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Nr.193.- 32. Jahrg.

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Telegramm Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigplak, Nr. 151 90-151 97.

Donnerstag, den 15. Juli 1915.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morikplatz, Nr. 151 90-151 97.

Einbruch in die französische   Argonnenfront.

Westlicher Kriegsschauplah.

Der französische   Tagesbericht.

Paris  , 14. Juli.  ( W. T. B.) Amtlicher Heeres. bericht von gestern nachmittag. Vor unseren Stellungen im Labyrinth versuchten die Deutschen   unte. dem Schuße eines heftigen Kreuzfeuers einen Nachtangriff. Die Angreifer wurden vollständig vernichtet auf ihre Linien zurückgeworfen. Im Walde von Apremont, in der Gegend von Regnieville und im Priesterwalde Kämpfe mit Granaten sowie Gewehr- und Geschützfeuer. In den Vogesen   wurde ein Angriffsversuch der Deutschen   auf den von uns besezten Brückenkopf auf dem östlichen Fechtufer in Sondernach zurück­geschlagen. Ein Flugzeuggeschwader von 35 Flugzeugen über­flog und bombardierte trotz eines Windes von 1850 Meter einen strategischen Bahnhof, den die Deutschen   in Vigneulles Ies Hatton Chatel errichtet hatten. Dieser Bahnhof verbindet das Gebiet des Grabens von Calonne   und die Gegend des Waldes von Apremont. Sehr bedeutende Verproviantierungs­Jager aller Art, besonders Munition, waren dort konzentriert. Unsere Flugzeuge warfen auf das ihnen bezeichnete Ziel 171 Das Bombardement verursachte neunzöllige Granaten. mehrere Brände. Alle Flugzeuge kehrten trok heftiger Be­schießung heim.

Meldung des Großen Hauptquartiers.  | Der Zukunftsstaat in Afrika  .

Amtlich. Großes Hauptquartier, den 14. Juli 1915.( W. Z. B.)

Westlicher Kriegsschauplatz.

Heute nacht wurden abermalige Handgranaten­angriffe bei der Zuckerfabrik von Souchez ab­gewiesen.

Die Franzosen sprengten in der Gegend von Troyon( westlich von Craonne) und von Perthes( in der Champagne  ) erfolglos einige Minen. Unser Hand­granatenfeuer hinderte sie, sich an den Sprengstellen fest­zusetzen.

In den Argonnen führten deutsche Angriffe zu vollem Erfolge: nordöstlich von Vienne- Le Chateau wurde etwa in 1000 Metern Breite die französische   Linie genommen: 1 Offizier, 137 Mann wurden gefangen, 1 Maschinengewehr und 1 Minenwerfer erbeutet.

Südwestlich von Boureuilles stürmten unsere Truppen die feindliche Höhenstellung in einer Breite von 3 Kilometern und einer Tiefe von 1 Kilometer. Die Höhe 285( La Fille Morte) ist in unserem Besitz. An unver­wundeten Gefangenen fielen 2581 Fran­zosen, darunter 51 Offiziere, in unsere

Gefangene in Pflege genommen. 2 Gebirgsgeschütze, 2 Revolverkanonen, 6 Maschinengewehre und eine große Menge Gerät wurden erbeutet. Unsere Truppen stießen bis zu den Stellungen der französischen   Artillerie vor und machten 8 Geschüße unbrauchbar, die jetzt zwischen den beiderseitigen Linien stehen.

Ein englisches Flugzeug wurde bei Frezenberg, nord­östlich von Ypern  , heruntergeschossen.

Oestlicher Kriegsschauplah.

Paris  , 14. Juli.  ( W. T. B.) Amtlicher Kriegs- Hände. Außerdem wurden 300 bis 400 verwundete bericht von Dienstagabend. In Belgien   er­folgte eine Beschießung der französischen   und der englischen Linien. Die Deutschen   verwendeten Granaten mit erstickenden. Gasen. Im Gebiete nördlich von Arras   war die Kanonade besonders heftig. Man meldet neuen Sachschaden in Arras  . Tagsüber fand keine Infanterieunternehmung statt. In den Argonnen ergriff die Armee des Kronprinzen von der Straße Binarville- Vienne- le- Chateau bis ins Gebiet von Haute Chevauchée die Offensive und erlitt eine neue Schlappe. Nach sehr heftigem Bombardement und Kreuzfeuer mit Granaten mit erstickenden Gasen griff der Feind mit bedeutenden Kräften an. Fünf verschiedene Re­gimenter des 16. Storps wurden bereits festgestellt. An den Stellen, an denen unsere Linie einen Augenblick lang nach­gegeben hatte, unterbanden energische Gegenangriffe unserer­seits die Fortschritte des Feindes und trieben ihn zurück. Zwischen Maas   und Mosel   dauert die Kanonade an, besonders im Walde Apremont und im Priesterwalde, wo die Deutschen   nach dem Mißlingen ihres neuen Angriffsversuches. in der Nacht vom 12. zum 13. Juni ihre Angriffe nicht mehr erneuerten. Bei Fai- en- Haye gewannen wir Gelände durch Kampf mit Handgranaten in den Verbindungsgräben.

Gestlicher Kriegsschauplah.

Zwischen Njemen und Weichsel   haben unsere Truppen in Gegend Kalwarja, südwestlich Kolno  , bei Prasznysz und südlich Mlawa   einige örtliche Erfolge crzielt.

Südöstlicher Kriegsschauplatz.

Bei den deutschen   Truppen keine Aenderungen. Oberste Heeresleitung.

Der österreichische Generalstabsbericht.

Wien  , 14. Juli.  ( W. T. B.) Amtlich wird verlaut­bart, 14. Juli 1915, mittags:

Russischer Kriegsschauplah.

Die allgemeine Situation ist unverändert. Italienischer Kriegsschauplatz.

Von Artilleriekämpfen und Scharmügeln abgesehen, hat sich an der Südwestfront nichts ereignet.

Der russische   Generalstabsbericht. Petersburg, 14. Juli.  ( W. T. B.) Der große General­stab teilt mit: Die örtlichen Aktionen an der Bobr- und Narew­front dauern fort. Bei Ossowiec und Jedvabno herrschte vom 11. abends bis zum 12. früh lebhaftes Artilleriefeuer. In den Tälern des Skroda, der Pissa und Schkva Gewehrfeuer. Die feine feindliche Infanterie machte in der Nacht zum 12. d. Mts. mit lichen wenig erheblichen Kräften Angriffe in der Gegend der Dörfer tann Tartat, Olchine und Groudusk, die wir erfolgreich zurück­schlugen. An den anderen Fronten keine Aftion.

Der italienische Krieg.

=

Meldung der italienischen Heeresleitung. Rom  , 14. Juli.  ( W. T. B.) Bericht der Heeresleitung vom 13. Juli: Die allgemeine Lage ist unver ändert auf der ganzen Front. Gestern früh bombardierte eines unserer Flugzeuggeschwader wirksam aus einer Höhe von 600 Meter ein bedeutendes Lager des Feindes bei Görz.  gez. Cadorna.

um

Paul Rohrbach   hat eine neue Broschüre veröffent­licht. Sie trägt den Titel Unsere koloniale Zukunftsarbeit"*) und entwirft ein Bild von einem großen deutschen Zukunfts­staat" in Afrika  , den uns der Krieg bescheren soll. Es steht vielerlei in dem Buche und es wäre manches dazu zu sagen. Wir wollen für heute nur seine wichtigsten Teile einer Betrachtung unterziehen.

Ein deutsches Kolonialreich, sagt Herr Rohrbach, hat es vor dem Kriege in Afrika   nicht gegeben. Was an deutschen, Kolonien im ehedem dunklen Erdteil vorhanden ist, sind An­fäße zu einem solchen. Aber Ansätze, die so liegen, daß sic durch den Ankauf der Gebiete schwächerer Kolonialstaaten zir einem geschlossenen Ganzen ergänzt und zusammengefügt werden können. Diese Gebiete sind der belgische Kongostaat und das portugiesische Angola  . Ueber den Uebergang dieser weiten Länderstrecken in deutschen   Besitz zu gegebener Zeit habe sich die deutsche Regierung bereits vor dem Kriege mit anderen Staaten verständigt, und zwar über den Kongostaat mit Frankreich  , über Angola   mit England. So habe die Möglichkeit bestanden, über kurz oder lang auf friedliche Weise ein deutsch  - afrikanisches Kolonialreich zu bilden.

Rohrbach deutet nun, mit großer Vorsicht zwar, aber doch deutlich genug an, daß der Krieg sofort bringen kann, was der Friede wahrscheinlich in einiger Zeit gebracht hätte: ein großes deutsches Kolonialreich in Afrika  ..

In einem früher, aber auch während des Krieges cr schienenen Buche hat Rohrbach schon einmal mit schwungvoller Feder das Bild der zukünftigen kolonialen Größe Deutsch  lands entworfen. Wir meinen sein Buch Der deutsche Ge danke in der Welt", das in den Blauen Büchern" des Ver­lages Langewiesche herausgekommen ist. Ueber die geo­graphische Ausdehnung spricht er sich dort nicht deutlich aus. Aber wir entnehmen seinen Darstellungen, daß er sich das neue Kolonialreich allen Ernstes als eine Ansiedlungsfolonie vorstellt, deren wirtschaftstechnische Grundlage der Ackerbau ist. Und zwar der Ackerbau mit dem Pflug und dem Ochsen und dem schwarzen Lohnsklaven. Allerdings hebt er ehrlicher­weise hervor, daß Afrika   niemals so vielen Weißen Nahrung. geben wird wie etwa Nordamerika  , aber immerhin liege es ,, im Bereich des Möglichen", eine oder zwei Millio­nen Deutsche   in Afrika   anzusiedeln. Sie werden dort die soziale Ueberschicht bilden, während die Eingeborenen zur ,, dienenden Masse" herabgedrückt werden. Das sei nötig, weil erstens die Eingeborenen einmal da sind, weil sie zahlreich, kräftig und zu jeder körperlichen Hantierung fähig sind und weil ihr Lohn und Unterhalt weit billiger ist, als der für weiße Hilfskräfte", und weil zweitens das Klima dem Weißen die anstrengende Feldarbeit nicht gestattet.

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In seiner neuen Schrift spricht Rohrbach nun deutlicher von den geographischen Grenzen des neuen deutschen   Reiches in Afrika  . Wie schon oben angedeutet, ist der Blick der inter­essierten Kreise vor allem auf den Kongostaat und Angola  gerichtet.

Vom Wert des belgischen Kongo soll man sich aber nicht etwa ,, übertriebene Vorstellungen machen", erklärt Herr Rohr­bach. Das Land ist zwar groß, aber mit ungesundem Ur­Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. wald bedeckt, durch Raubbau aller Art ruiniert und von der v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. Schlaffrankheit durchseucht. Angola   ist schon besser. Es hat kulturfähige Hochflächen von der Größe Bayerns   und ist auch einen mög- sonst ein reiches Land, aber es ist noch unentwickelt und schwach Grenzen gegen Desterreich schützen, und gleichzeitig bevölkert. Das französische   Aequatorialafrika ist nicht mehr österreichischen Einfall zu verhindern behaupten. besetzten irredentistischen Gebiete aber selbstverständlich sich hierauf nicht beschränken. Für uns zwar große Gebiete, aber im Verhältnis dazu. nicht genug Es wert als der belgische Kongo  . Zentralafrika   allein würde Italien   gilt nicht allein zu nehmen, sondern das Genommene auch innere koloniale Werte geben. Wir brauchen daher auch noch zu behalten. Es könne nicht hoffen, die eroberten Gebiete zu be­an anderen Stellen einen ausreichenden Erwerb wollen. halten, wenn der Krieg nicht zur Vernichtung des deutsch  - öster- aber dieses Ziel lieber noch nicht enthüllen"! Das klingt sehr reichischen Bündnisses führen würde. Italien   führt also keinen be­

die

sonderen Krieg; ſein Krieg ist derselbe wie derjenige Englands, geheimnisvoll und verheißungsvoll, erweckt aber gar nicht, unsere Neugierde. Wir ersehen ja aus Rohrbachs Aus­Frankreichs und Rußlands  . Die Vermutung, daß Italien   nur gegen Defterreich feindlich gesinnt und mit Deutschland   zu jedem Ueber­Desterreich feindlich gesinnt und mit Deutschland   zu jedem lleber- führungen, was er für erstrebenswert hält: Hochflächen  , die einkommen bereit sei, jetzt oder nach dem Kriege, entspricht nicht der eine mäßige Ackerbaukultur gestatten. Angola   mag dabei als Wirklichkeit. Derselbe Korrespondent teilt mit, daß die italienische Beispiel dienen. In dem neuen Kolonialreich wird es nun, reiche Arbeit Regierung das Uebereinkommen über Errichtung des Vier­verbandes in London   noch nicht unterzeichnet, aber bereits mündlich geben. Es muß vor allem von einem Uebel befreit werden, ihre Zustimmung erteilt habe. Die Unterschrift wird erfolgen, wenn das den Ackerbau, den Träger der neudeutsch- afrikanischen Deutschlands   Kriegserklärung an Italien   oder die italienische Kriegs- Kultur, unmöglich macht: die Tsetse Fliege. Rohrbach erklärung an Deutschland   vorliegt. Dasselbe gilt von dem Verkennzeichnet ihr vernichtendes Treiben mit folgenden Säßen: hältnis zur Türkei  . Bisher ist noch kein Abbruch der diplo- Sie überträgt durch ihren Stich ein tödlich wirkendes Klein­Dem B. L.-A." wird aus Kopenhagen   vom 14. Juli be- matischen Beziehungen erfolgt, und der türkische   Botschafter lebewesen auf Rinder und Pferde. Wo es Tsetsefliegen gibt, richtet: Der italienische Korrespondent der" Nationaltidende" Gan- Naby- Bei halte sich andauernd in Rom   auf. Indessen werden kann keine Rinderzucht betrieben werden. Wo es keine Kinder­dolfi meldet, er sei ermächtigt, über die Ziele Italiens   mitzuteilen: nahe bevorstehende Ereignisse eine Veränderung dieser Lage bringen. zucht gebt, gibt es keinen Ackerbau mit dem Pflug." Also: Gegenwärtig verfolge Italien   das Ziel, das es sich gesteckt habe, Die Reise Salandras nach dem Hauptquartier zwecks Be­nämlich die strategisch wichtigen Punkte zu besetzen, die sprechung mit dem König sei bereits ein Symptom hierfür.

Die Ziele Italiens  .

*) Die Lese, G. m. b. S., Stuttgart  , 69. Seite 80 ff.