sozialistischen Gesellschaft nach Möglichkeit zu mildern und ab« z u k ü r z e n. Durch dieses Bekenntnis wird weder der Charakter der Sozial- demokratie und ihr Programm, noch werden dadurch die Grund- sätze irgendwie alterierl Dagegen würde endlich mit dem groben Unfug, der mit dem Worte.revolutionär' getrieben wurde, auf- geräumt. Bei den Differenzen zwischen den.Radikalen' und den Reformisten handelt es sich nicht um daS Ziel, sondern um das Wie seiner Verwirklichung. Es stehen sich zwei Auffassungen über den Gang und das Tempo der sozialen Bewegung schroff gegenüber. Jede dieser Auffassungen bedingt ihre besondere Taktik. Diese beiden Taktiken lassen sich nicht miteinander vereinbaren. Jeder dahinzielende Versuch mus; scheitern. Hier gibt es nur ein Entweder— oder. Die Sozialdemokratie muff die zersetzenden Wirkungen, die der heillose Widerspruch zwischen der Zusammenbruchstheorie und ihrer Taktik hervor- gerufen har, überwinden und System in ihre politische Praxis bringen, die methodisch auf ihr Aktionsprogramm eingestellt werden mutz. Die revolutionäre Phrase, die doch nur die Rolle der politischen Vogelscheuche spielt, mutz durch die revolutionäre Evolution ersetzt werden. Nur so kann die Sozial- demokratie ihren Einfluh steigern und dadurch die Neuorientierung der deutschen Politik herbeiführen helfen... Nichts wäre für die künftige Politik der Sozialdemokratie der« hängnisvoller, als der rein formellen Einheit wegen, den Konse- q Uenzen der seit 4. August 1914 inaugurierten Politik wieder aus dem Wege zu gehen und einen unhaltbaren Kompromitz zu schlietzen. Mit den Elementen, welche diese Politik als einen Verrat an den politischen Grundsätzen der Sozialdemokratie bezeichnen, können diejenigen, welche auf dem Boden dieser Politik stehen, nicht mehr zusammenarbeiten. Die Kluft zwischen den sich gegenüberstehenden Auffasfungen ist zu groß, als datz sie überbrückt werden könnte. Das innere Problem der Sozialdemokratie mutz endlich gelöst werden. Nur unter dieser Voraussetzung ist eine Neuorientierung der deutschen Politik möglich und durchführbar.' Die.Deutsche Tageszeitung" gibt noch folgendes Zitat aus der Kolbschen Broschüre: „Es gibt jetzt für die Sozialdemokratie nur noch zwei Mög- lichkeiten: Entweder ordnet sie ihre Politik den gegebenen Ver- Hältnissen ein, oder sie lehnt das prinzipiell ab. Im ersteren Falle mutz ihre Politik konsequent auf den Parlamentarismus, auf die demokratische und sozialfftische Reform, im letzteren Falle konsequent auf die antiparlamentarische revolutionäre Massen- aktion eingestellt werden. Die bisherige Politik bewegte sich in der Mitte dieser beiden Auffaffungen. Daraus ent- stand der Widerspruch zwischen Theorie und Praxis. Diesen Widerspruch hat die sozialdemokratische Reichstagsfraktion gelöst. Die Frage ist jetzt nur. ob der sozialdemokratische Parteitag diese Lösung akzeptiert. Geschieht die», dann kann der politische Entwickelungsgang und innere Ge- sundungsprozetz der Sozialdemokratie in normaler Weise fort- schreiten. Gleichzeitig wäre damit aber auch eine» der grötzten Hindernisse für die Neuorientierung der deutschen Politik be- seitigt. Diese Neuorientierung kann nichts anderes bedeuten als eine grundlegende Verschiebung der politischen Machtverhältnisse von rechts nach links. Voraussetzung dafür ist eine Mehrheit der Linken, die politisch aknonsfähig ist, welche die Regierungen von der bisherigen Mehrheit politisch unabhängig macht. Die deutsche Arbeiterklasse hat ein Recht darauf, datz ihre politischen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen nach dem Kriege die nachdrücklichste Förderung erfahren. Wie anders aber soll dies möglich gemacht werden, als durch eine politisch und parla- mentarisch einflutzreiche Sozialdemokratie, über deren Wünsche und Forderungen man nicht mehr zur Tagesordnung übergehen kann? Eine auf dem Standpunkt der prinzipiellen Negation stehende Sozialdemokratie wird diesen Einfluß nie gewinnen."
Pressejubiläum. Die„Magdeburger Volks st imme' blickte am gestrigen Tage auf eine llöjährige Werbetätigkeit zurück. Am 1. Juli 1899 wurde sie aus den Ueberschüssen des damaligen ReichStagswahl- kampfes mit einem Betriebskapital von 6500 M. gegründet. In den ersten Zahre» ging die Abonnentenzahl nicht über 2000 hinauf, erst nach einem Jahrzehnt konnte man 10 000 Abonnenten mustern. Durch Zusammenlegung mit der in Halberstadt erscheinenden„Volks- zeitung" vergrötzerle sich der Abonnentenstand immer mehr, so datz bei Beginn des Krieges 34 000 Abonnenten gezählt und auch während des Krieges gehalten wurden. Diese EntWickelung führte dazu, datz das Blatt seit 1905 in eigener Druckerei hergestellt wird. Eine eingehende Schilderung der schweren Ver- folgungen kann das Blatt jetzt unter dem Zeichen des BurgftiedenS nicht geben. In der FriedenSzeit will die„Volksstimme" wieder mit heiligem Elfer ihre jetzt unterbrochene Pionierarbeit aufnehmen.
Aus den Organisationen. Am 27. Juni fand in Cannstatt die Generalversammlung deS zweiten württembergischen Wahlkreise« statt. Sie war von 93 Delegierten aus 85 Ortsvereinen besucht. 17 kleine Lrtsvereine waren nicht vertreten. In diesen Orten sind die Mit« aliedcr teils vollzählig, teil« bis aus wenige zum Militär eingezogen. Genaue Angaben über den gegenwärtigen Mitgliederstand konnten noch nicht gemacht werden, doch steht fest, datz ein größerer Rückgang zu verzeichnen ist, als der Abgang durch Einberufung. Die Stutt- garter Parteidifferenzen haben auf einige wenige Orte des 2. Wahlkreises übergegriffen. In drei Ortsvereinen schieden Minderheiten aus der Organisation auS; in allen übrigen Ortsvereinen blieb die Geschlossenheit gewahrt. Der Kassenbericht ergab bei einer Ein- nähme von 19 565,07 M. einen Bestand von 8367,80 M. In der Diskussion wurde scharf gegen die Lebensmittel« teuerung Stellung genommen und eine Protestresolution einstimmig angenommen. Eine ebenso einstimmig angenommene Resolution spricht da« volle Einverständnis der Kreisversammlung mit der Politik der Reichstagsfraktion und deS Parteivorstandes während des Krieges aus. Die Versammlung stimmt insbesondere der Auf- fassung zu, datz alle Volksgenossen zur gemeinsamen Abwehr der Gefahr verpflichtet sind, solange die Sicherheit Deutschlands be» droht ist.... Die Kreisversammlung verurteilte auch aufs schärfste die Treibereien der Parteiopposition, die durch eine geschlossene Sonder- Organisation an der Zerrüttung der Parteiorganisation arbeitet, und bedauert das Vorgehen des Parteivorsitzenden Haase, soweit er die Politik der berufenen Körperschaften öffentlich aufs schärfste bekämpft. * Ter Vorstand und der Ausschuß deS Sozialdemokratischen Vereins für J3en Wahlkreis Lübeck beschäftigten sich in ihrer ge- meinsamen Sitzung mit dem an den Vorstand der Partei und die Reichstagsfraktion gerichteten Zirkular von Lore Agnes und Ge- nossen. Nach einer ausgiebigen Debatte, in der fast alle Redner das Vorgehen der Unterzeichner des Zirkulars scharf mißbilligten, gelangte gegen eine Stimme folgende Resolution zur Annahme: „Vorstand und Ausschuß des Sozialdemokratischen Vereins für den Wahltreis Lübeck erklären sich einverstanden mit der Haltung der ReichstagSfraktion und de« Parteivorstandes.... Vorstand und Ausschuß müssen sich deshalb mit Entschiedenheit gegen die Be- strebungen einer Anzahl von Mitgliedern der Partei wenden, die geeignet sind, die Aktionsfähigkeit der Partei und ihre Einheit zu stören."_
Kandidatenaufstcllung. In einer Kreiskonferenz für den Wahlkreis SchwiebuS-Züllichau- Krossen wurde an Stelle des verstorbenen Genossen Oswald Grauer der Genosse Adolf Cohen, Berlin , erster Bevollmächtigter des Mctallarbeiterverbandes, Filiale Berlin , einstimmig zum Reichstag «- landidaten aufgestellt.
Gewerkschaftliches. 25 Jahre Jabrikarbeiter-Verbanü. In festlichem Gewände, trotz der trüben Zeit, in der wir leben, und in vierfachem Umfange, tritt die Nr. 26 des „Proletariers ", des Organs des Verbandes der Fabrik- arbeiter Deutschlands vor uns: ist sie doch der Erinnerung an die Tatsache gewidmet, daß am 29. Juni sich zum 25. Male der Tag jährt, an dem im„Ballhof" zu Hannover ein Kon- greß der nichtgewerblichen Arbeiter Deutschlands zusammen- trat, der zur Gründung einer alle Fabrik-, Land- und nicht- gewerblichen Arbeiter Deutschlands umspannenden Organi- sation führte. Die Gründung des Verbandes fiel in eine Zeit, in der ein besonders starkes Leben in der deutschen Arbeiterschaft pulsierte, nämlich in die Zeit kurz vor Ablauf des Sozialisten- gesetzes. Nach 12jähriger Dauer wurde dieses Gesetz be- kanntlich am 1. Oktober 1896 aufgehoben. Trotz der Schwierigkeiten, die es der politischen und auch gewerkschaft- lichen Betätigung der Arbeiterschaft entgegensetzte, hatten die Arbeiter in den letzten Jahren seines Bestehens doch ge- lernt, ihre Organisationen gewissermaßen in die Lücken des Gesetzes hineinzubauen. So bestanden im Jahre 1896 in Deutschland etwa 26 Lokalvereine, in denen Fabrik- uni nichtgewerbliche Arbeiter organisiert waren. Außerdem ge- hörten den Vereinen der Bauhilfsarbeiter, der Hausdiener und der Handelshilfsarbeiter eine Anzahl Fabrikarbeiter als Mitglieder an. Die Bauhilfsarbeiter wünschten damals, alle nichtgelernten Arbeiter, unbeschadet ihrer besonderen Be- rufstätigkeit, in ihrem Verbände hu vereinigen. Demgegenüber hielten die bestehenden Fabrikarbeiterverbände eine ge- sonderte Organisation für zweckmäßiger und der Ortsverein Hannover war es, der die Initiative zur Schaffung eines solchen ergriff. Sein Vorsitzender Rohleder berief zum 29. Juni 1896 nach Hannover einen Kongreß aller nicht- gewerblichen Arbeiter Deutschlands ein, der von 28 De- legierten, die 29 Orte vertraten, besucht war. Nachdem man sich über die Frage:„Zentralisation oder Lokalorganisation?" mit 24 gegen 5 Stimmen zugunsten der ersteren geeinigt hatte, wurde die Gründung eines„Verbandes der Fabrik-, Land- und Hilfsarbeiter Deutschlands " beschlossen. Als Vor- sitzender des Verbandes wurde August Brey gewählt, der diesen Posten bis heute in unermüdlicher hingebender Tätig- keit ausgefüllt hat. Auf dem ersten Verbandstag 1892 in Hannover , bis zu dem es der Verband auf eine Mitgliederzahl von 2566 und ein Vermögen von etwa eben soviel Mark gebracht hatte, wurde die Herausgabe eines eigenen Organs, des„Pro- letariers" beschlossen. Mit Hilfe dieses wackeren Mitstreiters ging es nun weiter an die Gewinnung von Einfluß unl Mitgliedern. Am Ende des Jahres 1893 musterte der Ver- band schon 5666 Mitglieder; 1896 wurde zum ersten Male eine Streikunterstiitzung in Höhe von 25 665 M. gewährt. Dieses Jahr brachte noch eine Reihe weiterer Streiks, aber auch einen Mitgliederzuwachs von 6666 und damit ging es nun vorwärts. Unmöglich ist es natürlich, im einzelnen die Vorteile au den? Gebiete der Arbeitsgestaltung aufzuzählen, die der Ver- band seinen Mitgliedern hat erringen helfen. Zusammen- fassend sei daher nur wiedergegeben, daß am Schlüsse des Jahres 1914 durch ihn 437 Tarifverträge für 39 991 Be- schäftjgte abgeschlossen wurden. Allein in den letzten füw Jahren wurden 2663 Lohnbewegungen in 4841 Betrieben mit 266 666 Beschäftigten geführt, die zu einer Verkürzung der Arbeitszeit um insgesamt 146 647 Stunden pro Woche und einer Lohnerhöhung von 296 784 M. pro Woche führten. Diese Erfolge sind um so höher einzuschätzen, als der Fabrik- arbeitervcrband es doch eben mit ungelernten Arbeitern zu tun hat, die im Betriebe jederzeit leicht zu ersetzen sind, und für die es daher um so schwerer ist, irgendwelche Verbesse- rungen der Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Der Verband der Fabrikarbeiter stand vor Ausbruch des Krieges niit seinen 267 666 Mitgliedern unter den großen deutschen Gewerkschaften an fünfter Stelle. Er verfügte im Jahre 1913 über eine Einnahme von 4� Millionen Mark, der eine Ausgabe von 3,8 Millionen Mark gegenüberstand, und einen Kassenbestand von 3,9 Millionen Mark. Der Wochenbeitrag betrug für männliche Mitglieder 45, für weib- liche 25 Pf. Von den Ausgaben entfielen 2� Millionen Mark auf Unterstützungszwecke. Das Kriegsjahr hat neben einer Verminderung der Einnahmen auf 3,9 Millionen Mark eine Erhöhung der Ausgaben auf 4,4 Millionen Mark und damit ein Zurückgehen des Kassenbestandes auf 3,4 Millionen Mark gebracht. Auch die Mitgliederzahl ist natürlich wesent- lich gesunken. Ende Mai d. I. zählte der Verband infolge der zahlreichen Einberufungen nur noch 168 666 Mitglieder. Wie in so vieles andere, so hat der Krieg auch in ein blühendes Gewcrkschaftsleben störend und erschütternd ein- gegriffen. Aber auch er kann nicht vernichten, woran eine ganze Arbeitergeneration mit solchen Opfern, solcher Energie und solcher Hingabe gearbeitet hat. Der Verband der Fabrikarbeiter wird wie alle unsere anderen gewerkschaftlichen Organisationen das furchtbare Völkerringen überdauern, um dann mit ungeschwächter Kraft seine segensreiche, auf die Besserstellung von Hunderttausenden hinzielende Friedens- arbeit wieder aufzunehmen.
Deutsches Reich . Teuerungszulagen in der Ledertvaren-Jndustrie. Die Portefeuilles- und Reiseartikelindustrie Deutschlands hatte unter dem Ausbruch des Weltkrieges außerordentlich zu leiden. In den ersten Wochen waren fast sämtliche Arbeiter und Arbeiterinnen, rund 6000, völlig arbeitslos. Erst nach und nach wandte sich ein Teil der Militärefiektenbranche zu. Als daS WeihnachtSgeichäft aufblühte und der Bedarf an Lederwaren in Deutschland und den neutralen Ländern sich steigerte, kehrten eine Anzahl wieder zu ihrem alten Beruf zurück. Die tariflich geregelten Löhne sind in der Zeit der Lebensmittelteueruna völlig unzureichend. Aus diesem Grunde richtete der Vorstand deS Verbandes der Sattler und Portefeuiller an den Unternehmerverband ein Schreiben um Gewährung einer prozentualen Kriegszulagc. Es kam zu münd- lichen und schriftlichen Verhandlungen, deren Ergebnis schließlich war, daß eine zentrale Regelung aus Mißstimmigkeiten in der Unternehmervereinigung nicht zustandegekommen ist. Die Offen- bacher Vereinigung hat den Arbeitern � einige Zugeständnisse gemacht. Danach sollen alle männlichen Arbeiter, die im Stunden- lohn beschäftigt sind, einen Kriegszuschlag von 4 Pf. pro Stunde erhalten, ausgenommen davon sollen nur diejenigen sein, die seit 1. April einen den jetzigen Verhältnissen entsprechend höheren Stundenlohn erhalten. Arbeiterinnen erhalten unter der gleichen Einschränkung 2 Pf. Akkordarbeiter, welchen nicht seit l. April un- gefähr den Verhältnissen entsprechende höhere Löhne bewilligt worden ind, erhalten 5 Proz. Der Kriegszuschlag ist rückwirkend ab 1„ Juni 1915,— Diese Beschlüsse wurden von der Offenbacher Per,
einigung einstimmig gefaßt, haben jedoch keinen Bezug auf die Berliner , Stuttgarter , und Nürnberger Vereingungen.— Im Gegensatz hierzu hat die Berliner Ver- einigung wohl die Berechtigung des Verlangens nach einer Kriegs- zulage anerkannt, aber ihre Gewährung so verklausuliert, daß von einer Bewilligung nicht die Rede sein kann. Sic empfiehlt den Fabrikanten nur, daß, soweit Arbeiter noch Löhne erhalten, die nach den gegenwärtigen Verbältnissen zu gering erscheinen, von Fall zu Fall eine den Zeitumständen angemessene Lohnerhöhung gewährt werden soll, und zwar nur für die Dauer des Krieges. Diese Ver- cinbarung soll denn auch völlig außerhalb des Tarifverhältnisscs stehen und keine Grundlage für die neuen Tarifverhandlungen des nächsten Jahres bilden.— Bei einigermaßen gutem Willen hätten die Berliner Lederwarenfabrikanten ihren Arbeitern ebenfalls einige Zugeständnisse machen können. Es wird von der organisierten Arbeiterschaft nochmals versucht werden müssen, die Fabrikanten von ihrem ablehnenden Standpunkt abzubringen und sie auf ihre Verpflichtung den Arbeitern gegenüber hinzuweisen.— Von Nürn berg und Stuttgart stehen die Antworten noch aus.
Ms Industrie und Handel. Kriegsgcwiune. Gewaltige Profite hat der Krieg der Rheinischen Auto- mobil- und Motorenfabrik Benz u. Co., A.-G, Mannheim , in den Schoß geworfen. Der Reingewinn im Jahre 1914/15 beläuft sich auf fast 9 Millionen Mark(8 893 549 M.j. dabei sind Abschreibungen in Höhe von 2 560 000 M. gemacht worden, denen allerdings ein Kassenbestand am Beginn des Geschäftsjahres von 2 49l 000 M. gegenübersteht, den man im vorigen Jahre bei der Unsicherheit der allgemeinen Lage nicht zur Auszahlung brachte. Von dem Reingewinn werden noch besondeee Abschreibungen in Höhe von 1 480000 M. und Rückstellungen in Höhe von 1 831 000 M. gemacht; über 6 Millionen Mark kommen zur Verteilung als Dividende und Tantieme. _ Amerika als KricgSlieferant. Der„TempS ' veröffentlicht eine Aufstellung über die vom Drei« verband mit amerikanischen Firmen abgeschlossenen Verträge über Kriegslieferungen. Die Westinghouse-Gesellschaft stellt 2 Millionen Gewehre her und wird demnächst eine Bestellung auf ebensoviele er- halten. Im letzten Viertel deS Jahres 1914 hat Amerika so viele Be- stellungen auf Stiefel erhalten, daß ganz Pennsylvanien damit hätte beschuht werden können. Decken und Tuch, die Anierika geliefert hat, hätten genügt, die Manhattan -Jnsel zu bedecken. Während der ersten neun Monate haben die Kriegführenden bestellt: 200 000 Pferde im Werte von 60 Millionen Dollar, 3b 000 Maulesel(5 Millionen), 7000 Automobile l20 Millionen), Zaumzeug für 15 Millionen, Ex- plosivstoffe für 15 Millionen, Feuerwaffen für 6 Millionen, Werk- zeuge zur Herstellung von Waffen für 15 Millionen und Stachel- droht für 3 Millionen. Die United Cartridge Company erhielt eine Bestellung auf 600 Millionen Palronen im Werte von 18 Millionen. Mitte Mai erreichte der Wert der Munitionsbcstellungen 400 Millionen Dollar, die Bestellungen auf Lebensmittel, Ausrüstungsgegenstände, Pferde und Automobile 500 Millionen Dollar. Die erste Bestellung auf Schrapnells betrug fünf Millionen Geschosse im Werte von 83 Millionen.— Schließlich stellt Amerika augenblicklich etwa 30 000 Automobile für Rußland her.
Soziales. Frühschluß statt Sommerurlaub. Von dem sonst regelmäßig erteilten Urlaub werden in diesem Jahre viele Geschäfte wegen der Knappheit an männlichem Per- onal absehen. Um aber den in diesem Jahre nicht minder ange- trengten Angestellten einen gewissen Ersatz für den Sommerurlaud zu geben, will man in bestimmten Geschäftszweigen, die eine der- artige Regelung zulassen, in den Sommermonaten den Frühschluß einführen. So hat z. B. die Seiden-Großbranchc beschlossen, die Betriebe täglich um 2 Uhr nachmittags zu schließen, und dieser Beschlutz ist zurzeit bereits zur Durchführung gelangt. Auf diese Weise haben die Angestellten reichlich Gelegenheit, den halben freien Tag in der waldreichen Umgebung Berlins auszunutzen. Es wäre zu wünschen, datz andere Betriebe, die von einer Urlaudserteilung glauben absehen zu müssen, gleichfalls den Frühschluß als kleinen Ersatz einführten.
Gerichtszeitung. Unbefugtes Verfügen über Gabe», die für die vstpreußischcn Flüchtlinge bestimmt waren, hat der Frau Auguste Seifert eine vor der 2. Strafkammer des Landgerichts III verhandelte Anklage wegen Betruges zugezogen. Mit ihr hatte sich die Wäscherin Frau Joiefa L u z r a n i, bei der die Angeklagte gewohnt hat, wegen Hehlerei zu verantworten. Frau S. ist erst vor wenigen Wochen von derselben Strafkammer wegen Urkundenfälschung zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt ivorden, weil sie in einem anderen gegen sie schwebenden Strafverfahren mehrere ärztliche Atteste ge- fälscht und auf diese Weise TerminSvertagungen erreicht hatte. Sie behauptet, in Hannover Mitglied des Vaterländischen Frauenvereins gewesen zu sein und nach ihrer Uebersiedlung nach Berlin nach Ausbruch des Krieges auch hier sich der Fraucn-Hilfstätigkeit ge- widmet zu haben. Sie will in dem Krankenhaus Westend einen Krankenpflege- Doppelkursus durchgemacht haben, nach dessen Beendigung sie auf Anstellung als Pflegerin hoffte. Sie stellte sich auch in Lazaretten und in der„Nationalen Frauenhilfe" vor. ohne jedoch zum Ziele zu gelangen. Sie hatte sich inzwischen eine Schwesterntracht, die der des Roten Kreuzes ähnlich sah, angeferligt, trug auch eine Phantasiehaube und am Halse eine kleine Brosche mit dem Zeichen des Roten Kreuzes. Als sie mit ihren Versuchen um Anstellung kein Glück hatte, ging sie nach dem Charlottenburger Rat- haus, ersuchte dort das Frl. v. Sch., der sie sich als„Frau Dr. Päse- doch" vorstellte, um ihre Vermittlung: letztere empfahl sie dem Vor- ätzenden de«„Ausschusses für ostpreußische Flüchtlinge", der damals ;n den alten Räumen der königlichen Bibliothek seine Geschäftsstelle hatte und gerade einer weiblichen Hilfskraft dringend bedurfte. Die Angeklagte ist dort nur wenige Tage tätig gewesen. Sie hat gleich zwei große Pakete mit Sachen, die von mildtätigen Leuten für die ostpreußischen Flüchtlinge bestimmt waren und an der näher be- zeicknelen Stelle abgeholt werden mußten, ohne Ermächtigung in Empfang genommen und eigenmächtig darüber verfügt. Einen großen Teil der wachen hat sie der Mitangeklagten überlassen, teils zur Verteilung an deren Verwandle, teils als Entgelt für die Miete. Frau L. bestritt, gewußt zu haben, daß Frau w. nicht über die Sachen verfügen dürfe, da diese ihr erzählt habe, daß sie die Sachen von ihr bekannten Personen gesammelt habe und ie nach ihrem Belieben verteilen könne. Der Gerichtshof folgte ,hr darin nicht, sondern verurteilte Frau Luziani zu einem Monat Gefängnis, während über Frau Seifert, gegen die noch eine kleine Unregelmäßigkeit bei dem Sammeln mit einer Sammelbüchse vorlag, unter Einbeziehung der vorigen Strafe eine Gesamtstrafe von acht Monaten Gefängnis verhängt wurde.
Wetterauöstchten für daS mittlere Norddeutschland biö Tonnabendmtttag. Ein wenig kühler, im Osten anfangs noch meist bc> wollt und stellenweise leichte Regenjälle; tm Westen, später auch im Osten vorwiegend heiter und trocken.«w*.» �es ösl SrC