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Beilage zumVorwärts " Berliner Volksblatt. Nr. 72. Donnerstag, den 29. Marz 1894. 11 Jahrg. Vierter Parteitag der österreichischen Sozialdemokratie in Wien . Wien . 27. März. Dritter Verhandlungstag. Fortsetzung der Diskussion über Punkt 3 der Tagesordnung. Eingetragen sind noch 86 Redner. H a n i g- Stein-Schönau: Wenn die Sache mit dem Generalstreik so einfach wäre, dann hätten die Redner, die gesiem für den Streik eingetreten sind. ihre Ausführungen doch nicht imt so vielen Wenn und Aber zu verbinden brauchen. Auch die Ausführungen der Genossen Ellen- bogen und Reumann haben nur bewiesen, daß der Massenstreik unter den obwaltenden Umständen nicht möglich ist. Man soll doch nicht immer auf Belgien exemplifiziren. Belgien ist ein hochentwickeltes Industrieland, während bei uns die bäuerliche Bevölkerung vorwiegt. Weiter hat man sich aufs Feilschen verlegt, indem verschiedene Gruppen erklären. nur unter besonderen Bedingungen, die überhaupt nicht zu er- füllen sind, sich am Streik betheiligen zu wollen. Auch die Annahme, daß durch den Streik der Kohlengräber die ganze Industrie zum Stillstand gebracht werden kann, trifft nicht zu. Um dies zu erreichen, müßten auch die deutschen , ja auch vielleicht noch die Kohlengräber anderer Länder die Arbeit niederlegen Noch schlimmer sieht es mit den Verkebrsbediensteten aus. Sie sind ungenügend organisirt, und kommt es zum Streik. dann werden allerdings unsere Genossen feiern, die übrigen Arbeiter aber weiter ihren Dienst verrichten und der einzige Erfolg, den wir erzielen, ist der. daß wir eine große Zahl Gemaßregelter, d. h. vernichtete Existenzen haben. Das schlimmste bei dem po- litischen Streik ist aber, daß man bei demselben nicht wie bei dem wirthschaftlichen Streik, sich die günstigste geschäftliche Kon- junltur auswählen kann. Auch ist es ein schwerer Jrrthum, wenn Genosse Ellenbogen annimmt, daß die liberalen Fabri- kanten für das allgemeine Wahlrecht sind. Es kann dies höch- stens für eine Anzahl kleiner Fabrikanten gelten, die aber auch ohne jeden politischen Einfluß sind. Die böhmischen Weber- könige. wie alle großen Fabrikanten werden sich aus das hef- tigste gegen das allgemeine Wahlrecht wehren. Wollten wir in unserem Bezirk, in dem die Hausindustrie vorwiegt, den Maffen- streik proklamiren, so würden wir einfach ausgelacht werden. Schuhmaier-Wien . Entscheidend bei der Frage des Generalstreikes sind nur die Maffen der Großstädte und diese Maffen werden sich, wenn die Regierung auf ihrem Standpunkt beharrt, erheben, wir möge» hier beschließen was wir wollen. Daher soll die ganze Welt ans unseren Reden und Beschlüssen ersahren, daß der gegenwärtige Zustand nicht länger ausrecht er- halten werden kann. R e s e l- Gratz: Die Parteivertretung scheut sich einzugestehen, daß sie eine Sache angeregt hat. von der sie sich später über- zeugte, daß sie doch nicht so leicht durchzuführen ist. Der Generalstreik kann uns viel nützen, er kann uns aber auch vernichten. Wir sind für den Streik, doch nur unter der Bedingung, daß keine wirthschaftlichen Forderungen mit der Forderung um das allgemeine Wahlrecht verbunden werden. Ebenso sprechen sich Prä Hanow-Salzburg und Silber- b e r g- Wien aus. S t e i n h a u e r- Weidhofen, Hofer und Hübsch- Wien sind nur unter'de.-r Bedingung für den Massenstreik, daß auch wirthschastliche For-derungen gestellt werden. S a s k a- Jnnsl.>ruck. Die Genossen von Tyrol und Vorarl- berg halten den Massenstreik unter den obwaltenden Umständen für eine Unmöglichkeit.' Wir wollen unsere so mühsam errungene Organisation nicht mit. einem Schlage vernichten lassen. Man Soll auch nicht sagen, daß die Entscheidung nur bei den Massen »er großen Städte liegt. Kommt es zu einer Volkserhebung, wie Genosse Schuhmaier andeutet, dann wird man die Hilfe sämmt- licher Genossen brauchen. Im letzteren Falle sind wir allerdings auch bereit, unsere volle Schuldigkeit zu thun. Rausch»- Wien : Im Namen der czechischen Genossen muß ich erklä-�n. daß wir unsere auf dem Budweiser Parteitag be- fch�rme Forderung(8 stündiger Arbeitstag für die Bergarbeiter) recht erhalten müssen, da wir von unseren Genossen dazu gezwungen werden. Es sind eine Reihe Zuschriften eingegangen, darunter auch die folgende derO m l a d i n a"(nicht zu verwechseln mit der Prager Omladina) aus I u n g b u n z l a u. Der hier tagende Delegirlentag derOmladina" wurde durch Gendarmerie auseinander getrieben. Die Gendarmerie der ganzen Umgebung war auf den Beinen, die Garnison war konsignirt. Zwei Kommissäre kamen in Begleitung von ll) Gendarmen, um die Legitimationen zu revidiren; statt der Revision nahmen sie aber den Anwesenden die Karten weg, konfiszirten das Verzeichniß der Anwesenden und dem Einberufer, Genossen Rosak, eine Mappe mit Zeitschriften. Wir gingen zur Bezirkshauptmannschaft, um uns zu beschweren. Unterwegs fragte uns ein Gendarmerie- sührer, ob die Einberufer Rosak, Vuba, Vodicka unter uns sind, welchem eine Vorladung zur Bezirkshauptmannschaft eingehändigt wurde. Auf der BezirkShauptmannfchaft wurden die Einberufer sofort v e r h a s t e t und in Haft behalten. Die Polizeikommissäre waren aus Prag , die Stadt wimmelte von Geheimpolizisten, so daß gennß auf jeden Delegirten ein Spitzel kam. Ter Delegirten- tag wird anderswo abgehalten werden. Die Verlesung dieses Briefes ruft unter den Delegirten eine große Aufregung hervor. Es nimnit das Wort Reichsraths- Abgeordneter P e r n e r- st o r f e r: Die Zuschrift aus Juugbunzlau enthält für uns ja nichts Neues. Ader ich gebe die Versicherung, daß ich in dem Lorbeerkranz, den ich alljährlich dem Ministerium winde, auch dieses Blatt niit cinflechten werde. Genosse Roscher stellt den Autrag, die Parteivertretung möge wegen dieser schamlosen Rechtsverletzung bei dem Mi- nisterium vorstellig werden. Adler: Wenn wir wegen aller durch die Beamten be- gangencn Gesetzesverlehungen den Minister interpelliren wollien, könnten wir unser Quartier gleich nach dem Minjster< Hotel verlegen. Herr Pernerstorser hat im Herbst vorigen Jahres wegen einer gleichen Rechts- Verletzung, deren Zeuge er in Reichenberg war, telegrapisch bei dem Minjster Beschwerde geführt und darauf glücklich vor- gestern Antwort erhalten. Wir werden zunächst noch weitere Erkundigungen einziehen und dann das weitere veranlassen. Roscher zieht hierauf seinen Antrag zurück. Schluß der Vormittagssitziing. In der Nachmiltagssitzung erhält als erster Redner das Wort K o c o f s k y- Prag, der sich nur dann bereit erklärt, für den Massenstreik einzutreten, wenn dessen Durchführung nach­gewiesen wird. Grabowitz-Laibach ist gegen, Jersohn-Wien und Lange. Pilsen für die Verbindung mit'virthschaftlichen Forde- runge». D a n i e l l o F i l i p p o. der als Vertreter einer Anzahl italienischer Städte zur Begrüßung des Kongresses das Wort erhielt, schildert in bewegten Worten das Elend, unter dem das italienische Volk leidet., Adler. Wien widerlegt zunächst ,n eiugeheudsier Weise die gegen die Parteivertretung erhobenen Vorwürfe. Es ist hier sogar das Wort Verrath gefallen, allerdings nur ganz beiläufig, denn der betreffende Genosse wußte zu genau, daß er dieses Wort weder vor dem Kongreß noch vor seinem eigenen Gewissen verantworten kann. Was den Genossen Schuhmaier anbelangt, so hat derselbe von dem WorteVolkserhebung" einen etivas zu ausgiebigen Gebrauch gemacht. Andererseits verdienen die- zenigen Genossen, die sich hier der undankbaren Aufgabe unter- zogen haben, gegen den Massenstreik zu sprechen, unsere vollste Anerkennung. Denn es gehört augenblicklich mehr Muth dazu, gegen den Streik, als für denselben zu sprechen. Ich selbst habe vielfach gegen die Form sprotestiren müssen, in der für den Massenstreik agitirt wurde. Mit der Anwendung des Streiks selbst bin ich aber einverstanden. Die herrschenden Klassen sollen wissen, daß wir gewillt sind, jedes uns zur Ver- fügung stehende Mittel zu benützen. Aus den bisher gepflogenen sehr lehrreichen Debatten. in denen nahezu eimnüthig von den Delegirten für den Massenstreik manifestirt wurde, ging aber auch zweifellos hervor, daß die Verschieden- artigkeit der Verhältnisse ein einheitliches Vorgehen sehr schwer macht. Die Arbeitseinstellung muß aber mit großer Wucht erfolgen, wenn sie einen Erfolg haben soll. Würde der Massenstreik oder die Volkserhebung oder wie man die Sache sonst nennen will, nur von der Arbeiterbevölkerung der großen Städte inszenirt werden, so würde mit diesen Massen unsere Regierung, die im Gegensatz zur belgischen Regierung über ein sehr zuverlässiges Heer verfügt, sehr leicht fertig werden. Nicht um den einzelnen Genossen handelt es sich in diesem Kampfe, sondern um die Existenz der ganzen Partei. Wir dürfen daher das letzte Mittel des Massenstreiks nur dann anwenden, wenn wir kein anderes mehr haben, und wenn der Preis, um den wir kämpfen, das Opfer werth ist. Nun ist weiter vorgeschlagen worden, außer dem Wahlrecht auch den Achtstundentag zu fordern. Aber die Verfechter dieses Vor- schlages haben sichß nicht einmal die Mühe gegeben, uns auch nur die Möglichkeit eines Erfolges zu be- weisen, und deshalb sage ich, wenn das eine Motiv nicht ausreicht, um die Massen in Bewegung zu setzen, dann ist unsere Zeit noch nicht gekommen, dann müssen wir uns eben noch gedulden. Trotzdem ich also ganz entschieden gegen jede Verbindung der Wahlrechtsforderung mit ökonomischen Forderungen bin, muß ich dennoch das für die Anträge der Bergarbeiter angewendete Wortfeilschen" als unzutreffend zurückweisen. Die Verhältnisse der Bergarbeiter sind so eigen- artige, daß wir ihnen cnlgegenkommen müssen. Doch werden wir darüber weiter reden, wenn wir über den Achtstundentag" verhandeln. Was soll nun geschehen? Am weitesten scheint mir der Vorschlag von Reumann zu gehen, nur kann ich es mit meinem Gefühl der Verantwortlichkeit nicht vereinen, wenn für die Ausführung eine bestimmte Zeilgrenze festgesetzt wird. Erstens ist es unklug der Regierung zu sagen, an dem und dem äußersten Termin schlagen wir los und zweitens ist es unmöglich, bei beständig wechselnder politischer Situation die Taktik auf Jahre hinaus festzulegen. Ich möchte mir daher erlauben, folgende Resolution zu stellen:Die von der Regierung vorgeschlagene Wahlreform wird als Verhöhnung der Arbeiterklasse mit Entrüstung zurück- gewiesen. Der Parteitag erklärt das Wahlrecht mit allen der Arbeiterklasse zur Versügung stehenden Mitteln erkämpfen zu wollen, dazu gehört neben den angewendeten Mitteln der Agitation und Organisation auch den Massenstreik. Die Partei- Vertretung mit den Vertretern der Organisalionskreise wird be- auftragt, alle Vorkehrungen zu treffen, um, falls die Hartnäckig- keit der Regierung und der bürgerlichen Parteien das Proletariat zum Aeußersten zwingen sollte, den Massenstreik als letztes Mittel im geeigneten Zeitpunkt anwenden zu können." Ich spreche es nochmals aus, daß wenn kein anderes Mittel mehr vorhanden ist, ich für die Anwendung des Massenstreiks bin. aber ich glaube auch andererseits, ja ich bin davon über- zeugt, daß die Auwendung dieses Mittels nicht nothwendig werden wird. Denn es giebt niemand in Oesterreich , den bornirtesten Protzen nicht ausgenommen, der nicht davon über- zeugt wäre, daß dem arbeitenden Volke über kurz oder lang das allgemeine Wahlrecht gewährt werden muß, ebenso wie niemand, vom Monarchen bis zu uns Sozialdemokraten herab, an die Beständigkeit der gegenwärtige» Verfassung glaubt. Wer hier stimmt, möge sich stets bewußt bleiben, daß es sich nicht um eine Zumuthung an seinen persönlichen Muth, an seine persönliche Opferfreudigkeit handelt, sondern um das Schicksal der vielen Tausende, die vertrauensvoll die Entscheidung in die Hände ihrer Delegirten gelegt haben. Nachdem noch eine ganze Reihe Redner theils für, theils gegen den Massenstreik gesprochen hatten, ohne indeß neue Ar- gumente vorzubringen, wurde, da immer noch 62 Redner auf der Rednerliste standen, die Redezeit auf fünf Minuten be- schränkt. Schluß der Nachmittagssitzung 6 Uhr. Abeudsitzung findet noch statt von 812 Uhr. Tottcrles. Statistisches über die Einwohnerschaft Berlins . Der Antheil der geborenen Berliner an der Bevölkerung der Reichs- Hauptstadt erfährt eine stetige Verminderung. Nach der Volks- Zählung von 1890 zählte Berlin 1 578 794 Einwohner; von diese» war aber noch nicht die Hälite, nämlich nur 642 651(306 308 inännliche und 336 343 weibliche) Personen in Verlin selbst ge- boren; und während bei der Volkszählung von 1880 auf tausend Einivohner überhaupt noch 434 geborene Berliner gezählt wurden, war diese Zahl 1885 schon auf 424 gesunken und 1890 konnten von 1000 Einwohnern Berlins nur noch 407 als wirkliche Berliner Kinder" gelten. Bei allen Volkszählungen war übrigens der Antheil der echten Berlinerinnen ständig ein größerer gewesen, als derBerliner Jungen". Ueber die Fremden in Berlin theilt der neueste Band der Statistik des Deutschen Reiches mit, daß etwa 16 Promille der Bevölkerung Berlins (25 730 Personen) nicht Reichsangehörige waren; bei I 482 212 hatte die Wiege im gelobten Preuße» gestanden. Von den preußischen Provinzen hatte naturgemäß die umschließende Provinz Brandenburg zu der Bevölkerung Berlins den stärksten Zuwachs geliefert. Neben den erwähnten 642 651 geborenen Berlinern waren 287 540 Einwohner Berlins in der Provinz Brandenburg geboren. Aus der Provinz Schlesien waren 123514, aus Pommern 101 936 Personen nach Berlin eingewandert, 71 342 stammten aus Ostpreußen , 57 882 aus Westprenßen, 76 376 aus der Provinz Posen , 77 276 aus der Provinz Sachsen 4886 aus Sckleswig.Holstein, 10518 aus Hannover , 7705 ans Westfalen, 6439 ans Hessen-Nassau , 13 511 ans den Rheinlanden, 131 ans Hohen- zollern und auch der neueste Erwerb des Deutschen Reichs , die arme Felseninsel Helgoland , ist bei 5 Berlinern als Geburtsort vertreten. Verhältnißmäßig wenig Verlangen hat natürlich die kernfeste und selbständige Bevölkerung des Bayernlandes nach dem Glanz der Hauptstadt des Deutschen Reiches preußischer Nation. Nur 5372 geborene Bayern haben sich in Berlin einzu- bürgern gesucht. Aus Sachsen stammen dagegen 15 733. 2404 Berliner sind geborene Württem berger, 2396 Badenscr, 2247 Hessen , 14 457 Mecklenburger, 3427 Weimaraner, 2736 Hamburger,! 1596 Elsaß-Lothringer und 20 643 stammten aus den übrigen deutschen Bundesstaaten. Das stärkste Kontingent unter den 25 730 Ausländern bilden in der Berliner Bevölkerung die Oester- reicher, auf welche allein 10 682 Köpfe entfallen, dann folgen Rußland mit 5449, England mit 1536, die Schweiz mit 1086 Staatsangehörigen. Aus Italien stammen nur 605 Personen, geborene Franzosen giebt es 773 in Berlin , außerdem u. a. 239 Belgier, 322 Dänen, 163 Luxemburger, 483 Niederländer, 949 Schweden und Nor - weger, 87 Spanier und Portugiesen. Zu den 25 730 Ausländern in Berlin zählen serner 2051 Amerikaner(darunter allein 1723 aus den Vereinigten Staaten ), 144 Afrikaner, 269 Asiaten, 52 Australier. Eine interessante Ergänzung der obigen Mittheilungen über die Zusammensetzung der Berliner Bevölkerung dürften die An- gaben der amtlichen Statistik bilden über die Art, wie die ge- borenen Berliner sich auf die einzelnen Theile Deutschlands ver- theilen. Die Gesammtbevölkerung des Deutschen Reichs betrug am 1. Dezember 1390 49 428 470 Personen, von ihnen hatten sich 790 458 als geborene Berliner bezeichnet. Läßt man hierbei die 642 651 echten Berliner, die ihrer Mutterstadt treu geblieben sind, außer Betracht, so gab es am 1. Dezember 1890 also außerhalb Berlins 147 807 geborene Berliner in Deutschland , und zwar allein 127 279 im Königreich Preußen, ferner 1235 in Bayern , 5733 in Sachsen , nur 497 in Württemberg , 913 in Baden, 580 in Hessen , 2330 in Mecklenburg , 643 n> Sachsen- Weimar , 203 in Oldenburg , 809 in Braunschweig , 1210 in An- halt, 510 im Bremischen, 3216 im Hamburger Staatsgebiet, 1143 in Elsaß-Lothringen und 1611 in den übrigen deutschen Bundesstaaten. Von den preußischen Provinzen, in denen außer- halb Berlins 147 807 geborene Berliner lebten, hatte Branden- bürg natürlich den größten Zustrom von Berliner Kindern(allein 84 721), dann folgte Sachsen mit 8606, Schlesien mit 7215, Pommern mit 5653, die Rheinlande mit 4062, Posen mit 3801, Hannover mit 2714, Westpreußen mit 2569, Schleswig-Holstein mit 2207, Hessen-Nassau mit 2041, Ostpreußen mit 2026, West- Jalen mit 1645 und Hohenzollern mit 15 Spree -Athenern. Zum -chluß sei noch erwähnt, daß auch den neuesten Mußpreußen auf Helgoland am 1. Dezember 1890 4 echte Berliner Kinder gehörten. Warum wird von obeu herab die bürgerliche Presse so unendlich tief verachtet? Aus Abbazia , wo sich zur Zeit die Familie des deutschen Kaisers, sowie ein Schock Zcitungskorrespondenten aushält, läßt sich derBerliner Lokal- Anzeiger" u. a. telegraphiren:Nur für ein Schiff war die Er- laubniß erwirkt worden, im Hafen am Molo Adamich auzu- legen und zu warten, bis der Kaiser an Bord gefahren sein würde, es war der S p e z i a l- D a m p f e r desBerliner Lokal- Anzeiger", dieSybil", von der sich das Volk von Fiume allerlei Merkwürdiges erzählte, wobei der Name des Blattes von Mund zu Munde ging." Hierzu wird derKreuz-Zeitung " geschrieben: In Ergänzung dieser telegraphischen Korrespondenz desBerliner Lokal-Anzeigers" können wir einemon dit" zufolge noch mit- theile», daß derSpezialdampfer" weiß angestrichen und mit einem breiten Bordstreisen in kornblauer Farbe versehen war, auf welchem mit weißen Lettern geschrieben stand: DerBerliner Lokal-Anzeiger" hat die größte Auflage aller Berliner Zeitungen!" Kann man sich angesichts dieser glücklichen Vereinigung von Geschäftsreklame und Byzantinismus noch wundern, wenn in maßgebenden" Kreisen ein Zeitungsmensch nicht ganz so hoch eingeschätzt wird, als etwa ein Lakai oder ein Hofhund? Es ist tief beschämend für die bürgerliche Presse, daß ihre Leute sich zu einem so erniedrigenden Treiben hergeben müssen. Noch viel beschämender aber ist es für den sittlichen Zustand eines nicht geringen Theils unseres Volkes, daß das unparteiisch- servile Klatschblatt Recht hat, wenn es schreibt:Der Berliner Lokal-Anzeiger" hat die größte Auflage aller Berliner Zeitungen!" Ein preußisches Mnstergefängniß. Plötzensee, Zimmer Nr. 23, das sogenannte Sprechzimmer, in welchem die Ge- saugenen allmonatlich einmal mit ihren Anverwandten ver» kehren dürfen und zwar jedesmal nur 15 Minuten lang, ist in drei kleinere Räume getheilt, welche durch bis an die Brust reichende Holzverschläge von einander getrennt sind. Hinter dem nach rechts zu liegenden Verschlage kommt der extra zur Sprechstunde vorgeladene Besuch zu stehen Pardon, es stehen ja auch zwei Stühle in dem Raum. In dem zweiten Verschlage befindet sich der die Sprechstundeabhaltende" Oberaufseher. Wendet man nun den Blick nach links, dem dritten Verschlage zu, glaubt man im ersten Augenblick in einer Menagerie zu sein. Von der hölzernen Brustwehr nämlich zieht sich und zwar erst seit demH e i n z e- P r o z e ß" fast bis zur Decke des Zimmers ein starkes Drahtgitter, welches die ganze linke Seitenfront ein- nimmt und an der einen Seite eine kleine Thür hat, welche beimSprechen" zugeschlossen wird.' In diesem Verließ hat der Gefangene seinen Stehplatz, so lange der Besuch andauert. Das Drahlgitter soll den Zweck haben, daß die Anverwandten mit den Gefangenen personlich nicht verkehren, hauptsächlich aber ihnen nichts zustecken sollen. Dennoch hallen wir diese Art von Schaustellung gelinde gesagt für nicht menschenwürdig, und manch' altes Mütterchen, welches noch einmal ihrenverlorenen" Sohn sehen wollte, ist hinter ihrem Verschlage halb ohnmächtig zusammengesunken, sobald sie desselben, einem wilden Thiere gleich durch das Gitter grinsend. ansichtig geworden. Viele Gefangene verzichten daher überhaupt auf einen Besuch; denn in keiner anderen Strafanstalt, ja nicht einmal in Zuchthäusern, existirt diese Einrichtung. Wir rufen daher mit Tausenden von Unglücklichen:Weg mit dem unwürdigen Gitter", denn es ist vollständig überflüssig. Wie aus der von uns oben angegebenen Beschreibung ersichtlich. ist es für die Betheiligten überhaupt ganz unmöglich, in irgend einer Weise persönlich mit einander zu verkehren, weil der dienstthuende Oberaufseher zwischen ihnen untergebracht ist, daher jedes Wort hört, was ge- sprachen wird und auch jede auch nur geringste Bewegung des Betreffenden sieht. Außerdem ist aber auch der Raum zwischen dem Gefangenen und seinem Besuche so weit entfernt, daß ein Zustecken" oderZuwerfen" irgend eines Gegenstandes so wie so absolut unmöglich ist. Im Sprcchzinnner des sog. Masken- flügels ist doch auch kein Drahtgitter, dorr können doch die Ge- fangenen mit ihren Anverwandten Grüße und wohl auch Küffe mit einander austauschen? Auch würde es sich im Interesse der Gefangenen empfehlen, ivenn die Sprechstunde 15 Minuten länger ausgedehnt würde; den» es ist schon oft vorgekommm, daß die Gefangenen bei ihrem plötzlichen Hervorruf zur Sprech- stunde so perplex und die Anverwandten angesichts des unheim- liehen Drahtgitters so verwirrt gewesen sind, daß sie, ohne auch Wort der Begrüßung hervorgebracht zu haben, nach In Minuten unverrichteter Sache wieder von einander gehen mußte». Also nochmals- weg mit dieser russischen In- st, t n t: o n!>>> Jntelligenzbkatt" rühmt sich in seiner Mittlvoch- uummer, daß es in den Kreisen der Sozialdemokratie resp. der Gewerkschaften wegen seiner Versammlungsberichte, sowie wegen