Nr. 199.- 32. Jahrg.
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Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.
Fernsprecher: Amt Morisplat, Nr. 151 90-151 97.
Mittwoch, den 21. Juli 1915.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morikplak, Nr. 151 90-151 97.
Blutiges Ringen um die Görzer Stellungen.
Meldung des Großen Hauptquartiers.
Amtlich. Großes Hauptquartier, den 20. Juli 1915.( W. Z. B.)
Westlicher Kriegsschauplah.
Im Anschluß an eine Minensprengung bei Schloß Haoge östlich von Ypern setten die Engländer beiderseits der Straße Hooge - pern zum Angriff an. Der Angriff brach vor unseren Stellungen zusammen, teilweise fam er in unserem Artilleriefeuer gar nicht zur Durchführung. Den Sprengtrichter haben die Engländer befest.
Bei Sou chez wurden Handgranatenangriffe abgeschlagen.
Nach lebhafter Feuertätigkeit ihrer Artillerie in der Gegend von Albert versuchten die Franzosen abends einen Vorstoß gegen unsere Stellungen bei Fricourt. Sie wurden zurückgeschlagen.
Deftlicher Kriegsschauplah.
Ju Kurland wurden die Russen bei Gr. Schmarden östlich Tuckum, bei Gründorf und Usingen zurückgedrängt. Auch östlich Kurschany weicht der Gegner vor unserem Angriff.
Nördlich Nowogrod( am Narew) bemächtigten sich die deutschen Truppen feindlicher Stellungen nördlich des Zusammenflusses der Bäche Skroda und Pisa . Neu eingetroffene Landsturmtruppen, die hier zum ersten Male ins Feuer traten, zeichneten sich besonders aus.
Nördlich der Szkwa Mündung erreichten wir den Narew , die auf dem nordwestlichen Flußufer gelegenen ständigen Befestigungen von Ostrolenka wurden beseßt.
Südlich der Weichsel sind unsere Truppen bis zur Blonie - Grojec- Stellung vorgedrungen. Bei Nachhutkämpfen verloren die Russen hier 560 Gefangene und 2 Maschinengewehre.
Südöstlicher Kriegsschauplaz.
Die deutschen Landwehr- und Reservetruppen des Generalobersten v. Wohrsch haben den überlegenen Feind aus der Ilzanka Stellung völlig geworfen. Alle Gegenstöße eiligst herangeführter russischer Reserben wurden abgewiesen. Ueber 5000 Gefangene fielen in deutsche Hand. Unsere Truppen sind dem geschlagenen Feind auf den Fersen; Kavallerie erreichte bereits die Bahn Radom- Jwangorod.
Zwischen oberer Weichsel und dem Bug folgen wir dem zurückweichenden Feinde.
Oberste Heeresleitung.
Der österreichische Generalstabsbericht.
Wien , 20. Juli. ( W. T. B.) Amtlich wird verlautbart: 20. Juli 1915, mittags:
Russischer Kriegsschauplah.
Zwischen der Weichsel und dem Bug sind gestern die verbündeten Armeen in der Verfolgung des weichenden Gegners über das Schlachtfeld der letzten Tage hinausgerückt. Bei den am Erfolg hervorragend beteiligten Truppen des Feldmarschalleutnants Arz wuchs die Zahl der eingebrachten Gefangenen auf fünfzig Offiziere und dreitausendfünfhundert Mann. Auch bei Sokal brachten unsere Truppen über dreitaufend Gefangene ein. Westlich der Weichsel haben unsere Verbündeten in heldenmütigem Ringen den russischen Widerstand an der Jlzanka gebrochen. Südlich und westlich von Radom bestanden österreichisch- ungarische Regimenter heftige Kämpfe. Siebenbürgische Infanterie stürmte den Ort Kostrzyn . Ra= dom wurde heute vormittag von unseren Truppen befett. In Oft galizien ist die Lage unverändert. An der Grenze zwischen der Bukowina und Bessarabien wurde eine russische Plastun- Brigade überfallen und zersprengt.
Italienischer Kriegsschauplatz.
Die Schlacht im Goerzischen dauert fort. Die italieni schen Angriffe, die sich nun mit großer Heftigkeit auch gegen den Goerzer Brückenkopf richteten, hatten am gestrigen Tage und in der Nacht auf den heutigen wieder kein Ergebnis. Nach starker, bis Mittag währender Beschießung des Brückenkopfes durch die feindliche Artillerie ging die italienische elfte Infanteriedivision mit betrunkenen Truppen zum Angriff gegen den Abschnitt von Podgora vor. Der Feind drang stellenweise in unsere Deckungen ein, wurde aber wieder hinausgeworfen. Nach neuerlicher Artillerievorbereitung erfolgte um vier Uhr nachmittags ein zweiter Angriff, der um acht Uhr abends gleichfalls abgeschlagen war. Um den Rand des Plateaus von Doberdo wird erbittert weiter gekämpft. Gestern nachmittag schlug tapfere ungarische Landwehr einen starken Angriff gegen die Stellungen bei Sdr aus- Sina zurück; auch drei weitere Massenangriffe der Italiener brachen hier zusammen. Ebenso scheiterten alle gegen den südwestlichen Plateaurand von Polazzo, Redipuglia, Vermegliano her geführten Vorstöße, sowie ein Angriff auf den Monte Cofich( nördlich Monfalcone ). Der in seine Deckungen zurückflutende Feind erlitt überall schwere Verluste. Die Artilleriekämpfe am mittleren Isonzo , im Krn Gebiete und der Kärntner Grenze halten an. Im Raume südlich des Krn wurden zwei heftige Angriffe der Alpini abgeschlagen. In den bereits erwähnten heftigen Gefechten in der Kreuzberg gegend verloren die Jtaliener über zweihundert Mann an Toten und etwa das Doppelte an Verwundeten, demgegenüber beträgt dort unser Gesamtverlust zweiundvierzig Mann. Die Stellung füdlich Schlu= derbach wurde von unseren Truppen wieder zurückgewonnen. Ein neuerlicher Angriff schwächerer italienischer Kräfte auf den Col di Lana mißlang wie alle früheren.
B
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Pr.Krottingen
Memel
Dubiss
EO St See
Tilsit
Latzen
Turin, 20. Juli. ( W. T. B.) Die„ Stampa " spricht von den Ergebnissen des Berichts, den General Porro dem König, Salandra und Cadorna erstattet hat, und fügt über die Verabredungen Porros mit der französi schen Regierung hinzu: Das getroffene Uebereinfommen steht jetzt vor der Umsetzung in die Tat. Deshalb hat Barzilai außer von Desterreich auch von anderen Feinden Italiens gesprochen. Deshalb hat der neue Minister, als er das Bild des Strieges erweiterte, heute den Konflikt über die Grenzfrage hinausgehoben und unseren Krieg auf sehr viel weitere Grenzen ausgedehnt. Sicher ist, daß die Ungewißheit bald verschwinden und unser Krieg sich ausdehnen wird. Auf diese Weise ist die Bildung eines Vierverbandes zustande gekommen. Die Entente wird jest Graudenz fester begründet erscheinen, und die militärischen Kräfte der vier Mächte werden harmonischer zusammenwirken. werden die Zentralmächte und die Türkei in einen furchtbaren Streis von Eisen einschließen und damit die Kriegsdauer abkürzen.
Henderson über die Kriegsdauer.
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London , 20. Juli. ( W. T. B.) Minister Henderson sagte auf einer Konferenz, daß der Krieg wahrscheinlich noch ein weiteres Jahr dauern werde.
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Die Narew- Niemen Front.
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50
100
Km
Das Kohlenproblem in England.
Je länger der Krieg dauert, um so größer und größer wird die Erschöpfung der kriegführenden Länder. Der Krieg verbraucht unheimliche Mengen von Waren aller Art, hindert aber zugleich die Produktion und muß naturgemäß eine Preissteigerung hervorrufen. Die Unternehmer vermögen daher nicht allein die gesteigerten Produktionskosten auf die Abnehmer abzuwälzen, sondern auch noch dabei gute Geschäfte zu machen. Die Unternehmer können auch nach dem Kriege eine gute Konjunktur erwarten, da der dann auftretende Bedarf zur Ausbesserung der Kriegsschäden ihnen gute Preise verspricht. Die Gesamtwirtschaft wird aber infolge des Kapitalmangels auch nach dem Kriege eine Zeitlang nicht den Umfang erreichen können, den sie vor dem Kriege inne hatte.
Das tritt heute schon besonders im Bergbau deutlich hervor. Vielleicht auf feinem anderen Gebiete kommt die Wirfung des Krieges so deutlich zum Ausdruck wie hier. Kohle ist die wichtigste Kraft der Gegenwart. Sie liefert das Licht, die Wärme und bringt nicht allein die Eisenbahnen und Schiffe, sondern auch die meisten Maschinen der Fabriken und Werke in Bewegung. Aus der Kohle werden sehr viele äußerst wichtige Nebenprodukte, wie Ammoniak und Teer usm., gewonnen, die wiederum den Ausgangspunkt einer großen chemischen, Farbenindustrie, und sogar einer Industrie der Arzneimittel bilden.
Der Krieg hat zwar den Bedarf der Industrie nach Kohle eingeschränkt, den der Eisenbahnen, der Schiffe und vor allem den Verbrauch der Nebenprodukte in hohem Maße gesteigert, da die modernen Kriegssprengstoffe ebenfalls aus diesen Nebenprodukten hergestellt werden.
England produzierte 1913 287 Millionen Tonnen Kohle. Seine Kohlenindustrie beschäftigte 702 844 Arbeiter, von denen im März dieses Jahres nur noch 530 141 tätig waren. Die anderen sind in den Kriegsdienst getreten. Nicht allein aber der Mangel an Arbeitern, sondern auch der Mangel an Grubenholz, das sonst aus Rußland und Schweden kommt, hindert die Kohlengewinnung, und man glaubt, daß die Totalproduktion Englands an Sohle um etwa 53 Millionen Tonnen geringer sein werde.
Infolgedessen hat die Regierung im Mai ein Ausfuhrberbot für Kohle erlassen, von dem nur die verbündeten Staaten, Portugal und die Kolonien ausgenommen sind. Auf die englische Kohle sind aber viele Staaten angewiesen, selbst die südamerikanischen Republiken. Jährlich führt England etwa 76 Millionen Tonnen Kohle aus, von denen ein Fünftel nach Frankreich , etwas mehr als ein Achtel nach Italien , ein Zwölftel nach Rußland , ein Achtel nach den nordischen Län dern usw. gehen. Die Schiffe ausländischer Fahrt verbrauchen mehr als 20 Millionen Tonnen englischer Bunkerkohle, die sich durch ihren hohen Heizwert für die Schiffahrt besonders eignet. Der Rückgang der englischen Kohlenproduktion bedeutet somit geradezu eine Katastrophe für die Handelsschiffahrt.
Die Ausfuhr von Kohle aus England ist in den ersten fünf Monaten um 10,5 Millionen Tonnen zurückgegangen. Am stärksten haben darunter die südamerikanischen Staaten, Rußland und zum Teil die Nordstaaten zu leiden gehabt; die Ausfuhr nach Italien hat sich um 1,3 Millionen Tonnen vermindert, die nach Frankreich ist dagegen um 1 Million Tonnen gestiegen.
Bugleich find die Kohlenpreise sehr stark in die Höhe gegangen, einige Sorten gar um 100 Proz., im allgemeinen um 50 Proz. Noch höher ist der Kokspreis hinaufgeschnellt, der schon im April um 60-75 Proz. höher als im Vorjahre war.
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Der englische Arbeitsminister M. Runciman hat nun im Unterhause einen Gesezesvorschlag eingebracht, der dem Board of Trade die Ermächtigung erteilt, Höchstpreise für Kohle festzusetzen. Sehr lange hat man sich in England gegen diesen Eingriff in das freie Spiel der Kräfte" gewehrt. Man hat zwar die Weizenausfuhr aus Indien und den Zuckerhandel monopolisiert, die Preisfeststellung aber dem freien Spiel der Kräfte" überlassen. Die Folge war, daß England zeitweilig sehr hohe Getreidepreise, selbst höhere Weizenpreise als in Deutschland hatte. Momentan sind die Weizenpreise in Amerika start gewichen; in England hat sich aber diese rückwärtige Bewegung noch nicht bemerkbar gemacht, so daß England noch immer sehr hohe Getreidepreise hat. Es scheint also, daß man auch auf diesem Gebiete nicht ohne Höchstpreise werde auskommen fönnen. Den ersten Schritt macht nun England durch die Festsetzung von Höchstpreisen für Kohle.
Der Krieg hat in verschiedenen Ländern mehr oder weniger die Unhaltbarkeit der heutigen Wirtschaftsordnung deutlich bewiesen. In England, in diesem Lande des wirt