden Bahnen nahezu vollständig in Anspruch nahm, wurde die Versorgung der Festung mit Proviant, Munition und sonstigem Material derart bewerkstelligt, daß am 16. Oktober, am Tage der Einstellung des Bahnverkehrs nach Przemysl , in der Festung für 137 Tage Brot und Zwieback, für 147 Tage Gemüse, für 116 Tage Fleisch und für 392 Tage Hafer für die auf 8S 000 Mann und 3700 Pferde veranschlagte Sicherheitsbesatzung vor- Händen waren. Tatsächlich zählte aber die Besatzung 131 000 Mann und 11 000 Pferde. Nach der ersten Entsetzung PrzemyslS wurden unter unbeschreiblicher Mühsal, hervorgerufen durch die vollständig unfahrbar gewordenen Wege, die stark verbrauchten Vorräte nicht nur ersetzt, sonder», soweit es nur angängig war, unter Inanspruchnahme außerordentlicher Kräfte ergänzt. Von 213 nach Przemysl während der kurzen Entsetzungspause geleiteten Zügen dienten 128 der Festung. Die Vorräte wurden dadurch für etwa 5/> Monate bei voller Ration, für acht Monate bei Verabfolgung von Zweidrittel- Portionen ergänzt. Aber auch bei der zweiten Einschließung über- stieg die Zahl der Anwesenden die Veranschlagung, indem 128 000 Mann und 14 500 Pferde zu verpflegen, sowie bald auch 18 000 Menschen der Zivilbevölkerung und 2000 Gefangen« zu versorgen waren, zumal die privaten Vorräte schon während der ersten Be» lagerung stark in Anspruch genommen worden waren. Der Festungskommandant ordnete denn auch sofort eine strenge Regelung der Verpflegungseinteilung an. Offiziere und Mann- schaften erhielten die gleiche Kost. Alle Hotels und Speisewirt- schaften wurden geschlossen. Der einzige Erholungsort war ein Kaffeehaus, in dem jeder Gast nur einmal täglich ein GlaS Tee oder Kaffee mit einem Stück Zucker erhielt. Anfang Januar erfolgte eine namhafte Reduzierung der Verpflegungsgebühr. Das Gemüse wurde, nachdem der Feftungskommandant mit seinem Stabe eine achttägige erfolgreiche Probe gemacht hatte, durch die Futterrübe er- setzt. Gleichfalls seit Januar begann die Verwendung von Pferde- fleisch sowie zu Mehl verarbeitetem Hafer sowohl für die Offiziers- wie für die Mannschastsverpflegung. So wurde es unter allerdings außerordentlichen Entbehrungen möglich, daß Przemysl vom 16. Sep- tember bis 22. März dem Feinde unbezwinglichen Widerstand bot. Der Bericht schließt mit der Darstellung des ztveimaligen heroischen Versuchs zum Entsätze PrzemyslS, den die österreichisch-ungarifchen Truppen, unterstützt von ihren treuen deutschen Verbündeten, trotz der Schrecknisse des zweimal mit ungewöhnlicher Heftigkeit ein- setzenden WintecS unternahmen, und betont, daß die Anstrengungen zur Befteiung Przemysls durch die Naturgewalten, nicht durch den Feind vereitelt wurden. Daß das Schicksal derart entschied, ändert nichts an dem Ruhm, der sich sowohl für die tapfere zäh aushaltende Besatzung als auch für dos heldenhaft ringende Entsatzheer an den Namen Przemysl knüpft, und nichts cm dem Geist, mit welchem dem Ansturm des Feindes auch weiterhin begegnet werden wird. Der türkische Krieg. Einöringen üer Türken in Persien . Paris , 17. April. (T. 11.) HavaS meldet aus Petersburg : Wie auS Karamanschah gemeldet wird, haben türkische Truppen KaS- rischirin besetzt. Der Palast de? Gouverneurs ist umzingelt. Die Türken dringen in der Richtung auf Karamanschah weiter vor. Die
Zeppelin-Nacht in Paris . Kopenhagens „Politiken" bringt diese Schilderung der Nacht zum 21. März von Andreas Winding. die wir nach der Heber- fetzung von Julia Koppel in der„Franks. Ztg." wiedergeben. » Endlich kam er. In einer strahlenden, sternenklaren Nacht um die Tag- und Nachtgleichezeit, mit mildem, frühlingSartigem Wind aus Nordwest. Eine seltsam« Nacht, großartig in ihrer Stimmung, unver- geßlich, wie alle weltgeschichtlichen Stunden, die zu erleben unS vergönnt sind. �ch war mit einem Freund im TMitre fran<;at5 gewesen, ausnahmsweise zu einer Abendvorstellung. Nach dem Theater begaben wir uns zum Montparnasie in das rnssische Atelier, das während des Krieges berühmt geworden ist. Hier versammelt sich allabendlich ein großer Kreis von Künstlern und Schriftstellern aller Länder mit ihren Damen. ES wird musiziert, diskutiert, ge- tanzt. In dem großen, dunklen Atelier, wo die Wände mit kubijti- schen Malereien vollhingen, schwangen sich die Paare auf dem unebenen Fußboden. Da, mitten durch den Tanz, hörten wir gellende Trompetensignale. Es waren die Trompeten der Feuerwehrleute, die durch die Avenue gellten:„Gsräe 4 vousl" (Seht euch vor!) Ter Tanz hört auf, einige von den Gästen eilen die Treppe hinunter zu der kleinen Gitterpforte, die den Hof deS Ateliers abschließt. Darunter mein Freund und ich. Wieder gellen die Trompeten. Zivei Schutzleute kommen Leite an Seite in scharfem Trab vorbei und rufen im Vorbeilaufen zu unseren Fenstern und der offenen Tür hinein: „Löscht das Licht! Löscht das Licht!" „Was ist los?" rufen wir, bekommen aber keine Antwort. Es sind nur Sekunden vergangen, aber die Unruhe hat sich allen mitgeteilt. Die Musik im Atelier bricht plötzlich ab. Wir folgen einem Haufen junger Leute, die zum Gare Moni- parnasse laufen, wo vor der Polizeiwache noch eine einsame� Gas. Interne unter ihrem flachen, grünen Schirm brennt— wie die Lampe in einem Studierzimmer. Plötzlich wissen wir alle, was loS ist, und von überall hört man den Ruf: „Oes Zeppelins! Oes Zeppelins!" Ein Schutzmann steht mitten im Haufen und erklärt: „Sie wurden ein viertel vor ein Uhr aus Compiögn« gemeldet und müssen jetzt über der Enceinie sein.. Die Uhr ist kurz nach EinS. Ueberall in Paris — von Montparnasie bis Menilmontant, in Paffy und Montmartre erklingen die Hornsignale der Feuevtvehrleute, Autos rasen durch die Beülcvards und blasen Alarm. Garde 4 vousl Vorm Bahnhof
werden die letzten Lichter gelöscht und wir stehen im Dunkeln unter dem sternenklaren Himmel. AuS der Ferne, vom Mont Valerien und den FortS um Paris hören wir in der stillen Nacht das tiefe Brummen der Kanonen. An den Droschkenhaltestellen haben die Kutscher die Laternen ihrer Wagen gelöscht und sich auS Angst bor den Zeppelinen in die geschlosienen Droschken verkrochen. Da wird die Luft von einem ohrenbetäubenden Knall er- schüttert. „Seht!" ruft einer«ruS dem Haufen und zeigt in die Richtung deS Eiffelturms:„Zeppelin!" „Wo, wo?" „Und die� kleinen Lichter hinter ihm! Da» find unser« Flieger... Sie kriegen ihn! Sie kriegen ihn!" Wir starren angestrengt zu den Sternen hinauf, sehen aber nur ihr ruhiges Blinken, nichts anderes; weder Zeppeline noch französische Flieger. Durch die Stille aber hören wir die Kanonen vom Platz vorm Trocadero und die Mitrailleusen von der Platt- form des Eiffelturm?. Es ist die erste Frühlingsnacht. Die Luft ist so lind und mild. Die schwarze Kuppel des JnvalidendomS hebt sich wie eine Silhouette vom Sternenhimmel ab. Wir hören zwei kräftige Explosionen oder Schüsse. Sind es Bomben von dem un- sichtbaren Luftschiff oder französische Kanonen? Wie von einer unsichtbaren Macht angezogen, sammeln alle Scheinwerfer, die bisher unaufhörlich und unruhig über den Himmel gefegt sind, sich jetzt an einem bestimmten Punkt, schneiden sich und bilden leuchtenoe Winkel am östlichen Horizont. Ein Strahlenbund vom Eiffelturm zeigt gerade auf die Loerö-coeur» Kirche, die zwischen den Höhen von Montmartre weiß durch die Nacht leuchtet. Ein anderer Sucher kommt von dem Dach auf DufagetS Etablissement, entfaltet sich wie ein Fächer und bildet ein leuchtende? Oval über Batignolles. Von verborgenen Stationen längs der Seine , von den kleinen Ortschaften in oer Umgebung von Paris , aus der tiefen Dunkelheit der Weltstadt selbst strahlen diese leuchtenden Brücken aus, die zu dem unsichtbaren Feind in der Nacht hinaufführen, der hoch oben in der Finsternis dem Lauf der Seine folgt und, ohne zu schwindeln, die Sterne in dem rinnenden 2Lasser blinken sieht. Plötzlich sehen wir, wie ein Sucher, der unruhig auf und ab vibriert hat, in die Höhe schießt und fast lotrecht über unseren Köpfen ein Oval bildet. Gleichzeitig prasselt vom Dach des Triumphbogens der Bleiregen der Mitrailleusen. Und jetzt hören wir in der Richtung von Grenelle deutlich die Motore des Luft- s ch i f f e S, ein tiefes Brummen, daS näher und näher kommt, und im nächsten Augenblick sehen wir, indem der Scheiiüverfer seine Beute findet und umschließt— einen Zeppelin, der, von dem leuchtenden Oval des Scheinwerfers umgeben, einen Augenblick im Sternbild der Khassiopeja steht und darauf langsam weitergleitet. den EhampZ ElysecS in der Richtung von Neuillh folgend. Mit
Abteilungen- persischer regulärer Truppen, die in Karamanschah und Sennek stationiert sind, ziehen sich nach Hamadcm zurück. Karamanschah befindet sich über 150 Kilometer von der tür - kischen Grenze entfernt und ungefähr ebensoweit von Hcnnadan. Die Nachricht von dieser neuen türkischen Offensive hat in Paris Ueberraschung hervorgerufen und gibt der Presse Anlaß zu heftigen Angriffen gegen die persische Regierung. So bemerkt der„Temps": Es ist dies die dritte Stelle, an der die Türken bei ihren Kämpfen gegen die Russen die persische Grenze überschreiten, Aserbeidschan im Norden, Khusistan im Süden und jetzt Karamanschah im Zentrum. Die Lauheit, mit der die Perser sich gegen die Türken verteidigen, läßt an eine Art Mitwisserschaft glauben, die vielleicht auf eine allgemeine islamitische Solidarität zurückzuführen ist. Sehr bedauerliche Ereignisse, unvermutete Abfälle von Stämmen, die man für treu hielt, haben sich im Norden bereits ereignet. Hoffcnt- sich wiederholt sich nicht jetzt dasselbe Sch tuspiel.
Cnglanö oöer Rußland' Die Erörterungen über den„Hauptfemd" werden rn der bürgerlichen Presse sehr lebhaft fortgesetzt. Während die libe- rale Presse diese Auseinandersetzungen merkwürdigerweise für völlig irrelevant hält, also auf ein politisches Kriegsziel zu verzichten wenigstens vorgibt, verfolgt die konservative Presse mit zäher Konsequenz ihr fest umrissenes Ziel: Deutsch- land müsse„durchhalten", bis England endgültig niedergeworfen ist und Deutschland an der Nordseeküste einen neuen festen Halt für immer erobert hat. Ueber die Verständigung mit Rußland äußern sich die Konservativen jetzt etwas zurück- haltender: aber daß sie auch dieses Ziel als Mittel für die Durchführung jenes antienglischen Programms, vielleicht sogar als Selbstzweck wünschen, unterliegt dabei keinem Zweifel. Die Kreuz-Zeitung " verwahrt sich zwar da- gegen, eine Verständigung mit Rußland erstreben zu wollen: „Der eine dieser Gesichtspunkte ist der, daß man in diesem Streit verschiedentlich uns und der konservativen Partei Ansichten und Beweggründe unterstellt hat, die nicht zutreffen. Das ist geschehen, wenn man ausführte, daß wir in reaktionären Gelüsten vorzeitigen Friedensverbandlungen oder einem schwäch- lichen Frieden mit Rußland das Wort redeten, weil wir in einem Freundschaftsverhältnis mit dem absolutisti- schen Rußland eine Gegenwehr gegen den Einfluß der deine kratischeren Westmächte auf unsre innerpolitischen Verhältnisse erblickten. Das ist vollkommen unzutreffend. Kein Mensch in der konservativen Partei trägt sich mit derartigen An- sichten und Absichten. Die innere Verfassung der uns feindlichen Länder ist— wir haben das schon einmal betont— für da?, worum es sich in diesem Kriege für uns handelt, ohne j e d e B e d e u t u n g, e? sei denn, daß sie im Osten oder Westen begründete Aussichten auf eine innere Schwäche des Feindes eröffneten." Aber gegen diese Sätze spricht doch wieder die milde Beurteilung Rußlands in den folgenden Sätzen: „Nach unseren Beobachtungen ergibt sich aus diesen Erörternn- gen besonders die Gefahr, daß die richtige Erkenntnis der Stellung und der Kriegsziele Englands verdunkelt wird. Wir wollen gar nichts dagegen einwenden(!), daß man Rußland als den Brandstifter bezeichnet, sofern nur nicht da- bei vergessen wird, daß England den Brandstoff aufgehäuft. mit Petroleum begossen, dem Brandstifter die Fackel in die Hand gegeben und diese Hand geführt hat. Mag man über die russische Gefahr denken wie man will— und wir denken sehr ernst dar- über—, so darf doch darüber nicht der grundlegende Gegensatz vergessen werden, der England zu dem Plane be- ivogen hat, Deutschland mit jedem Mittel zu vernichten und seine Konkurrenz in der Welt und auf den Meeren zu beseitigen. Wenn jetzt in den Darlegungen des Grafen M o n t S, von denen wir übrigens Grund baben anzunehmen, daß sie nicht die Auffassung der leitenden Kreise wiedergeben, andeutungsweise und in denjenigen eines neutralen Diplomaten gleichzeitig ausdrücklich die Meinung ausgesprochen wird. England habe sein Kriegszicl eigentlich erreicht, so ist diese Meinung irrtümlich, steht im Widerspruch mit der gesamten Vorgeschichte deS Krieges und ist äußerst gefährlich." Die„Kreuz-Zeitung " ist offenbar nicht genügend über die Stimmung in England unterrichtet, sonst könnte sie nicht den letzten Satz geschrieben haben. Aus den von R o h r b a ch initgeteilten englischen Preßstimmen ergibt sich deutlich, daß England sein Kriegsziel für erreicht hält, wenn es B e l- g i e n s Selbständigkeit und die Wiederherstellung der f r a n- zösischen Grenze im Friedensschluß garantiert erhielte.
eigentümlichen Gefühlen sehe ich in oieser Nacht dasselbe Luft- schiff wieder, mit dem ich selbst einmal über daS friedlich schlafende Hamburg und Kopenhagen im Septembersonn enschein gefahren bin. TaS Luftschiff, daS vorn eine stark leuchtende Laterne hat, schwimmt sicherlich nicht mehr als tausend Meter über der Staat. Jetzt aber steigt e?, versucht durch ein schnelles Manöver dem Licht des Schein- werferS zu entgehen. Die Lust hallt von Kanonenschüssen wider. und deutlich sehen wir, wie die Schrapnells vor, hinter und neben dem Zeppelin explodieren, ohne daß ein einziges trifft.' Die Explosionen der Granaten hinterlassen einen Federbusch von weißem Rauch, der unterm Nachthimmel verflattert. Im Kielwasser deS Luftschiffs zeigen sich einige kleine helle Punkte, die über den Himmel gleiten und plötzlich verlöschen. Zuerst glauben wir, daß es verfolgende französische Äeroplane find mit Laternen am Steven, schließlich aber kommen sie in solchen Mengen vor, daß wir annehmen müssen, daß es entweder leuchtende Raketen oder Funken voni Motor des Zeppelins sind. Ter Anblick, den ich geschildert habe, dauert nur wenige Augenblicke. Durch ein schnelles Manöver ist das Luftschiff in oer Dunkelheit berschwuliden, übrig sind nur die roten Funken und die Strahlenbündel der Scheinwerfer, die wieder ohne Ziel ruhelos über den Himmel flackern. Die Kanonenschüsse werden seltener und ferner und der- stummen schließlich ganz. Die leicht bekleideten Zuschauer, die oic Balkons gefüllt hatten, schließen Fenster und Läden. Vereinzelte Nachtwanderer, die das seltsame Schauspiel verfolgt hatten, kehren heim. Bald ist alles still. Paris schläft wieder. Die Uhr ist halb vier. In dem Augenblick aber, wo ich den Schlußstrich unter meinen Artikel machen will, ertönt von neuem Lärm. ES find die Feuerwehrleute, die mit ihren gellenden Trom. peten durch die Straßen rasen, um der längst schlafenden Bevölkerung mitzuteilen, daß die Stadt jetzt wieder ruhig sei. Wirklich sehr freundlich von ihnen!_ ,60tt strafe Englanö" ober:„heißt ein Geschäft". In der Dchauspielerzeitung„Der Neue Weg" findet sich folgende Anzeige: Achtung! Direktoren! Neuester Kassenmagnet! „Gott strafe England I" G-yoßes vaterländisches Schauspiel in 4 Akten von Dr. Ernst Brandow. t. Akt:„Woran wir denken!"; 2. Akt:„Liebe und Krieg"; 3. Akt:„Deutschland kann nicht untergehn"; 4. Akt:„Wir Müssen siegen!"