Gewerksthaftliches. Serlin und Umgegend. Die Berliner Bauarbeiter zählten am Schlüsse des 2. Quartals 5968 Berbandsmitglieder. Bis zum 3L Juli waren von diesen ins- gesamt 5t08 eingezogen. Bon den 6968 Mitgliedern am Schlüsse des Quartals waren 2332 Maurer , 1700 Hilssarbeiter, 1391 Angehörige der Stuckbranche(Putzer, Rabitzputzer, Spanner, Stukla- teure), 273 der Betonbranche(Einschaler, Zementierer), 113 Isolierer und Steinholzleger und 79 Fliesenleger. Die Zahl der Arbeitslosen ist wesentlich zurückgegangen, und zwar dadurch, datz die Zahl der Eingezogenen zum Heere immer gröger wird und etwa 30 Proz. der Mitglieder des� Zweigvereins im Rüslungsgewerbe und in anderen Berufen beschäftigt sind. Trotz der Rundschreiben des Arbeitgeber- Verbandes an seine Mitglieder,„den Tarif strikte einzuhalten", werden zum Teil höhere als die im Tarif festgesetzten Löhne und auch Fahr- geld nach den Vororten gezahlt. Für die letzte Familienunterstützung find bis jetzt 33 III M. verausgabt. In der Generalversammlung des Berliner Zweigvereins, in welcher diese Mitteilungen gemacht wurden, kam nach einem Bericht im„Grundstein" auch ein Antrag des Bezirks Z7. 1 zur Beratung, der die jetzige Schreibweise des„Grundstein" in politischen Fragen nicht fur� objektiv hält und an die Generalversammlung das Ersuchen richtet, über Abhilfemasznahmen zu beraten. Zur Begründung des Antrages führte Paul Kaiser aus: Durch die einseitige Schreibweise der Redaktion würden viele Mitglieder vor den Kops gestoßen. Die Redaktion habe einzelne Abgeordnete sehr scharf angegriffen, weil sie anderer Ansicht seien als sie selbst. Manche Feldpostbriese hätten den Eindruck gemacht, als ob durch fie nur der jeweils herrschenden Stimmung Vorschub geleistet werden sollte. Briefe, in denen scbarse Polemiken gegen die derzeitige Minderheit enthalten waren, hätten von der Redaktion zurückgehalten werden müssen, weil die gegen- teilige Meinung bei dem immer noch herrschenden Belagerungszustand nicht zur Geltung kommen könne. Kaiser beantragte folgende Resolution: „Die Generalversammlung des Zweigvereins Berlin pro- testiert energisch gegen die einseitige Schreibweise der Redaktion des„Grundstein" in parteipolitischen Fragen. Glaube die Re- daktion, die Behandlung solcher Fragen incht unterlassen zu können, so solle sie sich größerer Objektivität befleißigen, die sie bei der Veröffentlickmng versckiiedener Artikel und Feldpostbriese sowie durch die Brieskastennotiz in Nummer 30 des„Grundstein" unter Spandau vermissen ließ. Da diese Schreibweise der Ge- samtorganisation nicht zum Vorteil gereicht, verlangt die General- Versammlung von der Redaktion des„Grundstein" die Behandlung solcher Fragen in einer Form, die unter Parteigenossen üblich ist, oder ganz deren Unterlassung." In der Diskussion waren die Meinungen über die Haltung der Redaktion sehr geteilt. Koschenz ist der Meinung, daß die Jnter- eflen der Mitglieder und der Arbeiter im allgemeinen sehr gut im „Grundstein" vertreten werden. Ein endgültiges Urteil über all die Fragen könne überhaupt erst nach dem Kriege abgegeben werden. Deshalb wäre die Resolution bester nicht gestellt. Schiele trat für Annahme der Resolution ein. Er finde es unerhört, daß der Abg. Liebknecht im„Grundstein" als politischer Hampelmann hingestellt worden sei. Auch der Vorsitzende des Ausschusses Aug. Dähne habe in einer Mitgliederversammlung seines Bezirks zugegeben, daß einige Artikel im„Grundstein" eine unnötige polemische Schärfe gehabt hätten. Redner verurteilt auch die Veröffentlichung der Feldpostbriefe der Berliner Kollegen D. und M. Der Zweigvereinsvorsitzende Hanke führte aus, daß der„Grundstein" wohl dem größten Teil der Mitgliedschaft zu Recht schreibe. Die Meinung sei nicht überall in Deutschland so wie bei der Mehrheit der Funktionäre der Groß- Berliner Wahlkreise. Der Zweigvereinsvorstand habe fich ebenfalls mit der nach seiner Ansicht nicht ganz einwandfreien Scellungnahme der„Grundstein"-Redaktion besckiähigt und dieserholb mit ihr korrespondien. Er könne aber nicht die Annahme der Resolunon empfehlen. Vielleicht könne durch Einsendung dieses Berichts herbei- geführt werden, daß solche polemischen Feldpostbriefe in Zukunft nicht mehr veröffentlicht werden. Nach weiteren Ausführungen von Heller und Ziemann, die sich für Annahme der Resolution ertlärten, wurde diese bei einigen Stimmenthaltungen mir 42 gegen 15 Summen angenommen._
Die Bankbeamten und die Teuerung. Angesichts der durch die herrschende Teuerung hervorgerufenen Notlage, unter der die Bankbeamten wie alle Festvefoldeten stark leiden, hat der Vorstand des Allgemeinen Verbandes der Deutschen Bankbeamten beschlosten, in den einzelnen Instituten Eingaben an die Direktionen seitens der Beamtenschaft in die Wege zu leiten. veutsches Reich. Der Glasarbciterverband nach einem Kriegsjahre. In einer am Ende des ersten Kriegsjahres vorgenommenen Erhebung wurden 7052 Mitglieder gezählt, darunter 648 weibliche. Im Vergleich zu den Zahlen vor Kriegsbeginn ist die Mitgliederzahl gewaltig gesunken. Rund 19 000 Mitglieder wurden am Schluß des zweiten Bierteljahres 1914 gezählt, davon mußten 8000 dem Ruf zur Fahne folgen, so daß heute mehr Mitglieder beim Heere stehen, als die Organisatlon noch Mitglieder zählt. Eine größere Anzahl Mitglieder sind leider während des Krieges der Organi- sation untreu geworden; doch hat das sehr natürliche Ursachen. Beim Beginn des Krieges war die Glasindustrie völlig lahmgelegt. Der Er.port, auf den die Glasindustrie angewiesen ist, war ahgeschnitten. Tw größte Verwirrung herrschte im Gewerbe, fast alle Glasfabriken wurden geschlossen. Die Arbeitslosigkeit betrug am 24. August 67 Proz. der Mitglieder. Nach und nach erst trat eine Besserung ein, aber auch jetzt noch sind zirka 10 Proz. der Mitglieder arbeits- los. Spiegel- und Facettenschlei.fer sind bis heute noch ohne jeg- liche Beschäftigung. Von den Spiegelarbeitern in Bauern sind jetzt noch 17,75 Proz. arbeitslos, in Thüringen bei den Heimarbeitern noch 29,79 Proz. Bei beiden kommt noch in Betracht, daß die In- dustrien auf viele kleine Dörfer verzweigt sind, so daß andere Ar- beitsaelegenheit fast gar nicht vorhanden ist. Daß unter solchen Umstanden Tausende der Organisation abwendig werden, ist kein Wunder. Entsprechend der großen Arbeitslosigkeit im Gewerbe war auch die Ausgabe für Unterstützung, die der Verband ausbringen mußte, sehr hoch. Trotzdem am Kriegsbeginn die Arbeitslosenunterstützung des Verbandes auf die Hälfte der statutarischen Sätze für die ver- heirateten Mitglieder und auf ein Drittel für die ledigen Mit- glieder herabgesetzt wurde, hatte die Organisation 235 888 M. aus- zuzahlen. Unter solchen Umständen war nicht daran zu denken, daß auch den Familien der Eingezogenen aus den Mitteln der Haupt- kasse Unterstützung gewährt werden konnte. Diese mutzte den'Orts- kästen überlassen bleiben. Mit großem Opfermut haben die Daheim- gebliebenen sich der Familien angenommen und aus örtlichen Mitteln 54 337 M. für diesen Zweck aufgebracht. War auch das Kriegsjahr für den Elasarbeiterverband ein sehr schweres, so kann heute gesagt werden, die Belastungsprobe hat die Organisation gut bestanden. 302 250 M. wurden in dem einen Jahre für Unterstützungen aller Art aufgebraucht, und trotzdem bat die Organisation keine fremde Hilfe gebraucht, und der augenblick- liche Kassenbestand gibt die Gewahr, daß dies auch in Zukunft nicht notwendig sein wird.
Arbeitslosenfürsorge. In einer vom Landeshauptmann m Detmold veranlaßten Be- sprechung der Frage, wie den in der westfälischen Textilindustrie voraussichtlich arbeitslos werdenden Arbeitern geholfen werden könne, wurde festgelegt, daß man sich vorläufig durch Beschränkung der Arbeitszeil Helsen könne. Zur Unterstützung der Arbeiter müßten allerdings Mittel des Reiches zur Verfügung gestellt werden; die Kräfte der Gemeinden, der Unternehmer- und Arbeiterorganisationen allein seien nicht ausreichend. Ferner wurde hervorgehoben, daß die 'Itoantw. Redakt.: Alfrcv Wiclepp. Neukölln. Inseratenteil verantw
in Betracht kommenden Arbeiterfamilien meist mit kleinem Landbesitz ansässig seien, was es notwendig mache, möglichst für die Beschaffung Von anderer Arbeitsgelegenheit an demselben One zu sorgen.
Mus öer Partei. Uebcr Objektivität. Der Vorstand des Wahlkreises Frankfurt a. M. hat der Parteipresse die nachstehende Erklärung zugesandl: „In letzter Zeit sind im„Vorwärts", dem Zenrralorgan der Partei, wiederholt tendenziöse und irreführende Berich:? über die Frankfurter Parteibewegung veröffentlicht worden, die den aus- gesprochenen Zweck hallen, die Parteigeuosienschaft im Reiche über die hiesige Bewegung falsch-rn informieren. In einem in der Beilage der Nr. 223 des„Vorwärts" vom 14. August d. I. er- schienenen unobjsliiven Bericht wurden sogar für die Leffentlichkeir nicht bestimmte Beschlüsse des erweiterten Vorstandes in eut- stellrer Form wiedergegeben. Eine dem„Vorwärts" vom Vor- stand des Wahlkreises Frankfurt a. M. zugesandte Richtignellung und Ergänzung wurde von der Redakiioil desselben abgelehnt zu veröffentlichen. Die Vorwärtsredaktion bat damit gezeigt, daß ihr an einer objektiven Berichlerstatlung nichts gelegen ist. Wir stellen diese Talsache hiermit fest und bemerken, daß wir, so lange der „Vorwärts" bei diesen Maßnahmen verharrt, nicht in der Lage sind, die Parteigenossenichaft im Reiche in objekriver und einwand- freier Weise über die Frankfurter Parteibewegung durch den„Vor- wärts" zu informieren." Der Frankfurter Vorstand macht es sich ziemlich leicht. Ohne auch nur den Veriuch zu machen, nachzuweisen, daß die von uns nicht gebrachte Erklärung unberechtigterweise abgelehnt wurde, spricht er uns die Objektivilät ab, übermiilelt dieses Urteil der Partei- presse, das dann von unseren Freunden auf der rechten Seite auch bereitwilligst abgedruckt wird. Damit ist dann das Urteil über den „Vorwärts" wieder einmal fertig, Wenn dem Vorstand daran lag, objektiv zu sein, warum hat er denn nicht seine uns übersandte Erklärung und unsere Antwort darauf der Parteipresse übermittelt! Jedoch prüfen wir die Dinge. Am 18. Juli druckte die„Frank- surter Volksstimme" eine Erklärung des aus acht Genossen be- stehenden engeren Vorstandes ob, in der dieser fich mit der Fraltionsmehrheit einmütig einverstanden erklärte. Von uns wurde an diesen Bericht die Bemerkung geknüpft, daß dieser einstimmige Beschluß bedeutungslos sei, da auch in der dortigen Organisation eine starke Minderheit vorhanden, die mit der Fraktionshaltung nicht übereinstimme. Zum Beweis dafür brachten wir dann am 14, August einen Be- richt aus dem Frankfurter Organisationsleben, in dem dargelegt wurde, daß drei Distriktsversammlungen fich gegen die Fraktions- Haltung ausgesprochen und eine erweiterte Vorstandssitzung be- schloffen hatte, daß die Distrikte nicht mehr das Reckt haben, ielb- ständig Versammlungen einzuberufen, sondern nur mir Genehmigung des Vorstandes, was mit einer Unterbindung der Meinungsfreiheir gleichbedeutend sei. Wir hielten uns zur Aufnahme dieses Berichtes für verpflichtet, da schon vorher ein vom Prestebureau verbreiteter Berich! über die Versammlung im Industrieviertel , in der Abg. Hüttmann sprach, vielfach in der Parteipreste Aufnahme gesunden hatte. Nach der Ausnahme unseres zusammenfassenden Berichts bekamen wir dann vom dortigen Vorstand eine Erklärung, in der diese Tarsache durchaus nicht bestritten, sondern zugegeben wurde, daß die drei Ver- sammlungen mit 84 gegen 41 Stimmen beschlosten, sich mit der Er- klärung des Vorstandes zur Fraknonshaltung nicht einverstanden zu erklären. Weiler wurde mitgeteilt, daß kein Beschluß gefaßt worden sei, der die freie Meinungsäußerung unterbindet, sondern daß nur ein alter Beschluß aus dem dortigen Funkrionärregulativ erneuert worden sei, wonach alle Maßnahmen im Einverständnis mit dem Vereinsvorstand vorgenommen werden müssen. Sodann wurde noch erklärt, daß das Vorgehen in diesen Be- zirksvcrsammlungen ein planmäßiges war, dazu angetan, die andere Seite zu überrumpeln. Auf diese Erklärung haben wir dem Vorstand mitgeteilt, daß er in seiner Erklärung die von uns erwähnte Tatsache durchaus nicht bestreite, dagegen großes Gewicht darauf lege, darzustellen, wie diese Beschlüsse zustande gekommen seien. Wir haben weiter erklärt, daß wir Berichtigungen darüber, ob eine Abstimmung einwandfrei sei oder nicht, nicht bringen könnien, da uns ähnliche Erklärungen auch zugegangen seien von Minoritäten, die mit der Fraktion ein- verstanden, und ebenso von solchen, die Gegner der Fraktion sind. Bei Ausnahme derartiger Erklärungen kämen wir aus den Berich- tigungen nicht mehr heraus. Soweit der Sachverbalt. Wir glauben dargelegt zu haben, daß wir völlig einwandfrei gehandelt haben und müssen dem Frankfurter Vorstand seine Objektivität überlassen. Wie weit wir unsere Objektivität getrieben haben, möge man daran ermessen, daß wir nur Beschlüste der engeren und erweiterten KreiSvorstände, die mit der Fralnonshalrvng einverstanden waren, gebracht haben, dagegen aus räumlichen Gründen beschlossen haben, die meistens entgegengesetzten Beschlüste vieler größerer Berliner Vorortwahlvercine nicht zu bringen.
Der sozialdemokratische Dumaabgeordnete Malinowskq in österreichischer Gefangenschaft. Anfangs dieses Jahres wurde gemeldet, der Abgeordnete der Moskauer Arbefterkurie, Genosse Malinowsky, der einige Monate vor dem Kriege sein Mandat niederlegte und bei Kriegs- ausbruch einberufen wurde, sei in einer der ersten Schlachten ge- fallen. Run haben die Moskauer Arbeiter, laut der„Retsch", die Mitteilung erhalten. Malinowsky befinde sich zurzeit in österreichi- scher Gefangenschaft, Er war in einer Schlacht schwer verwundet und gefangen genommen worden. Ein Bem ist ihm amputiert worden.
Mus Industrie und Handel. Walter Rathenau über die Wirtschaftslage. In der gestrigen außerordentlichen Generalversammlung der Allgemeinen ElektrizitätS - Gesellschaft Berlin äußerte sich der Vor- sitzende des Aufsichtsrats Dr. Walter Rathenau über die Ge- schäftslage wie folgt: In der Generalversammlung Ende vorigen Jahres habe ich auf die Notwendigkeit der Umstellung unserer Ge- samtindustrie hingewiesen. Die Umstellung von der Friedens- Wirtschaft zur Kriegswirtschaft ist in einem überraschend schnellen Gange und mit glänzendem Erfolge von der Industrie durchge- führt worden, und unsere Gesellschaft hat für ihren Teil an die(er Bewegung mitgewirkt. Im Herbst letzcen Jahres traten völlig neue Fragen an Deutschland heran, sowohl hinsichtlich der Beschaffung seiner Kampfmittel, wie auch hinsichtlich des Friedensbedarfes. Diese Kragen entstanden ans der Lage, die uns England durch seine Blockade aufzwang. Die Sorge der Rohstoffe ist veflltömmen ge- wichen, und wir können zu unserer Freude sagen, daß dies durch Arbeitsorganisationen und-Methoden ermöglicht wurde, die mit den Traditionen unserer Gesellschaft verwandt sind. Die Ab- sperrung bedrängt uns nicht mehr, im Gegenteil, es hat sich das Verhältnis umgekehrt. Dasjenige Land, das über uns die Blockade verhängte, in der Hoffnung, uns industriell zu erschöpfen, wirr- schaftlich zu toten, leidet aufs schwerste an der eigenen Blockade- freiheit, während wir trotz der Einschließung imstande sind eine gewaltige Wirtschaft weiter zu betreiben und ungeahnte Mengen von Kriegsmaterial zu erzeugen. Wir sehen, daß England sich ab- müht, Zahlungsmittel aufzubringen für die Milliardenrechnungen, die ihm aus Einfuhr und Auslandsforderungen erwachsen, während wir, die wir uns an eine Binnenwirtschaft gewöhnt haben, der Th. Glocke. Berlin . Druck u. Verlag: Borwärts Luchor. u. Verlagsansialt
wirtschaftlichen Bedrängnis entgangen sind und abermals die Hoffnung hegen, daß eine glänzende Zeichnung unserer Kriegs- anleihe, zu der auch wir wiederum beitragen dürfen unsere An- abhängigkeit nach außen bestätigt. Die Binnenwirtschaft führt zu Ergebnisten, die auf die Geld- läge unserer Gesellschaft einwirken. Ich habe hervorgehoben, daß unsere Liguidität uns nicht beängstigt. Wir leben in der Periode eines großen Ausverkaufs, viele Läger, viele Bestände in den Fa-> briken verringern sich, vor allem verringern sich dw Schuldsorde- rungen, und das Korrelat dieser Erscheinung ist die Flüssigkeit der Gesamtmittel des Landes und die Flüssigkeit auch unserer Mittel. In dieser Verflüssigung, in diesem teilweisen Warenausverrauf, ist ein wenig beachtetes aber doch wirtschaftlich erfreuliches Moment eingeschloffen. Deutschland entledigt sich während dieser Zeit aller Lagerüberschüffe. aller derjenigen Vorräte, deren es nicht dringend bedurft hat. Man kann sagen, in der großen Erleichterung ran Beständen spielt auch eine Rolle die Beseitigung des Ladenhüters. Ich will nicht sagen, daß wir Ladenhüter in dieser Gesellschaft ge-- habt haben, aber eine Liquidation großer Bestände hat in weil- gehendem Umfang stattgefunden. Wir fühlen uns dadurch gestärkt und für neue Aufgaben gerüstet. Wir dürfen uns nicht verhehlen. daß die doppelte Vorbereitung, in der wir itehen müssen(die Vorbereitung für eine Kriegsverlängernng ebensogut wie die Vor- bereitung für einen raschen Friedensschluß), vielleicht den schwere- ren Teil unserer Arbeit ausmacht, im Vergleich zu dem. was bis jetzt geleistet ist. Wir glauben, das Gegenmittel gegen cinen Teil des wegfallenden Exports, gegen einen Teil einer verlangsamten europäischen Geiamtwirtschast, gegen die Wirkungen eines ver- armenden Auslandes in einer Verstärkung unserer Fabrtkations- und Wrtschaftsintensität zu finden, Die Verstärkung der Jntensivwirtschaft wird eine allgemeine Aufgabe für Deutschland sein. Wir wollen in dieser Ausgabe nicht zurückstehen und hoffen, sie zu Ihrer Befriedigung zu lösen. Die Bestände unserer Aufträge ebenso wie die Zahlen unserer� Ad- rechnungen sind fast die gleichen wie im Vorjahre, obgleich aus das abgelaufene Geschäftsjahr, über das wir jetzt unsere Bücher ab- schließen, die ersten Kriegsmonate lähmend einwirkten, lieber das Erträgnis der Gesellschaft heute zu berichten, wäre verfrüht, denn unser Abschluß steht noch nicht fest. Die Ordentlich« General- Versammlung wird über ibn zu beschließen haben. Niemand wird erwarten, daß wir im Krieg: an eine sprunghaste Erhöhung unserer Gewinnverteilungen denken. Wir können nur Schritt für Schritt vorgehen. Aber ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß die poli- tische Lage, die durch die glänzenden Siege unserer Heere sich so hofftiungsvoll gestaltet, im vorschreitenden Herbst aus unsere Ent- ichließungen mitbestimmend einwirkt. Wenn unsere Erivartungen hinsichtlich des Abschlnstes sich verwirklichen, so wird diejenige Bc- wegungsfreiheii uns beschieden sein, die das. was ich ausgeführt habe, bis zu einem gewissen Umfange, den Sie nicht überschätzen wollen, durch die Tat bekräftigt.
Neubildttng des Braunkohlensyndikats. Aus mitteldeutschen Braunkohlenkreisen geht der„Frkf. Ztg." die Information zu, daß am 11. d. M. in Leipzig eine umfastende Werkszusammenkunft stattfindet, in der auf Einladung des General- direktors Piatscheck der Anhalter Kohlenwerkc mit dem Versuch einer Wiederbildung des früheren Mitteldeutschen Braunkohlensyndikats begonnen werden soll. Der Verband würde demnach nicht nur die Werke bei Leipzig und Halle, sondern wie das alte Syndikat alle maßgebenden, inzwischen nur stark vermehrten und erweiterten Brikettfabriken von Provinz und Königreich Sachsen und von Braunschweig umfassen, während die Niederlausitz und das Rhei- nische Gebiet für sich syndiziert bleibt. Wenn die unterbreiteten Anregungen Anklang finden, dürfte zur Erleichterung der weiteren Arbeit angesichts der besonders großen Schwierigkeiten mit Halle und Leipzig vorgeschlagen werden, daß die Werke Verkäufe mit Lieferungen nach dem 1. April 1916 einstweilen nicht tätigen sollen.
Soziales. Die Bezugsvereiniguvg deutscher Laudwirte vor dem Kaufmauns- gcricht. Recht eigenartige Vorkommnisse im Betriebe der Bezugs- Vereinigung deutscher Landwirte traten gelegentlich einer vor der 1. Kammer des Berliner Kauftnannsgerichts unter dem Vorsitz des Magistratsrats T e ch o w stattgehabten Verhandlung zutage. Es klagte dori der Korrespondent Höfer , der bei der genannten Vereinigung mit festem Gehalt angestellt war mid jetzt die ihm zu- teil gewordene sojorlige Entlassung vermittels der Klage anfichr. Die beklagte Vereinigung erhebr gegen Höfer den Vorwurf des schweren Vertrauensbruchs, den fie folgendermaßen begründet: Der Vereinigung sei Anfang dieses Jahres auf Veranlassung des Reichs- amts des Innern eine Futtermittelverwaltungssielle angegliedert worden, die den Zweck haben sollte, die vorhandenen Mittel so zu strecken, daß wir aus alle Fälle bis zur neuen Ernte damit reichen. Zu diesem Zwecke war als oberster Grundsatz die gleiche Verteilung an die Komnmnalverbände vorgesehen. Äes Prinzip habe nun Kläger dadurch durchbrochen, daß er hinter dem Rücken des Instituts, in dessen Diensten er stand, den Verbänden Rohzucker anbot, natürlich zu Preisen, die eine Provifion für ihn einschloß. So habe Höfer zu einer Zeil, als mit den Futter- niitieln äußerst sparsam gewittschaftet werden sollte, einem Kommunal- verband 5000 Zentner Rohzucker angeboten. Zu diesen Geheim« geschäften habe er sogar den Fernsvrecher des Geschäfts benutzt. Es handelte sich hierbei um Zucker aus der Ernte 1913/14, der zwar nicht beschlagnahmt war, dessen Beschlagnahme sich aber der Reichskanzler vorbehielt. Es durfte infolge dessen diese Ware niemandem angeboten werden. Als das Treiben des Klägers zur Kenntnis der Geschäftsleitung kam, wurde seine sofortige Entlassung verfügt, da er nicht nur gegen das Interesse der Vereinigung, sondern auch gegen das des Staates ge« handelt habe.— Gegenüber diesen Beschuldigungen bringt der Kläger vor. daß er nur wegen solcher Ware verhandelie, die ieiuerzeit noch nicht beschlagnahmt war. Selbstsüchtige Motive hätten ihn dabei nicht geleitet," er tat es vielmehr nur aus Mitleid mit den Kommunalverbänden, die ihn wegen der Lieferung von Futtermitteln drangsalierten und ihm mit Beschwerde beim Reichs- kanzler und bei Reichstagsabgeordnelen drohten. Sollte aber sein Vorgehen wirklich nicht ganz korrekt gewesen sein, so sehe er nicht ein, warum gerade ihm daraus ein Strick gedreht werden tolle. Hätten doch alle Korrespondenten und sogar der Disponent diese Eigengeschäfte gemacht, und�ieien doch keineswegs alle Beteiligten deshalb entlassen worden. �-so er- fteue sich z. B. der Korrespondent Sudhoff. der seine Verfehlungen zugestanden, heute noch der Gunst der Geschäftsleitung und stehe nach wie vor in ihren Diensten. Der in der Verhandlung als Zeuge vernommene Kor» respondent Sudhoff bestätigt, daß H. mit den geheimen Geschäften das Interesse der Vereinigung wie das des Staates gleicher- maßen schädigte, er gibt aber a u ck zu, daß außer anderen Angestellten auch er ielber(tch diese Versehlungen zuschulden kommen ließ. Alle Schuldigen wurden entlassen, auch er bat im Bewußtiein seiner schuld um die Entlassung, sie wurde aber� von der Beklagten nicht angenommen. Befremdeil erregte die Erklärung des Klägers, er könne stoßweise Briese vorweisen, in welchen die Verbände noch nach seiner Ent- lassung mir ihm wegen Lieferung von Futtermitteln verhandelten. Nack dem Ergebnis sah das K a u s m a n n s g e r i ch t die so- fortige Entlastung des Klägers als berechtigt an und wies ihn mit der Klage a ß._ Es sei durch die Verhandlung festgestellt, daß er gegen das Interesse der Beklagten gehandelt babe.___ ßaulSingeru.Co.. Berl'.nSW. Hierzu 2 Beilagen u. Unterhaltungsbl.