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Ein Beispiel für viele. Eine Hausfrau in einem westlichen Vororte tritt an einen Wtarktstand, um festzustellen, ob auf den Preistafeln bei einzelnen Waren wirklich ein so erheblicher Spielraum gelassen ist, wie ihr gesagt wurde. Sie findet das ihr Un- glaubliche vollauf bestätigt. Z. B. heißt es da: Kirschen 30 70 Pf. das Pfund, Johannisbeeren LS 40 Pf. das Pfund, Himbeeren 7090 Pf. das Pfund. Aber es fällt ihr in der Reihe der Mindest- und Höchstpreise mit der unver- ständlichen Spannungsweite noch etwas auf. Sie traut ihren Augen kaum, aber wirklich da steht geschrieben: Steinpilze 70-�90 Pf. das Pfund, Grünlinge 30 Pf. das Pfund(im vorigen Jahre, das besonders pilzarm gewesen ist, kosteten L Pfund Grünlinge LS Pf.).Sie haben Pilze" fragt unsere Hausfrau,wo sind denn die?"Noch nich da," wird sie delehrt.Die jibt's doch erst in14 Tagen"."Ach so," entgegnet die Hausfrau,und da setzen Sie jetzt schon die Preise fest?!"_ Tic Beschlagnahme von kupferne» Gegenständen. Für weite Kreise von Bedeutung ist die neue Ausfüh- rungsbestimmung des Magistrats über eine heute veröffent- lichte Verordnung des Oberbefehlhabers in den Marken. Be- schlagnahmt sind Geschirre und Wirtschaftsgeräte jeder Art für Küchen und Backstuben, wie z. B. Pfannen, Kosserollen, Mörser, Kochkessel, Warmwasserbehälter usw. aus Kupfer, Messing, Reinnickcl(worunter auch Legierungen von minde- stens 90 Proz. Reinnickel zu verstehen sind). Von der Ver- ordnung werden betroffen alle Handlungen. Laden- und In- stallationsgeschäfte, Fabriken und Privatpersonen, die diese Gegenstände erzeugen oder verkaufen oder sonst im Besitze oder Gewahrsam haben, ferner alle Haushaltungen, Haus- eigentümer, Gast- und Schankwirtschaften, Pensionate, Cafss usw., endlich alle öffentlichen und privaten Heil-, Pflege- und Kuranstalten und dergleichen. Obwohl alle diese Gegenstände mit dem heutigen Tage ohne weiteres beschlagnahmt sind und ohne behördliche Genehmigung nicht mehr veräußert werden dürfen, werden sie doch ohne weiteres ihren Besitzern zum weiteren Gebrauch überlassen. In jeder der 10 Markt- hallen hat der Magistrat Sammelstellen errichtet, in denen die bezeichneten Geräte, aber auch andere aus Messing, Kupfer und Reinnickel bestehende nicht beschlagnahmte Gegenstände gegen Barzahlung angenommen werden.

ttntcr dem Deckmantel des Roten KreuzcS kundschaftet ein Ladenkassendieb Gelegenheiten aus. Mit der Binde des Roten Kreuzes am linken Arm sucht er Gastwirtschaften auf, trinkt ein Glas Bier und bezahlt gleich, um die Einrichtung der Ladenkasse kennen zu lernen. Wenn er dann als Gast allein da ist, bestellt er bei der Wirtin Kaffee. Während die Frau in der Küche diesen zubereitet, plündert der Gast die Ladenkasse aus und verschwindet. Der Gauner und Dieb ist etwa 40 Jahre alt und 1,71 bis 1,75 Meter groß, hat dunkelbraunes Haar und Schnurrbart und trägt einen marengo Gehrock, eine gestreifte Hose, einen schwarzen steifen Hut und schwarze Schnürstiefel. Die Bestohlenen erinnern sich erst nachträglich, daß seine weiße Armbinde zwar das Rote Kreuz, aber keinen Stempel trug. Der Berliner Ortsausschuß der BertranenSmünner, Flott­well st r. 4, der in Fragen der Angestelltenversicherung Auskunft erteilt und jetzt in steigendem Maße in Anspruch ge- nommen wird, hält in der Zeit vom 1. bis 15. A u g u st dieses Jahres lediglich Dienstags, Donnerstags und Sonn- abends von 5 7 Uhr nachmittag? seine Sprechstunden ab. Von Mitte August an sind die Sprechstunden wieder regelmäßig von 13 Uhr. Die Berliner Vertrauensmänner haben jedoch ihre Tätigkeit nur auf ihr W a h l g e b i e t Berlin zu erstrecken. Sie sind hier- nach zuständig für Versicherte und Arbeitgeber, die in Berlin wohnen oder in Berlin beschäftigt sind. Auswärtige Fragesteller müßten sich an ihre zuständigen Ortsausschüsse oder an die ReichsversicherungS- anstalt für Angestellte, Berlin-Wilmersdorf, direkt wenden. Im Berliner Aquarium sind jetzt eine Anzahl Hirschkäfer- Puppen ausgestellt, die durch ihre absonderliche Form und eigen- tümlich hellgelbliche Färbung allgemeines Interesse auf sich ziehen. Diese Puppen liegen im Freien unter der Erde, sie verwandeln sich aber auch wenn sie in ihrem Behälter des JnsektoriumS auf Sand gebettet offen daliegen, zu den bekannten harten, schwarzbraunen Käfern. Gewöhnlich liegen sie bis zur vollen Erhärtung noch eine Weile auf dem Rücken und werden dann von Unkundigen gewöhn- lich für tot gehalten. Ferner sei bemerkt, daß ein Alligator- Weibchen in der großen Mittelhalle zur Eiablage geschritten ist und die Eier, wie in der Freiheit, im Sande vergraben hat. Da sich die Tiere während des Frühjahrs häufig gepaart haben, so besteht die Aussicht, daß die inzwischen in einen besonderen Be- hälter untergebrachten Eier befruchtet sind. Kleine Nachrichten. Vor dem Hause Chausseestraße 36 wollte Donnerstag nachmittag gegen 145 Uhr Fräulein Elisabeth Zimmer- mann einen Straßenbahnwagen der Linie 32 während der �ahrt besteigen. Sie kam dabei aber zu Fall und zog sich einen Bruch des rechten Oberschenkels zu. Die Verunglückt« erhielt auf der nächsten Unfallstation einen Notverband und fand dann in der Charit- Aufnahme. Aus verletztem Ehrgefühl hat der 70jährige Karl Schröder auS Kleinbeeren Selbstmord verübt. Der alte Mann, der sich zumeist den Tag über im Beddorftchen Gasthof aushielt, wo er leichtere Arbeiten verrichtete und Gänge besorgte, geriet eines Tages in den Verdacht, eine Flasche Schnaps und andere Kleinig- keilen sich angeeignet zu haben. Obwohl die Angelegenheit gar nicht weiter verfolgt wurde, da sie nicht einwandfrei geklärt werden konnte, fühlte sich Schröder infolge des gegen ihn gehegten Ver- dachtes tief verletzt und äußerte S-elbstmordge-danken. Nachdem er bereits einmal an der Ausfuhrung dieses Vorhabens, wobei er sich die Pulsadern zu durchschneiden versuchte, gehindert worden war, warf er sich am nächsten Tage zwischen Grohbeeren und Ludwigs- fetde bor einem herannahenden Zuge auf den Bahnkörper. Dem Lebensmüden wurde der Kopf glatt vom Rumpfe getrennt; die Leiche wurde am Tage darauf von Bahnwärtern aufgefunden. Mit Leuchtgas vergiftet hat sich der 27 Jahre alte Schuhmacher- geselle Stanislaus Kastrzak, der in der Kurfürstenstraße 34 bei seiner Schwester wohnte. Diese fand ihn gestern früh in seinem mit Gas angefüllten Schlafzimmer tot auf. Wiederbelebungsversuche, die ein Arzt und Feuerwehrleute mit dem Sauerstoffapparat machten, blieben erfolglos. Kastrzak war lungenkrank und hielt sein Leiden für unheilbar. Bauernfänger haben wieder einmal einen aus der Provinz hierhergekommenen Landwirt geneppt, der auf dem Magerviehhof ein Pferd kaufen wollte. Sie versprachen ihm zum Kaufe ein«? Pferdes behilflich zu sein, führten ihn in ein« Schankwirtschaft, in der sie ihm 2030 M. abknöpften und dann sitzen ließen. Zur Feier de« 25jShrigen Jubiläums des Turnverein»Fichte" veranstaltet der Verein am Sonntag, den 1. August, nachmittag? 36 Uhr, auf dem großen Spielplatz ,m Treptower Park eine Reihe turnerischer Vorführungen, zu denen die Berliner Arbeiterschaft aufs freundlichste eingeladen ist. Wer ist der Tote? Aus der Havel gelandet wurde bei Tegel die Leiche eines unbekannten Mannes von etwa 50 Jahren. Die Polizei brachte sie nach der Friedhofshalle in Heiligensee . Der Er- trunkene ist mittelgroß und untersetzt hat starkes blondes gelbliches Haar und einen graugemischten Schnurrbart und trug einen dunklen Jackettanzug, einen schwarzen Schlapphut, ein Normalhemd

und schwarze Schnürschuhe. Sein roftveiß gerändertes Taschentuch ist C. B. gezeichnet. Zeugen gesucht. Am Donnerstag, den 22. Juli, abends gegen 6% Uhr, wurde an der Ecke der Hindersin- und Roonstraße, an der Kronprinzenbrücke, ein 14jähriger Schüler auf seinem Zweirade von einer Autodroschke überfahren und schwer verletzt. Personen, welche den Unfall gesehen haben, besonders ein Herr im grauen Anzug, werden gebeten, sich beim nächsten Polizeirevier oder bei Mühl, Luisenstratze 51, zu melden.

Ins Industrie unö Handel. Tivideudeuerhöhung des Bochumer Vereins. Der Bochumer Verein für Bergbau und Guß- stahlfabrikation(Akt.-Ges.) kann für das KriegSjahr 1914/15 seine Dividende von 10 auf 14 Prozent erhöhen. Der Roh- gewinn beträgt rund 11,9 Mill. M. gegen 9.8 Mill. M. im Vor- jähre. Zu Abschreibungen dienen 3.5 Mill. M., ferner werden auf ausländische Erzgruben 1 Mill. M. abgeschrieben. Der Rein- gewinn stellt sich auf 7,4 Mill. M. gegen 4,3 Mill. M. im Vor- jähre. Roh- und Reingewinne sind höher als je in einem Jahr zuvor, selbst als in Jahren der Hochkonjunktur, wie folgende

Der Krieg hat also die Gewinne deS großen Unternehmens erheblich gesteigert._

Englische Schiffahrtsgesellschaften im Kriegsjahr. Wie stark die englischen Schiffahrtsgesellschaften unter den vielverzweigten Wirkungen des Weltkrieges leiden, zeigt eine Dar- stellung des englischenEconomist " vom 17. Juli 1915, in welcher auf Grund der Bilanzen die Nettoüberschüsse großer Unterneh- mungen der Industrie, des Handels und des Verkehrs angegeben werden. Vergleicht man danach die Nettoüberschüsse jener Unter- nehmungen in den beiden letzten Vierteln des Jahres 1914 und den beiden ersten Vierteln de» Jahres 1915 mit denjenigen derselben Periode der Jahre 1913/14, so ergibt sich, daß jene vomEconomist " herangezogenen Unternehmungen eine Minder-Nettoein- nähme von 4,2 Millionen Pfund aufzuweisen haben. An diesem Rückgang aber waren die 27 in Frage kommen- den Schiffahrtsgesellschaften mit allein einer Million Pfund be- teiliat; nach den am 30. Juni 1915 abgeschlossenen Bilanzen betrug die Verringerung der Ueberschüsse bei den Schiffahrtsgesellschaften 22,9 Proz. gegenüber dem Vorjahre. Nach den Salpetergesell- schaften waren die Schiffahrtsgesellschaften am stärksten an dem prozentualen Rückgang der Nettoüberschüsse beteiligt. Die einzige Linie, welche geschäftlich durch den Krieg nicht ge- litten zu haben scheint, ist die Cunardlinie und die von ihr seit drei Jahren kontrollierte Anchorlinie. Welche besonderen Umstände dieser von dem englischen Staate protegierten Linie zu ihrem günstigen Abschluß verholfen haben, entzieht sich natürlich der Kenntnis. Dagegen zeigen andere Schiffahrtslinien Abschlüsse, wie sie nur für die Zeiten stärkster Depression denkbar sind. So wurde schon Anfang Mai von der Royal Mail Steam Packet Ch. berichtet, daß sie anstatt ihrer bisher üblichen Dividende von 6 Proz. für das Gaschäftsjahr 1914 auf die Verteilung einer Dividende verzichten müsse, weil der Rückgang des Gewinnes von 436 000 Pfund auf 98 000 Pfund die Zahlung einer Dividende ausschließe. In der letzten Geschäftssitzung der Tatem Steam Navigation Company er- klärte ein Aktionär derselben,daß er nach allem, was über die un- geheuren Kriegsgewinne gesagt worden sei, ein Rekordjahr für die Gesellschaft erwartet habe. Demgegenüber seien jetzt die Gewinne nicht einmal so gut wie in den Vorjahren". Er wurde darauf von dem Vorsitzenden dahin belehrt, daß die Gesellschaft wie viele andere Schiffahrtsgesellschaften Englands während des Krieges unter den größten Schwierigkeiten zu leiden habe. Die englische Admiralität habe zeitweilig die Mehrzahl der Schiffe der Gesellschaft requiriert, ohne diejenigen Frachtraten zu bezahlen, welche auf dem offenen Markt bezahlt worden seien. Dann habe die Admiralität in weit entfernten Gegenden die Schiffe freigegeben, und als diese dann in Liverpool eingetroffen wären,hätten sie sich infolge der großen Ueberfüllung an den Docks Verzögerungen von über drei Monaten ausgesetzt gesehen. Diese Verzögerung habe geradezu den Verlust der ganzen Reise bedeutet". Der Vorsitzende sagte ferner wörtlich: Man darf nicht übersehen, daß große Veränderungen auf der Debetseite unseres Geschäftes stattgefunden haben. Ueberall sind die Preise gestiegen. Bunkerkohle und sonstige Materialien sind im Preise wie alle übrigen Waren in die Höhe gegangen, und die Besoldung der Offiziere, Maschinisten und sonstigen Leute ist beträchtlich höher. Die Versicherungen mußten auf eine breitere Basis gestellt werden und das Kriegs- risiko hat unsere Ausgaben und Verpflichtungen weiter erhöht. Ausbesserungen, Prüfungen und Instandhaltung sind nicht nur teuerer geworden. sondern die Verschiebung und die Knappheit der Ar- beitskräfte in verschiedenen Häfen eine unmittel. bare Folge de« Krieges bewirken einen langen Aufenthalt und erhöhen damit die Betriebskosten. Die Kauf» kraft unserer Reserven ist ebenfalls beträchtlich ge- r i n g e r als vor 12 Monaten, ein Umstand, der eine weitere Stär- kung unserer Hilfsquellen notwendig macht. Die Kosten neuer Tonnage sind mindestens doppelt so hoch wie im letzten Jahre, so daß ein größerer Kapitalaufwand notwendig wird, wenn wir uns gegenüber der Zukunft sicherstellen wollen."

Beschlagnahmtes deutsches Eisenbahngut. Die Eisenbahndirektion Berlin hat nach bürgerlichen Blättern folgende sehr bemerkenswerte Entscheidung getroffen: Ein großer Teil der Güter, die vor dem Kriege über Serbien nach Bulgarien und der Türkei auf dem Bahnwege zur Abfeetigung gelangt sind. hat den Bestimmungsort nicht erreicht, vielmehr ist notorisch, daß die Sendungen in Serbien zurückgehalten bezw. beschlagnahmt worden sind. Die Bahnbehörde lehnt jede Diskussion über die Ersatzpflicht ab. Sie steht auf dem Standpunkt, daß der deutsche Versender gut daran tun wird, seine Ansprüche im ReichSamt des Innern anzumelden, damit die Entschädigungssumme in die Liste der Kriegsentschädigungen aufgenommen werden kann. Sofern also die deutschen Versender nicht gegen das Kriegsrisiko versichert waren, und Anfang oder Mitte Juli vorigen Jahres dachte kaum jemand an die Vornahme derartiger Versicherungen geht der Schaden zu ihren Lasten,«s sei denn, daß durch die Friedens- Verhandlungen die Grundlagen geschaffen werden, um die serbischen Behörden zur Ersatzleistung heranzuziehen.

Soziales. Wahlen zu den Gewerbe- und KaufmannSgerichten. Der Bundesrat hat, wie derReichsanzeiger" mitteilt, auf Grund des Z 3 des Gesetzes über die Ermächtigung deS Bundesrats zu wirtschaftlichen Maßnahmen usw. vom 4. August 1914 folgende Verordnung erlassen: Die Amtsdaner der Beisitzer der Ge-

Werbegerichte und der Koufmannsgerichte wird, soweit sie vor dem 31. Dezember 1916 ab- läuft, bis zum 31. Dezember 1916 verlängert. Grobe Verdächtigung einer Angestellten. Gegen einen Arbeitgeber, der in recht leichtfertigster Weise mit der Ehre einer weiblichen Angestellten spielte, hatte die 4. Kammer des Berliner Kaufmannsgerichts zu ver- handeln. Es klagte dort eine Lageristin gegen den Gummiwarenfabri- kanten M. Pech. Im März 5. I. trat bei der Klägerin ein« schwere innere Erkrankung ein. Der Beklagte zahlte ztvar das Gehalt für die Krankheitszeit, zog sich aber rechtswidrig das Geld ab, das die Erkrankte von der Krankenkasse erhalten hatte. Als die Lagerisiia im Mai erneut erkrankte, verweigerte P. nicht nur jegliche Ec- Haltszahlung, sondern er verlangte die während der. ersten Krank- heit gezahlten Beträge zurück. Gegen die Gehaltsforderung der Klägerin erhebt er darum jetzt Widerklage in Höhe von 147 M. Zur Begründung dieses ungewöhnlichen Verlangens führt er an. daß die erste Erkrankung infolge eines Verbrechens gegen§ 218 Strafgesetzbuchs entstanden und die zweite Krankheit wiederum eine Folge der ersten sei. Vom Gericht aufgefordert, Beweise für seine schwerwiegende Behauptung zu erbringen, macht der Beklagte geltend, daß die Krankenkasse die Behandlung verweigert hätte. Er beantragte zu diesem Zwecke die Vorladung eines Vorstands- Mitgliedes der Ortskrankenkasse. Auffallend sei auch, daß die Klägerin bei der zweiten Erkrankung einen Privatarzt in Anspruch nahm, statt sich des Kassenarztes zu bedienen! Schließlich berief sich der Beklagte noch auf das Zeugnis von Nachbarinnen, die näheres über den Eingriff der Klägerin würden bekunden können. Die Verhandlung ergab die völlige Haltlosigkeit der vom be- klagten Fabrikanten aufgestellten schweren Beschuldigungen. Nach dem dem Gericht vorliegenden Originalausweis der Ortskranken» lasse hegt die Kasse nicht den geringsten Zweifel, daß eine unver- schuldete Krankheit vorliegt, und überwies deshalb auch die Er- krankte einem Erholungsheim. Der Beklagte wurde zur Zahlung der geforderten 227 M. verurteilt, seine Widerklage wurde ab- gewiesen. Der Vorwurf des Vergehens gegen 8 218 Strafgesetz- buch« sei unbegründet, das beweise schon die Bescheinigung der Ortskrankenkasse. Daß Klägerin bei erneuter Erkrankung zum Zwecke der gediegenen Auskurierung aus eigenen Mitteln privatim einen Spezialarzt zu Rate zieht, sei durchaus nicht auffallend. Auch der Angestellte habe völlig freie Arztwahl. Was schließlich dos Gerede von Nachbarinnen beträfe, so lege da? Gericht auf deren Aussagen im vorliegenden Falle keinen Wert. DaS Preis-Billardspiel steuerpflichtige Lustbarkeit? Der Gastwirt Marx in Breslau hatte in seinem Lokal ein Preis-Billardspiel veranstaltet, mit dem eine Ausspielung von Gegenständen verbunden war. Der Breslauer Magistrat zog ihn darauf zu einer Lustbarkeitsstruer von 5 M. heran. Der Magistrat bezog sich auf eine Bestimmung der Breslauer Lustbarkeitssteuer - ordnung, wonach unter anderem Prcisschießen undsonstige Be- lustigungen" der Steuer unterliegen. M. klagte nach vergeblichem Einspruch auf Freistellung von der Steuer. Er machte geltend, daß ein Billardpreisspiel keine Lustbarkeit sei. Er hätte auch gar keinen Vorteil gehabt. Der Bezirksausschuß wies die Klage ab. Das PreiS-Billardspiel sei eine Lustbarkeit und es sei hier steuerpflichtig, weil es unterdie sonstigen Belustigungen falle, die die Steuerordnung in der frag- lichen Bestimmung erwähne. Das ObervcrwaltungSgericht bestätigte jetzt da» Urteil. Aller- dings könne ein« Steuerordnung Veranstaltungen, die in Wirklich. keit keine Lustbarkeiten seien, auch nicht als Lustbarkeiten be- steuern. Eine Lustbarkeit sei eine Veranstaltung, die das Publikum belustigen und ergötzen solle und auch dazu geeignet sei. Das sei bei dem Preis-Billardspiel anzunehmen. Also handele ei sich um eine Lustbarkeit. Diese Lustbarkeit werde von der Steuerord- nung in der Bestimmung mit umfaßt, die von densonsttgen Be- lustigungen" spreche. Der Kläger sei darum mit Recht zur Lust- barkeitssteuer herangezogen worden.

Provisionsdrückerei eines Heereslreferauten. Bei den Bestellungen für Heeresbedarf handelt es sich meist um große Summen. Man kann nun in den Verhandlungen vor dem Kaufmannsgericht sehr oft die Beobachtung machen, daß die Heereslieferanten sehr gern die großen Aufträge entgegennehmen und die großen Zahlungen einstreichen, daß sie aber den mit Provision angestellten Reisenden, dem sie den Austrag zu ver- danken haben, unter allerlei Einwendungen um die verdiente Pro, Vision bringen möchten. Ein typisches Beispiel dafür bot ein« dar der 4. Kammer des Berliner KaufmannSgerichtS verhandelt« Streiffache. Der Rei- sende T., der bei Kundenerwerbung mindestens 1 Proz. vom Umsatz erhalten sollte, hatte dem beklagten Kriegslieferanten Ra- misch einen Kunden W. zugeführt, der auf die Empfehlung des Klägers hin für zirka 30 000 M. Satteltaschen bestellte. Ter Beklagte gibt zwar zu, daß T. den Kunden ihm zugeführt habe, er mußte aber zu dem Auftrag ein anderes Leder nehmen, als der Kunde W. ursprünglich haben wollt«; es handele sich daher um eine vom Kläger nicht vermittelte Bestellung, der Posten sei mit- hin dem Kläger nicht zu proviswnieren. Der als Zeuge ver- nommene Kunde stützte die Behauptung deS Klägers nach jeder Richtung hin. So bekundete er, daß er nur auf des Klägers Werbearbeit hin bestellt habe, und daß er den Beklagten jetzt vor Gericht zum ersten Male sehe. DaS Kaufmannsgericht war der Ansicht, daß dem Kläger die volle Provision von 300 M. zustände. Da T. freiwillig 10 M. abließ, kam ein Vergleich in Höhe von 290 M. zustande._

Gerichtszeitung. Wiedereinsetzung in de« vorigen Stand. DerReichsanzeiger" veröffentlicht folgende Verordnung des preußischen Staatsministeriums über Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Kriegsteilnehmer. § 1. Beruht im Falle de»§ 52 Abs. 2 de? Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 sGesetzsamml. S. 195) die unverschuldete Fristversäumung des Antragstellers auf seiner Teilnahm« am Kriege, so hat bei Geldforderungen die an- gerufene Behörde die Wiedereinsetzung zu gewähren, sofern der Antrag innerhalb einer Frist von sechs Monaten feit Beendigung des Kriegszustandes oder der Kriegsteilnahme gestellt wird. Auf Beschwerden wegen Versagung der Wiedereinsetzung ent- scheidet die Auffichtsbehörde endgültig. 8 2. Tie einjährige Frist des vorletzten Satzes des 8 112 des LandeSverwaltungsgesetzes für die Nachholung einer versäumten Streithandlung beziehungsweise den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zugunsten der Kriegsteilnehmer bis zum Ablauf einer Frist von sechs Monaten feit Beendigung des Kriegs- zuftandeS oder der Kriegsteilnahme gehemmt. DaS gleiche gilt für die im 8 48 Abs. 4 deS ErgänzungSsteuer» gesetzes(Gesetzsamml. 1906 S. 294) vorgesehene Frist. § 3. Kriegsteilnehmer im Sinne dieser Verordnung sind die« jenigen Personen, welche 1. vermöge ihres Dienstverhältnisses, Amte? oder Berufs zu den mobilen oder gegen den Feind verwendeten Teilen der Land- oder Seemacht oder zu der Besatzung einer armierten oder in der Armierung begriffenen Festung gehören, 2. sich dienstlich aus Anlaß der Kriegsführung des Reichs im Ausland aufhalten, 3. sich als Kriegsgefangene oder Geisel in der Gewalt deS FeindeS befinden. Diese Verordnimg ist mit dem 29. Juli in Wirkscimkeit getreten.