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Telegramm- Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.

Fernsprecher: Amt Morigplak, Nr. 151 90-151 97.

Dienstag, den 5. Oftober 1915.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritzplatz  , Nr. 151 90-151 97.

Lebhafte Kämpfe an der Tiroler Front.

Der französische   Tagesbericht.

( Am Sonntag zu spät eingetroffen.)

Paris  , 3. Oktober.  ( W. T. B.) Amtlicher Bericht von gestern nachmittag: Jm Artois beschoß die feindliche Artillerie unsere Stellungen östlich von Souchez sehr heftig. Wir brangen trotzdem auf den Höhen von La Folie von Schützengraben zu Schützen­ graben   um ein merkliches Stück vor. In der Champagne   beschossen die Deutschen   im Laufe der Nacht unsere neuen Linien bei Epine de Vedegrange und östlich der Navarinfarm. Unsere Truppen eroberten ein bedeutendes Stück der feindlichen Stellungen, welches aus ihrer augenblicklichen Linie nördlich von Le Mesnil vor springt. In Lothringen   griffen deutsche Aufklärungsabteilungen zwei unserer Posten bei Moncel und Sornéville an. Sie wurden zurück­geworfen und bis an ihre Linien verfolgt. Auf der übrigen Front war die Nacht ruhig.

Unsere Luftgeschwader warfen sehr viele Geschosse auf die Bahn­höfe und Eisenbahnlinien hinter der feindlichen Front, besonders auf den Knotenpunkt Guignicourt und Amifontaine. Unsere Ge­schüßflugzeuge( avions- canons) beschossen nachts die deutschen  Linien.

Baris, 3. Oktober.  ( W. T. B.) Amtlicher Bericht von gestern abend. Unsere schwere Artillerie wirkte in Belgien   bei der Beschießung der deutschen   Batterien bei Westende durch die eng lische, Flotte mit. Jm Artois beschoß feindliche Artillerie unsere ganze Front zwischen Neuville- Saint Waast und dem Gehölz nörd­lich von Souchez heftig. Wir erwiderten sehr fräftig. Startes Ge­schüßfeuer von beiden Seiten nördlich von Berry- au- Bac  , bei der Cholera- Fme und südlich davon, bei Sapigneul. An der Front in der Champagne   beiderseits Geschützfeuer, in dessen

der Feind wiederum erstickende Gase anwandte. Zwischen Maas   und Mosel, nördlich von Flirey, Salvenfeuer deutscher   Ar­tillerie auf unsere Schüßengräben, das durch das Eingreifen unserer Batterien beendet wurde. In Lothringen   wurde wieder eine starke Aufklärungsabteilung des Feindes südlich vom Walde von Parroh zurüdgeworfen und zerstreut. and promo

Luftkrieg. In der Champagne   traf eines unserer Geschütz­flugzeuge( avions- canons) einen feindlichen Fesselballon, welcher brennend abstürzte. Eines unserer Geschwader, 60 Flugzeuge ſtart, bewarf heute den Bahnhof Bouziers, das Flugfeld und den Bahn­hof von Challerange und mit weiteren 300 Granaten andere Ziele, welche getroffen wurden. Ferner wurde durch Fliegerbomben ein fahrender Zug beim Bahnhof von Laon   in zwei Teile getrennt.

Paris  , 4. Dktober.( W. T. B.) Amtlicher Bericht von gestern nachmittag. Zwischen Souchez und dem Wald von Givenchy versuchte der Feind viermal uns mit Granaten einige Schüßengrabenabteile wiederzunehmen, welche er verloren hatte. Er wurde überall zurüdgeworfen. In der Champagne   wurde ein deutscher   Gegenangriff gegen die Stellungen, welche wir am 1. Dt tober nördlich von Le Mesnil erobert hatten, gleichfalls zurüd­geschlagen, Der Feind bombardierte mit Geschossen, die betäubende Gase verbreiteten, die Linie hinter unserer Front, besonders im Tale der Suippe. Unsere Artillerie nahm die feindlichen Batterien unter Feuer und brachte mehrere zum Schweigen. Auf der übrigen Front war die Nacht ruhig.

Paris  , 4. Oktober.  ( W. T. B.) Amtlicher Bericht von gestern abend. Jm Artois rüdten wir vor, indem wir ein Blockhaus und Schanzarbeiten südlich des Gehölzes von Givenchy einnahmen. Gegenseitiges ziemlich heftiges Bombardement südlich von der Somme, in der Umgebung von Beaufort und Bouchoir sowie auf der Front in der Champagne  , in den Argonnen und nörd­lich von La Harazée. In den Vogesen   versuchte der Feind ohne Erfolg brennende Flüssigkeiten gegen unsere Schüßengräben am Violu( zwischen dem Paß von Marlich und dem Passe von Diedols­hausen) zu spritzen. Wir antworteten, indem wir seine Minen. arbeiten durch eine wirksame Gegenmine zerstörten. Eine Flugzeug­gruppe bombardierte Sonntagmorgen den Bahnhof, die Eisenbahn­brücke und militärische Bauten in Luxemburg  .

Beschießung der belgischen Küste.

Rotterdam  , 4. Oftober.( W. T. B.) Der ,, Rotterdamsche Courant" meldet aus Cadzand unter dem 3. Oktober: Heute früh um 6 Uhr beschossen englische Kriegsschiffe wiederum dic belgische Küste. Nachdem sie eine Anzahl Schüsse abgefeuert hatten, fuhren sie wieder ab. Man konnte die Schiffe durch den Nebel nicht sehen. Als der Nebel sich verzog, bemerkte man über Zeebrügge   schwere Rauchwolfen. Flugzeuge flogen über die Küste hin und wurden von den Deutschen   heftig beschossen. Ein französischer Zweideder mit einem englischen Offizier an Bord mußte in der Gemeinde Zuidsande am Antwerpener Polder eine Notlandung vornehmen. Der Offizier wurde interniert.

Meldung des Großen Hauptquartiers.

Amtlich. Großes Hauptquartier, den 4. Oktober 1915.( W. T. B.)

Westlicher Kriegsschauplah.

Gestern früh erschienen vor Zeebrügge   fünf Monitore und legten ein wirkungsloses Feuer auf die Küste; drei belgische Bewohner fielen dem Feuer zum Opfer. Unsere Küstenartillerie traf einen Monitor, der schwer beschädigt abgeschleppt werden mußte.

Gegen die englische Front nördlich von 2003, aus der nachts ciu vergeblicher Ausfall gegen unsere Stellung westlich von Haisnes unternommen wurde, machten die Angriffsarbeiten weitere Fortschritte. Südlich des Souchez- Baches konnten sich die Franzosen   in einem kleinen Grabenstück an der Höhe nordwestlich Givenchy festsetzen. Südlich dieser Höhe wurden französische Angriffe abgeschlagen. Das 40 Meter lange Grabenstück nordöstlich von Neuville wurde von uns wieder genommen.

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In der Champagne   setten gestern nachmittags die Franzosen   in der Gegend nordwestlich von Massiges und nordwestlich von Ville sur Tourbe vergeblich zum Angriff an. Ihre Ausammlungen wurden unter konzentrisches Fener genommen. Ein starker Nachtangriff gegen unsere Stellungen nordwestlich von Ville sur Tourbe brach im Artillerie- und Maschinengewehrfeuer unter schweren Ver­Insten zusammen.

Der Bahnhof Chalons  , der Hauptsammelort des Nachschubes für die französische   Augriffsgruppe in der Champagne   ist, wurde heute nacht mit sichtbarem Erfolge von einem unserer Luftschiffe mit Bomben belegt.

Oestlicher Kriegsschauplah. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg  . Die Russen schritten gestern nach ausgiebiger Artillerie­vorbereitung fast auf der ganzen Front zwischen Postawy und Smorgon in dichten Massen zum Augriff, der unter ungewöhnlich starken Verlusten zusammenbrach; nächtliche Teilunternehmungen blieben ebenso erfolglos.

Auch südwestlich von Lennew aden( an der Düna  ) wurde ein feindlicher Vorstoß abgewiesen. Bei den anderen Heeresgruppen ist die Lage un­verändert. Oberste Heeresleitung.

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Der österreichische Generalstabsbericht.

Wien  , 4. Oktober.  ( W. T. B.) Amtlich wird ver­lautbart: Wien  , 4. Oftober 1915.

Russischer Kriegsschauplah. Der geftrige Tag verlief ohne besondere Ereignisse; die Lage blieb unverändert.

Italienischer Kriegsschauplatz.

An der Tiroler Front entfalteten die Italiener cine lebhaftere Tätigkeit, die auf den Hochflächen von Vielgereuth und Lafraun   zu größeren und andauernden Kämpfen führte. Im Tonalegebiet wurde ein nach heftigem Artilleriefeuer gestern abend angefester Angriff des Feindes auf die Albiolofpite blutig abge­wiesen. Auf der Hochfläche von Vielgereuth standen unsere Stellungen auf dem Plaut( nördlich des Maroniaberges) feit frühem Morgen unter dem Schnellfeuer schwerer und mittlerer Geschütze. Vormittags gingen von der bereit gestellten feindlichen Infanterie schwache Abteilungen einem zu vergeblichen

Angriff vor. Abends erneuerte der Gegner diesen An­griff mit starken, hauptsächlich aus Bersaglieri   und Alpinitruppen zusammengesetten Kräften und fam nahe an unsere Hindernisse heran. In der Nacht gelang es ihm, einen feld­mäßigen Stüßpunkt zu nehmen. Unsere Truppen warfen ihn jedoch nach hartnädigem, bis in die Morgenstunden währendem Kampfe wieder hinaus. So blieben alle Stellungen in unserem Befit. Auf der Hochfläche von Lafraun   zwang schon unser Ge­schützfeuer die vorgehende Infanterie zu verlustreichem Rückzuge. Auch im Raume von Buchenstein wurde das Vorgehen schwächerer Abteilungen leicht vereitelt. An den übrigen Fronten keine wesent­lichen Ereignisse.

Südöstlicher Kriegsschauplah.

An der unteren Drina lebhafteres Geplänkel. Sonst Ruhe. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes:

von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Neue Schlachtfelder.

Russisches Ultimatum an Bulgarien  .

Der russische Gesandte in Sofia   ist beauftragt worden, unverzüglich dem Ministerpräsidenten Radoslawow folgende Note zu überreichen:

vont

Die Ereignisse, die sich gegenwärtig in Bulgarien   ab­spielen, bezeugen den endgültigen Entschluß der Regie­rung des Königs Ferdinand, das Schicksal des Landes in die Hände Deutschlands   zu legen. Die Anwesen­heit deutscher und österreichischer Offiziere im Kriegs­ministerium und bei den Generalstäben der Armee, die Zu­sammenziehung von Truppen in dem an Serbien  stoßenden Gebietsteile und die weitgehende finanzielle Unterstützung, das welche Kabinett in Sofia  seiten unserer Feinde angenommen hat, I assen keinen 3weifel mehr über das Ziel der gegen wärtigen militärischen Vorbereitungen der bulgarischen Regierung zu. Die Mächte der Entente, die sich die Verwirklichung der Bestrebungen des bulgarischen Volfes haben angelegen sein laffen, haben den Ministerpräsidenten Radoslawom zu verschiedenen Malen darauf aufmerksam gemacht, daß sie jede Serbien  feindliche Handlung als gegen sich gerichtet ansehen würden. Die von dem Vorsitzenden des bulgarischen Kabinetts als Antwort auf diese Warnungen reichlich abgegebenen Versicherungen sind durch die Tatsachen widerlegt worden. Der Vertreter Rußlands  , das mit Bulgarien  durch die unbergängliche Erinnerung an Bulgariens   Befreiung vom türkischen Joche verbunden ist, kann nicht durch seine Anwesen­heit die Vorbereitungen zu einem brudermörderischen Angriff auf ein slawisches Volk und einen Verbündeten gutheißen. Der russische Gesandte hat darum Auftrag er halten, Bulgarien   mit dem gesamten Personal der Gesandtschaft und Konsulate zu ver­Iassen, wenn die bulgarische Regierung nicht binnen 24 Stunden offen die Beziehungen zu den Feinden der slawischen Sache und Ruß­ lands   abbricht und wenn sie nicht unverzüglich dazu schreitet, die Offiziere zu entfernen, welche Armeen der Staaten angehören, die sich mit den Mächten der Entente im Ariege befinden.

Das russische Ultimatum frankt an einem inneren Wider­spruch, denn wenn man in Petersburg   von dem endgültigen Entschluß der bulgarischen Regierung überzeugt ist, das Schicksal des Landes in die Hände Deutschlands   zu legen", hat es wirklich keinen Sinn mehr, innerhalb 24 Stunden den Ab­bruch der Beziehungen zu Deutschland   und Desterreich- Ungarn zu fordern. So war die Note nur noch eine Sache der Form, und inzwischen wird aller Wahrscheinlichkeit nach die Konse­quenz schon gezogen sein, die das Schriftstück ankündigte. Ein Staat mehr ist in den Weltkrieg hineingerissen: Bulgarien  kämpft an der Seite der Zentralmächte gegen den Vierverband.

Seit Wochen war diese Wendung vorauszusehen. Als das Königreich sich mit der Türkei   über die Erweiterung sei­ner Grenzen bis vor die Tore von Adrianopel   verständigt hatte, gab es für die Diplomaten der Entente feine Soff­nungen mehr. Wenn von Paris  , London   und Petersburg trotzdem nach wie vor optimistische Berichte in die Welt gesetzt wurden, und wenn man selbst nach dem Mobilmachungs­befehl für die bulgarische Armee noch immer von der Möglich­feit unangenehmer Ueberraschungen für Deutschland   redete, so nahm man sich dabei wohl selbst nicht recht ernst. Es wäre zwecklos, jetzt in eine Untersuchung darüber einzutreten, ob es irgendwann im Laufe des Krieges Momente gegeben hat, in denen zu Sofia   Neigungen für ein Eingreifen an der Seite Rußlands   bestanden, ob die Fehler der Ententegesandten oder ob die Erfolge der deutschen   Heere den Ausschlag für die Entscheidung Bulgariens   gegeben haben es liegt jetzt die fertige Tatsache vor, und ein neuer Faktor muß in die strategischen und politischen Berechnungen eingestellt werden.

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Mit einem Schlage fehrt der Krieg sozusagen zu seinem Ursprung zurück. Er ging aus von den Schüssen zu Sarajewo  und jetzt richtet sich wieder die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Balkanvorgänge. Nicht deshalb nur, weil der, der eben die Bühne betreten hat, naturgemäß die Blicke auf sich zieht, sondern weil wir das Gefühl haben, daß im Südosten Europas   die Entscheidung fallen wird. Auf den übrigen Schlachtfeldern werden große Taten getan, aber mehr und mehr scheint der Brennpunkt des Ringens auf der Balkan­