Nr. 191.- 32. Jahrg.
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Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.
Fernsprecher: Amt Moritplak, Nr. 151 90-151 97.
Dienstag, den 13. Juli 1915.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplag, Nr. 151 90-151 97.
Erfolgreiche Sturmangriffe in flordpolen.
Der französische Tagesbericht.
Paris , 12. Juli. ( W. T. B.) Amtlicher Kriegs. bericht von gestern nachmittag: Gestern abend schlug die englische Armee einen deutschen Angriff zurück, der zuerst an einigen Abschnitten der ersten Linie Fuß faßte, dann aber durch einen sofortigen Gegenangriff abgewiesen wurde. Im Gebiete nördlich von Arras verdrängten wir den Feind vollständig aus einigen Abschnitten der Schüßengräben, in denen er sich in den von uns am 8. Juli nördlich des Bahnhofes von Souchez eroberten Linien noch behaupten konnte. Ein feindlicher Gegenangriff fand im Laufe der Nacht statt, wurde aber abgewiesen. Auf den übrigen Teilen der Front fand Kanonade statt, besonders heftig im Gebiete von Nieuport, im Aisneabschnitt, in othringen, im Priesterwalde und in der Nähe des Pont de Moncel. Eines unserer Flugzeuge zwang am Vormittag ein deutsches Aviatikflugzeug in der Nähe von Altkirch zum Absturz. Das Flugzeug fiel in der Nähe unserer Linien nieder.
Paris , 12. Juli. ( W. T. B.) Amtlicher Kriegsbericht von gestern abend. Der Tag verlief auf der gesamten Front verhältnismäßig ruhig. Im Aisnegebiet sowie in der Champagne Artilleriekampf. Bei Vaurferry( Apremontwald) wurde ein feindlicher Angriffsversuch leicht zurückgeworfen. Hier und da aussehendes Geschüßfeuer im Remiereswald( nordwestlich Flirey), im Priesterwald und heftigeres Feuer gegen unsere Stellungen von Fontelle, Meßeral und westlich Ammerzweiler. Der Feind sandte noch einige Granaten auf Arras und Reims .
Rückkehr Schwerverwundeter aus Frankreich .
Genf , 11. Juli. ( W. T. B.) Sonntagabend kam der erste Transport deutscher Kriegsinvaliden aus 2yon durch Genf . Die Kriegsinvaliden wurden am Bahnhofe von Mitgliedern des deutschen Konsulats und des Genfer Roten Kreuzes bestens empfangen und gestärkt. Nach einstündigem Aufenthalt fuhr der Zug nach Konstanz weiter. Der erste Transport friegsinvalider Franzosen aus Deutschland trifft Montag früh hier ein.
Der russische Generalstabsbericht.
Petersburg, 12. Juli. ( W. T. B.) Bericht des Großen Generalstabes. Die Besaßung von Ossowiec unternahm in der Nacht zum 10. Juli einen Ausfall, bei dem wir feindliche Schanzarbeiten zerstörten. In der Gegend von Edwabno eroberten und sprengten wir zwei feindliche Minengänge. An der Front Jozefow Bycha wa dauert der Kampf an. Am 10. Juli hielt sich der Feind immer noch auf der Höhe 118 und bei der Meierei Kowersk. Er führte einen kräftigen Gegenangriff zwischen By striza und der genannten Meierei aus. Wir schlugen aber diesen Angriff zurück und fügten dem Feinde bedeutende Verluste zu. Südlich von Bychawa machten wir 900 Gefangene, darunter 14 Offiziere, und erbeuteten drei Maschinengewehre. An den anderen Fronten keine bedeutenden Vorgänge.
Der italienische Kriegsbericht.
Rom , 12. Juli. ( W. T. B.) Kriegsbericht der Obersten Heeresleitung von gestern abend. Zusammenstöße, die für uns günstig verliefen, werden im. Chiesetal, auf dem Monte Piana und im Tale des Rimbianco( Ansiei) gemeldet. Unsere schwere Artillerie eröffnete das Feuer gegen die Werke von andro und gegen die am meisten vorgeschobenen des Serten. In Kärnten dauern die Angriffe gegen den Großen Pal fort. Heute früh beim Morgengrauen haben unsere Truppen hier He Offensive ergriffen, den Feind aus einem Schützengraben in nächster Nähe unserer Stellung verjagt und ihm empfindliche Verluste zugefügt. Im Isonzogebiet versuchte der Feind noch einen nächtlichen Gegenangriff, der schließlich vollkommen scheiterte. gez.: Cadorna.
Meldung des Großen Hauptquartiers.
Amtlich. Großes Hauptquartier, den 12. Juli 1915.( W. T. B.)
Westlicher Kriegsschauplak.
Am Nordhang der Höhe 60( südöstlich von Ypern ) wurde ein Teil der englischen Stellung in die Luft gesprengt.
Der Nahkampf am Westrand von Souchez schreitet vorwärts. Der südlich von Souchez an der Straße nach Arras gelegene, vielumstrittene Kirchhof ist wieder in unserem Besitz; er wurde gestern abend nach hartem Kampf gestürmt. 2 Offiziere, 163 Franzosen wurden gefangen genommen, vier Maschinengewehre und ein Minenwerfer erbeutet.
Bei Combes und im Walde von Ailly ging der Gegner gestern abend nach starker Artillerievorbereitung zum Angriff vor; auf der Höhe von Combres gelang es dem Feinde, in unsere Linien einzubringen; er wurde wieder hinausgeworfen; im Walde von Ailly brach die feindliche Infanterie bereits vor unserer Stellung in unserem Feuer zusammen.
Nördlich der Höhe von Ban de Sapt wurde ein Waldstück vom Gegner gesäubert.
Bei Amerzweiler( nordwestlich von Altkirch ) überfielen wir eine feindliche Abteilung in ihren Gräben; die feindliche Stellung wurde in einer Breite von 500 Meter eingeebnet; unsere Truppen gingen sodann planmäßig unter Mitnahme einiger Gefangener vom Feinde unbelästigt in ihre Linie zurück.
Deftlicher Kriegsschauplatz.
An der Straße von Suwalki nach Kalwaria, in der Gegend von Lipina, stürmten unsere Truppen die feindlichen Vorstellungen in einer Breite von vier Kilometern.
Südöstlicher Kriegsschauplah.
Die Lage der deutschen Truppen ist unverändert. Oberste Heeresleitung.
Der österreichische Generalstabsbericht.
Wien , 12. Juli. ( W. T. B.) Amtlich wird verlautbart, 12. Juli, mittags:
Russischer Kriegsschauplatz. Am Bug nordwestlich Busk haben unsere Truppen bei Derewlany einen russischen Stützpunkt genommen.
An der ganzen sonstigen Front im Nordosten fanden auch gestern keine Kämpfe statt. Die Situation ist unverändert.
Italienischer Kriegsschauplas.
An der Küstenländischen Front versuchten die Italiener wieder einige Angriffe, die, wie immer, abgewiesen wurden. So bei Vermegliano, Redipuglia und an mehreren Bunkten südlich des Krngipfels.
Im Kärntner Grenzgebiet dauern die Geschützkämpfe fort. Auch gegen unsere Stellungen auf den Grenzbergen nordöstlich des Kreuzbergsattels und gegen einzelne Tiroler Werke, richtete sich feindliches Artilleriefeuer. Neuerliche Angriffe des Gegners auf dem Col di Lana scheiterten gleich allen früheren.
Südöstlicher Kriegsschauplas.
In letzter Zeit entwickelten die Montenegriner an der herzegowinischen Grenze eine lebhaftere, jedoch ganz erfolglose Tätigkeit. So griffen unlängst wieder zirka zwei montenegrinische Bataillone unsere Grenzstellungen östlich Avtovac nach längerer Beschießung durch schwere Artillerie an: sie wurden abgewiesen. Einer unserer Flieger bewarf zu dieser Zeit ein montenegrinisches Lager sehr erfolgreich mit Bomben. Weiter südlich stieß ein Bataillon des Feindes über die Grenze vor. Auch dieses wurde durch einen Gegenangriff unserer Truppen auf montenegrinisches Gebiet zurückgeschlagen. Destlich Trebinje versuchte der Feind nach den Mißerfolgen der vorigen Woche vergebens, durch schweres Artilleriefeuer cine Wirkung zu erzielen.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Deutschlands und Englands Wirtschaftsleben.
In den ersten Monaten nach Kriegsbeginn erschien den großen englischen Handelsblättern die völlige Vernichtung des deutschen Wirtschaftslebens als leichtes Spiel.. Auch ohne effektive Blockade, so rechnete man, werde die englische Kriegsflotte imstande sein, nicht nur Deutschland die Lebensmitteleinfuhr, sondern auch die Rohstoffzufuhr abzuschneiden. Mit tödlicher Sicherheit werde und müsse schon nach wenigen Monaten der Zeitpunkt eintreten, wo in Deutschland der größte Teil der Großindustrie seine Betriebe stillsetzen und die ärmeren Volksschichten, vom Hunger getrieben, zu Putschen und Revolten greifen würden. Mit behaglicher Zuversicht verkündeten die Organe der englischen Handels- und Finanzbourgeoisie, die Aushungerung Deutschlands sei lediglich eine Deutschland werde Frage der Zeit. Nur einige Geduldbald im Wirtschaftskrieg zusammenbrechen und um Frieden bitten müssen.
Der Verlauf des Wirtschaftsfrieges hat bisher diesen schönen Kalkulationen, ebenso wie so manchen anderen, recht wenig entsprochen. Die britischen Staatsmänner haben nichts unterlassen, um den deutschen Wirtschaftskörper einzuschnüren, und es ihnen denn auch gelungen, Deutschland in der Hauptsache vom Weltwirtschaftsmarkt abzuschneiden. Aber ihren Zweck haben sie nicht erreicht. Mit Hilfe einer vielgliederigen Organisation hat sich nicht nur die. Versorgung mit Nahrungsmitteln, sondern auch die Herbeischaffung der nötigsten Rohstoffe durchführen lassen, wenn auch teilweise nur in beschränktem Maße und zu höheren Preisen.
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Im gewissen Sinne hat sich die Absperrung vom Weltmarkt unter den durch den Krieg hervorgerufenen Verhältnissen, die zwangsweise Ausgestaltung Deutschlands zu einer Art von geschlossenem Handelssta a t" sogar für das deutsche Wirtschaftsleben als ein Vorteil erwiesen. Zwar die frühere Ausfuhr deutscher Industrieware hat zu einem großen Teil aufgehört und mit ihr der Profit, den Industrie und Handel aus solchem Erport zogen; aber andererseits führte die Abschließung vom großen internationalen Markt dazu, daß nun auch die frühere große Einfuhr von fremden Industriewaren und Nahrungsmitteln eine wesentliche Einschränkung erlitt, in der Hauptsache nur noch Rohstoffe ein. geführt und die für den Kriegs- und Privatbedarf nötigen Produkte im Lande selbst von der einheimischen Industrie hergestellt wurden. Dadurch blieb, um einen gewöhnlichen volkstümlichen Ausdruck zu gebrauchen, das für Kriegsmaterialien und den Privatfonjum verausgabte Geldim Lande". Wohl mußten manche Rohstoffe durch die wenigen Bezugskanäle, die uns noch mit dem Weltmarft verbinden, zu hohen Preisen bezogen und, sollte der deutsche Wechselfurs auf den Märkten der neutralen Länder nicht noch tiefer ſinfen, mit gutem Gold bezahlt werden( wodurch sich die beträchtlichen Goldabgaben der Reichsbank in letzter Zeit erklären); aber die Weiterverarbeitung dieser aus dem Auslande bezogenen Rohstoffe fand im Inlande statt. Dadurch erlangten die Fabriken Arbeit, die Arbeitskräfte brauchten nicht zu feiern, und da die für den Kriegsbedarf arbeitenden Werke meist gut verdienten und zum Teil höhere Löhne zu zahlen bermochten als früher, so fanden auch die allgemeinen Konsumartifel im ganzen guten Absaz. Selbstverständlich vollzieht sich dieser heutige Wirtschaftsprozeß zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auf Kosten früher angesammelter Reserven des Nationalvermögens. Er läßt sich bis zu einem gewissen Grade mit dem Heranziehen und Zehren von früher in guten Tagen angesammelten Kapitalien vergleichen; aber immerhin wird dadurch die allgemeine Betriebsstockung, die Brachlegung der Arbeitskräfte, das Versagen des Konsums bermrieden und einer rasch steigenden Verschuldung gegen das Ausland entgegengewirkt.
Jedenfalls hat Englands Rechnung sich als falsch erwiesen. Weder ist Deutschlands Industrie schmählich zusammengebrochen, noch hat die englische Bourgeoisie die Aushungerung der ärmeren Volksschichten Deutschlands erreicht. Und wenn es im laufenden Jahr nicht gelungen ist, das deutsche Volk auszuhungern, so wird es ihm im nächsten Jahr noch weniger gelingen, denn, mag auch das Getreide vielerorts unter der Trockenheit gelitten haben, so verspricht die Ernte doch ein gutes Ergebnis. Es ist eine beträchtlich größere Fläche mit Korn bestellt worden, und zudem wird diesmal der Ertrag von vornherein nach friegswirtschaftlichen Erfahrungen und Grundsäßen verwaltet. Jene große Verschwendung der Getreidevorräte, die wir im vorigen Jahre