Nr. 244.- 32. Jahrg.
Abonnements- Bedingungen:
.
Abonnements Breis pränumerande: Bierteljän 3,30 L, monatl 1.10 L wöchentlich 25 Big. frei ins Haus. Einzelne Nummer 6 Big. Sonntags nummer mit illustrierter Sonntags Beilage„ Die Neue Belt 10 Bia. Bost Abonnement: 1.10 Mart pro Monat Eingetragen in die Bost Beitungs Breisliste. Unter Areuzband Deutschland und Desterreich- Ungarn 2.50 Mart, für das übrige Ausland Mark pro Monat. Postabonnements rehmen an: Belgien , Dänemark , Holland , Italien , Luxemburg , Bortugal Rumänien, Schweden und die Schweiz
Erichcint täglich.
5 Pfennig
Die Infertions- Gebühr
beträgt für die sechsgespaltene Kolonel geile oder deren Raum 60 Pfg., für bolitische und gewerkschaftliche Vereins und Bersammlungs- Anzeigen 30 Pfg. ,, Kleine Hnzeigen", das fettgedrudie Wort 20 Pig.( zulässig 2 fettgedrudte Borte), jedes weitere Wort 10 Pig. Stellengesuche und Schlafstellenan zeigen das erste Wort 10 Pig., jedes weitere Wort 5 Pfg. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 5 Uhr nachmittags in der Erpedition abgegeben werden. Die Expedition ist bis 7 Uhr abends geöffnet.
Telegramm- Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".
Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigplas, Nr. 151 90-151 97.
Sonnabend, den 4. September 1915.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplat, Nr. 151 90-151 97.
Versenkung eines englischen Truppen
transportdampfers.
Ronstantinopel, 2. September. ( W. T. B.) Das Haupt. quartier teilt mit: Der englische Transportdampfer„ Sawsland" ift von einem deutschen Unterseeboot im Aegäischen Meere torpediert und versenkt worden, ein großer Teil der an Bord befindlichen Truppen ist ertrunken. An den Dardanellen und den anderen Frouten keine wesentliche Veränderung.
Die Dardanellenkämpfe.
Paris , 3. September. ( W. T. B.) Amtlicher Bericht. An den Dardanellen war es in der letzten Augustwoche auf der Südfront im ganzen sehr ruhig. Im nördlichen Kampfgebiete lieferten die englischen Truppen glückliche Kämpfe, welche den lebhaft ums strittenen Hügel westlich von Bejuk und Anaforta in ihren Besiz brachten. Dem von einem unserer Flugzeuge am 20. August versentten Transportdampfer, der bei Absahiliman anferte, reihen sich vier von englischen Unterseebooten torpedierte Transportdampfer an, zwei an derselben Stelle, die beiden anderen zwischen Gallipoli und Nagara. Die Schiffsgeschüße der Alliierten haben mehrere in der Meerenge liegende Schiffe getroffen.
Der russische Generalstabsbericht.
Petersburg, 3. September. ( W. T. B.) Bericht des Generalstabes des Oberbefehlshabers: An der DünaFront bei Riga im allgemeinen feine bedeutende Veränderung. Angriffe der Deutschen in der Nacht zum 1. September und am darauffolgenden Tage in der Gegend von Friedrichstadt wurden wiederum zurückgeschlagen. Zwischen Swenta und Wilija schreiten unsere Truppen erfolgreich vor, nähern sich Wiltomir und nehmen die Front Schirwinty, Meischagola, Dukszty ein. Am Abend des 1. September nahm unsere Kavallerie bei dem Flecken Schirwinth durch Bajonettangriff zwei Dörfer, zwang die Deutschen zu einer ungeordneten Flucht und machte Gefangene. Wir drangen am rechten Ufer der Milija vor und erbeuteten von den Deutschen in der Gegend von Dufszty eine Haubiße und einige Kisten mit Munition. Die Lage zwischen Wilija und Njemen ist im allgemeinen unverändert. Die stärksten Anstrengungen des Feindes werden längs der Straße Olita- Merecz gemacht, wo wir in der Nacht zum 1. September mehrere heftige Angriffe zurüdwarfen. Bei der Ortschaft Drany hat sich hartnäckiger Stampf entwickelt. Bei Grodno gingen unsere Truppen, nachdem sie den Feind so lange aufgehalten hatten, als für die Räumung dieses Ortes nötig war, in der Nacht zum 2. September auf das rechte Ufer des Njemen. Südlich von Grodno bis zum Pripjet ist die Lage auf der ganzen Front ohne wesentliche Veränderung. In der Gegend von Luck gingen unsere Truppen, nachdem sie den Feind in hartnäckigen Stämpfen am Flusse Styr zurückgehalten hatten, in der Nacht zum 2. September auf die Front Dlyka- Radziwiloff zurüd. Während des Tages machten wir mehrere Hundert Gefangene, worunter einige Offiziere, und erbeuteten Maschinengewehre. Der Feind hat Luck besetzt. In Uebereinstimmung mit dem Rückzug vom Flusse Styr bezogen auch unsere Truppen in Galizien neue Stellungen. Ihre Bewegungen wurden durch die Nachhuten geschützt. Die Kämpfe mit diesen Nachhuten brachten dem Feind in der Gegend von 31oczow und 8borow, sowie an der Mündung der Strypa neuerlich schwere Verluste bei. Wir schlugen hier zahlreiche wiederholte Angriffe zurück, gingen teilweise zur Offensive über und erbeuteten Gefangene, Maschinengewehre und viel Munition.
Vom U- Bootkrieg.
London , 3. September. ( W. T. B.) Wie Lloyds meldet, sind die britischen Dampfer Whitefield", 2422 Brutto- Registertonnen, und Roumanie", 2598 Brutto- Registertonnen, verfenkt worden. Die Besaßungen wurden gelandet.
London , 3. September. ( W. T. 2.) Meldung des Reuterschen Bureaus. Die Anzahl der britischen Handelsschiffe, die bisher von den Deutschen versenkt worden sind, beträgt 131. Es handelt sich um meist fleine, alte oder langsame Schiffe von einer Flotte von 11 328 Schiffen nach Lloyds Register vom Jahre 1914. Der Zahl nach macht das 1 Proz. der Flotte und nach dem Tonnengehalte weniger aus.
( Anm. des W. T. B.: So sagt Reuter, um die Bille zu verfüßen.)
Amtlich.( W. T. B.) Großes Hauptquartier, den 3. September 1915.
Weftlicher Kriegsschauplah.
Bei Souchez wurde ein französischer Handgranatenangriff abgewiesen. Erfolgreiche Sprengungen in Flan dern und in der Champagne.
Deftlicher Kriegsschauplah.
Heeresgruppe des Generalfeldmarichalls v. Hindenburg . Unsere Kavallerie stürmte gestern den befestigten und von Infanterie besetzten Brückenkopf bei Lennewaden ( nordwestlich von Friedrichstadt ); fie machte dabei drei Offiziere, dreihundertfünfzig Mann zu Gefangenen und erbeutete ein Maschinengewehr.
Auf der Kampffront nordwestlich und westlich von Wilna versuchten die Russen unser Vorgehen zum Stehen zu bringen; ihre Vorstöße scheiterten unter ungewöhnlich hohen Verlusten.
Südöstlich von Merecz ist der Feind geworfen. Zwischen Augustower Kanal und dem Swis. Iocz ist der Njemen erreicht. Bei Grodnoge. lang es unseren Sturmtruppen durch schnelles Handeln über den Njemen zu kommen und nach Häuserkampf die Stadtzunehmen; vierhundert Gefangene wurden eingebracht.
-
Die Armee des Generals v. Gallwit brach den Widerstand feindlicher Nachhuten an der Straße Alekszyce( südöstlich von Odelsk) Swislocz. Die Heeresgruppe nahm gestern insgesamt über dreitausend Russen gefangen und erbeutete ein Geschüß und achtzehn Maschinengewehre. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern.
Der Kampf um den Austritt der Verfolgungskolonnen aus den Sumpfengen nördlich von Pruzana ist im Gange.
Heeresgruppe des Generalfeldmarichalls v. Mackenfen.
In der Verfolgung ist die I a fioldabei Sielec und Bereza- Kartuska und die Gegend von Antopol( 30 Kilometer östlich von Kobryn ) gewonnen.
Desterreichisch- ungarische Truppen dringen südlich des Boloto Dubowoje nach Osten vor.
Südöstlicher Kriegsschauplak.
Die Armee des Generals Grafen Bothm er nähert fich kämpfend dem Sereth - Abschnitt.
Oberste Heeresleitung.
Der österreichische Generalstabsbericht.
Wien , den 3. September. ( W. T. B.) Amtlich wird verlautbart: 3. September 1915.
Russischer Kriegsschauplas.
In Ostgalizien ist der Gegner überall an die Serethlinie zurückgewichen; unsere Armeen verfolgen. An der Reichsgrenze nördlich Zalosze und östlich Brody, sowie im Raume westlich Dubno und im wolhynischen Festungsdreieck stellte sich der Feind neuerlich an ganzer Front. Unsere Truppen befinden sich im Angriff.
Auch bei unseren an der oberen Jasiolda fechtenden Streitkräften dauern die Kämpfe fort. Die Russen wurden aus einigen am Rande des Sumpfgebietes angelegten Verschanzungen geworfen.
Italienischer Kriegsschauplas.
Die auf dem füdwestlichen Kriegsschauplatz im allgemeinen eingetretene Ruhe hielt auch gestern an.
Im Tiroler Grenzgebiete kam es bei der Manbronhütte( im obersten Val di Genova) und südlich Mori zu kleineren Gefechten, die mit dem Zurückgehen des Feindes endeten.
Im Raume von Flitsch und an einigen anderen Stellen der Küstenländischen Front fanden Geschüß- und Minenwerferkämpfe statt. Abends schlugen unsere Truppen einen heftigen Angriff auf den Südteil des Tolmeiner Brüden= topfes ab.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von oefer, Feldmarschalleutnant.
in England.
Von Ed. Bernstein.
Nicht alle demokratisch gesinnten Engländer, die Gegner des Zwanges zum Militarismus sind, sind, wie wir gesehen haben,*) darum schon Gegner der Einreihung in das Militär. Die Mehrheit von ihnen will nur an dem Prinzip der Freiwilligkeit festgehalten wissen, erkennt aber die zeitweilige Notwendigkeit des Dienstes selbst als durch die Umstände vor= geschrieben an. Ihre Gegnerschaft gegen die Zwangsaushebung ist daher gerade mit Bezug auf deren Zweck nicht unbedingt. Es fehlt jedoch in England auch nicht an Leuten, die diesen Zweck den Krieg- unbedingt verwerfen, von ihm und der Vorbereitung auf ihn unter feinen Umständen und in keiner Gestalt etwas wissen wollen, die freiwillige Retrutierung ebenso verwerfen wie die Zwangsaushebung.
-
Eine Verbindung solcher unbedingten Gegner des Krieges in England ist ein Verein, der sich Fellowship of Reconciliation Rameradschaft der Versöhnung nennt. Seine Gründer gehören der Sekte der Quäfer an, es haben sich ihm aber auch Angehörige anderer Bekenntnisse und gänzlich Konfessionslose angeschlossen, und es gehören ihm ferner einige Nicht- Engländer an. Sein leitender Grundsay ist, daß jeder Strieg vom Uebel ist und bekämpft werden muß, und von diesem Grundsatz ausgehend, machen es sich die Mitglieder des Vereins, der schon 3000 Mitglieder zählen soll, zur Pflicht, überall im Volt gegen den Krieg zu agitieren, gleichviel welchen Verfolgungen sie sich dadurch aussehen mögen. Weder drohende Verhaftung, Anklage und Bestrafung durch Organe der Staatsgewalt noch Mißhandlung durch erhitzte Eiferer für den Krieg sollen sie davon abhalten, im Volk die Ueberzeugung zu verbreiten, daß der Strieg unter allen Umständen etwas Schlechtes sei, das man in keiner Gestalt unterstützen dürfe. Ganz neu ist diese Doktrin nun freilich nicht. Die Quäfer und ihnen verwandte Sekten, darunter z. B. auch die in Deutschland vertretenen Mennoniten, haben sie früher schon gepredigt und ihr nachzuleben gesucht. Aber die meisten ihrer Bekenner haben sie im Laufe der Zeit immer mehr eingeschränkt und mit dem nationalistisch- militärischen und oppor= tunistischen Geist unserer Epoche in der einen oder anderen Weise ihren Kompromiß geschlossen. Umsomehr überrascht es gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt, wo nach Ansicht sehr entschiedener demokratischen Gegner der jetzigen Regierung Englands und Bekämpfer aller imperialistischen Tendenzen Englands im einmal entbrannten Strieg seinen Mann zu stehen hat, von neuem diese Lehre in England mit allen ihren Konsequenzen verfochten zu sehen, und das auch von Leuten, welche, wenn man mit ihnen über Recht und Unrecht in diesem Krieg spricht, sehr bestimmt erklären, daß sie die Mächte, mit denen England im Krieg steht, für schuldiger halten, als dieses selbst. Ihre Folgerungsweise weicht eben in jeder Hinsicht yon den Gesichtspunkten ab, unter denen die erdrückende Mehrheit der Menschen heute den Krieg und was damit zusammenhängt, beurteilt.
-
-
Ein Nicht- Engländer, der sich zu ihr bekennt, hat sie dem Schreiber dieses vor kurzem auseinandergesetzt, und es scheint mir nicht uninteressant, sie hier zu kennzeichnen. Man kann immer annehmen, daß eine Idee, die Taufende ruhig denkender Leute erfaßt und das sind die Mitglieder der bezeichneten Kameradschaft Gedanken birgt, die der Prüfung wert sind. Da die Führer(?) der Fellowship of Reconciliation Quäfer sind, liegt es nahe anzunehmen, daß der Glaube an einen Gott, der schon selbst dafür sorge, daß der Ungerechte bestraft und der Gerechte gerettet werde, mit ihrer Verwerjung jedes Krieges und Kriegsdienstes etwas zu tun hat. Aber so einfach argumentieren die Leute nicht. Gott ist ihnen das Prinzip des Guten, und wie stark der Glaube an ein das Gute repräsentierendes übersinnliches Wesen viele von ihnen auch beeinflussen mag, so hat er mit den Gründen, aus denen fie die Berechtigung zu ihrer Agitation gegen die Teilnahme am Krieg herleiten, keinen unlösbaren Zusammenhang. Diese Gründe sind nicht von einem Jenseitsgedanken abgeleitet, sondern fußen auf dem Gedanken einer in den Dingen selbst liegenden, sich durch die Notwendigkeit von Ursache und Wirkung durchsetzenden Logit. Sie können für die vorliegende Frage in den Satz des Dichters zusammengefaßt werden, daß es der Fluch der bösen Tat sei, daß sie fortzeugend Böses muß gebären". Krieg sei Gewalt, er schaffe daher niemals auf den Grundsägen der Gerechtigkeit begründetes wahrhaftes Recht, sondern nur Gewaltrecht, Rechte des Stärkeren, die Vorrechte seien, aber nicht sittliches Recht. Was Kriege angeblich Gutes geschaffen hätten, sei gegen das eigenste Prinzip
"
*) Bgl. den Leitartikel im Vorwärts" vom 24. August d. J.: Die englische Demokratie und" die allgemeine Militärdienstpflicht."