Baron Guillaume erkannte von seinem Pariser Stand- Punkt aus ganz richtig, daß Frankreich viel geringere Aussichten habe, sich mit Deutschland zu verständigen, wenn England an der „Konversation" teilnehme. Auch ist er davon unterrichtet, daß es England gewesen war, das von vornherein Oel in die Flammen hatte gießen wollen durch die Entsendung von Kriegsschissen nach Agadir . Interessant ist die Bestätigung, die wir durch Graf Lala in g von den damaligen, von englischer Seite so oft in Abrede gestellten Kriegsvorbereitungen Englands erhalten.„Ich habe", so schreibt der Gesandte vom 18. November,„aus durchaus zuverlässiger Quelle ersehen, daß die Offiziere des aktiven Heeres damals plötzlich von ihrem Urlaub zurückberufen wurden, daß Ankäufe von Pferden für die Kavallerie stattfanden und daß das Nordsee » geschwader zeitweise in Kriegsbereitschaft gesetzt wurde." Die Gesandten weisen auch auf die englische Anmaßung hin, zu entscheiden, wer sich an der atlantischen Küste Marokkos nieder- lassen dürfe und wer nicht. Graf Lalaing schreibt: «Der Gedanke, Agadir könnte bei gewissen Eventualitäten zu einer Basis für die deutsche Flotte werden, ist geeignet, die Regierung des Vereinigten Königreichs zu beunruhigen. Die Presse erinnert daran, daß Großbritannien sich an der marokka- nischcn Frag« zugunsten Frankreichs deshalb desinteressierte, weil die Republik ihrerseits England freie Hand in Aegypten gelassen hatte, aber daß England niemals daran dachte, Deutsch- land zu erlauben, in Marokko Fuß zu fassen." Interessant ist die Gegenüberstellung des deutschen und eng- lischen Standpunktes durch Graf Lalaing in seinem Bericht vom L8. November 1911. Di« Behauptung, mit der Sir E. Greh später sein Vorgehen begründete, daß«r über die deutschen Absichten nicht unterrichtet gewesen sei, widerlegt er mit der Bemerkung: „Sir E. Grey scheint nicht verstanden zu haben, daß das Schiff sich nur vorübergehend in Agadir aufhielt." Als Lord Lansdowne im November im Hause der LvrdS das Wort ergriff, um in seiner Eigenschaft als Begründer der Entente von 1994 zur Lage zu reden, mutzte er auch auf die bitteren Vorwürfe erwidern, die Lord C o u r t n e h über die schädliche Politik der Isolierung Deutschlands erhob, und daß die blinde Nachgiebigkeit Englands gegenüber französischen Absichten die Schuld an der letzten Spannung trage. Graf Lalaing bemerkt hierzu:„Diese unangenehmen Wahrheiten waren durchaus nicht nach dem Geschmack des Oberhauses." Der Bericht Baron G r e i n d l s vom 6. Dezember geht von den Reden des Reichskanzler v. Bethmann Hollweg aus, die von dem Gedanken getragen waren, daß nunmehr, nach Erledigung der Marokkoangelegenheiten, der Augenblick gekommen sei, eine neue Aera guier Beziehungen zwischen England und Deutschland einzu- leiten. Vieldeutig war die Entgegnung von Greh . Er behauptete, sich über daS Einvernehmen zwischen Teutschland und Frankreich gefreut zu haben, und wies auf die Möglichkeit einer kolonialen Ausdehnung Deutschlands in Afrika hin, was Greindl zu der bitteren Bemerkung veranlaßt: „Sind«s vielleicht unsere Besitzungen, die er nach den Prinzipien des neuen internationalen Rechts verschachern will? wie man es in London und leider auch anderwärts handhabt? in Marokko , Tripolis , Persien ." Zu der Behauptung Greys, daß zwischen Frankreich und Eng- land keine Geheimverträge bestanden, schreibt Greindl: „Die Entente cordiale ist nicht auf der positiven Grundlage der Verteidigung gemeinsamer Interessen begründet worden, sondern auf der negativen Grundlage des Hasses gegen das Deutsche Reich... Die Entente cordiale hat in Frankreich den Gedanken an die Revanche, der geschlummert, zu neuem Leben erweckt. Ihr entstammt auch der Fustand der Unruhe und des Unbehagens, in dem Europa sich seit sieben Iahren befindet." Er belegt diese Sätze an der Hand der jüngsten Ereignisse und erklärt schließlich: „Sir Edward Greh ist eS ebenso wenig gelungen, nachzu- weisen, daß die Rede Herrn Lloyd Georges im Mansion House keine Herausforderung und keine Drohung gewesen ist." Das Mißtrauen des belgischen Staatsmannes war durch den Marokkohandel offenbar noch erheblich gesteigert worden. Seine Depesche vom 9. Dezember klingt daher höchst pessimistisch aus: „Wenn man auch den Wunsch pflichtgemäß zum Ausdruck bringt, die Beziehungen herzlicher zu gestalten, so sind sie doch von einer Besserung weit entfernt. Was aus der Rede Sir E. Greys am deutlichsten hervorgeht, ist, daß er die Politik der Tripleentente in dem Geist fortführen will, in dem er sie bisher geführt hat. das heißt in deutschfeindlichem Sinn. Zwischen den Völkern besteht ebensowenig Einvernehmen wie zwischen den Regierungen. Die Englänoer fahren fort, die Ausdehnung Deutschlands mit scheelen Augen zu betrachten. Der Deutsche war noch vor sechs Monaten keineswegs englandfeindlich. Jetzt ist er es geworden." Er konnte nicht treffender die Wirkung bezeichnen, di« die Haltung Englands in der Frage von Agadir hervorgebracht hatte.
Keine deutschen ßriedensvorschläge. Die„Norddeutsche Allgemeine Zettung" schreibt:„Von London aus ist neuerdings die noch mit allerlei phantastischen Einzelheiten ausgeschmückte Nachricht verbreitet ivorden, die deutsche Regierung habe in der vergangenen Woche durch Vermittlung des Königs von Däne- mark in St. Petersburg Friedensvorschläge gemacht, die aber von der russischen Regierung zurück- gewiesen worden seien. Diese Nachricht beruht auf Erfindung. Die deutsche Regierung wird vernünftige Friedensangebote, wenn ihr einmal solche unterbreitet werden sollten, gewiß nicht s, limine zurückweisen. Ihrerseits Friedensvorschläge zu machen, wird die Zeit gekommen sein, wenn sich die feindlichen Regierungen bereit zeigen, das Scheitern ihres kriegerischen Unternehmens gegen uns anzuerkennen." von der italienischen Parlamentsfraktion. Lugano , 9. August. lEig. Ber.j Die am 7. und 8. August in Florenz abgehaltene Sitzung der italienischen Fraktion hat der nationalistischen Presse Italiens wieder eint barte Enttäuschung bereitet. Ist tS den Gegnern des Sozia- lismus nicht möglich gewesen zu„beweisen", daß in Italien keine sozialistische Partei mehr existiert, so rechneten sie doch mit Sicher- heit auf eine tiefe Kluft, die sich gerade während des Krieges zwischen dem Parteivorstande und der Parteimehrheit einerseits und der Fraktion andererseits bilden würde. Nun hat aber zur großen Entrüstung der Hetzpress« gerade in dieser Sitzung— der ersten, die sie seit Kriegsausbruch abgehalten— die Fraktion ibrer Genugtuung„über die rege Tätigkeit und Eni« schlossenheit der Partei" Ausdruck gegeben und.da» Exekutivkomitee der Fraktion" beauftragt, in stetem Einvernehmen mit dem Partei- Vorstande zu wirken, um die proletarischen Organisationen und die proletarischen Gemeindevertretungen gegen die Reaktion zu ver- teidigen". zu welchem Zwecke„die Fraktion ihre sämtlichen Mit- glied'er dem Parteivorstande zur Verfügung stellt, in der vollen Zuversicht, daß durch die mächtige Einheit der sozialistischen und proletarischen Kräfte es der Partei gegeben sein werde, der gegenwärtigen politischen Schwierigkeiten Herr zu werden". Noch verblüffender als dieser Entschluß, einig und geschlossen zu wirken, wird auf di« Kriegshetzer der Entschluß der Fraktion wirken, den sie in bezug auf die I n t e r n a t i o n a l e gefaßt hat. In An-
schluß an den Bericht des Genossen M o g a r i drückte die Fraktion nämlich ihre„warme Anerkennung allen denjenigen aus, die einem, den Forderungen der Gerechtigkeit und Freiheit entsprechenden Frieden vorarbeiten", wobei die italienische Fraktion sich vor- nimmt, ihre„Tätigkeit in Uebereinstimmung mit allen den alten und neuen Elementen inS Einvernehmen zu setzen, die für die Wiederaufnahme der soziali st i scheu Intern atio- n a l e wirken. Dieser Beschluß beweist, wie wenig sich die parlamentarische Fraktion von den Verleumdungen und dem Terrorismus beeinflussen läßt, durch die die KriegSschreier, vor allem die ehemaligen„Revo- lutionäre", eine jede Annäherung der sozialistischen Parteien der kriegführenden Länder zu verhindern suchen. Nicht minder wichtige Beschlüsse hat die Fraktion in Fragen wirtschaftlicher Natur gefaßt. So vor allem haben die sozialistischen Abgeordneten der Re- gierung ihr Bedauern ausgesprochen, daß sie die von den Sozia- listen bereits vor dem Kriege befürworteten Maßnahmen noch nicht getroffen hat, um die Bevölkerung vor den Spekulanten zu schützen. In der A r b e i t S l o s e n f r a g e ist eine Kommission von drei Mitgliedern beauftragt worden, die Aufmerksamkeit der Regierung auf die schweren Folgen der sich immer mehr zuspitzenden Krise zu lenken. Die Fraktion beschloß schließlich auch daS Eintreten sür die dauernde Tagung des Parlaments,„damit einer jeden Klasse und Partei die Möglichkeit gegeben werde, die ihnen gebührenden Pflichten zu erfüllen und die dementsprcchende Verantwortlichkeit dem Lande gegenüber zu übernehmen." Norwegische Nüstungsausgaben. Kristiania , 12. August.<W. T. B.) Meldung des Ritzauschen Bureaus. DaS Storthing hat gestern nachmittag in geheimer Sitzung 93/4 Millionen Kronen zur Verteidigung der Kristianiafjords, ferner für die Flottenstation in Kristiansand 223 999 Kronen, für die Flotten- station Trondhjem 699 999 Kronen, sür die Besetzung von Mel- somvih 179999 und sür die Fabrikation von Torpedos 399 999 Kronen bewilligt. Die Vierverbanösnote an üie Salkan- staaten. Paris , 12. August. sW. T. B.j Die Presse beschäftigt sich mit dem Kollektiv schritt, welcher von den Vierverbands- Vertretern gleichzeitig in Sofia , Nisch und Athen unternommen wurde. Der Schritt sei notwendig gewesen, denn man müsse ein Eingreisen Bulgariens herbeiführen, um den russischen Heere» durch eine Diversion, in diesem Falle durch die Einnahme Konstantinopels Luft zu schaffen. Die Dardanellenexpedition schleppe sich hin. Die Mitwirkung Bulgariens würde ein wertvoller militä- rischer Faktor sein. Es sei nicht daran zu zweifeln, daß der Vor- schlag des Vierverbandes in Athen und Nisch günstig aufgenommen worden sei, denn wenn auch beide Balkanstaaten nach der Auffassung des Vierverbandes Gebiete an Bulgarien abtreten müßten, so sei ihnen andererseits ein Gebietszuwachs an anderer Stelle sichergestellt worden. Für Bulgarien biete sich jetzt die Gelegenheit, seine alten Wünsche bezüglich Mazedoniens erfüllt zu sehen. Deshalb dürfe man erwarten, daß Bulgarien den Vierverbandsvorschlag gleichfalls günstig aufnehmen werde. Sicher sei, und das sei an sich schon ein Ergebnis, daß die Unterhandlungen in einen entscheidenden Abschnitt eingetreten seien. Paris , 12. August. (W. T. B.) Eine Note der föanzösi- schen Regierung an die Presse bezüglich des Schrittes des Vierverbandes bei den Balkan st aaten hat folgenden Wortlaut: Die Verbündeten Mächte Frankreich , Ruß« land, England und Italien ließen den Regierungen Griechenlands , Serbiens und Bulgariens durch ihre diplomatischen Vertreter in Athen , Nisch und Sofia kollektive Mitteilungen überreichen, um der Sache der Alliierten die Mitwirkung Bulgariens in gemeinsamer Verständigung mit den anderen Balkanstaaten zu sichern. Dieser Kollettivschritt der vier Mächte steht im Zusammenhang mit der von der Regierung in Sofia am 14. Juni an die französische, eng- lische, russische und italienische Regierung gerichteten Anfrage be- züglich der Vorteile, die Bulgarien als Entgelt für seine tatsäch- liche Mitwirkung erwarten könne. Nustische Kriegsmaßnahmen. Kopenhagen , 12. August. (W. T. B.)„Ruskoje Slowo" meldet aus Moskau : Ein Erlaß befiehlt die Einberufung des Jahrgangs 1917 zum 29. August und droht schwere Strafen für Ausbleibende an. Alle bisherigen Vergünstigungen und Be- freiungen vom Dienste, insbesondere aus Rücksicht auf Familien- und Besitzverhältuisse werden aufgehoben. Die Einberufenen müssen darauf gefaßt sein, sofort in die Armee eingestellt zu werden. Ferner hätten nach der„Ruskoje Slowo" die vereinigten Budget- und Heeresausschüsse beschlossen, daß dem Kriegsminister ein Unter st aatssekretär für Munitionsbeschaf- f u n g beigegeben werden solle, dem einAusschußauSDuma- und Reichsratsmitgliedern beratend zur Seite stehen solle. Kampf für politische Amnestie in Rußlanü. Schon die ersten Sitzungen der russischen Duma, die jetzt einer ganz neuen Situation gegenübersteht, zeichneten sich dadurch aus, daß wieder die alte Forderung erschallte: Amnestie für die politischen Gefangenen und Verbannten! Wir sind dessen sicher, daß die parlamentarischen Vertreter der Arbeiter und der Bauern, die sozialdemokratische Fraktion und die„Arbeits- gruppe", die günstige politische Konstellation ausnutzen werden, um dieser traditionellen Forderung der russischen Demokratie energischen Nachdruck zu verleihen. Um so peinlicher wirkt in diesem Augen- blick daS Vorgehen zweier früherer Dumaabgeordneten, die, ohne das moralische Recht zu haben, im Namen breiter Schichten der russischen Sozialisten zu sprechen, vom Auslande her einen offenen Brief an den Vorsitzenden der Duma gerichtet haben, der den Kampf um die politische Amnestie in ein nationalpatriotisches Fahrwasser zu lenken sucht. Die Urheber dieser sonderbaren Aktion, die die besten Traditionen der russischen Demokratie kompromittiert, sind die früheren Abgg. O n i p o und A l e x i n S k y. Von dem ersten ist in der letzten Zeit nur bekannt, daß er als Freiwilliger in die französische Armee eintrat und sich durch seine Tapferkeit auS- zeichnete. AlexinSky jedoch, der sich in der Fraktion der zweiten Duma durch seinen HyperradikaliSmuS auszeichnete und den Führern der Fraktion da» Leben sauer machte, kompromittiert in den letzten Monaten durch seinen hysterischen Nationalpatriotismus in der aus- ländischen wie in der inländischen Presse jowohl die Partei wie seine revolutionäre Vergangenheit. Ihn von den Rockschößen der russischen revolutionären Parteien abzuschütteln, ist um so mehr eine Notwendigkeit geworden, als sowohl die liberale wie die reaktionäre russische Presse ihn mit Vorliebe als Schwurzeugen des„Patriotis- muS" der russischen sozialistischen Parteien anzuführen belieben. Diese Abschüttelung besorgt nun auS Anlaß des jüngsten Narren- streiche» AlexinSkyS da« in Genf erscheinende Organ der russischen Sozialrevolutionäre„ S h i s n"(Das Leben);
„Die Forderung einer Amnestie", schreibt das Blatt,„gehörte stets zu den Grundforderungen der russischen Demokratie. Hier- bei vermied jedoch diese Denrokratie sorgfältig alles, was dieser Maßnahme einen mit der Würde der russischen Revolutionäre un- vereinbaren Charakter einer Begnadigung verleihen konnte. Indem sie die Revolutionäre als Kämpfer für die Rechte des Volkes betrachtete, erkannte sie sie in keiner Weise als Schuldige an und verlangte die Wiederher st ellung ihrer Rechte. Durch eine solche Fragestellung beseitigte die fortschrittliche russische Demokratie jeden Schatten eines Verdachtes, als bettelte sie um eine Amnestie. Ihr war jeder Gedanke fremd, als müßte man für diese Amnestie eine Gegenlei stung versprechen. Ihr Eintreten für die Amnestie war stets eine stolze Forderung. die auf der Höhe der allgemeinen grundsätzlichen Stellung der russischen Revolutionäre stand. Diese grundsätzliche Höhe und Reinheit findet sich nicht in dem Brief der beiden früheren Abgeordneten. Mit dem ganzen In- halt ihres Briefes stellen sie gleichsam einen politischen Wechsel aus. Und nicht bloß in ihrem eigenen Namen. Von einem von ihnen— von Alexinsky— haben wir nichts Besseres erwartet. Jeder seiner neuesten Schritte trägt den Stem- pel einer moralisch-politischen Zweideutigkeit. ES muh bedauert werden, daß es ihm gelungen ist, die Zustimmung Onipkos zu erlangen, dessen Name bisher durch nichts Aehnliches berührt wor- den ist. Man muß staunen, daß dieser Letztere, der einer Partei angehört, die die Duma boykottiert, es für möglich gefunden hat, die Duma für diesen Zweck„auszunutzen". Eine Amnestie muß es in Rußland geben. Und sie wird erfolgen. Aber sie wird der erste Sieg der erwachten Volks- und Gesellschaftskräfte über das alte Regiment sein. Sie wird die Revolutionäre und Emigranten als die besten Söhne des Vol- kes in ihre Rechte einsetzen. Sie wird ihnen die Menschen- und Bürgerrechte wiedergeben, die ihnen zu Recht gebühren. Auch wir wollen eine solche Amnestie, auch wir sind bereit für sie zu kämpfen, aber zu diesem Zweck müssen wir unS nicht an die Adresse des Dumapräsidenten wenden, sondern an eine ganz an- dere Adresse. Und deshalb darf man sie nicht motiv ie- ren mit dem indirekten Versprechen, den Krieg zu unter st ützen, der unter dem Banner der Roma- nows oder der Pseudo-Romanows geführt wird, Das neue japanische Nlinisterium. London , 12. August. (W. T. B.) DaS Rcutersche Vurcau meldet aus Tokio : Das neue Kabinett ist gebildet worden. Der Premierminister O k u m a übernimmt das Aus- wärtige Amt. Taketomi die Finanzen, Jkki das I n n e r e, K a s u n d o M i n u r a den V c r k e h r und Vizeadmiral K a t o die M a r i n e.— Die„Times" meldet aus Tokio , daß die Neuregelung nur eine vorläufige sei.
Kriegsbekanntmachungen. Einschränkung des Bricfverkehrs nach dem uichtfeind- liche» Auslande. Zur zweckentsprechenden Durchführung der während deS Krieges notwendigen militärischen Ueberwackiung deS NachrichtenverkehrS mit dem Ausland ist eS erforderlich, daß der Brieftext der offen aufzu- liefernden Privatbriefe nach dem nichtfein blicken Ausland, mit Ausnahme der besetzten Teile Belgiens und Russisch -Polens , gleichviel ob die Briese in deutscher oder in einer sür den Brief- verkehr nach dem Auslände gestalteten fremden Sprache abgefaßt sind, nicht über zwei Bogenseiien gewöhnlichen Briefformats(Quart) hinausgeht. Die Briefe dürfen keine Anlagen enthaften, in denen sich Nachrichten befinden, sie müssen ferner in deutlicher, ohne weite«! gut lesbarer Schrift mit nicht zu engem Zeilenabstande geschrieben sein, auch dürfen leine Schriftzcilen über Schriftzeilen einer anderen Richtung quer hinweglausen. Bei Geschäftsbriefen kann, wenn sie im übrigen den vorstehenden Bedingungen entsprechen, der Inhalt den Raum von zwei Bogenseiten überschreiten und die Beifügung von Rechnungen, Preisverzeichnissen und dergleichen geschäftlichen Anlagen erfolgen. Zur Verpackung der Briefe»ach dem Suslande dürfen nur Umschläge verwendet werden, die auS einer einfachen Papier - oder S l o f f l a a e, also ohne Futtereinlage ans Seidcn- papier oder anderen Stoffen, hergestellt sind. Bei Briefen, die den angegebenen Anforderungen nickt ent- sprechen, müssen die Absender damit rechnen, daß sie infolge der Er« schwerung des Prüfungsgeschästs mit mehrwöchiger Verspätung am Bestimmungsort eintreffen... Bei dieser Gelegenheit wird besonders darauf hingewiesen, daß der Abfluß der nach dem Auslände gcrichtelen Briefsendungen sich naturgemäß um so regelmäßiger und pünlilicher gestalten wird, je geringer die Zahl der zu bearbeitenden Sendungen ist. Es ist daher wünschenswert, daß die Zahl der Pivatbriefe»ach dem nicht- feindlichen Auslande aus daS unabweisbare Bedürfnis beschränkt werde.
Mus Snöustrie uns Hansel. Kricgsgelvinne. Die Akt.-Ges. TelluS, Bergbau- und Hüttenbetrieb, verteilt für 1914/16 eine Dividende von 7 Proz. gegen ö Proz. im Vor- jähre. Der Aufsichtsrat der Gladbacher Wollindustrie Aktien- gesellschaft schlägt der Generalversammlung eine Dividende von 29 Proz. gegen 8 Proz. im Vorjahre vor. Abschreibungen und Rück- stellungen sind als reichlich bezeichnet. Die Aktiengesellschaft Sladtberger Hütte schätzt die Dividende für das am 1. Juli abgelaufene Geschäftsjahr auf 19 Proz. gegen 2 Proz. im Vorjahre. 19 Proz. gegen 8 Proz. Dividende im Vorjahre verteilt die „Hansa " Hochseefischerei Aktiengesellschaft in Hamburg .
Die Großmühlen an der Kriegskrippe. AuS Hannover wird uns mitgeteilt: Durch die KriegSläufte sind die großen Mühlen in Deutschland in unerwartete und andauernd« glinstige Verhältnisse gekommen. Sie sind durchweg voll beschäftigt, arbeiten gegen außerordentlich hohe Mahliöbne und erzielen dem« entsprechend außerordentlich Hobe Verdienste, die bereits oft manchem „schwerfällig" gewordenen Betriebe wieder auf die Beine geholfen haben. Beiipicleweise bat eine bekannte große Mühle in den hannoverschen Landen, die mit der netten Unterbilanz von 999 999 M. in die Kriegszcit hinübersteuerte, sich bereits im ersten Kriegsjahre wieder völlig sanieren und eS obendrein wieder zu einem erheblichen Vermögen bringen können. Die kleinen Betriebe haben allerdings keinen Anteil an dem„reichen Segen", sie stehen größtenteils still und sind vielfach am Ende ihrer Existenzfähigkeit, obgleich es durch eine gleichmäßige Berücksichtigung des gesamten MüllergewerbeS möglich wäre, auch die kleineren Betriebe mit Anstand über die gegenwärtigen Zeiten hinwegzubringen. So ist man jetzt in entlegenen Gegenoen gezwungen, das Getreide mit teuren Frachtkosten nach der zu- gewiesenen großen Mühle zu schicken, um das nötige Mehl mit er- neuter teurer Fracht wieder zurück zu erhalten. Derartiges ließe sich vermeiden, wenn die Möglichkeit geschaffen würde, die Ausmahlung des Getreides in den zur Hand liegenden Mühlen vornehmen lassen zu können. Bei einigermaßen gutem Willen müßte dieses doch zu erreichen sein und man müßte es eigentlich nicht erst nötig haben, die maßgebenden Kreise an diese Möglichkeit zu erinnern.