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/lus Groß-öerlin. Sanüsacknäherinnen. Von der Sandsacknäherei erzählte kürzlich dieVolks- zeitung" allerlei zur Unterhaltung ihrer Leserinnen. Wer aber mit dieser Arbeit sein Brot verdienen muh, findet sie ganz und gar nicht unterhaltend. ImVorwärts" wurden in den letzten Monaten eine Reihe Beschwerden veröffentlicht, die uns von Sandsacknäherinnen zugegangen waren. Wir nannten verschiedene kleine und größere Unternehmer, bei denen für die Näharbeit an Sandsäcken auffallend niedrige Löhne ge- zahlt wurden. Um so mehr überrascht jetzt die in derVolks- zeitung" gemachte Angabe, bei dieser Arbeit könne man�sich einen Tagesverdienst sichern, der je nach der Fertigkeit zwischen3und5Mark schwankt". Wie hoch mag denn der Lohn Pro 100 Säcke sein, mit dem eine Arbeiterin pro Tag bis 5 Mark verdienen soll? DieVolkszeitung" meint, daß eine geschickte und an rasches, exaktes Maschinennähen gewöhnte Arbeiterinam Tage sicherlich eine hübsche Anzahl Säcke nähen kann". Fragt sich nur, wie lang derTag" sein muh, damit 5 Mark an Arbeitslohn herauskommen. Wenn der Tag 5 Mark bringt, so macht das für die Woche mit sechs Arbeitstagen einen Gesamtlohn von 30 Mark. Da wird wohl manche Arbeiterin verwundert den Kopf schütteln. Nein, es ist wirklich nicht so leicht, sich als Sandsacknäherin 30 Mark Lohn pro Woche zu erarbeiten. Es ist nicht einmal immer leicht, in der Sandsacknäherei überhaupt Arbeit zu finden. Klagen, die uns eben jetzt wieder zugehen, berichten über Abweisung von Arbeitsuchenden. Ein Unternehmer für Sandsäcke, der sein Geschäft im Hause Schönhauser Allee 8 betreibt, verspricht in Annoncen dauernde Arbeit. Daraus folgt aber nicht, daß er Ueberfluh an Arbeit hätte, der zur Be- friedigung jeder Zahl von Arbeitsuchenden ausreichen könnte. Frauen, die an einem Tage der vorigen Woche auf eine solche Annonce sich dort in den Nachmittagstunden meldeten, wurden weggeschickt mit dem Bescheid, am nächsten Morgen wiederzu- kommen. Das taten sie, und sie muhten dann zusammen mit einer reichlichen Zahl anderer Bewerberinnen auf dem Hof stehen und stundenlang warten, um schließlich aufs neue abge- wiesen zu werden mit der Erklärung, daß für heute schon wiederdie Arbeit alle" sei. Nachdem sie so zweimal vergeb- lich sich den Weg gemacht hatten, verzichteten sie auf weitere Bemühungen, dort Arbeit zu erhalten. In den nächsten Tagen wiederholten sich die Annoncen desselben Unternehmers, der immer wieder dauernde Beschäftigung versprach. Eine Frau, die ein paar Tage später sich nachmittags auf eine Annonce meldete, berichtet uns, wie es ihr ergangen sei. Schon vor der Tür sei sie von ein paar jungen Leuten, die sich hier aufge- stellt hatten, abgewiesen worden, weil es heute keine Arbeit mehr gebe._ Kriegswohltätigkeit und Geschäft. Ein Pastor schreibt demReichSboten":»Unter dem 23. Juli dieses Jahres erhielt ich von der Firma K... in Hamburg das folgende, wörtlich wiedergegebene Schreiben. Die Sache erscheint mir wichtig genug, um sie der Oeffentlichkeit bekannt zu geben: 1. Schreiben der Firma K... Durch die lange Kriegsdauer sehen wir uns veranlaßt, soweit das möglich ist, werktätige Kriegshilfe zu leisten, indem wir würdigen, wenn auch unbemittelten Personen der gebildeten Stände Gelegenheit geben, sich durch den Verkauf unseres rmportierten TeeS(indischer Tee) einen Nebenverdienst zu verschaffen. Wir hatten früher vorgezogen, dieses Geschäft durch Vermittlung von angesessenen Kaufleuten zu machen; halten eS aber jetzt für richtiger, durch den Krieg besonders schwer getroffenen Privat- Personen Gelegenheit zu geben, durch den von uns gebotenen, ver­hältnismäßig leichten Nebenverdienst über die so überaus schweren Zeiten hinwegzukommen. Wir wären Euer Hochehrwürden zu ganz besonderem Danke verbunden, wenn Sie uns aus Ihrer Gemeinde Mitglieder nennen würden, welche geeignet sein dürften, sich für den Verkauf unseres Tees zu betätigen. Wir beabsichtigen also nicht, jenen Personen ein Risiko aufzubürden, sondern wir wollen jeweilig ein bestimmtes Quantum in Kommission geben, das nach Verkauf mit uns ver- rechnet werden muß; es kommen deshalb nur durchaus zuverlässig erscheinende Damen und Herren in Frage. Wir geben uns der Erwartung einer baldigen gütigen Antwort hin und zeichnen mit vorzüglicher Hochachtung (Name ganz unleserlich). 2. Meine Antwort. Ich bin gegen jede Verquickung von Wohltätigkeit und Geschäft, bin gegen eine solche Verquickung besonders dann, wenn der Ton auf Geschäft und nicht auf Wohltätigkeit liegt. Die Firma wagt nichts und opfert nichts, wenn sie Vertrauens- würdigen Personen ihre Tees in Kommission gibt; es ist aber ohne weiteres anzunehmen, daß sie recht beträchtliche Gewinne erzielen würde, wenn ihr von allen Pfarrämtern Preußens oder gar Deutsch- lands vertrauenswürdige Personen nachgewiesen würden, denen sie ihre Tees zum Verlauf übergeben könnte. Von. Kriegshilfe" kann unter solchen Umständen also nicht wohl geredet werden; ich jedenfalls vermag dies Wort auf das von der Firma geplante Unternehmen nicht anzuwenden. Es handelt sich in dem vorliegenden Falle meines Erachten« lediglich um ein Geschäft. Wenn die Firma Geschäfte machen will, so möge sie eS in der ihr vorteilhaft erscheinenden Form bekannt geben; wenn private Personen mit der Firma Geschäfte machen wollen, so mögen sie sich in der ihnen geeignet erscheinenden Weise mit ihr in Verbindung setzen. Ich muß es ablehnen, hier die Vermittlerrolle zu über- nehmen, zumal ich gar nicht in der Lage bin, Personen zu nennen, die vertrauenswürdig und geschäftskundig zugleich sind. Ich muß es insbesondere ablehnen, mich für eine im englischen Fahrwasser segelnde Firma zu verwenden, die am Kopfende ihres Schreibens die englischen Worte führt:Hamburg Office. Telegr. Addreß: Jndiakis Hamburg. Code: A B C 6 th Edition." Es gibt noch recht viele Firmen, die unter dem Deckmantel der Kriegswohltätigkeit die Zeitlage für ihre geschäftlichen Jntereffen ausnützen.

Zu dem ArtikelVerwilderte Grabstätten" in der Sonntags- nummer wird uns geschrieben: Nach amtlicher Auskunft werden auf den Gemeindefriedhöfen der Stadt Berlin auch die Freistellen- gräber auf Antrag von Friedhofsangestellten während des Sommers gegossen, und zwar sür den geringen Preis von 2 Mark. Bekanntlich sind gerade diese Freistellengräber zu neun Zehnteln in einem recht verwahrlosten Zustande. Einmal liegt dies daran, daß hier viele Hunderte bestattet werden, für die sich niemals Angehörige gemeldet haben. Sodann kommt in Betracht, daß für die meisten Freistellen die vorhandenen und bekannten Angehörigen nicht in der Lage find, erhebliche

Geldbeträge für die Grabpflege auszugeben. Drittens ist es in weiten Kreisen unbekannt, daß die Friedhofsverwaltung auch daS Begießen von Freistellengräbern übernimmt. Die Pflege eines solchen Grabes im Maffenhügel hat nämlich ohne das tägliche Gießen während der warmen Jahreszeit keinen Zweck. Haben daher Angehörige keine Zeit, häufig den weiten Weg zu machen, so wird vielfach auf jede Pflege verzichtet, weil die Anpflanzung doch schnell verdorren würde. In der Pflege des Freistellengrabes werden keine besonderen Vor- schriften gemacht. Nur ist eS nicht zulässig, die Anpflanzung von jedem beliebigen gewerbsmäßigen Gärtner ausführen zu lassen, also auch nicht von den Gärtnern, die vor den Friedhöfen ihre Verkaufsplätze haben. Soweit also Angehörige die Anpflanzungen nicht selbst bewerkstelligen, kann das nur von der Friedhofs- Verwaltung bezw. von dem auf dem Friedhof anwesenden Gärtner geschehen. Beispielsweise wird für das Beziehen eines Freistellen- grabes mit Efeu der Betrag von 7,60 M. berechnet. Wenn es mit diesen Zeilen bekannter wird, daß die Gießgebühr sür jeden Sommer nur 2 M. beträgt, dürfte das ein Ansporn zu erhöhter Grabpflege und zu etwas würdigerer Gestaltung der Maffenhügel sein. Ein ganze Anzahl gepflegter Freistellengräber, die sich von be- zahlten Grabstellen nur durch ihre abgelegene Lage im Maffenhügel unterscheiden, werden schon seit Jahren durch das Begießen durch die Friedhofsverwaltung in dauernd gutem Zustande erhalten. Es sind Oasen in der sonstigen Trostlosigkeit.

Der eiserne Hindenburg von Berlin . Auf dem Dönhoffplatz wird eine Koloffalfigur errichtet werden, die Feldmarschall Hindenburg zur Darstellung haben wird. Dem Bildhauer und Meier Georg Marschall ist der Auftrag nach seinen Entwürfen zuteil geworden. Die Figur wird in 12 Meter Höhe erstehen, die Enthüllung findet am 28. August, dem Jahrestage der Schlacht bei Tannenberg, statt. Die Figur dient zur Nagelung. Die Einkünfte sind für die Nattonalstiftung, die Stadt Berlin und den Lustfahrerdank bestimmt.

Beschlagnahme von Chemikalien. Das Oberkommando in den Marken erläßt eine Bekannt- machung betreffend Bestandserhebung und Beschlagnahme von Chemikalien und ihre Behandlung.

Die verlängerte Hedemannstrahe. Der Durchbruch zwischen der Friedrich- und der Wilhelm- strahe, die verlängerte Hedemannstrahe, ist, nachdem die Asphaltarbeiten der Strahe beendet sind, gestern durch den Stadtbaurat Geheimrat Krause eröffnet und für den Verkehr freigegeben worden. Es sind an diesem neuen Strahenzug durch den Kaufmann Markiewicz zwölf neue Häuser mit L L-Zimmer-Wohnungen gebaut worden, von denen acht vollständig fertiggestellt sind, während die letzten vier späte- stens am 1. Oktober vermietbar werden. Ein Teil dieser Ge- bände ist an die Militärverwaltung und einige mit ihr in Ver- bindung stehende Gesellschaften vermietet worden. Es muß durchaus anerkannt werden, daß das Unternehmen trotz der Kriegszeit derartig gefördert worden ist, daß die gestellten Termine nur ganz unerheblich überschritten worden sind.

Rektoratswahl an der Berliner Universität. Am gestrigen Montag- nachmittag um 6 Uhr fand die Wahl des neuen Rektors der Berliner Universität statt. Gewählt wurde für das Studienjahr vom 16. Ok- tober 1S16 ab an Stelle des bisherigen Rektors Geheimen Justiz- rats Professors Dr. Kipp der Wirkliche Geheime Rat, Professor Dr. v. Wilamowitz-Möllendorf. Aus der Wahl der Dekane gingen hervor: Geheimer Mcdizinalrat Professor Dr. Heffter für die medizinische Fakultät, Gebeimer Justizrat Professor Dr. Scckel für die juristische, Professor Dr. Holl sür die theologische und Ge- heimrat Professor Dr. Hellmann sür die philosophische Fakultät.

Ablieferung von kupfernen Hausgeräten. Die Anlieferung von Haus- und Wirtschaftsgeräten in sämtlichen Sammelstellen hat mit dem gestrigen ersten Termin bereits in sehr starkem Umfange eingesetzt. In Wagenladungen wurden Wirtschafts- und Hausgeräte in Kupfer und Messing eingeliefert. Um eine Per- zögerung in der Abnahme zu verhüten und den Einlieferern eine längere Wartezeit zu ersparen, empfiehlt es fich dringend, daß die- jenigen, die größere Mengen abliefern wollen, sich vorher tele- phonisch oder brieflich mit den Sammelstellen, das sind, wie wir bereits berichtet haben, die 10 städtischen Markthallen und die 38 städtischen Revier-Gasinspektionen, in Verbindung setzen, damit eine Vereinbarung über Tag und Stunde der Abnahme und Ab- rechnung erfolgen kann, da auf diesem Wege die glatte Abnahme am sichersten gewährleistet ist.

Ein teurer Ausflug. Einen teuren Ausflug machte eine Kriegerfrau nach Friedrichshagen und dem Müggelsee. Sie verlor dabei eine schwarze lederne Handtasche, die zwei preußische 4proz. Hypotheken-Pfand­briefe über je 1000 M., eine goldene Damenuhr, eine lange goldene Damenhalskette, zwei schmale goldene Damenringe und 162 M. in einem Hundertmarkschein, 20-, 6- und 2-Markscheinen enthielt. Die Tasche hat zwei Bügel, die Uhr eine Kapsel mit geschliffenen Ecken, die Halskette einen dreieckigen Schieber mit zwei Opalen und einem Rubin. Die Ringe tragen einen Similibrillanten mit zwei roten Steinen. Die Verliererin hat auf die Wiederbeschaffung der Sachen eine Belohnung von 200 M. ausgesetzt.

Interessante Kartoffclg es ch äste. In letzter Zeit ist in einigen Blättern eine interessante Kar- toffelgeschichte angedeutet worden. Es wurde erzählt, daß ein großes Gemeinwesen einen Vertrag über die Lieferung von Kar- toffeln abgeschloffen hatte. Die Lieferung sollte aufAbruf" er- folgen. Es stiegen plötzlich die Preise für Kartoffeln zu ungeahnter Höhe und auf einmal hörten die Lieferungen angeblich aus Kar- toffelmangel auf. Nach einiger Zeit sank der Kartoffelpreis wieder und der Lieferant, der noch kurz zuvor über Kartoffelnot klagte, war jetzt merkwürdigerweise in der Lage, die Erdfrucht zu dem fest« gesetzten(natürlich höheren) Preise anzubieten. Inzwischen hatten sich aber die Väter der Stadt anders besonnen, sie brauchten nun den Lieferanten, der sie auf den Pfropfen gesetzt hatte, nicht mehr. Verschiedentlich wurde nun geraten, wer wohl dieser Lieferant sei, der sich so selber hineingelegt hat, weil er auf hohe Preise speku- lierte, bis in denBerliner Neuesten Nachrichten" der Name des Herrn v. Podbielski genannt und die Stadt Berlin als das Gemein- Wesen bezeichnet wurde, mit dem der Vertrag geschlossen sein sollte. Herr v. Podbielski sandte daraufhin denBerliner Neuesten Nach- richten" eine Berichtigung zu, nach der er mit dem Kartoffelgcschäst mit Berlin nichts zu tun habe. DieNeuesten Nachrichten" wiesen in einem Zusatz zu der Zuschrift des Herrn v. Podbielski auf die nahen Beziehungen des Genannten zu der Aktiengesellschaft für Kar- toffelverwertung hin, worauf Herr V. P. den»Neuesten Nachrichten" folgende Zuschrift zugehen ließ:

Es ist zwar richtig, daß die Aktiengesellschaft für Kartoffel« Verwertung in Berlin mit der Stadtgemeinde in Berlin einen Vertrag über Lieferung von Kartoffeln getätigt hat, und daß ich der Vorsitzende des Aufsichtsrats der genannten Gesellschaft bin. Dagegen ist es unrichtig, daß ich der Hauptaktionär der Gesell- schaft bin. Ich besitze vielmehr noch nicht einmal Iffz Proz. des 260 000 M. betragenden Aktienkapitals und bin an dem in Frage stehenden Geschäft mit der Stadtgemeinde Berlin persönlich völlig unbeteiligt." Die.Vossische Zeitung" bemerkt hierzu:Vielleicht nimmt nun der Aufsichtsrat derAktiengesellschaft sür Kartosselverwertung in Berlin " Anlaß, das mystische Dunkel, das über seinen Kartoffel- geschäften mit der Stadt Berlin lagert, ein wenig aufzuhellen."

Die Kinderpoliklinik in der Kömglichen Charit� ist von heute ab bis auf weiteres nur vormittags von 911 Uhr geöffnet. Verloren. Auf dem Wege von Köpenicker Str. 102 durch Neandec- straße bis Ecke Schmidstraße wurden am Montag, den 2. d. M., in der Zeit zwischen D8/� bis 10'/« Uhr 40 M. in zwei Stück Zwanzigmark- scheinen verloren. Da der Verlierer ersatzpflichtig, mmderbemittelt und Invalide ist, wird der ehrliche Finder um Abgabe Köpenicker Straße 102 bei C. Piepenhagen gebeten. Straßenunfall. Zu einem Zusammenstoß eines Rollwagens mit einem Straßenbahnzuge der Linie 69 kam es am gestrigen Montag vormittag in der Potsdamer Straße . Dort bog vor dem Hause 112s. ein Rollwagen kurz vor einem Straßenbahnzug der Linie 69 auf das Gleis und wurde angefahren. Vor dem Zu- sammenprall der Gefährte sprang der Hutscher des Geschäftswagens Erwin Krüger von seinem Sitz herab, um sich in Sicherheit zu bringen. Er wurde von einem aus entgegengesetzter Richtung kommenden Zug der Linie 67 ersaßt und umgestoßen. Dabei geriet Krüger zwischen Triebwagen und Beiwagen und erlitt so schwere Brustquetschungen, daß er nach dem Krankenhause geschafft werden mußte. Kleine Nachrichten. Im Tiergartengefleddert" wurde in der Nacht zum Sonntag ein hiesiger Kaufmann, der auf einer Ruhebank eingeschlafen war. Der Dieb nahm ihm, ohne daß er etwas merkte, seine Brieftasche weg, die über sechstausend Mark in Papiergeld, darunter fünf Eintausendmarkscheiue, enthielt, und außerdem auch noch die goldene Schlipsnadel mit einer erbsengroßen Perle. In der Wohnung einer Nachbarin vergiftet hat sich die 39 Jahre alte Frau Dr. phtl. Else Pohl aus Galatz in Rumänien . Die Frau kam bei Ausbruch des Krieges nach Berlin zu ihrer Stiefmutter Frau H. in der Schmidstraße, während ihr Mann in Rumänien blieb. Frau H. übernahm kürzlich für eine Nachbarin ini Seitenflügel, die verreiste, aus Gefälligkeit die Pflege der Blumen. Unter dem Vorwande, diese besorgen zu wollen, halte sich Frau Pohl gestern abend in die Nach- barwöhnung begeben. Dort vergiftete sie sich mit Leuchtgas. Als man sie auffand, war sie schon tot. Was sie zu dem Selbstmord veranlaßte, ist nicht bekannt. Weil er nicht zur Marine kommen konnte, hat sich ein Fünfzehnjähriger aus der Landsberger Allee 136 das Leben genommen. Der Brand eines Automobilomnibusses rief die Berliner Feuerwehr nach der Leipziger Straße 46. Der Omnibus mußte außer Dienst gestellt werden. Im Walde ver- giftet hat sich die 43 Jahre alte aus Wittichfelde im Kreise Goldap gebürtige Krankenschwester Auguste Klott, die seit 14 Tagen vermißt ivurde.

Gerichtszeitung. Verdienste für Agenten für Heeresliescrungen. Interessante Einblicke in das gemeinschädliche Treiben der Vermittler von Heereslieferungen gestattete eine Ver- Handlung, welche gestern das Schöffengericht Berlin -Schöne- berg unter Vorsitz des Amtsgerichtsrats Bennewitz be- schäftigte. Als Kläger trat der Kauftnann Martin Buhrbank in Kunners- darf i. Schl. gegen den Kaufmann Wilhelm Karfunkclstein in Schönebcrg auf. Zwischen den beiden Parteien, die früher bei Heeresliescrungen Hand in Hand gearbeitet hatten, waren, als sich der eine von dem anderen übervorteilt glaubte, Streitigkeiten ent- standen, die schließlich dazu führten, daß Korfunkelstein an seinen ehemaligen Geschäftsfreund einen Brief richtete, in welchem er diesem vorwarf, er leide an einerManie" und seiin Geschäfts- kreisen verrufen". Wegen dieses Briefes leitete Buhrbank die jetzige Privatbeleidigungsklage ein. Vor Gericht wurde von K. die Wider- klage erhoben wegen eines Briefes, den er von B. erhalten hatte. In diesem Briefe befinden sich Worte wieSchieber",Schieber- genossen",Erpresser",Querulant" und ähnlicheHöflichkeiten". In der Verhandlung wurde in sehr bemerkenswerter Weise einmal hinter die Kulissen der Heereslieferungsver- mittler geleuchtet. Wie der Vorsitzende in seiner Urteilsbe- gründung hervorhob, habe sich der PrivatklägerKaufmann und Heereslieferant" genannt, obwohl er weiter nichts sei als ein einfacher Agent. Nachdem ein Zwischenagent, der weiter nichts als ein einfaches Telephongö sprach geführt habe, für dieseArbeit" 4000 Mark im Handum- drehen verdient habe, sei der Privatkläger gekommen und habe für Tornister, für die er selbst einem anderen Agenten 30 M. angeboten habe, von der Heeresverwaltung 48 M. verlangt und erhalten, so daß er, ohne einen Pfennig eigenes Geld dabei zu riskieren, bei der Lieferung von 10 000 Stück an einem Tage 90 000 M. verdient habe. Die eigentlichen Fabrikanten, die zirka 2 0 M. pro Stück von den Agenten erhalten hatten, habe das Gericht an diesem Prozeß über- Haupt nicht zu sehen bekommen. Die Verhandlung habe, wie der Vorsitzende ausdrücklich betonte, ergeben, daß es Kreise gibt, welche die augenblickliche Lage unseres Staates dazu benutzen, sich in einer durch nichts gerechtfertigten Weise zu bereichern und ganz erhebliche Vermögen zu verdienen. Zu diesen Leuten gehören beide Parteien. Da die in dem zum Gegenstand der Widerklage gemachten Briefe enthaltenen Beleidigungen viel schwererer Art sind, habe das Gericht den Privatkläger Buhrbank zu 300 M. Geld- st r a f e und die Beklagten zu 150 M. Geld st rase ver­urteilt. Dem Kläger wurden außerdem der Gcrichtskosten auferlegt._

Revolverknallerei. Verständige Richter fand gestern die 26jährige Kontoristin Frida B a r s i n, die seinerzeit wegen Mordversuchs verhaftet worden war. Sie stand gestern vor der 1. Ferien- strafkammer des Landgerichts I , doch lautete die gegen sie er- hobcne Anklage nur noch auf Vergehen gegen die Kriegsgesetze und Uebertretung. Das Mädchen stand seit mehreren Jahren in einem Liebesverhältnis zu dem Eisenbahnunterassistenten Urbasch, der der Vater ihrer drei Kinder ist, von denen zwei noch am Leben sind. In letzter Zeit kam es zwischen ihr und dem U. mehrfach zu Zwistigkeiten. Eines Abends im Mai dieses Jahres hatte sie mit U. verabredet, daß sie mit dem Kinde ihn auf dem Bahnhof treffen sollte, sie wartete aber Stunde auf Stunde vergeblich auf ihn. Nun war es ihr klar, daß der Vater ihres Kindes sie sitzen lassen wollte. Darüber geriet sie in eine grenzenlose Aufregung, von der sie auch nach am nächsten Tage beherrscht war. In dieser. Stimmung bc-