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Nr. 242.- 32. Jahrg.

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Telegramm Adresse:

,, Sozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigplas, Nr. 151 90-151 97.

Donnerstag, den 2. September 1915.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritzplatz  , Nr. 151 90-151 97.

Die Festung Luck genommen.

Meldung des Großen Hauptquartiers.

Amtlich. Großes Hauptquartier, den 1. September 1915.( W. T. B.)

Westlicher Kriegsschauplah.

Die Lage ist unverändert.

Nordwestlich von Bapaume   wurde ein englisches Flugzeug von einem unserer Flieger heruntergeschossen. Deftlicher Kriegsschauplatz.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg  . Destlich des Njemen nehmen die Kämpfe ihren Fortgang.

Auf der Westfront von Grodno   stehen unsere Truppen vor der äußeren Fortlinie.

Zwischen Odelsk( östlich von Sokolka) und dem Bialowieska Forst wurde weiter verfolgt. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern. Der Oberlauf des Narem ist überschritten; nördlich von Pruzana   ist der Feind über das Sumpf­gebiet zurückgedrängt.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackenfen. Die Verfolgung blieb im Gange; wo der Feind fich stellte, wurde er geworfen.

Südöstlicher Kriegsschauplatz.

Die Truppen des Generals Grafen Bothmer stürm­ten gegen hartnädigen feindlichen Widerstand die Höhen des östlichen Strypa Ufers bei und nördlich von Zborow  . Der vorübergehende Aufenthalt durch russische Gegenstöße ist nach Abwehr derselben überwunden.

Die Höhe der im Monat August von deut­ schen   Truppen auf dem östlichen und südöst­lichen Kriegsschauplaze gemachten Gefangenen und des erbeuteten Kriegsmaterials beläuft sich auf

über 2000 Offiziere,

269 839 Mann an Gefangenen, über 2200 Geschüße,

weit über 560 Maschinengewehr c. Hiervon entfallen auf Kowno   rund 20 000 Ge­fangene, 827 Geschüße.

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Auf Nowo Georgiewsk rund 90 000 e- fangene( darunter 15 Generale und über 1000 andere Offiziere), 1200 Geschüße, 150 Maschinen­gewehre.

Die Zählung der Geschüße und Maschinengewehre in Nowo- Georgiewsk ist jedoch noch nicht abge­schlossen, die der Maschinengewehre in   Kowno hat noch nicht begonnen. Die als Gesamtsumme angegebenen Zahlen werden sich daher noch wesentlich erhöhen.

Weitere Einberufung in   Rußland. Petersburg, 1. September  .( T. 1.) Gestern wurden die nichtgedienten öffentlichen Maueranschlägen zufolge die Reservisten zwischen 19 und 37 Jahren unter die Fahnen ge­rufen. Die Kontingente werden der Klasse 1916 beigefügt, welche zusammen mit den neuen Reservisten eine neue Armee bon 2 600 000 Mann bilden sollen.

Eine serbische Aktion in Sicht?  

Paris, 31. August  .( W. T. B.) Echo de Paris" meldet aus Sa I o- niti, die dortige Beitung, Bhos" wolle von zuständiger Seite erfahren haben,   daß Serbien seit zwei Monaten über Saloniki große Mengen Munition, besonders Granaten, Flugzeuge, Panzer­automobile und pharmazeutische Artikel erhalte, welche den Heeres­bedarf für über ein Jahr deckten. Die serbische Armee bereite sich auf eine energische Aktion vor, um die österreichisch- ungarische Armee zu zwingen, Truppen von der russischen Front abzuziehen.

Bryan kommt nicht   nach Berlin.  

New York, 1.   September.( W. T. B.) Meldung des Reuterschen Bureaus. Bryan stellt die Richtigkeit der   von deutschen Blättern gebrachten Nachricht in Abrede, wonach er beabsichtige  , Berlin zu besuchen.

Der englische Bergarbeiterstreik verhütet  .

London, 1.   September.( W. T. B.) Meldung des Reuter­schen Bureaus. Die Konferenz der Bergarbeiter hat einstimmig die Bedingungen des Ab­tommens angenommen, zu dem man gestern   in London gelangt ist.

Die Vorräte an Munition, Lebensmitteln und Hafer in beiden Festungen sind vorläufig nicht zu übersehen. Die Zahl der Gefangenen, die   von deutschen und österreichisch ungarischen Truppen feit dem 2. Mai, dem Beginn des Frühjahrsfeldzuges   in Galizien, gemacht wurden, ist nunmehr auf weit über eine Million gestiegen. Oberste Heeresleitung.

Der österreichische Generalstabsbericht  .

Wien, 1.   September.( W. T. B.) Amtlich wird ver­lautbart: 1. September 1915.

Russischer Kriegsschauplas.

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Die Festung Lud ist seit gestern in unserer Hand. Das altbewährte salzburgisch oberösterreichische Infanterie­Regiment Erzherzog Rainer Nr. 59 warf die Russen mit dem Bajonett aus dem Bahnhof und den verschanzten Barackenlagern nördlich des Plazes und drang zugleich mit dem flüchtenden Feind in die Stadt ein, die bis in die Abendstunden gesäubert wurde. Der geschlagene Gegner wich gegen Süden und Süd­in often zurück. Bei Bialy Kamien  Nordost galizien durchbrach die Armee des Generals v.   Boehm Ermolli in einer Ausdehnung von zwanzig Kilometern die feindliche Linic. Die solcher Art cr littene doppelte Niederlage zwang alle noch westlich des Styr fämpfenden russischen Kräfte zum Rückzug hinter diesen Fluß. Die rückgängige Bewegung des Feindes dehnt sich im Laufe des heutigen Morgens auch auf die Front bei 3 borow aus, das gestern von der Armee des Generals Grafen Bothmer genommen wurde. An der Strypa wird noch gekämpft. Einer der ruffi­schen Gegenangriffe hatte gestern in der Gegend von Kozowa eine deutsche und eine österreichisch- ungarische Brigade auf einige Kilometer zurückgedrängt. Der von unseren Truppen zur Ver­treibung des Feindes angesetzte Flankenstoß veranlaßte die Russen, noch ehe er zur Wirkung kam, zum schleunigen Rückzug auf das Ostufer der Strypa. Auch   nördlich Buczacz wurden mehrere feindliche Angriffe abgewiesen, wobei der Gegner schwere Berluste erlitt.

Die Zahl der in den letzten Tagen   in Ostgalizien und öst­lich von Wladimir Wolynskij eingebrachten Gefangenen stieg auf 36 Offiziere und 15250 Mann. Jns­gesamt wurden im Monat August von den unter öfter­reichisch- nngarischem Oberbefehl fämpfenden verbündeten Truppen 190 Offiziere und 53299 Mann gefangen, 34 Geschühe und 123 Maschinengewehre erbentet.

Die Gesamtzahl der von diesen Streitkräften seit An­fang Mai cingebrachten Gefangenen beläuft sich auf 2100 Offiziere und 642000 Mann. Die Zahl der bei diesen Operationen erbeuteten Geschütze stellt sich auf 394, dic der Maschinengewehre auf 1275.

Italienischer Kriegsschauplas.

Auf dem italienischen Kriegsschauplas blieb die Lage un­verändert. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Dymitrow/ e

Michalin

Haralinawka

Rozyszcze Wolnianka

Zalebowa

Ozierce

Kopaczewka

adimi Wot ssen

Walerjanowka

Klepach

Sercha

al. Bryszcze

Roking Sierniki

Hulczyn Zyayczyn

miltowka Nawa Olszany

Ozdeniz

Kal Kniahinine

222

Lipowiec

Zabka

Ruszcza

Debno

Bodaczow

Milusze

Styr

Georgiew ba

Bogolvay

Terempo

wielki

Antonowka

Banosowka

Zaboral melanikLuck Gnidawa

Kol. Barafyn

Polonna- Colon Gocka

Krups

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5

Am

Palonka

Ratniewa

Ploszcza- Lomanowska

Die Festung Luck.

Wielkie  

10839

Bulgariens Wirtschaftslage.

Schon vor einigen Wochen wurde fast gleichzeitig   aus Sofia   und Konstantinopel gemeldet, die Verhandlungen  zwischen Bulgarien und   der Türkei über einen bisher   zur Türkei gehörenden, an der Bahn von   Mustafa Pascha nach der bulgarischen   Hafenstadt Dedeagatsch gelegenen Land­streifen seien endlich zum Abschluß gekommen und beide Staaten hätten auch bereits den Vertrag unterzeichnet, wenn­gleich die offizielle Bekanntgabe dieser Unterzeichnung noch nicht erfolgt sei. Dann hieß es bald darauf, wohl sei der Ver­trag abgeschlossen, aber unterschrieben sei er noch nicht; sicher­lich werde jedoch die Unterzeichnung in wenigen Tagen ge­schehen und dann der Inhalt von den Vertragschließenden ver­öffentlicht werden.

Seitdem sind drei Wochen vergangen und noch immer hat die Meldung von dem Vertragsabschluß feine offizielle Bestätigung gefunden, freilich ebenso wenig eine Ableugnung. Von einer Weiterverhandlung ist nichts bekannt; deshalb fann kaum daran gezweifelt werden, daß der Vertrag tatsächlich abgeschlossen ist und nur vorläufig noch mit der offiziellen Bekanntgabe gezögert wird, wahrscheinlich weil er sich nicht nur allein auf die friedliche Ueberlassung eines türkischen Landstreifens   an Bulgarien beschränkt, sondern allerlei Konsequenzen enthält,   die Bulgarien heute noch nicht beröffentlicht sehen möchte. Welcher Art diese Konsequenzen sind, dafür gibt einen Fingerzeig die telegraphische Meldung  aus Sofia, die dortigen Vertreter des Bierverbandes hätten der bulgarischen Regierung rund heraus erklärt, England  , Frankreich   und Rußland würden in der Unterzeichnung des Abkommens einen unfreundlichen   Aft Bulgariens sehen.

Wieweit diese Meldung richtig ist, läßt sich natürlich nicht mit Sicherheit bestimmen. Die Möglichkeit eines baldigen   Eingreifens Bulgariens in den Kampf drängt die Frage in den Vordergrund: wie sind die politischen Verhält­nisse dieses Balkanstaates beschaffen, vornehmlich aber, wie ist es um sein Wirtschaftsleben bestellt?

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Obgleich seit 1904, nach dem damaligen Herrschaftsantritt der Partei der Stambulomisten, die bulgarische Regierung fich bemüht hat, durch allerlei Vergünstigungen eine Groß­industrie"( zu den großindustriellen Betrieben rechnet man   in Bulgarien alle, die mindestens 20 Arbeiter beschäftigen und 20 000 M. mit einem Kapital von wenigstens 25 000 Lewa arbeiten)   in Bulgarien heranzuziehen, ist dieses Land heute noch ein fast rein agrarischer Staat. Nahezu vier Fünftel der ganzen Bevölkerung sind mit Ackerbau und Viehzucht beschäf­tigt, und das übrige Fünftel ist auch nicht großindustriell tätig, sondern in ihm überwiegen bei weitem Handwerk, Hausindustrie, Beamtentum und die sogen. freien Berufe. An großindustriellen Betrieben( darunter manche, die wir nur als größere Handwerksbetriebe gelten lassen würden) mögen ungefähr im ganzen Lande 270 bis 280 vorhanden sein mit einem Betriebskapital von annähernd 75 Millionen Lewa ( ca. 60 Millionen Mark) und einer Arbeiterschaft von un­gefähr 10 000 Köpfen. Die größte Zahl dieser sogen. Groß­betriebe ist aber ebenfalls landwirtschaftlicher Art: Dampf­mühlen, Bierbrauereien, Branntweinbrennereien, Reisschäl­mühlen, Zuckerfabriken usw. An Bergwerksbetrieben( Kohlen­gruben, Kupfergruben und Salinen) sind im ganzen nur sechs vorhanden, und außer diesen kommten nur noch die Textil-, die chemische, die Leder- und die Tonwarenindustrie in Be­tracht. Die Metallindustrie spielt eine ganz nebensächliche Rolle.

Von der ungefähr 9 635 000 Heftar betragenden Ge­samtfläche wird ungefähr ein Drittel landwirtschaftlich benutt( im Jahre 1911 3 325 000 Hektar). Am meisten an­gebaut werden Weizen( 1911 1118 400 Heftar), Gerste ( 1911 251 200 Heftar), Mais, Roggen, Hafer. Der Kartoffel­anbau ist ganz minimal. Im Jahre 1911 wurden nur 3200 Hektar mit Kartoffeln bestellt, und der Gesamtertrag belief fich auf 13 900 Tonnen. Früher wurde auch in einzelnen Landesteilen der Weinbau in beträchtlichem Maße betrieben. Er geht aber mehr und mehr zurück, während der Obstbau und Tabakbau an Ausdehnung gewinnt.

Gearbeitet wird meist nach alter Väter Sitte mit recht primitiven Geräten. Der Feldbau steht denn auch auf nicht viel höherer Stufe als im   Innern Rußlands und liefert pro Hektar noch nicht die Hälfte an Körnerertrag wie in   Deutsch­land. Nur auf den zum Verkauf bestimmten Weizen ver­wendet man mehr Sorgfalt, immerhin stellt sich auch der Weizenertrag pro Hektar durchschnittlich nur auf 11 bis 12 Doppelzentner.

Die Viehzucht ist bedeutend, besonders die Rinder-, Schaf­und Ziegenzucht, während die Schweinezucht   derjenigen Rumäniens   und Serbiens beträchtlich nachsteht. Stall fütterung ist in den Landgebieten fast unbekannt. Nach der legten Viehzählung( 1910) waren vorhanden: ungefähr