Redner kam sodann auf die Schwierigkeiten zu sprechen, die sich besonders in letzter Zeit der Bildung dieser Organisation entgegen« stellen, indem die Vorschläge der in Betracht kommenden Staatengruppe den Bundesrat überrascht und enttäuscht haben. Bei den vorhandenen vortrefflichen Beziehungen sei aber Wohl zu erwarten, dag sie der Schweiz alles ersparen werden, was eine übermäßige Beeinträchtigung ihrer freien wirtschaftlichen Selb- ständigkeit zur Folge haben könnte. Sollten die Verhandlungen über die Schaffung eines Einfuhrtrustes wider Erwarten nicht zu einem befriedigenden Resultat gelangen, und sollte die sich alsdann ergebende Lage neue wirtschaftliche Schädigungen zeitigen und Opfer verlangen, so ist, fuhr der Redner fort, der Bundes- rat gewiß, daß sie von dem schweizerischen Volke mutig und patriotisch getragen werden. Grund zu irgendwelcher Beunruhigung ist namentlich bezüglich der Lebensmittelversorgung nicht vorhanden. Die kriegführenden Staaten baben in dankenswerter Weise für die Schweiz die Möglichkeit geschaffen, die für die Bevölkerung er- forderlichen Lebensmittel in einem Umfang einzuführen, der uns nicht nur bis jetzt ermöglichte, ohne Not zu leben, sondern auch auf lange Zeit hinaus ausreichende Vorräte zu beschaffen, um ohne zu große Sorge in die Zukunft zu blicken. Eine Organisation des Konsums ist bis heute nicht notwendig gewesen und wird auch zurzeit nicht ins Auge gefaßt. Sollte sie wünschenswert erscheinen, so wird sich unser Volk auch diese Ein- schränkung willig gefallen lassen. Bundesrat Hoffmann gab zum Schluß der Hoffnung Ausdruck, daß die Schweiz dank der Sympathie und Anerkennung, die die auswärtigen Staaten ihrer loyalen und offenen Politik zollen, und mittels einer mit den realen Verhält« nissen rechnenden, gleichzeitig aber die Ehre und Selbständigkeit der Schweiz fest im Auge behaltenden Wirtschaftspolitik diese schwerste Krise glücklich überstehen werde, die die Schweiz seit hundert Jahren burchzumckheu hatte. Der Interpellant erklärte sich über die Auskunft befriedigt und sprach dem Bundesrat das Vertrauen des Volkes in seine feste und klare Neutralitätspolitik aus. In Fartsetzung der Beratung des Geschäftsberichtes im National- rat erklärte gestern Bundssrat Calonder, der Chef des Departements des Innern» auf eine Bemerkung, daß die Schiffbarmachung des Oberrheins und die Regulierung der Bodenseegewässer als Fragen von großer wirtschaftlicher Bedeutung vom Bundesrat mit ent- sprechender Aufmerksamkeit verfolgt und nach Kräften gefördert werden. Schuld an dem langsamen Tempo trage der inter - nationale Charakter der Frage. Beim Abschnitt Volkswirt« schaftsdepartement kritisierten Vertreter der Sozial- d e m o k r a t i e die Zulassung einer zuweitgehenden Ausfuhr von Lebensmitteln, insbesondere von Käse, und warsen dem Bundesrat vor, unter dem Druck der Bauernorganisation zu handeln. Sie verlangten, daß weitere Steigerungen des Milch- Preises verhindert werden durch Einschränkung der Käseaussuhr. Ferner forderten sie die Monopolisierung des Flvischhandels und des Kartoffelhandels und die Ermäßigung des BrotpreiseS durch Bnudes- zuschüsse. Bundesrat Schultheß, der Chef des Volkswirt- schafbZdepartements, erklärte die Teuerung als unabwendbar und wandte sich energisch gegen die in der sozialdemokratischen Presse erhobeneu Vorwürfe, der Bundesrat lasse zugunsten der Bauern künstliche Preissteigerungen zu. Die Ausfuhr- bewilligungen für Käse seien stark eingeschränkt worden. Die Regelung des KäsepreiseS durch die Käse-Exportgesell- schaff habe einen konstanten Preis zur Folge und verhindere die übermäßige Steigerung des Milchpreises. Der Frag« der Monopo- lisierung weiterer Handelszweige, eventuell eines staatlichen Mit- handeksdetriebes stehe der Bundesrat nicht ablehnend gegenüber. Auch der staatliche Ankauf von Kartoffeln werde geprüft werden. Ferner soll geprüft werden, wie weit durch die Festsetzung von Höchstprsiseii die Preise günstig beeinflußt werden können. Er appelKerte zum Schluß unter lebhaftem Beifall an die Solidarität aller Kreise und versicherte, daß das Bestreben des Bundesrats darauf gerichtet sei, einen billigen Ausgleich zwischen den Interessen der verschiedenen Stände herzustellen.
politische Uebersicht. Eine neue Rede Wedel -Piesdorfs. Die Sonnabendfitzung des Herrenhauses war sehr kurz. Die JnterPellation Mermuth war zurückgezogen worden. Die Oberbütmermeister sind durch die Regierungserklärungen darüber beruhigt, daß die Wünsche des Landwirtschastsrates nicht erfüllt, die Städte bei der Regelung der Lebensmittel- Versorgung nicht ausgeschaltet werden. Von den Petitionen blieben etliche unerledigt, da Herr Wilms, der Oberbürgermeister von Posen, fehlte und man ohne Referenten nicht beraten kann. Den grSheren Teil der Sitzung füllte eine Rede des Präsidenten aus. Er erinnerte daran, daß unter seinem Reichst-gspräsidium Bismarck die bekannten Worte:„Air Deutsche siirchten Gott und sonst nichts auf der Welt" ge- sprachen hat. Dann fühlte der Herrenhauspräsident das Bedürfnis, seine früheren Bemerkungen über das Kriegs- ziel zu ergänzen. Er sagte wörtlich: „Ran sagt vielfach im Lande, wir müssen einen Frieden er- lange», der uns sichert gegen die Wiederkehr solcher Angriffe, wie wir sie jetzt erlebt haben. Nach meiner Ueberzengung gibt es einen solchen Frieden nicht. Je größer wir aus dem Kampfe hervorgehen, um so größer wird auch das Bestreben unserer Gegner sein, durch neue Koalitionen uns das wieder zu entreißen, was wir errungen haben. Unsere Sicherung besteht deshalb nur in unserer eigenen Kraft." Im Zusammenhang mit seiner früheren Rede bedeutet diese neueste Auslassung, dag Herr v. Wedel seine Kriegsziele nicht danach einrichten will, ob ihre Verwirklichung die Ge- währ eines dauernden Friedens bringt oder nicht. Noch in seiner letzten Rede hat ja der Reichskanzler von den „Sicherheiten und Garantien" gesprochen, die dieses Ziel befesügen müßten. Herr v. Wedel aber sagt, ein solcher Frieden sei gar nicht möglich. Er meint also, wir lebten in Zuständen, die notwendig ständige Kriegsgefahr in sich trügen. Demgegenüber verweist Herr v. Wedel aus die eigene Kraft, die man stärken müsse, worunter er natürlich militärische Bor- bereitungen versteht. Den Mest seiner Rede widmete Herr v. Wedel der Gottes- furcht, Einigkeit, Tapferkeit, besonders aber der Gottesfurcht. Dann ging man unter Hochrufen auf den König und das .wehrhaste, einige und gottessürchtige Volk" auseinander.
Die Presse im Kriege. In der„Essener Arbeiter-Zeitung" lesen wir folgendes Schreiben des stellvertretenden Generalkommandos m Münster : „Die Nr. 140 der„Essener Arbeiter-Zeitung" enthält einen Aufsatz„ D i e P r e s s e im K r i e g e". der die entschiedene
Mißbilligung des stellvertretenden Generalkommandos ge- funden und zu Maßnahmen der Presseaufficht Veranlassung gegeben hat. Er greift mit groben Schmähungen den über- wiegenden Teil der deutschen Presse an, der sich unter frei- williger Zurückstellung des eigenen Parteistandpunkts während des Krieges verständnisvoll in den Dienst der vaterländischen Sache gestellt und den vom militärischen Interesse gebotenen Rücksichten angepaßt hat. Dadurch verletzt er gröblich den Burgfrieden. Der letzte Absatz enthält scharfe Anczriffe gegen die auf gesetzlicher Grundlage arbeitende Militärzensur und deren dem Gebote der Staatsnotwendigkeit ent- springendes Walten. Dadurch werden milttärische Interessen gefährdet. Der Aufsatz sucht bei Gelegenheit des Angriffs auf die bürgerliche Presse ferner die Maßnahmen unserer Kriegführung, insbesondere die Torpedierung der„ L u s i t a n i a", der- ächtlich zu machen und trägt offensichtlich eine Vaterlands- feindliche Gesinnung zur Schau. Dadurch wird das Vater- ländische Gefühl empfindlich verletzt. Die vaterländisch gesinnte Presse wird gebeten, dem hier gekennzeichneten Aussatz keine weitere Erwiderung zuteil werden zu lassen, da sie einer besonderen Rechtfertigung ihres un- bestrittenen Ehr- und Pflichtgefühls einer derartigen sich selbst richtenden Kundgebung gegenüber nicht bedarf. Stellvertr. Generalkommando 7. Armeekorps."
Beschränkung des Arbeitswechsels. Das Generalkommando des VlL Armeekorps in M ü n st e r hat den Handelskammern in seinem Bezirk Auftrag erteilt, folgende Grundsätze denjenigen Unternehmern, welche für den Hoeresbedarf arbeiten lassen, zu unterbreiten: „Unter der Voraussetzung, daß diese Vereinbarung unter allen Heeres- und Marinelieferanten des VII. Armeekorps- bereichs zustande kommt, verpflichten wir uns, a) uns nicht gegenseitig Arbeitskräfte zu entziehen, ins- besondere nicht unmittelbar an Angestellte eines Unternehmens gleicher Art mit einem Vertragsangebot heranzutreten; b) Arbeiter aus anderen Betrieben der Heeresindustrie nicht aufzunehmen, wenn fie als Kündigungsgrund lediglich ungenügenden Lohn angeben und der bisherige Arbeitgeber einen feinem örtlichen Tarif entsprechenden Satz gezahlt hat." Die Zahl der Arbeiter, deren Arbeitsverhältnisse diese Grundsätze berühren würden, ist sehr hoch, denn der Bereich des VII. Armeekorps umfaßt den industriellsten Teil Deutsch- lands, nämlich Westfalen und den Niederrhein . Der Vorschlag des Generalkommandos in Münster nimmt keinerlei Rücksicht auf die Veränderung des Geldwerts. Die Tarifverträge sind vor dem Krieg geschaffen worden und die damals festgesetzten Löhne find berechnet auf der Grundlage des damaligen LebenSmittelpreiästandes. Die Zahlung dieser Tariflöhne durch die Unternehmer rechtfertigen unseres Erachtens Hinsicht- lich der Preisänderungen auf dem Lebensmittelmarkt eine Mahnahme, wie sie vom Generalkommando vorgeschlagen ist, nicht mehr. Es wäre wünschenswert, wenn das General- kommando vor dem Erlaß solcher tief in das Arbeiterleben einschneidenden Matznahmen auch die Gewerkschaften hören würde.
Für das Frauenstimmrecht. Wie der„Reichsbote" mitteilt, haben der frühere Ko- lonialsekretär Dr. Dernburg und Geheimrat Meyer- Gerhardt in einer Versammlung des„Deutsch-amerikani- scheu Komitees für Frauenstimmrecht" in New Aork gesprochen. Die Reden wurden in englischer Sprache gehalten. Dernburg äutzerte, er sei zwar noch kein„Suffragist", aber er trete entschieden für das Frauen st immrecht in die Schranken. Die deutsche Frau sei berufen, nach dem Kriege eine bedeutende politische Rolle zu spielen, und sie werde wahrscheinlich das Stimmrecht erhalten. Er verwies auf die Verdienste, die sich die deutschen Frauen während des gegenwärtigen Krieges um das allgemeine Wohl erworben hätten und meinte, das Vaterland dürfe diese großen Ver- dienste nicht vergessen und müsse sie belohnen. Die Be- lohnung müsse in der politischen Gleichberechti- g u n g bestehen. Er fügte hinzu: Er könne bestimmt voraus- sagen, daß das Frauenstimmrecht in Deutschland von selbst kommen werde. Herr Geheimrat Meyer-Gerhardt stimmte mit Dernburg darin überein. daß die deutsche Frau auf Grund ihrer Verdienste zum Stimmrecht berechtigt sei. Die Frau sei in neuerer Zeit in alle geistigen Gebiete ein- gedrungen und habe sich dein Manne gleichstehend, ja oft über- legen erwiesen. Ihre treue Arbeit während des Krieges werde in Deutschland hochgeschätzt und werde letzten Endes ihre Früchte tragen, nämlich den Frauen das Stimmrecht ein- bringen, und zwar mit Unterstützung des Staates.
Verbot des Vorverkaufs der Ernte und des Zuckers. Im„Reichs-Anzeiger" vom 19. Juni wird die folgende Bundes- ratsverordnung vom 17. Juni veröffentlicht: § 1 Kaufverträge über a) Rogaen, Weizen. Spelz(Dinkel. Feien). Emer. Einkorn. Hafer, Gerste. aSein oder mit anderem Getreide gemengt; ierner Mischfrucht, worin sich Hafer befindet, aus der inländischen Ernte des JahreS ISIS, d) Futtermittel aus der inländischen Ernte des JahreS 191ö, die der Bekanntmachung über den Verkehr mit Fultermilteln vom 31. März 1915(Reichs. Gesetzblatt Seite 195) unterliegen. o) Rohzucker, sowett die Verträge nach dem 31. August 1915 zu erfüllen sind, sind nichtig. Dies gitt auch für Verträge, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung geschlossen sind. § 2. Der Reichskanzler ist ermächtigt, die Vorschriften dieser Verordnung auch aus Kaufverträge über andere Erzeugnisse der in» ländischen Ernte des Jahres 1915 sowie über Verbrauchszucker aus- zudehnen. z 3. Der Reichskanzler kann Ausnahmen von den Vorschriften dieser Verordnung zulassen. § 4. Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft. Der Reichskanzler bestimmt den Zeitpunkt des Außerkraft- tretens; er kann die Verordnung für einzelne Erzeugnisse außer Kraft setzen._ Die Löhnung der Kriegsgefangenen. Auf eine Anftage, ob der Familie eines Kriegsgefangenen besten Löhnung während der Gefangenschast ausgezahlt wird, hat das Kriegsministerium die folgende Antwort erteilt:
„Denjenigen Angehörigen, deren Ernährer der in Gefangen- schaft befindliche Löhnungsempfänger ist, kann die volle Löhnung oder ein Teil derselben vom Baiaillonskommando auf Antrag be- willigt werden. Den Angehörigen von GeHall empfangenden Kriegsgefangenen kann das Divisionskommando bis zu 7/xo des GeHalls bewilligen. Sämtliche stellvertretenden Kommandobehörden sind vom Kriegsministerium aui diele unter Kriegsbeioldungsvorschrift ent- haltene Bestimmung noch besonders hingewiesen worden mit dem Ersuchen, die nachgeordneten Dienststellen zu veranlasien. An- gehörigen von Kriegsgefongenen entsprechende Auskunft zu geben und ihnen zur Erlangung der Gebührnisse behilflich zu sein." Da nur wenige Personen der zum Heeresdienst eingezogenen Personen Kenntnis von dieser Bestimmung haben, teilen wir sie mit.
Erledigtes Landtagsmandat. Der„Schlesischen Volközeitung" zufolge ist am Sonnabend der Landtagsabqeordnete des Wahlkreises Breslau 8(Neurode- Glatz- Habelschwerdt ), Pfarrer Max Richter- Alt-Waltersdors(Zeitllum) 48 Jahre alt gestorben._
Die holländische Militärvorlage. Die holländische Regierungsvorlage zur Ausdehnung der Land- sturmpflicht auf alle tauglichen Männer im Lebensalter von 29 bis 4V Jahren hat nach einer Mitteilung unseres Amsterdamer Partei« blattes„Het Volk" in den Sektionen der Zweiten Kammer eine sehr ungünstige Aufnahme gefunden, so daß die Annahme der Vorlage mit ihrer armseligen Motivierung, ihrer unklaren Tendenz und ihren gefährlichen Perspekllven unwahrscheinlich ist. Der Genosie T r o e l st r a führt im„Het Volk" hierzu noch aus:„Es ist gut, daß man dies weiß in allen denjenigen Kreisen unseres Volkes, in welchen man eine Unruhe empfindet über den neuen Kurs in der Kriegspolitik unseres Landes, der zwar nicht bei der Regierung besteht, dessen Schein sie aber hervorruft durch diese Vorlage. Es ist auch gut, daß die nach einer starken Armee lüsternen Zeitungen und Gruppen, die unser nationales Interesse bedrohen, zu gleicher Zeit, als fie es für sich monopolisieren, erfahren, daß sie irre ge« führt sind von Personen, die von den„heutigen Umständen" in unserem Kriegswesen nichts wissen und sich also an einen falschen Schein vergaffen. Es ist gut, am liebsten sobald als nur möglich, alle diejenigen, die sich in ihrer gesellichafllicheri Existenz bedroht sehen, von so riesigen Plänen, wie sie in dieser Vorlüge theoretisch enthalten sind, beruhigt werden." In der katholischen Partei kommt auch ein starker Widerst»? gegen die Vorlage auf. Es ist zu erwarten, daß der Parteirat unserer Partei, der diesen Sonnlag zusammentritt, eine große Agitation gegen die die holländische Neutralität bedrohende Vorlage beschließen wird.
Mus öer Partei. Die sächsische Sozialdemokratie im Kriegsjcchre. Auf die Zeit vom 1. April 1914 bis 31. März 1915 erstreckt sich der soeben erschiene Bericht des sächsischen Lanbesvorsiandes: Der Bericht beginnt mit einer Schilderung der sozialdemokratischen Bestrebungen auf Erhaltung des Friedens in den letzten Julitagen des vorigen Jahres; sodann wird eine Uebersicht vom Stande der Mitgliedschaften, des Versammlungslebens und der Parteipresse gegeben. Di« übrigen Kapitel sind der Kriegsfürsorge, dem außerordentlichen Laiwdag und den Bemühungen gegen den Lebens- mittelwucher gewidmet. Statistische Ueberfichten orientieren über die Zahl der Mitglieder, der Gemeindevertreter rn den Wahl. kreisen wie über die Tätigkeit der Bildungs- und Jugendrnisschv.sse und der Kinderschutzkommissionen, während in anderen Ueberfichten die Einnahmen und Ausgaben veranschaulicht sind. Zuletzt wird noch der Landiagsersatzwahlen kurz gedacht. Am meisten interessiert die Mitglied crbewegung in der Kriegs- zeit. Der Bericht karrn konstatieren, daß zwar eine starker Ruck- gang im Mitgliederstande zu tierzeichnen war, daß er aber doch hinter den gehegten Befürchtungen zurückgeblieben ist. Die Ge- samtzahl der Mitglieder betrug am 31. März 1914 177 555, am selben Tage dieses Jahres dagegen 157 824, mithin beziffert sich der Rückgang auf 13 721. Dazu wird in dem Bericht bemerkt: „Nicht zu leugnen ist, daß sich unter denen, die die Mitgliedschaft ausgegeben haben, Deserteure befinden, deren Idealismus noch zu schwach war, um nicht die gute Gelegenheit zu benutzen und sich von einem Geldopfer für die gute Sache zu drücken. Der wesentliche Teil derer aber, die abgegangen sind, hat nur vorüber» gehend die Mitgliedschaft eingestellt; er ist abgegangen unter dem Drucke der Not, die der Krieg gebracht hat, in der irrtümlichen Meinung, der Parteibeitrag sei das erste, was man fich sparen könne." Bedauerlich ist der starke Rückgang der weiblichen Mit- glieder, die sich von 28 424 auf 24 871, also um 12,59 Proz., vermindert haben, währeich bei den männlichen die Abnahme nur 19,89 Proz. beträgt. Der Krisg hat die tatkräftigsten Genoffen in Anspruch genommen. In einzelnen Kreisen sind 99 Proz. aller Funktionäre zum Heere einberufen� worden._ Das Versammlungsleben war zwar infolgedessen in einigen Bezirken fast ganz lahmgelegt, in anderen war es immerhin noch befriedigend. In Leipzig war eine starke Beteiligung der Kriegersrauen zu beobachten; im Löbauer Kreise hat man sogar noch durch eine Hausagiiation 39 Mitglieder neu- gewonnen. Neben dem Kriege bat die große Arbeitslosigkeit in den ersten Kriegsmonaten sehr nachteilig auf die Organisationen ein- gewirkt. Im 29. Reichstagswahlkreise(Zschopau - Marienberg ) hörte infolgedessen in 17 Orten jede Vereinstätigkeit auf; wer nicht eingezogen wurde, ging wegen Mangels an Beschäftigung nach Ostpreußen oder Belgien als Armierungsarbeiter. Nicht bester war es im 21. Kreise(Aniraberg-Eibenstock). wo in 18 Orten jede Organisationstätigkeit unterbleiben mußte, weil fast alle nicht- eingezogenen Mitglieder auswärts Arbeit suchen mußten. Im 22. Wahlkreise(Reichenbach) haben einige Ortsgruppen so gut wie keine Mitglieder mehr, weil vorwiegend in der Spitzen- und Stickereiinduftrie völliger Sfillstand herrscht und die Arbeiter nach Ost- und Westpreutzen und Rheinland als Erdarbeiter gehen mußten, soweit sie nicht eingezogen wäre«.
Amerikanische Parteivcrhältniste. Auf ihrem letzten Kongreß zu Chicago hat die sozialistische Partei der Bereinigren Staaten beschtosien, innerhalb ihrer Reihen für die Einwanderer fremder, nicht englisch sprechender Nationen eine Anzahl von Sprachgrupven zu gründen. Nach einem jüngst er« statteten Bericht ist der Plan gut einaelchlageu und es sind zetzl im ganzen 19 solcher Sprachgruppen vorhanden. Am stärksten ist die finnländische mit 9693 Mitgliedern. Ihr folgt die deutsche mit 4337 Mitoliedern und die der russischen Juden mit 2553 Mitgliedern. Es schließen� sich an: Südiwwen(1900), Skandinavier(1889), Polen (1630), Tschechen(1239), Ungarn (83l), Italiener (809), Slowaken(731). Diese Gruppen, die zusammen eine Jahreseinnahme von etwa 499 999 M. zu verzeichnen hatten, besitzen acht Tageszeitungen, zwölf Wochenschriften und drei Monatsblätter. Die Sozialisten sran« zösischer Sprache(Franzosen, Kanadier und Belgier) sind noch nicht zahlreich genug, um eine besondere Gruppe konstituieren zu können, sie verfügen indessen schon über ein recht eifriges Wochenblatt, das „LUnion des travailleurs", das seit einer Reihe von Jahren iu Charleroi in Pennsylvanien erscheint.