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Nr. 263.- 32. Jahrg.

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Telegramm Adresse:

,, Sozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.

Fernsprecher: Amt Morigplatz, Nr. 151 90-151 97.

Donnerstag, den 23. September 1915.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplag, Nr. 151 90-151 97.

Erfolgreiche Kämpfe bei Friedrichstadt   und Dinaburg.

Der russische Generalstabsbericht. Petersburg, 22. September.  ( W. T. B.) Der gestrige Generalstabsbericht lautet:

In der Gegend nordwestlich von Dünaburg   warfen wir beim Dorfe Muncze die Deutschen   durch kräftigen An­griff aus ihren Verschanzungen. Südwestlich und südlich von Dünaburg   dauern die Kämpfe an der Front von Nowo­Schwere Aleksandrowsk bis zum See von Driswiaty an. deutsche   Artillerie beschoß einzelne Abschnitte dieser Front und verwendete häufig Granaten mit giftigen Gasen.

In der Gegend östlich von Wilna   dauern die Kämpfe an. An der Front Binjakoni- Lida und in der Gegend des Flusses Molczadz östlich vom Flusse Szczara gab es nur un­bedeutende Zusammenstöße.

An der Front Teremow- Podhaice östlich von Luck eröffnete der Feind die Offensive, wurde aber zurückgeschlagen. Es kam wiederholt zu Bajonettangriffen. Wir machten etwa 700 Gefangene und erbeuteten 3 Maschinengewehre. Während der Angriffe gegen die Dörfer Berezowka und Nostoki im Nord­westen von Wischnewec, die in dem gestrigen Bericht erwähnt find, erreichte der Gegner trot unseres heftigen Maschinenge­wehr- und Artilleriefeuers unsere Verschanzungen und stürzte sich mit Hurrarufen auf uns. Der heiße Bajonettkampf, der dar­auf folgte, führte zur Zurückwerfung des Feindes, der große Berlufte erlitt. Wir gingen dann zum Gegenangriff über. Unsere Truppen faßten den Gegner in der Flanke, warfen ihn und kamen bei der Verfolgung bis in seine Verschan­zungen. Außerstande, die Heftigkeit dieses Sturmes auszu­halten, floh ein Teil der Desterreicher, die übrigen ergaben sich oder wurden mit dem Bajonett niedergemacht. Die Zahl der Gefangenen beläuft sich auf 10 Offiziere und 600 Mann. Bei der Einnahme einer Schanze in der Gegend des Dorfes Slone südöstlich von Tlusce machten wir 50 Gefangene und erbeuteten viel Patronen und Pionierwerkzeuge. Bei einem Scharmügel am Flusse Dzuryn südöstlich von Czortkom wurde der Feind über den Fluß geworfen. Wir machten 5 Offiziere und etwa 200 Soldaten zu Gefangenen.

Einberufung des ungedienten russischen Landsturmes.

Rietsch"

Petersburg  , 22. September.  ( W. T. B.) veröffentlicht ein Manifest des Zaren vom 13. September be­treffend Ein berufung des ungedienten Land. stur mes. Der Aufruf besagt, daß der Feind ins Land ein­gebrochen und es deshalb nötig sei, mit neuen, jungen Kräften die Armee zu stärken.

Fliegerangriff auf Stuttgart  .

Berlin  , 22. September.  ( W. T. B.) Heute 8.15 Uhr bormittag fand ein Angriff feindlicher Flieger mit deutschen  Flugzeichen auf Stuttgart   statt. Es wurden mehrere Bomben auf die Stadt abgeworfen. Vier Leute wurden da. durch getötet und eine Anzahl von Militär­und Zivilpersonen verlegt. Der Sachschaden ist ganz unbedeutend. Die Flieger, von den Abwehrkommandos beschossen, entfernten sich gegen 8.30 Uhr vormittags in südlicher Richtung.

Auf die Benutzung deutscher Abzeichen und den zufälligen Umstand, daß furz zubor( 7.45 Uhr vormittags) den zu­ständigen militärischen Stellen der Anflug eines deutschen  Fliegers gemeldet worden war, ist es zurückzuführen, daß die Bevölkerung erst verhältnismäßig spät gewarnt werden konnte. 9.30 Uhr vormittags erschien der vorher erwähnte deutsche  Flieger über Stuttgart  , wurde kurz beschossen, bis er als deutscher   Flieger sicher zu erkennen war und landete sodann unverletzt in der Nähe der Stadt.

Zur Versenkung der Hesperian". Berlin  , 22. September.  ( W. T. B.) Nach Auskunft im Admiralstabe der Marine steht im Gegensatz zu der durch Reuter verbreiteten Aeußerung der englischen Admiralität nun­mehr fest, daß für den Angriff auf Hesperian" ein deut­sches Unterseeboot nicht in Frage kommt.

Vom U- Bootkrieg.

Kopenhagen  , 22. September.  ( W. T. B.) Meldung des Rigauschen Bureaus. Die Besatzung des dänischen Dampfers Thorwaldsen  " wurde gestern nacht um 2 Uhr von dem schwedischen Dampfer Mimosa" in Helsingoer   gelandet. Der Thorwaldsen  " wurde Montag abend 47 Meilen westlich von Hanstholm   in der Nordsee  bon einem Deutichen Unterfeeboot torpediert. Die Besazung wurde von der Mimoja" aufgenommen.

Meldung des Großen Hauptquartiers.

Amtlich. Großes Hauptquartier, den 22. September 1915.( W. T. B.)

Westlicher Kriegsschauplatz.

Zwischen Souchez und Neuville sowie östlich von Roclincourt griffen die Franzosen   gestern abend an. Die Angriffe brachen im Feuer vor unseren Hindernissen zu­ſammen.

In der Champagne wurden nordöstlich des Gehöftes Beau Sejour neue französische   Schanzarbeiten durch kon­zentrisches Feuer zerstört. Stärkere Patrouillen, die teil­weise bis zur dritten feindlichen Linie durchstießen, ver­vollständigten die Zerstörung unter erheblichen Verlusten für die Franzosen  , machten eine Anzahl Gefangene und kehrten befehlsgemäß in unsere Stellung zurück.

Ein englisches Flugzeug wurde bei Willerval( öftlich von Neuville) von einem deutschen   Kampfflieger abgeschossen; der Führer ist tot, der Beobachter wurde verwundet ge­fangen genommen.

Deftlicher Kriegsschauplah.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg  . Südwestlich von Lennewaden( an der Düna  nordwestlich von Friedrichstadt  ) machten die Russen einen Vorstoß; es wird dort noch gekämpft.

Destlich von Smelina( südwestlich von Dünaburg  ) brachen unsere Truppen in die feindliche Stellung in einer Breite von 3 Kilometer ein, machten 2000 Mann zu Gefangenen und erbeuteten 8 Maschinengewehre. Nordwestlich und südwestlich von Oschmjana ist unser Angriff im weiteren günstigen Fortschreiten. Der Gawia­abschnitt ist beiderseits Subotniki überschritten.

Der rechte Flügel ist bis in die Gegend nördlich von Nowogrodek   vorgekommen.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern.

Der Molczadsabschnitt ist auch südöstlich des gleichnamigen Ortes überschritten. Russische   Stellungen auf dem westlichen Myschanka- Ufer beiderseits der Bahn Brest- Litowsk  - Minsk   wurden erstürmt und dabei 1000 Gefangene gemacht, 5 Maschinengewehre erbeutet. Weiter südlich wurde Ostrow nach Häuserkampf ge­nommen. Ueber den Oginskikanal bei Telechany vor­gegangene Abteilungen warfen die Russen in Richtung Dobroslawka zurück.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackenfen. Deftlich von Logischin fanden kleinere Kämpfe statt. Südöstlicher Kriegsschauplah.

Nichts Neues.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichische Generalstabsbericht.

Wien  , 22. September.  ( W. T. B.) Amtlich wird ver­lautbart: Wien  , 22. September 1915.

Russischer Kriegsschauplah.

In Ostgalizien   und in Wolhynien   ist die Lage un­verändert. An der Jtwa kam es in einigen Abschnitten zu heftigen Artilleriefämpfen. Vereinzelte Versuche der Russen, über den Fluß vorzudringen, scheiterten im Feuer unserer Batterien.

Die in Litauen   kämpfenden I. u. t. Streitkräfte haben gestern im Raume Nowaja- Myisz eine russische Stellung durch­brochen, neunhundert Mann zu Gefangenen gemacht und drei Maschinengewehre erobert.

Italienischer Kriegsschauplah. Gegenüber dem Nordabschnitte der Hochfläche von Lafraun  unterhielt die feindliche Infanterie heute durch mehrere Stunden vor Tagesanbruch ein sehr heftiges Feuer, ohne jedoch vorwärts zu kommen. Im Dolomitengebiete erhöhte die italienische Artillerie ihre Tätigkeit gegen den Monte Piano und das Gebiet beiderseits dieses Berges. Die Gesamtlage ist unverändert.

Südöstlicher Kriegsschauplatz.

An der Save und unteren Drina Artilleriekämpfe und Geplänkel. Pozarevac und Vf. Gradiste wurden mit Bomben belegt.

Montenegrinische Artillerie beschoß Teodo  .

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Die verlorene Partie.

Noch einmal haben sich die Diplomaten des Vierverbandes in Sofia   bemüht. Der genaue Inhalt ihres Angebotes iſt unbekannt. Aber der Corriere della Sera  " selbst hat die serbischen Zugeständnisse, die die Grundlage der neuen Entente­vorschläge sind, verschwommen und bedingt genannt. Während in Sofia   noch Noten und höfliche Worte getauscht werden, donnern die deutschen   Kanonen nach Serbien  , das durch fast dreiviertel Jahre keinen Feind gesehen hat, Tod und Ver­derben bringende Geschosse.

Die großen Erfolge der verbündeten Balkanmächte im Stampfe gegen den verhaßten türkischen   Herrn von gestern, die mit froher Bereitwilligkeit gezollte Bewunderung Europas  haben das Selbstgefühl und die Hartnäckigkeit der serbischen  nnd bulgarischen Bauern aufs äußerste gesteigert. Der fried­lich- schiedliche Ausgleich in der Verteilung der Beute des ersten Balkankrieges scheiterte. Einen Monat nach dem Londoner  Friedensvertrage, in dem die geschlagene Türkei   alles Land westlich der Linie Enos- Midia abgetreten und nichts als den Brückenkopf Konstantinopel   und die Halbinsel Gallipoli in Europa   behalten hatte, am 29. Juni 1913 brach der ber­hängnisvolle zweite Balkankrieg aus, der Bulgarien   das Schicksal der Türkei  , auf allen Fronten geschlagen zu sein, bereitete und die Türkei   aus ihrer tiefen Erniedrigung hob.

Wie anders sah die Balkanhalbinsel   nach dem Bukarester  Frieden aus, als sich die Bundesbrüder gedacht hatten, die im Oftober 1912 gegen die Türkei   zu Felde gezogen waren! Serbien   erhielt ganz Mazedonien  , um dessen Besitz die Bulgaren   seit Jahrzehnten mit Schulen, Stirchen und Banden einen erbitterten Stampf gegen die türkischen   Behörden und ihre Konkurrenten im Seelenfang mazedonischer Bauern, Griechen und Serben geführt hatten. Das Land ist wegen seiner zentralen Lage im Herzen der Halbinsel von ungeheurer Bedeutung. Sein Besizer kontrolliert den Durchgangsverkehr von Süden nach Norden und kann in einer ihm günstigen Stunde gegen seine Nachbarn, dem Lauf der Flüsse folgend, im Süden und Norden vorstoßen. Darum suchten schon in dem ersten Balkankriege bulgarische, serbische, griechische Banden, die in den unabhängigen Staaten ihren Stammsiz hatten und denen auch hochgebildete Männer angehört haben, die Stulturpropaganda ihrer fonnationalen, Popen und Lehrer durch die eindringliche Sprache der Flinte, die schießt, und des Säbels, der haut, zu verstärken. Eine nationale Abgrenzung nach Sprachgrenzen ist unmöglich. Die Bevölkerung ist nach ihrer nationalen, Bu­gehörigkeit ungeheuer zersplittert. Bulgaren  , Serben, Griechen, Albanesen, Kuzowallachen wohnen durcheinander. Doch ist allgemein zugestanden, daß große Gebiete mit ausgesprochen bulgarischem Charakter durch den verhängnisvollen Bufarester Frieden serbisch geworden sind. So wurde das uationale Prinzip, das die Kampfparole der Balkanvölfer war, mit Füßen getreten, um schnöden Augenblicksgewinn die Einigkeit preisgegeben, der Intervention der Großmächte Tür und Tor geöffnet und das Prinzip geopfert: Der Balkan   den Balkan­bölfern! Der hohe schöne Traum eines geschlossenen und machtvollen Balkanbundes ist ausgeträumt. Die alte böse Blutfeindschaft der mazedonischen Bandenkrieger ist zu ver­zehrendem Haß aufgeflammt.

Griechenland   focht in dem kurzen Sommerfeldzug an der Seite Serbiens   gegen Bulgarien  , gewann das Küsten­land von Saloniki   nach Kawalla und suchte sich einen mit Serbien   zu dauernden Besitz durch einen Bund sichern, das seinerseits als Binnenstaat Saloniki Hafen brauchte. Rumänien   erlangte die Abtretung eines Landstrichs südlich der Donau  . Bulgarien   vet­lor seine führende Stelle und wurde isoliert; Rumänien  trat aus seiner Isolierung und wurde Vormacht auf dem Balkan  . Sogar die Türkei   fonnte den Bulgaren   Adria­ nopel   abnehmen und behaupten.

Und wie hat sich die Situation seither geändert? Bul­ garien   hält die Entscheidung über den Balkan   in seinen Händen, und sie ist gegen den Vierverband ausgefallen.

Die Niederlage der Ententediplomatie

auf dem Balkan  .

Wien  , 22. September.  ( T. U.) Voy bulgarischer unter­richteter Seite wird dem Korrespondenten der Telegraphen­Union" mitgeteilt: Die Klärung der Situation auf dem Balkan   macht erfreuliche Fortschritte. Wie nicht anders zu er­warten war, hat das überaus kluge Verhalten Bulgariens  seine Wirkung auf die übrigen Baltan­staaten nicht verfehlt. Die diplomatischen Vertreter der Zentralmächte in Bukarest   konnten denn auch in der Vorwoche ihren Regierungen berichten, daß sich auf dem