Gewerksthastliches. Verlin und Umgegend. Achtung, Mitglieder des Metallarbeiterverbandes! Die nächste ordentliche Generalversammlung der Berwaltungs- stelle Berlin findet Montag, den 16. August, statt. Anträge hierzu müssen bis spätestens bis spätestens Montag, den 19. Juli, im Bureau eingelaufen sein. Die Ortsverwaltung. Deutsches Reich . Teuerungszulagen in der Textilindustrie. In jüngster Zeit sind verschiedene Mitteilungen durch die Presse gegangen, die geeignet sind, den Anschein zu erlvecken, als wenn diese Frage in der Textilindustrie einheitlich und zur Zufrieden- beit der Arbeiter ihre Lösung gefunden hätte, oder noch finden würde. Das ist nicht der Fall. Im Gegenteil, die Unternehmer haben eine Verständigung von Organisation zu Organisation abgelehnt. Das, was zugestanden worden ist, wurde in den meisten Fällen nur gegen den schärfsten Widerstand der Unternehmerorganisation erreicht. Zu unverbindlichen Aussprachen waren die Leiter wohl bereit, aber auch nicht zu mehr, obgleich ihnen die erzielten Kriegs- preise ein weites Entgegenkommen gestattet hätten. Es mutz schon einer späteren Zeit überlassen bleiben, die Stellung der Textil- industriellen den Arbeitern gegenüber wahrend der Kriegszeit in der richtigen Weise zu kennzeichnen. Nach den dem Textilarbeiterverbande vorliegenden Meldungen sind bis jetzt in 57 Orten für rund 64 996 Arbeiter und Arbeite- rinnen Teuerungszulagen bewilligt worden. Die Art und Höhe der Lohnzulagen ist überaus kunterbunt. In Schlesien sind 27 259 Arbeiter daran beteiligt. Davon er- halten 19 659 monatliche Zulagen, und zwar Männer in Höhe von 4 Mk., Frauen 3 Mk. und Jugendliche unter 16 Jahren 2 Mk. In manchen Fällen wird da auch wieder unterschieden, ob verheiratet oder ledig; in mehreren Fällen sind die Jugendlichen ganz cnis- geschaltet. Außerdem erhalten noch 7592 Arbeiter wöchentliche Zu- lagen von 1— 2 M. In Wolfenbüttel und Bielefeld zahlen vier Betriebe monat- liche Zulagen in Höhe von 5 M. für Männer, 3 M. für Frauen und 3 M. für Jugendliche. Im Hamburger Bezirk zahlen mehrere Firmen Zulagen von 19— 29 Proz. In Neumünster betragen die Zulagen bei 7 Firmen 75 Pf. bis 2 M. wöchentlich. Im Casseler Bezirk zahlt eine Firma für die Verheirateten monatlich 6 M. und für die Ledigen 2 M.; ausgeschlossen hiervon sind Lohnarbeiter und Näherinnen. Eine Firma hat dort die Stundenlöhne um 3— 6 Pf. vrhöht, zwei Firmen zahlen einen Zuschlag von 5 Proz. und vier Firmen einen solchen von 19 Proz. In der Oberlausitz , die so stark mit Textilindustrie durchsetzt ist, haben bis jetzt nur wenige Betriebe etwas bewilligt. In den meisten Fällen ist es wie in Schlesien , d. h. die Zulagen erreichen wöchentlich noch nicht ganz eine Mark. Statt der mehrfach bewillig- ten 5 Proz. hätten gut 15 Proz. bewilligt.werden können, ohne daß die Unternehmer zuviel getan hätten, und die Arbeiter wären davon wohl auch nicht übermütig geworden. Nur die Bautzener Tuchfabrik macht hier eine rühmliche Ausnahme, die ihre Zulagen für verheiratete Männer auf 2 M. und für Ledige und Frauen auf 1.59 M. wöchentlich bemessen hat. Etwas höher sind im allgemeinen die Zulagen im Berliner Be- zirk ausgefallen. Allerdings bleiben sie auch hier in einigen Fällen für Arbeiterinnen unter einer Mark wöchentlich, steigen aber auch bis auf 7,59 M. wöchentlich. Im Berliner Bezirk sind 1599 Ar- heiter und Arbeiterinnen an den Zulagen beteiligt, die durchschnitt- lich 2,59 bis 3 M. wöchentlich betragen. Der„Verband Sächs.-Thüring. Webereien", der sich auf 15 Orte erstreckt und gegenwärtig wohl immer noch mehr als 29 999 Arbeiter beschäftigen dürste, hat seine Zugeständnisse so verklausu- liert und verschleiert, daß eine Schätzung, wieviel von ihm Be- scbäftigte an den Teuerungszulagen teilnehmen, recht schwierig er- scheint. Hier werden Unterschiede gemacht zwischen Verheirateten nnd Ledigen, zwischen Männern und Frauen, die Jugendlichen werden gänzlich ausgeschlossen; die Teuerungszulage ist an einen gewissen Höchstverdienst gebunden, so daß die größere Zahl tüch- tiger, intelligenter Weber ohne weiteres von dem Bezüge aus- geschlossen ist. Etwas besser sind die Zugeständnisse bei der„Konvention Sächs.-Thüring. Färbereien". Alle diejenigen Arbeiter, die durch Normallohn wöchentlich weniger als 22 M., und Arbeiterinnen, die weniger als 12 M. verdienen, erhalten bis auf weiteres 39 Pf. bzw. 15 Pf. Zulage. Im Rheinland und im ganzen Süddeutschland haben die zu- ständigen Unternehmerorganisationen jedes Entgegenkommen ab- gelehnt. In einem neueren Schreiben sagt der„Verband Süd- deutscher Textilindustrieller", daß alle die Entlohnung betreffenden Fragen den einzelnen Betrieben unmittelbar überlassen bleiben müssen. Hier dürfte sich also schließlich noch ein Weg finden, um die Einzelbetriebe zur Gewährung von Teuerungszulagen zu ver- anlassen. 39 große süddeutsche Textilbetriebe(sie sind in Nr. 26 des„Textilarbeiter" namentlich aufgeführt) zahlten im Jahre 1912 etwa 19,75 Proz. Dividende. Auf diese 39 Betriebe entfallen je 389 195 M. Reservefonds und je 1 939 466 M. sogenannte stille Reserven. Nach allem, was laut geworden ist, darf man annehmen, daß die Erträgnisse des Kriegsjahres nicht hinter denen vom Jahre 1912 zurückgeblieben sind. Das sind Ziffern, die Prosperität be- künden und die es den Betrieben zur Pflicht machen sollten, ihre Arbeiter, die doch diese Riesensummen miterarbeitet haben, jetzt vor der dringendsten Not zu schützen. Was aber auf die süddeutschen Betriebe zutrifft, hat auch für die norddeutschen Geltung. An diesen Ergebnissen gemessen und in Berücksichtigung der heutigen Tagespreise sind die gewährten Teue- rungszulagen mit wenigen Ausnahmen als völlig unzureichend an. zusehen. Aber nicht nur das ist zu bemängeln, sondern in einigen Orten haben sich Unternehmer zu der Drohung aufgeschwungen: „Wenn es euch nicht paßt, dann holen wir uns Leute aus Lodz heran." Wenn der Bedarf an Arbeitskräften nicht gedeckt werden könnte, wäre dagegen nichts einzuwenden. Aber hier ist die Drohung mit dem ausgeprägten Zweck ausgesprochen, ausländische Arbeiter als Lohndrücker heranzuholen. Und dagegen müssen die deutscheu Textilarbeiter ganz entschieden Einspruch erheben.
Bustand. Die italienische» Landarbeiter gegen die Lohndrückerei. Der Präfekl von Udine versendet ein Rundschreiben an alle Gemeinden, die Mangel an Arbeitskraft für die bevorstehende Ernte aufweisen, und schlägt ihnen vor, Landarbeiter aus der Provinz Udine kommen zu lassen und zwar gegen einen TageSlohn von 5—5,59 Lire mit unbegrenzter Arbeitsdauer. Gegen diesen Versuch, die Löhne zu drücken, wenden sich die Landarbeiterorganisationen von Siradella iPavia). In normalen Zeilen war der Lohn auf sechs Lire bei zehn- stüpdiger Arbeitszeit festgesetzt, sollten nun jetzt, wo die Lebens- mittelpreise ins Unermeßliche gestiegen sind und am Orte Arbeitslose in Hülle und Fülle vorhanden, Lohndrücker aus anderen Provinzen durch die Behörden vermittelt werden?— Daß die Großgrundbesitzer und die Behörden gegen so ein„Verteilen" der Kriegslasten nichts einzuwenden haben, ist selbstverständlich.
Arbeitslosigkeit in Amerika . Vielfach ist die Meinung verbreitet, daß gegenwärtig in den Vereinigten Staaten von Nordamerika eitel Arbeit in Hülle und Fülle vorhanden sei. Daß dem nicht so ist, ergibt eine Notiz der „New Uorker Volkszeitung": Das Resultat einer in 15 Städten vorgenommenen Erbebung über die Arbeitslosigkeit wurde soeben vom ÄrbeitSdepartement ver- öffentlicht. Die Untersuchung erstreckt sich auf Städte außerhalb
New Dorks, da hier bereits eine Erhebung gepflogen wurde, über deren Ergebnis vor einiger Zeit ein Bericht erschien. Der neue Bericht umfaßt folgende Städte: Boston , Bridgeport, Chikago, Cleveland . Duluth, Kansas City , Milwaukee, Minneapolis , Philadelphia, Piltsburgh, St. Louis , Springfield , Mo., St. Paul, Toledo und Wilkesbarre. Die Metropolitan Lebensversicherungsgesellschast leitete die Er- Hebungen für das Arbeitsdepartement und stellte durch ihre Agenten Umfragen in insgesamt 399 899 Familien an, in denen 644 348 Lohnarbeiter vorhanden waren. Von diesen waren zur Zeit der Untersuchung im Monat März und erste Hälfte April 73 899 Per- sonen arbeitslos, das sind 11,5 Prozent der befragten Lohnarbeiter. Außerdem waren in den befragten Familien 196 652 Personen vor- Händen, die nur zeitweise beschäftigt waren, daß heißt bei beschränkter Arbeitszeit tälig waren oder Feierschichten einlegen mußten. Den niedrigsten Prozentsatz Arbeitslose fand man in Bridgeport, Conn., mit 4,4 Proz., den höchsten dagegen in Duluth , Minn., wo 29,3 Proz. der befragten Lohnarbeiter ohne Beschäftigung waren. Dagegen waren aber in Bridgeport 19,9 Proz. der Befragten nur teilweise beschäftigt. Der Prozentsatz der Arbeitslosen in den anderen Städten war folgender: Boston 19,2 Proz.; Chikago 13,3 Proz.; Cleveland 9,4 Proz.; Kansas City 12.5 Proz.; Milwaukee 7,9 Proz.; Minnea- polis 13,8 Proz.; Philadelphia 19,3 Proz.; Pittsburgh 11,1 Proz.; St. Louis 13.6 Proz.; springfield , Mo., 7,1 Proz.; St. Paul 14,1 Proz.; Toledo 19,7 Proz. und Wilkesbarre 6.4 Proz. Den höchsten Prozentsatz an bei beschränkter Arbeitszeit Tätigen zeigten die Städte: Wilkesbarre 32,3 Proz.; Pittsburgh 29 Proz.; Milwaukee 28,9 Proz.; Bridgeport 19,9 Proz.; Philadelphia 19,6 Proz.; Duluth 17,8 Proz.; Toledo 17,5 Proz. und Boston 17,3 Proz. Die teilweise Beschäftigten umfassen insgesamt in allen 15 Städten 16,6 Proz. der befragten Lohnarbeiter. Diese Zahlen ergeben, daß wir von einer„Prosperität" recht weit entfernt sind.
Bus Industrie und Handel. Preiserhöhungen beim Äohlensyndikat. Das Rheinisch-Westfälische Kohlensyndikat wird in der nächsten Zechenbesitzerversammlung die Richtpreise für die Abschlüsse ab 1. September 1915 festsetzen. Wie gemeldet wird, ist beabsichtigt, die Ä oh l e n p r e i s e um zirka 1)4 bis 2 Mk. pro Doppelzentner zu erhöhen und die Kokspreise derart heraufzusetzen, daß der mit dem 1. April eingetretene Abschlag wieder aufgehoben wird. Das„Berl. Tagebl." bemerkt dazu: Die Kohlenpreise sind während des Krieges zum erstenmal im Dezember 1914 um durchschnittlich 2 M. pro Tonne erhöht, die Kokspreise dagegen um 1,59 M. er- mäßigt worden. Was die Aufhebung der Preisermäßigung für Koks anlangt, so wird sie von den Verbrauchern besonders unan- genehm empfunden. Denn bei der Unmöglichkeit der Kohlenprodu- zenten, die Nachfrage nach Kohlen voll zu befriedigen, haben sich die Verbraucher auf Anregung des Syndikats vielfach der Koisver- feuerung zugewendet und— begünstigt durch den Preisabschlag um 1,59 M.— ist der Koksabsatz des Syndikats so erheblich ge- stiegen, daß in den letzten Monaten Friedensproduktionsziffern erreicht wurden. Nachdem die Preisermäßigung in dieser Weise ihre Schuldigkeit getan hat, glaubt sie das Syndikat offenbar jetzt entbehren zu können._
Kriegsgewinne. Die Zuckerfabrik Fröbein erhöhte ihre Betriebsein- nahmen um mehr als eine Million Mark, während die Unkosten nur unwesentlich stiegen. Der Ueberschuß stieg daher von 419 289 auf 668 949 Mark. Die Dividende wird von 11 auf 16 Proz. erhöht. Auch die Aussichten für das neue Jahr werden als„nicht ungünstig" bezeichnet._
Zur„Schonung" des Petroleums. Kürzlich wurde im„Berl. Tagebl." darauf hingewiesen, daß die drei großen Petroleumimportgesellschaften, nämlich die„Olex" (Konzern der Deutschen Erdölgesellschaft), die Petroleumverkaufs- gesellschaft(Deutsche Bank) und die Deutsch -Amerikanische Petra- lcumgesellschaft(Standard Oil Co.), sich der Regierung gegenüber verpflichtet haben, bis zum 1. September d. I. kein Petroleum an private Abnehmer zu verkaufen. Den Regierungsstellen, die Pe- troleum benötigen, werden die erforderlichen Mengen zur Per- fügung gestellt, und auch gewerbliche Betriebe, die ohne Petroleum nicht auskommen können, erhalten durch Vermittelung hierfür ein- gerichteter besonderer Stellen die von ihnen benötigten Quanten. Hierzu bemerkt das„Berl. Tagebl." noch:„Diese Regelung des Petroleumverkaufs, die schon in den letzten Wochen praktisch er. probt worden ist, bezweckt in erster Linie eine„Streckung der Pe- troleumvorräte". Die vorhandenen Bestände und die eingeführten Mengen sollen im Sommer möglichst geschont werden, damit der viel dringendere Winterbedarf in ausreichender Weise sichergestellt wird. Danach ist also nicht etwa eine zunehmende Petroleum- knappheit der Grund für die eingangs erwähnte Maßnahme ge- Wesen, sondern vielmehr eine sachgemäße Vorsorge für die Zu- kunft. Die Zufuhren an Petroleum aus dem Auslande sind in letzter Zeit, wie wir hören, sogar nach Lage der Dinge ziemlich umfangreich gewesen, und es ist gelungen, bereits beträchtliche Mengen für den Winterbedarf sicherzustellen. Dabei handelt es sich vorläufig hauptsächlich um rumänisches Petroleum. Doch ist damit zu rechnen, daß in absehbarer Zeit trotz des starken öfter- reichischen Eigenbedarfs auch galizisches Petroleum für Deutsch - land verfügbar sein wird." „Wie wir weiter hören"— so schveibt das Blatt weiter— „wird durch die Verpflichtung der drei großen Jmportgesellschaften vorläufig überhaupt kein Leuchtpetroleum auf Pen Markt zu bringen, die von uns verschiedentich erwähnte Höchstpreisverordnung für Petroleum keineswegs überflüssig gemacht oder hinausgeschoben. Sie wird bereits in einer der nächsten Sitzungen des Bundesuats zur Beschlutzfassung vorgelegt werden und dürfte, da sie eine Halbierung der jetzt außerordentlich hoch getriebenen Kleinverkausspreise vor- sieht, bald zu einer Gesundung des deutschen Petroleummarktes führen. Gerade die Tatsache, daß die Regierung mit dem Plan um- gehen kann, Höchstpreise in ungefährer Höhe von 35 Ps. für den Liter einzuführen, gegenüber bisherigen Detailpreisen von 79 Pf. und mehr„ bietet den Beweis dafür, daß wir dank der im Sommer befolgten„Streckungspolitik" im Winter wieder mit einigermaßen normalen Verhältnissen auf dem Petroleummarkte werden rechnen können."
Soziales. Die zweite Generalversammlung der Volksfürsorge. Die Versammlung zur Rechnungslegung über das Geschäfts- jähr 1914 tagte im Sitzungssaal der Verlagsgesellschaft deutscher Konsumvereine in Hamburg . Das geschäftssührende Vorstandsmitgliod v. Elm gab den Ge- schäftsbericht des Vorstandes, der gedruckt vorlag. Er bezeichnete den Abschluß als einen unter den bestehenden Verhältnissen gün- stigen. Wenn auch die nach dem Verlaus des ersten halben Jahres berechtigte Hoffung, einen günstigeren Bericht vorlegen zu können, durch den Krieg vereitelt wurde, so sind wir doch in der Lage, über einen Ueberschuß von 171 947,94 M. zu verfügen und dadurch den verschiedenen Fonds 74 389 M. und besonders der Gewinn- reserve der Versicherten 96 115 M. zuführen zu können. Der Ver- sickerungsbestand, der Ende 1918 79 125 Policen mit einer Ver- sicherungssumme von 12 912 968 W. betrug, stieg bis Ende 1914 auf 163469 Versicherungen mit einer Versicherungssumme von 25615271 Mark, also mehr als eine Verdoppelung der Versicherungssumme. Die Gesellschaft hat einen Verfall von 2751 Policen und in eine andere Versicherungsart umzuwaudeln 23 747 Policen. Das ist ein
durch den Krieg bedingter außerordentlicher Abgang, der aber im Vergleich zu anderen Gesellschaften noch als recht günstig zu be- zeichneu ist. Der Vorsitzende Bauer stimmte im Namen deS Aussichtsrats dem Geschäftsbericht sowie der vom Vorstand aufgestellten Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung in allen Punkten zu. Beim Punkt 2 der Tagesordnung gab Herr Junger- Berlin den Bericht der Revisionskommission des Aussichtsrats, konstatierend, daß bei den verschiedenen Revisionen der Kommission und des vom Auffichtsrat besonders beauftragten Revisors, Herrn Bästlein, alles in bester Ordnung befunden wurde. Ohne Erörterung wuvde hierauf als Punkt 3 der Tagesord- nung der Antrag des Auffichtsrats, die Jahresrechnung zu gency- migeu und dem Vorstand und Auffichtsrat Entlastung zu erteilen, einstimmig angenommen. Bei Punkt 4 der Tagesordnung erläuterte Herr v. E l m den vom Vorstand und Aufsichtsrat vorgeschlagenen Plan zur Verteilung des erzielten Ueberschusses und teilt mit, daß über den Verzicht au- die ihnen zustehenden Zinsen im Betrage von 49 999 M unter den Aktionären bereits eine schriftliche Abstimmung vorgenommen wurde, wobei der Verzicht einstimmig ausgesprochen wurde. Hierauf wurde von der Generalversammlung einstimmig be- schlössen: 1. Für das Geschäftsjahr 1914 tritt eine Verzinsung des Aktienkapitals nicht ein; der dafür nach§ 36 Abs. 2 Ziff. 5 des Gesellschaftsvertrages bereitzustellende B e t r a g v o n 4 9 9 9 9 M. ist— unbeschadet der nach dem Gesellschaftsvertrage vorgeschric- denen Dotierung— dem Kriegsreservesonds(§36 Abs. 2 Ziff. 3 des Gesellschaftsvertrages) zuzuführen. 2. Von dem erzielten Ueberschuß im Betrage von 171 974,94 Mark sind gemäß den Bestimmungen des§ 36 des Gesellschafts- Vertrages zuzuweisen: a) Dem gesetzlichen Reservefonds 5 Proz.— 8597,35 M., b) dem Organisationssonds 5 Proz.— 8597,35 M., c) dem Kriegsreservefonds 5 Proz.— 8597,35 M., mit den obigen 49 999 M. zusammen— 48 597,35 M., d) dem Fonds für besondere Reserven 5 Proz.— 8597,35 M., e) der Gewinnreserve der Versicherten 5 Proz. der 1 992 319,99 M. betragen- den Fahresprämie der mit Gewinnbeteiligung Versicherten — 96 115,54 M. Der Rest von 1442,19 M. ist auf neue Rechnung vorzutragen. Der Auffichtsrat hat nach§ 33 des Gesellschaftsvertrages die Anstellung eines Revisors beantragt und schlug dazu Herrn B ä st- lein vor, dessen Wahl hierauf einstimmig vollzogen wurde. Der Aufsichtsrat verzichtete zugunsten der Versicherten auf die ihm nach dem Gesellschaftsvertrage zustehende Entschädigung auch für das abgelaufene Jahr und bewies damit wie die Aktionäre, daß cS ihm ernst damit ist, die Bolksfürsorge als eine wirklich gemeinnützige Versicherungsanstalt im Interesse der Versicherten zu führen. Ungültigkeit von Stadtverordnctenwahlcn wegen Unzuläng- lichkeit des Wahllokales. Die Gültigkeit der Wahlen der Herren Kieler und Dom- browski zu Stadtverordneten der Stadt Neumark in Westpreußcn, die in der dritten Abteilung erfolgt waren, wurden angefochten, weil das Wahllokal unzulänglich gewesen sei. Das Wahllokal, in dem die als Terminswahl anberaumte Wahl stattgefunden hatte, war ein Schulzimmer. Der Bezirksaus- schuß ließ sich von einem Regierungsbaumeister ein Gutachten er- statten. Es wurde folgendes festgestellt. Das Klassenzimmer hat nur eine Grundfläche von 52 Quadratmetern. Davon sind 11 Quadratmeter abzurechnen, die durch den Tisch des Wahlvor- stand» und durch Stühle eingenommen wurden sowie durch einen freien Gang zum Wahltisch. Es blieb für die Wähler eine Fläche von 41 Quadratmetern. Der Sachverständige rechnete für das Quadratmeter drei Stehplätze, so daß zu gleicher Zeit, was für eine Terminswahl von Bedeutung ist, höchstens 123 Personen Platz gehabt hätten. Eingeschriebene Wähler der dritten Abtei- lung waren aber 378 vorhanden, wovon 316 ihr Wahlrecht aus- übten. Auf Grund dieses Gutachtens erklärte der Bezirksausschuß die Wahlen für ungültig. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte das Urteil mit folgender Begründung: Es sei anzunehmen, daß die Bestimmung eineS unzulänglichen Wahlraums als eine Verkümmerung des Wahlrechts angesehen werden könne. Sei aber ein unzulänglicher Wahlraum für die Vornahme der Wahl bestimmt worden, dann sei die Wahl ungültig, ohne daß es darauf ankomme, ob dadurch das Wahl- ergebnis beeinträchtigt worden sei. Bei dieser Rechtslage muß aber im borliegenden Falle die Wahl für ungültig erklärt werden. Denn wenn 378 eingeschriebene Wähler vorhanden waren, das Wahllokal bei dieser Terminswahl aber höchstens 123 Wähler zugleich fassen konnte, dann sei das Wahllokal unzu- länglich gewesen. Uebrigens sei bei der Wahl auch tatsächlich eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit eingetreten, die die Aus- Übung des Wahlrechts erheblich erschwerte. An diesem allgemeinen Zustande würde auch dadurch nichts geändert werden, wenn wirk- lich festgestellt werden würde, daß es einzelnen bestimmten Wäy- lern, wie behauptet, gelungen sei, anstandslos von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Das Automaten-Bad. Die Bernburger Baugenossenschaft, eine gemeinnützige Unter« nehmung, die gegründet wurde, um dem Wohuungsmangel in Bern « bürg abzuhelfen,— der dortige Oberbürgermeister ist Vorsitzender des Aufsichtsrates— hat kürzlich eine originelle und überaus nütz- liche Einrichtung geschaffen, die unseres Wissens noch nirgends be- steht, nämlich die eines Automaten-Bades. Es ist(zunächst probe- weise in einem Hause der Genossenschaft) eine Badeeinrichtung ge- schaffen worden. Durch Vermittlung eines Automaten wird für 19 Ps. soviel GaS abgegeben, daß der Badeofen für ein Bad, bei mätziger Temperatur des Wassers auch für zwei Bäder, warmes Wasser liefert. Der Automat hatte in den ersten vier Wochen, die jetzt abgelaufen sind, eine Einnahme von 11 M., so daß also 119 Bäder abgegeben wurden. Ein erfreuliches Zeichen für das Reinlichkeitsgefühl in der Arbeiterbevölkerung.
Gerichtszeitung. Der Winkelbankier. Ein umfangreicher Prozeß gegen einen sog. Winkelbankier be- gann gestern vor der 3. Strafkammer deS Landgerichts I unter Vorsitz des Geh. Justizrats U n g e r. Wegen Betrugs in zirka 59 Fällen war der 27jährige Kaufmann und„Bankier" Konrad W e g e n e r angeklagt.— Der Angeklagte eröffnete bereits vor 5 Jahren in dem Hause Rosenthaler Str. 6/7 ein Unternehmen, welches er stolz Bankgeschäft nannte, während er, der damals Zweiundzwanzigjährtge, sich den Titel„Direktor" zulegte und von nun an, seiner Bankdirektorenwürde entsprechend, überall höchst nobel auftrat. Wie die Anklage behauptet, soll der Angeklagte nun in der Weise zu Werke gegangen sein, daß er sich in In- seraten, hauptsächlich in kleinen Provinzzeitungen, als Darlehns- geber anbot. Die sich meldenden Leute, zumeist kleinere Gewerbe» treibende und Handwerker, die vorübergehend in Not geraten waren oder auch ihr Geschäft vergrößern wollten, mußten vor allen Dingen erst einmal einen gewissen Betrag für die einzubolcnde Auskunft bezahlen. Die Auskünfte, die zumeist von kleinen