derheit seiner Partei eingeschlagen hat. Eine Sonderstellung nehme» die beiden Parteien der äußersten L i n k e n, die aus radikalen Bauern bestehenden„Arbeitsgruppe" und die sozialdemokratische Fraktion ein, die kühn und entschlossen ihren seit Beginn des Krieges pro- klamierten Standpunkt einhalten und dem Kriegswillen der besitzenden Klassen den Friedenswillen des werk- tätigen Volkes gegenüberstellen. Leider find wir zurzeit nicht in der Lage, die Ausfüh- rungcn und Erklärungen der Redner der äußersten Linken unverkürzt wiederzugeben. Wir wissen nur, daß Genosse T s ch ch e i d s e die innere Politik der Regierung und nament- lich die Verfolgungen der Juden und der Kaukasier mit scharfen Worten geißelte. In leidenschaftlicher Empörung wies er die Reden der bürgerlichen Parteiführer zurück, die von ihrer„Einmütigkeit" mit der Arbeiterklasse sprachen. Den Burgfrieden bezeichnete er als einen Humbug, mittels dessen die Regierung und die herrschenden Parteien ihre Stellungen befestigten. Ueber die Rede von K e r e n s k i, dem Führer der„Arbeitsgruppe", wissen wir vorläufig nur, daß er sich im Seniorenkonvente beschwerte, die Zensur habe seine Friedensforderungen aus der Rede gestrichen. Indirekt charakterisiert das liberale Hauptorgan„Ketsch" die beiden erwähnten Reden, indem sie schlecht:„Die Reden der Herren Kerenski und Tschcheidse gingen nach der ihnen zugrunde liegenden Idee völlig über den Rahmen der allgemeinen Stimniung hinaus, indem sie sich der bekannten Stellung des internationalen Sozialis nius anschlössen." Die äußerste Linke in der Duma betonte also in dieser Sitzung ihren kriegsfeindlichen Standpunkt. Um nun noch kurz die verschiedenen Nuancen in der Haltung der bürgerlichen Parteien zu kennzeichnen, seien die wichtigsten Aeußerungen der Parteiführer wiedergegeben. Graf W. Bobrinski erklärte im Namen der Nationalisten: „Das Land braucht innere Reformen. Aber diese Reformen können nur verwirklicht werden, wenn der Augenblick des Sieges eintritt." Im Interesse des Krieges verlangte er, daß die Regierung der„Gesellschaft" entgegenkomme, nur in diesem Falle werde seine Partei mit der Regierung gehen. Weit schärfer sprach schon der Redner der Oktobristen, der frühere Berichterstatter der Militärkommission S s a w i t s ch. Tie Schuld liege nicht bloß auf dem Militärressort, sondern auf der gesamten Regierung, die die Forderungen der dritten und vierten Duma unberücksichtigt gelassen habe.„Diese Differenz zwischen der Gesellschaft und der Regierung ist der Hauptgrund der Schwäche der Regierung und des ganzen Staates." Für die jetzt zum Teil erneuerte Regierung trage die Duma keine Verantwortung, sie werde sie aber unter- stützen, um den Sieg über den äußeren Feind zu organisieren. Ter Redner der Kadettenfraktion Professor M i l j u k o w geißelte die parteipolitische Ausbeutung des Burgfriedens, die Hetze gegen die Juden, die Verurteilung und Verbannung der sozialdemokratischen Tumaabgeordneten. Er wies die Erklärung des Ministerpräsidenten zurück, daß es jetzt nicht an der Zeit sei, programmatische Reden zu halten. Er begnügte sich aber, die Forderungen aufzustellen, daß die örtliche Ad- ministration erneuert, eine kleine Verwaltungseinheit ein- geführt, die Aufhebung des Branntweinmonopols gesetzlich festgelegt, die Familien der Kriegsteilnehmer mit Land der- sorgt, ein Genossenschaftsgesetz erlassen, sozialpolitische Ge- setze für die Arbeiter und Angestellten ausgearbeitet und politische Amnestie gewährt werden solle. Weit schärfer ging der Redner der Progressisten Jefremow vor. Nach einer glühenden Anklage gegen die Regierung erklärte er, die Duma könne nur in dem Falle die Regierung unterstützen, wenn die Regierung offen die Autorität der Duma an- erkennen, sich ihrer Kontrolle und Leitung unterwerfen und ihre Verantwortung vor der Volksvertretung proklamieren würde. Die bisherigen Aende- rungen im Ministerkabinett genügten nicht, es müsse ein nationales Verteidigungs Ministerium aus Vertretern aller Parteien eingesetzt werden, das vor der Volksvertretung verantwortlich sein müsse.— Geht diese Forderung zurzeit auch weiter als die Duma bisher zu fordern gewagt hat, so zeigt sie doch den Weg, den selbst die bürgerlichen Parteien in der Duma unter Umständen zu be- schreiten bereit sind.
Westlicher Kriegsschauplatz. Der französische Tagesbericht. Paris , 12. August. (W. T. B.) A m t l i ch e r B e r i ch t von g c st e r n nachmittag: Im Artois während der Nacht lebhafte Kanonade um Souchez. Ein deutscher Angriffsversuch nnt Petarden wurde abgeschlagen. In den Argonnen meldet man sehr heftiges Bombardement unserer Stellungen östlich der Straße Vienne le Chateau-Binarville. Auf der übrigen Front war die Nacht ruhig. Paris , 12. August. (W. T. B.) Amtlicher Kriegs- b e r i ch t von gestern abend. Im Artois Artillerie- kämpfe, im Abschnitte nördlich von ArraS . In den Argonnen nahm die in dem vorigen Bericht gemeldete Beschießung an Stärke zu, unter reichlicher Verwendung von Granaten mit erstickenden Gasen. Bei Tagesanbruch folgte ihr ein sehr heftiger deutscher Angriff. welcher von mindestens drei Regimentern ausgeführt wurde, gegen unsere Stellungen zwischen der Straße Binarville— Vienne lc Chateau und der Schlucht von la Houyette. Im Zentrum dieses Abschnittes gelang es den Deutschen , in unsere Stellungen einzudringen. Sie wurden durch Gegenangriffe im Laufe deS Tages wieder daraus verjagt und behielten nur ein Stück unserer Schützengräben der ersten Linie. Wir machten Ge- sangene, welche einem württembergischen Korps angehören. Weiter östlich bei Fontaine aux Carmes richtete der Feind ebenfalls einen Angriff gegen unsere Schützengräben, welcher vollkommen zurückgeschlagen wurde. Im Priefterwald und in den Vogesen am Linge- und Hilsenfirst ziemlich heftige Kanonade. Der italienisthe Krieg. Nelüung der italienischen Heeresleitung. Rom , 11. August. (W.T.B.) Amtlicher Heeresbericht von gestern. In C a d o r e versuchte der Gegner, während die wirksame Aktion unserer Artillerie gegen die mächtigen Sperrarbeiten in den Hochtälern andauerte, durch häufige
aber vergebliche Angriffe uns aus gewissen, kürzlich eroberten Stellungen zu verjagen. So haben am 9. August unsere Truppen einen Angriff im Sextental gegen die Front von Rimbianco und ein in Massen durchgeführtes Vorrücken des Feindes vom Freikofel zurückgewiesen. In Kärnten meldet man heftige Aktionen unserer Artillerie und längs der ganzen Front ein geringes Vorrücken der Infanterie. Der Gegner versuchte auch, aber ohne Erfolg, vor unseren Schützengräben am Monte M e d a r d i bewegliche Drahtverhaue zu errichten. Bei P l a v a haben unsere Truppen gestern in der Dämmerung mit Erfolg einen doppelten feindlichen Angriff, unterstützt durch zahlreiche Artillerie, zurückgeschlagen. Auf dem Karst sind unsere Truppen, nachdem in der Nacht zum 10. August ein Angriff in der Gegend des Monte bei sei Busi zurückgewiesen worden war, am Morgen zur Gegenoffensive übergegangen und haben auf einigen Punkten der Front merkliche Vorteile erlangt. Der Elan der Infanterie war derart, daß es zwei Kom- pagnien gelang, mit dem Bajonett eine stark verschanzte, vor der feindlichen Front gelegene Höhe zu erobern. Wegen des gewaltigen konzentrierten Ärtilleriefeuers und eines kräf- tigen Gegenangriffes des Gegners konnte die Stellung nicht behauptet werden. Immerhin genügte der Widerstand unserer Truppen, die sich in die starken eroberten Stellungen zurück- gezogen hatten, um den feindlichen Gegenangriff zu hemmen. In dem Abschnitt von M o n f a l c o n e hat die österreichische Artillerie ihr Feuer erneuert, aber diesesmal ohne jeoes Ergebnis. Nelüungen der italienisihen Admiralität. Rom , 11. August. (W. T. B.) Der Chef des Admiral- stabes teiltmit: Heute morgen haben zwei österreichisch. ungarische Torpedobootszerstörer Kanonen- schliffe auf Bari abgegeben, ferner auf Santo Spirito und Molfett a. Eine Zivilperson wurde getötet und sieben verwundet. Materialschaden wurde nicht verursacht.— In den Gewässern des Adriatischen Meeres wurde das österreichisch-ungarische Unterseeboot U 12 von einem unserer Unterseeboote torpediert. Es sank mit der ganzen Besatzung. Der türkische Krieg. Die türkische �auptquartiersmeldung. Konstautinopel, 12. August. (W. T. B.) Das Haupt- quartier teilt mit: An der D a r d a n e l l e n f r o n t wiesen wir am 10. August vier feindliche Angriffe auf unsere Stellungen zurück: Der Feind verlor dreitausend Tote bei einem Angriff gegen eine türkische Division. Unsere Truppen machten einen Gegenangriff, warfen den Feind aus seinen Stellungen und nahmen zwei Maschinengewehre. Bei Sedd ul Bahr ließ der Feind am 10. August nachmittags vor unserem rechten Flügel zwei Minen springen und griff an, wurde aber mit Verlust zurückgeschlagen. Am 11. August vormittags vernichteten wir eine feindliche Streitmacht, die auf eine Kompagnie geschätzt lvurde und einen Teil der Schützengräben unseres linken Flügels anzugreifen suchte, Vollständig. Von den anderen Fronten nichts Bemerkenswertes. Die Kämpfe an den Dardanellen. Konstantinopel , 12. August. (W. T. B.) Nach zuverlässigen Er- gänzungen und Nachrichten über die Landungen der Eng- l ä n d e r am 6. und 7. August läßt sich behaupten, daß diese Operationen nicht die Bedeutung besitzen, die ihnen die Engländer und Franzosen zuschreiben wollen. An der Landung in Keretich-Ali an der Nordküste des Golfes von SeroS waren kaum 350 Mann be- teiligt, die rasch in die Schiffe zurückgeworfen wurden und etwa zwanzig Tote zurückließen. Nicht ein einziger Mann der feindlichen Abteilung ist an der Küste zurückgeblieben. Eine bedeutendere Landung hat am Gols von Anaferta stattgefunden. Die gelandeten englischen Truppen, ungefähr 1500 Mann, gingen zunächst in süd- westlicher Richtung gegen Mestamtepe zweifellos in der Absicht vor, die bei den Stellungen von Ari Burnu aufgestellten türkischen Truppen in der Flanke zu fassen. Aber dank der Schncidigkeit und deS Ungestüms unserer Truppen ist der Vorniarsch des FeindeS aufgehalten und sind die feindlichen Truppen sodann zurückgetrieben worden. Fest steht, daß auch an diesem Punkte dank der verfügbaren starken türkischen Reserven keine Gefahr besteht, daß der Feind Forlschritte macht. Wie aus Erz er um gemeldet wird, hat eine kleine türkische Abteilung im Küstenabschnitt«inen Ueberfall ausgeführt, wobei sie dem Feinde beträchtliche Verluste zufügte und eine große Menge Waffen und Munition erbeutete. Die in den letzten Kämpfen auf dem türkischen rechten Flügel gemachten Gefangenen, 2Ss an der Zahl, darunter S Offiziere, sind in Erzerum eingetroffen. Eine halbamtliche Notiz über den Untergang des Linienschiffes „Barbaroß Haireddin" stellt fest, daß eS mehrere Male an den Dardanellenkämpfen teilgenommen, mit großkalibrigen Ka- nonen dem bei Ari Burnu gelandeten Feinde große Verluste bei- brachte, mehrere Transportschiffe und einen TorpedobootSzerstörer des FeindeS in den Grund gebohrt, einen der Landungsplätze in Ari Burnu zerstört und sechs Unlerseeboote. mit denen der Feind in daS Marmarameer einzudringen versuchte, um den.Barbaroß" zu versenken, vernichtet hat. Nach so vielen Erfolgen deS„Barbaroß" ist eS schließlich feindlichen Unterseebooten gelungen, zum erstenmal das türkische Linienschiff zu treffen. London , 12. August. (W. T. B.) Das Reutersche Bureau meldet amtlich: Gestern dauerte der erbitterte Ka m p f auf Gallipoli, namentlich in der von dem australisch - neuseeländischen Armeekorps besetzten Zone und im nördlichen Abschnitt bei Kaba Tepe fort. Die Australier und New seeländer vermochten das besetzte Gebiet ungefähr zu verdrei- fachen, während wir nach Norden hin keine weiteren Fort- schritte machten. Die Truppen fügten dem Feinde schwere Verluste zu. Das französische Schlachtschiff„St. Louis" muß, wie gemeldet wird, fünf von sechs Kanonen einer an der asia- tischen Küste gelegenen Batterie zum Schweigen gebracht haben. Der Seekrieg. vom U-Dootskrieg. Bergen, 11. August.(W. T. B.) Der Bergener Dampfer.Aura" ist heute früh von einem deutschen Ü-Boote vor Marstenen torpediert worden. Die„Aura" war mit Holz nach England unterwegs. London , 12. August.<W. T. B.) Nach einer LlohdSmeldung sind die Fischerfahrzeuge.Utopia"..OceanSgift",.Esteraste", „George Borrow ",„Joung Admiral",„George Crabbe ",.JllustriouZ",.Ealm".„Tresoire" und
„Welcome" versenkt und die Besatzungen gerettet worden. DaS gleiche Schicksal erfuhren auch der britische Dampfer jJD a k w o o d" und die norwegische Bark„Morna", deren Besatzungen gleichfalls gerettet worden find.
/tos belgischen Archiven. Die„Norddeutsche Allgemeine Zeitung" setzt ihre Beröffentlichungen aus belgischen Archiven fort und bemerkt dazu einleitend: Die zweite Hälfte deß Jahres 1909 und das Jahr 1919 war vom belgischen Standpunkt aus gesehen ein politisch stilles Jahr, was die Tatsache erklärt, daß die uns vorliegenden belgischen De- peschen aus dieser Zeit wenig ausgiebig find. Wir beschränken uns darauf, aus diesem Zeitraum einen Bericht Baron G r e i n d l s wiederzugeben, der der Potsdamer Begeg- nung zwischen Seiner Majestät dem Kaiser und dem Zaren ge- widmet ist. _ In Wirklichkeit war aber das Jahr 1910 für Deutschland politisch nicht ohne Bedeutung, weil damals der in Reval besiegelte politische Zusammenschluß Rußlands und Englands im Orient dieselben Früchte zu zeitigen begann, die das Zusammengehen Ena. lands und Frankreichs in Marokko hervorgebracht hatte. Hier wie dort zeigt sich das Bestreben der Ententemächte, die freie Wirtschaft- »che l�tatigung Deutschlands zu behindern. Im Frühjahr ließ die englische Regierung die deutsche Regierung wissen, daß sie zu«ner Erörterung der die Bagdadbahn und Persien betreffenden Fragen bereit sei. Deutscherseits bestand der Wunsch, sowohl mit Englaitd als mit Rußland zu einem Abkommen zu gelangen, das unter billiger Rücksichtnahme auf die besonderen Interessen beider Mächte j? deutschem Kapital einen Anteil an der wirtschaftlichen t-rschließung des Landes sichern sollte. Die englische Anregung bot der kaiserlichen Regierung eine willkommene Gelegenheit, Sir E. G r e h ihren Standpunkt in der Bagdadbahn - und der persischen Frage darzulegen. Bald darauf wurde der kaiserlichen Regierung indessen bekannt,� daß die englische Regierung den Versuch gemacht hatte, von der türkischen Regierung die Konzession zu einer Kon- lurrenzbahn für die Bagdadbahn zu erlangen, und daß beide Machte an die persische Regierung die Forderung gestellt hatten. die Erteilung aller Konzessionen für Eisenbahnen, Straßen. Tele- graphen, Hafenbauten und Schiffahrtslinien in den Interessen- spharen der beiden Mächte in Zukunft von deren Placet abhängig 3� niachen. Es bedurste sehr ernster Vorstellungen in London und St. Petersburg , um beide Regierungen zu dem Zugeständnis zu veranlassen, daß sie aus die Beantwortung der ihre Forderungen formulierenden Note durch die persische Regierung Verzicht leisteten. So standen die Dinge, als im Frühjahr 1911 die Zuspitzung der Lage in Fez den französischen Kolonialfanatikern die Handhabe bot, um das Kabinett Monis unter dem Vorwande der Gefährdung der französischen Militärmission, wie überhaupt der Europäer in �-ez, zu dem folgenschweren Entschluß zu bestimmen, mit größeren Machtmitteln die Ruhe wiederherzustellen. Damit war eine Lage geschaffen, die die deutsche Regierung um so weniger ruhig zusehen konnte, als unter diesen Umständen mit einem allgemeinen Auflodern fanatischer Volksleidenschaften in ganz Marokko gerechnet werden mußte. Die angebliche Ge- fährdung der Europäer in Fez konnte zu einer wirklichen Ge- fährdung aller Fremden in vielen Teilen Marokkos den Anstoß geben. Nicht überall aber standen französische Truppen bereit. Wollte die kaiserliche Regierung die im Süden des Landes lebenden Deutschen und die dort vorhandenen großen wirtschaftlichen Jnter- essen nicht ungeschützt lassen, so mußte sie mit eigenen Machtmitteln eingreifen. S. M. S...Panther" wurde mit dieser Aufgabe betraut. Die Ernennung Delcasses zum Marineminisier veranlaßt Baron G r e i n d lzu der Bemerkung, daß Dclcasse sich damit gebrüstet hat, einen aggressiven Bund gegen Deutschland zusammengebracht zu haben. In einem Bericht vom 4. März 1911 erwähnt Baron Guilla um e, daß in Deutschland längs der französischen Grenze andauernd eine regelrecht« Propaganda getrieben werde, um Desertionen aus der deutschen Armee in die französische Fremdenlegion herbeizuführen. In einer Besprechung der Rede, die Sir E. Grey am 13. März gehalten und in der er auch die deutsch - englischen Beziehungen berührt hatte, meint Baron G r e i n d I> die Rede sei in Deutschland mißtrauisch aufgenommen worden. Es sei das verständlich, zumal die englische Regierung sich noch ganz kürzlich an der Vlissinger Intrige beteiligt habe.„Den Beweis dafür haben wir in der Demarche, die Sir A. Hardinge (damals englischer Gesandter in Brüssel ) bei Ihnen(dem belgischen Minister des Auswärtigen) machte, uni zu versuchen, uns mit hin» einzuziehen." Trotzdem suchte er noch Anzeichen für eine mögliche Besserung der deutsch -englischen Beziehungen, die, falls sie erfolge, die Sicherheit Belgiens wesentlich erhöhen würde. Sehr bald danach aber mutzte der Gesandte auf neue drohende Verwicklungen hinweisen. Die marokkanische Frage tauchte wieder auf. Herr C a m b o n wies in Berlin darauf hin, daß Frankreich genötigt sein könnte, einzuschreiten, um dem bedrängten Mnlay Hafid zu helfen. Ohne Zweifel, so meint Greindl, handele es sich um Annexionsplänc, denn Frankreich habe die Algecirasakte mit der festen Absicht unterzeichnet, sie niemals zu beachten. Auf einen Krieg wegen Marokko werde Deutschland es nicht ankommen lassen. Deutschland habe nur seinerzeit dem König von England und Herrn Delcasse beweisen wollen, daß es sich nicht als quwUire negligeadle behandeln lasse. Die korrekte Sprache Herrn Pichons habe stets im Widerspruch zu seinen Taten gestanden. Wolle die französisch« Regierung einen Konflikt vermeiden, so müsse sie viel Vorsicht und scheinbare Mäßigung zeigen, wenn Deutschland nicht gezwungen werden sollte, aus seiner passiven Haltung heraus- zutreten. Daran aber ließ es bekanntlich Frankreich gerade fehlen. Noch am 1. Mai glaubte Greindl nicht, daß eine Besetzung von Fez in der Absicht Frankreichs liege; die Unabhängigkeit des Sultans sei ein wesentlicher Bestandteil der Algecirasakte. Heikel sei jedoch die Lage jedenfalls. Graf L a l a i n g weist am 9. Mai gleichfalls auf die Gefahren hin, die«ine Besetzung von Fez nach sich ziehen könne. Er sagt wörtlich:„Eine Besetzung von Fez. die beispielsweise allzusehr den Anschein einer endgültigen erweckte oder einen Verstoß gegen den Geist, wenn nicht gegen den Buchstaben der in AlgeciraS einge. gangenen Verpflichtungen, könnte Berlin eine Gelegenheit zum Eingreifen bieten.".. Ende Mai rückten französische Truppen in Fez, Mitte Jum m MekineS ein. DaS französische Vorgehen hatte die Okkupation von Larasch und Elkazar durch die Spanier zur Folge, und das gab das interessante Schauspiel, daß der französische Botschafter Spanien deswegen bei der deutschen Regierung anzuschwärzen bemüht war. Der 2. Juli bringt die erste belgische Aeußerung über die Sendung deS..Panther". Auch hier nimmt Herr Guillamn« für das gute Recht Deutschlands Stellung. Er schreibt:„Für die, die zugeben, daß Frankreich ohne ernste Gründe nach Fez ging, ist e? klar, daß eS schwerlich dort wieder herausgehen wird oder aber sich gezwungen seben wird, dorthin zurückzukehren, und daß cs auf diese Weise den Geist des Vertrags von Algeciras verletzt. Wenn Deutschland angesichts dieser Tatsachen ein«„Kompensation" for- dert. so bedeutet dicS. daß eS nicht erzwingen will, daß Frankreich zurückweicht, aber auch selbst nicht die Absicht hat. sich in Agadir festzusetzen. Aber eS ist der Ansicht, daß die Regierung der Re- publik ein vereinbartes Gleichgewicht der Kräfte gestört hat, und fordert seinen Anteil."< Treffender konnte der deutsche Standpunkt gar nicht dar- gelegt werden. Während aber der den Ereignissen nur als Zu- schauer beiwohnende belgische Diplomat so klar und richtig urteilte, hielt die englische Regierung«s für richtig, durch Herrn Lloyd George in öffentlicher Rede Deutschland eine Warnung erteilen zu lassen, die als Bedrohung und Provokation einer anderen Macht wohl ohne Beispiel in der Geschichte dasteht.