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Nr. 125. 32. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt.

Fernwirkungen.

Wir erklären laut, daß wir zu diesem Zweck bereit sind, Lieb­knecht und seine Freunde zu unterstüben. Wir sind über­zeugt, daß wir damit unserem Lande und der ganzen Menschheit mehr dienen, als diejenigen, die den Rassenkampf" verewigen möchten."

dann keine Kriege mehr gibt, da der preußische Imperialismus zu existieren aufgehört haben wird und wir in der Lage sein werden, die Internationale der Arbeiter der ganzen Welt, darunter auch Uns liegt eine Anzahl Stimmen aus der französischen   Presse der deutschen  , auf solideren Grundlagen wieder herzustellen und vor, die sich über das deutsche   Friedensmanifest" äußern, fie aktionsfähiger zu machen im Kampfe gegen die verbrecherischen das bekanntlich irrtümlicherweise den Genossen Liebknecht  , Rühle, Absichten der Nuznießer der Leichtgläubigkeit des Volkes. Ledebour usw. zugeschrieben wurde. In der Haltung der Mehrheit der französischen   Zeitungen tritt klar hervor, daß Friedensbe­strebungen in dem einen Lande dem anderen nicht als Zeichen der Schwäche dieses Landes angesehen werden, vielmehr bei den Kriegsparteien die Befürchtung wachrufen, diese Friedensstimmen könnten im eigenen Lande ein Echo finden. Ebenso deutlich tritt in den meisten französischen   Presseäußerungen das Bestreben zu Tage, durch Herabsetzung und Verunglimpfung der Verfasser des erwähnten Manifestes den internationalen Empfindungen in der französischen   Arbeiterklasse den Boden zu entziehen. Allein die kritischen Stimmen, die sich dagegen vernehmen lassen, sind ein Beweis dafür, daß sich auch in Frankreich   gesündere Anschauun­men mehr und mehr Ausdruck verschaffen. Wir lassen die wesent­lichsten Presseäußerungen folgen:

Maurice Barrè es schreibt im Echo de Paris": Ein halbes Dußend deutscher   Sozialisten, darunter zwei Frauen und einige vom Kaiser ausgehaltene Schriftsteller, beginnen mit emporgestreckten Armen zu rufen: Kamerad, Kamerad! .. Drei Sozialisten und zwei Damen, die mit ausgestreckten Armen Kamerad, Kamerad!" rufen sind es Betrüger oder Betrogene? Ich weiß davon nichts, aber hinter ihrem Rücken werden wieder die Kanonen geladen."

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Die royalistische L'Action Française" schreibt: Die Mehrheit der deutschen   Sozialdemokratie begeistert die deutschen   Volksmassen für den Krieg, die Minderheit stellt sich in den Dienst der Reichsdiplomatie."

E. Judet meint im Eclair":

Unsere französischen Sozialisten würden eine gewisse Naivität zeigen, wenn sie sich erregen oder fesseln ließen. Der großmütige Patriotismus, den sie seit Beginn der Kriegsoperationen zum Aus­druck bringen, macht selbstverständlich ihre früheren Sünden, ihre Illusionen und Fehler gut. Ich scheue mich nicht hinzuzufügen, daß sie durch ihre loyale und hingebende Haltung das Recht erworben haben, verstanden und gehört zu werden, sobald die bestehende Ge­fahr beseitigt sein wird. Sie würden aber die moralischen Vorzüge ihrer jetzigen Selbstverleugnung kompromittieren, wenn sie sich zu früh in gutgemeinte Unterhandlungen einmischten, die zu nichts verpflichten."

Der offiziöse Temps":

In demselben Organ sagt André Girard unter der Ueber­schrift: Ein Aufruf im Sturm":

" Dieser Aufruf ist von großer Bedeutung. Er darf selbst­verständlich nicht unbeantwortet bleiben. Wir hoffen bestimmt, daß das Komitee der Confédération Générale du Travail   und die Ge­einigte Sozialistische Partei ihrerseits bestätigen werden, daß ihr Glaube an die Internationalität, inmitten so vieler Ruinen, nach wie vor lebendig geblieben ist."( Folgt ein weißer Derselbe Autor schreibt über die Notwendigkeit eines Kampfes für einen schleunigen Friedensschluß:

Zensurfled.)

" Das wird das sicherste Mittel sein, nicht nur den preußischen Militarismus", sondern jeden Militarismus zum Segen der Menschheit zu beseitigen."

Freitag, 7. Mai 1915.

und endgültigen Verkümmerung zurüdfallen zu lassen, wäre nicht nur eine Torheit, sondern auch ein Verbrechen an der Zukunft der germanischen Welt. Wir Germanen in Mitteleuropa   sind nicht so zahlreich, daß wir gleichgültig zusehen könnten, wie ein alter und wertvoller Zweig von uns verdorrt oder mit seiner inneren Saftfülle dazu mißbraucht wird, um dem Romanentum neue Kraft zuzuführen. Das zu sagen, wird wohl auch unter dem prinzipiell ja notwendigen Schweige= verbot über die eigentlichen Friedensbedin= gungen erlaubt sein! Ich für mein Teil wenigstens halte es für eine Gewissenspflicht und bin mir bewußt, was ich tue, wenn ich die Wiedergabe dieser flandrischen Stimme mit dem Bekenntnis schließe: Wem nicht unter den Friedenszielen auch die unbedingte Sicherung des Wiederauf= blühens der germanischen Kultur bei den Flamen vorschwebt, der ahnt nichts von dem Charakter der Gegensätze, die den Weltkrieg hervorgerufen haben, und ihm wohnt keine wahre Autorität für denFriedensschluß inne!"

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Diese flandrische Stimme" ist ein im Jahre 1913 cr­schienenes dickleibiges Werk mit dem Titel Frankreich  , der vielhundertjährige Feind Flanderns   und der Wallonic." Schon aus dem Titel geht hervor und die von Rohrbach wiedergegebenen Zitate bestätigen es, daß der flämische Verfasser für die unbedingte Selbständigkeit Belgiens   eintritt, als deren größten Feind er im Jahre 1913 Frankreich   anjah. Daraus nun zu schließen, daß er Gustave Hervé   wendet sich in der Guerre Sociale" beute für eine von Rohrbach gewünschte Angliederung Belgiens   an Deutschland   cintreten würde, ist einfach gegen den Friedensaufruf u. a. mit den Worten: " Wir haben nicht genug Vertrauen zu euch, um euch eine ungeheuerliche Verzerrung der ursprünglichen Absichten Wir ( Sozialisten) die Mission zu übertragen, eure Regierung zu be- des flämischen Schriftstellers. Wir haben schon früher Ge­strafen. Wir beabsichtigen, diese Operationen selbst auszuführen." legenheit genommen, darauf hinzuweisen, daß bei den Flämen Darauf entgegnet das Organ der rv jischen Sozialrevolutionäre heute wenig Neigung besteht, ihr Volkstum durch Angliede­in Paris  , Mysl  "( Der Gedanke): rung an Deutschland   schützen" zu lassen. Selbst Rohrbach gesteht:

" Dieses selbst" flingt sehr stolz. Aber hinter diesem falschen Flitterkram starrt uns die nicht übertünchte Wirklichkeit entgegen: indem Hervé dem deutschen Volke in Gestalt seiner am weitesten links stehenden Vertreter sein Mißtrauen ausspricht, drückt er dem Trust der verbündeten Regierungen sein Vertrauen aus."

In ähnlichem Sinne wie Hervé äußerte sich bekanntlich To m= père Morel in der Humanité". Die Zurückweisung kann sich also auch auf ihn beziehen. Dennoch sind, auf Grund der Aeuße­rungen der Minderheit der französischen   Arbeiterklasse, die Worte berechtigt, mit denen das in Paris   erscheinende russische sozial­demokratische Organ" Nasche Slowo( Unser Wort) seinen Artikel aus Anlaß des Friedensaufrufs" und der internationalen Frauenkonferenz schließt:

" Die Internationale   beginnt sich wiederzufinden. Ihre Teile fangen an, einander zuzurufen. Cie formulieren das Programm ihrer künftigen Handlungen. Und dieses Programm werden sie verwirklichen- bis zu Ende!"

Politische Uebersicht.

,, Ein Wort aus Flandern  ."

" Ich habe mit Flämen innerhalb wie außerhalb Belgiens  gesprochen und bin mehr als einmal auf den offen ausge­sprochenen Standpunkt gestoßen: Deutsche   sind wir nicht und werden es nicht werden, aber wir sind Germanen und wir wissen, daß wir unseren alten nationalen Geisteszustand nur wiedergewinnen können, wenn wir Anschluß an die deutsche  Wissenschaft und Kultur bekommen."

Um diesen Kulturansch I zu gewinnen, hat der flämische Schriftsteller alle möglichen Wege im Auge gehabt, aber sicherlich nicht eine Entscheidung über Belgiens   poli­tisches Schicksal nach dem Herzen der Deutschen Tages­zeitung".

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Politische Maßnahmen im Reichslande.

Die Post" berichtet nach der Süddeutschen Konservativen Korrespondenz":

" In den letzten Wochen und Monaten haben eine Reihe von Erscheinungen den Beweis erbracht, daß auch innerhalb der sozia­ listischen   Partei eine starke Strömung war, die dem französi­ schen   Nationalismus in die Hände arbeitete.

Liebknecht   glaubt, die Wiedergeburt der Internationale würde eine mächtige Waffe sein gegen den Völkerhaß, und mit einer Art mystischer Leidenschaft fordert er zu ihrer Wiederher­stellung auf. Er setzt seine Hoffnung auf diese Auffassung, als ob man nach der Krise, die alles ins Wanken gebracht, auch nur die geringste Bedeutung dieser Internationale zuschreiben kann, die machtlos gewesen ist, der Prüfung zu widerstehen und selbst im tiefsten Frieden, in der Atmosphäre des gemeinsamen guten Wil­Diese französische Richtung innerhalb der Sozialdemokratie lens der sozialistischen   Kongresse, miasts Wertvolles zu erzeugen machte sich vor allem in Mülhausen   geltend. Ein Teil der vermocht hat. Liebknecht und seine kleine Gruppe mögen über die Gegenwart jammern und ihre Unruhe über die Zukunft aus= sozialistischen Führer, unter ihnen vor allem der Landtagsabgeord­drücken, sie sehen aber nicht die alles beherrschende Tatsache, daß Unter dieser Ueberschrift behandelt der Schriftsteller nete Martin, machte kein Hehl aus seiner franzosenfreundlichen die Beziehungen zwischen den Staaten, Völkern und Klassen, ja Dr. Paul Rohrbach   in der von ihm und Dr. Ernst Gesinnung. Bezeichnend dafür waren die Zuſchriften, die der radikal­selbst die ttlichen und gesellschaftlichen Beziehungen von Grund Jäckh herausgegebenen Zeitschrift Das größere Deutschland  " sozialistische Reichstagsabgeordnete Emmel erhielt, der von aus umgestürzt sind..., daß die Grundlagen des Vertrauens das flämische Problem. Aus seinen Darlegungen gibt die der Berliner   Zentrale aus mit der Leitung des sozialistischen  und der sozialen Verträge vernichtet sind. ,, Deutsche Tageszeitung" die nachfolgenden Schlußbetrachtun- Drgans, der Volkszeitung", betraut wurde. So schrieb ein lang­gen wieder: jähriger Abonnent Herrn Emmel:" Zu meinem Bedauern muß ich Wie jemand auch über Belgien   und das belgische Problem die Zeitung abbestellen. Eine sozialdemokratische Zeitung, welche denken mag wenn er als Deutscher denkt, so darf er nicht den bürgerlichen Blättern an Hurrapatriotismus den Rang abläuft, vergessen, daß dort mehr als vier Millionen nahe Ver- fann ich nicht gebrauchen. Vergessen Sie nicht, daß wir keine Stock­wandte von uns wohnen, Germanen, einst Nieder=

Liebknecht sollte sich nicht an die europäischen   Sozialisten ren­den, sondern an die deutschen  . Diese aber stoßen ihn zurück und lehnen es ab, ihm zu folgen."

Der Sekretär der Confédération Générale du Travail  ( ent­spricht der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands  ) Jouhoux antwortet dem" Temps" in der syndikalistischen Bataille Syndicalist e  ":

" Wir wünschen leidenschaftlich den Aufschwung der Demokratie in Deutschland  , denn wir sind der festen Ueberzeugung, daß es

Bei den Kämpfen am Uzsoker Paß.

Von Hugo Schulz  - Wien  .

I. Fahrt durch das Ungtal.

Nähe der Feldküchen und Feldbäckereien herum, denn sie sind ihre Kostgänger. Wohl bestellen sie dazwischen ihre notdürftigen Aecker, aber bis zur Ernte müssen sie von dem leben, was die Armee ihnen spendet. Sie sind verarmt und verelendet, denn bis Januar, als die Divisionen Szurmays tamen, um Ordnung" zu machen. hatten sie die Befreier" bei sich zu Gaste, die Sendlinge des recht­gläubigen Zaren. Noch dazu die berüchtigten Kosaken des Generals Pawlow  , jenes verruchte Räubergesindel, vor dessen Anblick sich auch der russische Muschik, der in Infanterieuniform steckt, voll Ab­scheu befreuzigt. Armselige Hütten sind es, in denen die rutheni­schen Bauern dieses Tales hausen. Selten ein gemauertes Häus­chen, meist nur Blockhäuser aus unbehauenen Baumstämmen mit hochgiebligen Strohdächern darauf. Kaum menschliche Unter­fünfte, aber auch diese waren den Kosaken gut genug, daran ihr Wohin man blickt, ver kriegerisches Temperament" zu üben. kohlte Reste von Wohnstätten und Gehöften, das meiste absichtlich niedergebrannt und nicht zerschossen. Aus den Häuschen, die stehen geblieben sind, ist der dürftige Hausrat weggeschleppt; kein Vieh mehr blökt in den Hütten. Besonders im obersten Ungtal nahe

deutsche, heute durch mehrhundertjährige fremde Entwicke- preußen, sondern Elsässer   sind!" Umsonst suchte Emmel diesen deutsch­lung nicht nur politisch, sondern auch nach Sprache und natio- feindlichen Genossen die großen Vorteile, welche das Verbleiben nalem Empfinden von uns geschieden, aber trotz alledem ein höchst Elsaß  - Lothringens   im deutschen   Staatsverbande mit sich bringt, klar wichtiger Bestandteil des gesamtgermanischen Elements in zu machen. Die deutschfeindlichen Umtriebe im Lager der Genossen Europa  . Sie gedankenlos wieder in die Gefahr der Verwelschung dauerten fort, so daß Anfangs März sieben sozialistische Fengyesvögh etwa, ganz verteufelt nahe. Durch Seitentäler Im eigentlichen Kriegsgebiet hat sogar das Leben der seßhaften ziehen sich enge Pfade, nur 5 bis 6 Kilometer zu den Ortschaften Bevölkerung nomadischen Anstrich, und hier im entlegenen Kar­Batakofalu und Wolosate, dort aber stehen unsere Truppen bereits pathental ganz besonders. Heiter und gedankenlos spielen diz Aug im Aug dem Feinde gegenüber. Die Kämme der nördlichen flachsköpfigen Ruthenenkinder an den Ufern des Ungflusses, mitten Randhöhen des Tales sind gesäumt von den Stellungen unserer zwischen den Soldaten. Die Alten treiben sich indessen in der Infanterie, und zeitweilig schimmern dort oben weiße Wölkchen auf, aus denen ein Guß von Eisen und Leid niedergeht. Im Tale eber ist Frühlingsstimmung. Allenthalben Zelt und Baraden­lager, in denen die Feldgrauen ameiſenartig durcheinander wir ... den 27. April 1915. keln. An den Bahnstationen und selbst vor den Feldspitälern Blühende Spätsommertage waren es, als ich zum ersten Mal liegen sie, sich räkelnd und dehnend, im Freien, um in die warme die ausgedörrten Hänge des Vorgeländes überwindend, in die Sonne zu blinzeln; allenthalben züngeln die Feuer, die Fahr­Waldeinsamkeit der karpathischen Bergwelt geriet. Noch hatte sie füchen brodeln, und von einem Hügel, über dessen breite Suppe ite feines Kriegers Fuß betreten, noch röhrten die Hirsche brünstig in Belte verstreut sind wie Termitentegel, laufen sie eben in hellen den Dickichten, aber in der Ferne zog sich das Ungewitter zusammen Haufen, mit den Zinnschalen klappernd, hinunter zu den Gulasch­und blutrote Sonnenuntergänge am Rande des grauumdunsteten kanonen, um den Abendimbiß zu holen. Das ganze Tal hindurch, Horizontes kündeten Unheil. Schon gab es Krieg.. Ich war ziehen sich diese Bilder und ihre heiteren Farben drängen sich so dann in den Karpathen, als die Laubkronen sich verfärbten, als stürmisch ans Lenzeslicht, daß man ihre bluti düsteren Hinter die Waldkuppen goldgelb und rostrot aufloderten, um allmählich zu gründe übersieht. Die Augen finden sie nicht, man muß mit dem verlöschen. Ich war dort, als das eintönige Aschengrau, das die Gedanken in sie dringen. Wer möchte es auch auf den ersten Blick verflackernde Herbstpracht als traurigen Rückstand ihrer Farben erkennen, daß die grünen Reisigbüschel, die sich dort in schnur­gluten zurückließ, fich jachte bereifte, als falter Regen mit Schnee- gerader Reihe quer über die Hutweide bis an die Berglehne ziehen, floden vermengt, vom Herbststurm gepeitscht, ins Gesicht weht. feine Jungtannen sind, sondern Masken für die rundmäuligen Noch immer war Krieg, und durch die kahlen Forste pfiffen die Schwer- Haubißen, die diese naturfarbenen Dominos über sich ge­Geschosse, und das edelste Getier bildete ihr Ziel der Homo worfen haben, um mit den spähenden Fliegern Mummenschanz dem Passe haben es die Kosaken arg getrieben. Auch die Frauen sapiens, der aufrechtgehende Träger göttlicher Vernunft. Auch in zu treiben! In scharf ausgerichteten und mit gleichen Abständen und Mädchen wurden ihnen dort zur Beute. Auf der Station den schweren Nöten des Spätwinters weilte ich in den Karpathen hintereinander geschichteten Reihen stehen die Trainparks und die Fengyesvögy drängen sich die Feldgrauen in dichten Scharen um bei eisigem Frost und bei grunderweichendem Tauwetter. Und Wagenburgen der landesüblichen Fuhrwerke" da; dazwischen einen Eisenbahnzug. Ich nähere mich neugierig. Welche Ueber­noch immer tobie der Krieg, und die Schneefelder sogen wie ein wimmeln gebräunte und bartstoppelige, oft schon grauhaarige raschung. Eine der sagenhaften rollenden Badeanstalten steht da, Schwamm verströmendes Blut in sich ein... Nun ist es Früh- Männer mit zottigen Müßen und in malerischen Lumpen, die sich von deren Existenz auf der ganzen Front dunkle Kunde von Mund ling geworden, und jäh sind sonnige Tage hereingebrochen, deren für das Auge zu einem bunten Trachtenbild aus allen Gauen des zu Mund geht. Von Petrikau   bis Czernowitz   hat jeder schon von Brutwärme bis weit hinauf zu den noch immer weißleuchtenden Reiches zusammenfügen. Wer denkt, wenn er dieses lebhafte Ge- dem berühmten Badezug gehört, aber keinen fand ich noch, der Gipfeln das Grün hervorlockt, so daß man schier zusehen kann, wie mälde mit all seinen grotesken Farbenkledsen aus seiner Umrah- ihn gesehen. Nun steht er da, in unbestreitbarer Wirklichkeit, und die schwellenden Knospen ihre Blätter- und Blütenkeime aufschießen ung von Lenzlicht und jungem Grün springen sieht, an sich bin überrascht, wie wenn ich die märchenhafte Seeschlange oder lassen. Wieder bin ich in den Karpathen und noch immer ist es Schicksal der Menschen, die darin leben, an das schwere Opfer, das sonst ein Fabelwesen plößlich mit eigenen Augen erschaute. Ein Krieg, und wie früher im Schnee, so versicert jetzt das Menschen- diese Landleute aus den Alpenländern und aus Böhmen  , aus Un ganz nettes Ding, dieser Badezug! Zwei lange Pullmanswaggons blut im Waldhumus, um dann mit hochschäumenden Tobelbächen garn, aus Slawonien  , aus Dalmatien   und aus Bosnien  , dem sind in Brausebäder umgewandelt. Jeder enthält 30 Brausen, die zu Tal zu gehen... Vaterlande bringen, indem sie seiner Armee als Troßknechte dienen. genau 5 Minuten tätig sind und sich dann automatisch abstellen. Noch ist es Krieg, aber der Frühling bewährt gleichwohl seine Neun Monate schon sind sie ihren Familien entrissen und wandern Auf jeden Badenden kommen fünfundzwanzig Liter Warmwasser. erlösende Kraft. Ein endloser Eisenbahnzug kriecht durch das bei Wind und Wetter hinter den Soldaten her, oft bis hinein in Jeder gibt seine Wäsche ab und erhält dafür frische. Jeder erhält Ungtal wie ein Tausendfüßler. Unser Waggon bildet ein Ketten- die Zone des Schlachtengrauens, immer aber in der Zone der auch für einige Stunden reine Monturstücke und indessen werden glied dieses riesigen Wurmleibes, der vollgepropft ist mit Soldaten. schleichenden Todesgefahr, immer in der Nähe aller Brutstätten seine eigenen Montursorten unter kondensierten Dämpfen Er bringt Marschbataillone eines Fünfkirchener Regiments auf giftiger Mikroben. Den ganzen feuchten Herbst und den ganzen lauſt. 1200 Mann können täglich der Wohltaten dieser ganz finn­das Schlachtfeld. In wenigen Stunden schon werden sie ein paar frostigen Winter hindurch haben sie kein anderes Obdacht gehat, reich eingerichteten Reinigungsanstalt teilhaftig werden; aber was Kilometer von der Auswaggonierungsstation entfernt eingesetzt" als die Zeltplane ihres vermorschten Leiterwagens, nasses, schmußi- ist das, wenn man bedenkt, daß es nur vier solcher Badezüge gibt werden, aber wer denkt daran, wenn draußen der Frühling so herges Strohgehäcksel war ihr Lager, kein anderes als das ihrer und daß keiner von ihnen bis in die Schwarmlinie vorzubringen lich lacht? An das Sterben haben sich die Menschen, die in den Kunikel. Manche sehen recht verwildert aus. so wie man sich die vermag. Bann der Karpathenwelt geraten sind, gewöhnt, aber dieser spät- Baltanheiducken oder die Komitatschis vorstellt. Sie find troßdem Wir fahren weiter in unsere Zielstation Hajasd, unmittelbar geborene Frühling ist so, wie wenn sie ihn zum ersten Mal er- recht harmlose und meist gutmütige Menschen; sie sind keine Wild- am Fuße der Uzsofer Pazhöhe, die Nacht senkt sich rabenschwarz Tebten. Nur Heiterkeit und Fröhlichkeit glänzt in den Gesichteru, linge geworden, sondern nur Nomaden. Doch nicht bloß fie allein. nieder. Scharf heben sich die Kämme der das Tal begleitenden die Kappen sind mit Blumen geschmüdt, rot, rotweißgrüne Bänder Was hier in den unmittelbarsten Hintergründen der Schlachten- Waldkuppen vom Nachthimmel ab. Ab und zu blizzt es dort oben mehen nicht anders als in den heißen Augusttagen der bedenken- front zu sehen ist. hat nomadischen Charakter und nicht bloß hier, hell auf. Weiß blühende Leuchtkugeln steigen auf wie Seifen­Iosen Kriegsbegeisterung. Wenn man aber hinausblickt in das fondern in ganz Europa  . Wir sind alle Nomaden geworden, ein er- blasen und zerstieben in tausend lichtspendende Funken. Unsere lachende grüne Tal, so bieten sich keine anderen Bilder. Die heblicher Bruchteil der europäischen   Menschheit muß jetzt zeitweil' Truppen, die dort oben auf dem Kamme in den Schüßengräben Bahn läuft hier eine beträchtliche Strecke quer binter der Front unter Umständen leben, die in die Epoche der Völkerwanderungen liegen, halten treue Wacht, und die da unten im Tale weilen, fön­unserer kämpfenden Truppen und ist hier, von Malomret bis zurückverweisen. nen ruhig schlafen.

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