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Nr. 312.- 32. Jahrg.

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Telegramm Adresse:

Sozialdemokrat Berlin ".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplas, Nr. 151 90-151 97.

Donnerstag, den 11. November 1915.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morisplak, Nr. 151 90-151 97.

Die Serben bei Nisch und Aletjinac zurüdgeworfen.

Ein liberales Programm.

" Deutschland hat nur die Wahl, aus diesem allgemeinen Ringen der Völker entweder vernichtet oder als festgegründete Weltmacht hervorzugehen." Der Satz steht am Eingang bon Betrachtungen, die Genosse Wolfgang Heine in der Frankfurter Zeitung " über Wege und Ziele der deutschen Weltmachtpolitik anstellt.

# 7

Wir sind es so sehr gewöhnt, die Weltpolitik" als eine der Begleit- und Folgeerscheinungen eines bis zum Ausbruch des Krieges von uns bekämpften Wirtschaftssystems anzusehen, daß wir, wenn sich ein Sozialdemokrat so nachdrücklich zu ihr bekennt, von ihm entweder eine Begründung ihrer Notwendig­keit oder aber eine Begriffsbestimmung erwarten, die dem Wort einen anderen als den landläufigen kapitalistischen Sinn gibt. Leider läßt uns Heine da vollständig im Stich. Welt­politik ist ihm Ariom, grundsägliche, unerschütterliche Forderung, und nur leise und zaghaft versucht er hier und da, Grenzen gegen andersgeartete Verfechter deutscher Weltgeltung zu sichern. Wenn die Deutschen eine Weltmachtstellung erstrebten, so heiße das nicht, daß sie andere Staaten niedertreten und beherrschen wollten. Die europäischen Kleinstaaten im be­sonderen hätten ihre großen Kulturaufgaben. Unsere wirt­schaftliche, politische und kulturelle Arbeit wird... geleistet burch das Bewußtsein, daß wir dabei im Dienste der Mensch­heitsidee stehen, daß wir für die physische, intellektuelle und fittliche Fortentwickelung des Menschengeschlechts als Ganzen wirken. Dafür brauchen wir Raum und Sicherheit. Wir wollen nicht in den Grundlagen unseres Daseins und in unserer friedlichen Arbeit gefährdet werden."

Können solche Worte einem Sozialisten genügen? Schließ­lich enthalten fie doch nichts anderes als eine Ideologie des Imperialismus, wie sie auch von einem fapitalistischen Inter­essenten aufgestellt oder mindestens gutgeheißen wird, und was Heine als das besondere Merkmal deutschen Welt­machtstrebens ausgibt, nehmen die anderen, nicht zuletzt die Engländer, auch für sich in Anspruch.

Damit also ist wenig anzufangen, und nicht viel flüger werden wir auch, wenn wir zu der im gegenwärtigen Moment sicher doppelt beachtenswerten Gegenüberstellung der russischen und der englischen Gefahr gelangen. Heine ist es vor allem darum zu tun, daß Deutschland den russischen Aus­dehnungsdrang abwehrt, und mit seinen dem russischen An­griff gleicherweise ausgesezten Nachbarn die stärkste kontinentale Macht Europas sei und bleibe. Gut, aber wie ist seiner, des Sozialisten, Meinung nach diese Absicht zu erreichen? Unter der Festigung der Grenzen" von der er spricht, kann man sich vieles oder gar nichts vor­stellen, und im übrigen fehlt jedes auch nur einigermaßen fest umriffene Programm für die auswärtige Politik. Wenn dieser Mangel äußere Gründe hat, dann wäre es jedenfalls besser gewesen, der Sozialdemokrat hätte das Thema- noch dazu in einem bürgerlichen Blatte nicht angeschnitten, denn jezt besteht die Gefahr, daß der, der die Notwendigkeit der Welt­politit so eifrig betont, sich nicht zur Wehr zu setzen vermag, ivenn die Imperialisten ihn mit Haut und Haaren als einen der ihrigen in Anspruch nehmen.

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Meldung des Großen Hauptquartiers.

Amtlich. Großes Hauptquartier, den 10. November 1915.( W. Z. B.)

Weftlicher Kriegsschauplak. Reine besonderen Ereignisse.

Deftlicher Kriegsschauplah.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg . Westlich von Riga wurde ein russischer Vorstoß gegen

Umständen der Befürworter der Weltmacht dem Kapitalismu helfend zur Seite und unterstützt damit die Kraft, die jeden Versuch staatsbürgerliche Gleichheit auf gefeggeberischem Wege zu erreichen, vereiteln muß. Für uns kann es nicht heißen Demokratie und Weltmachtpolitik, sondern nur Demokratie oder Weltmachtpolitik. Daß die Liberalen der Frankfurter Zeitung " diesen Gegensatz nicht anerkennen wollen, ist selbst­verständlich. Daß sie sich dabei auf einen Sozialdemokraten stügen können, ist eine der Errungenschaften dieses Krieges.

Kemmern zum Stehen gebracht. Weftlich von Jakobstadt Kriegszieldebatte im Oberhaus.

wurden stärkere, zum Angriff vorgehende feindliche Kräfte zurückgeschlagen. Ein Offizier, hundertsiebzehn Mann sind in unserer Hand geblieben. Vor Dünaburg beschränkten fich die Ruffen gestern auf lebhafte Tätigkeit ihrer Ar­tillerie.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern. Nichts Neues.

Heeresgruppe des Generals v. Cinfingen.

Ein russischer Durchbruchsversuch bei und nördlich von Budka( westlich von Czartorysk) kam vor ostpreußischen, kurhessischen und österreichischen Regimentern zum Stehen. Ein Gegenangriff warf den Feind in seine Stellungen zurüd.

Balkankriegsschauplah.

Die Verfolgung ist überall in rüstigem Fortschreiten Die Bente von Krusevac beträgt nach den nunmehrigen Feststellungen: hundertunddrei fast durchweg moderne Ge­schütze, große Mengen Munition und Kriegsmaterial.

Die Armee des Generals Bojadjieff meldet dreitausend­sechshundertsechzig serbische Gefangene, als Bente von Nisch hundert, von Leskovac zwölf Geschütze.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichische Generalstabsbericht.

Wien , 10. November. ( W. T. B.) Amtlich wird ver­lautbart: 10. November 1915.

Russischer Kriegsschauplas.

Jn Oftgalizien herrscht seit dem Mißlingen der letzten russi­schen Angriffe gegen unsere Strypafront wieder Ruhe.

Ein russischer Durchbruchsversuch westlich von Czartory st wurde in heftigen Kämpfen durch deutsche und österreichisch­ungarische Truppen vereitelt.

Italienischer Kriegsschauplak.

Die Tätigkeit der italienischen Artillerie war gestern im all­gemeinen wieder lebhafter. Feindliche Angriffe auf den Südteil der Podgoraftellung, gegen Zagora, bei Plava und auf dem Col di Lana wurden abgewiesen.

Auf Nabresina abgeworfene Fliegerbomben töteten meh­rere Zivilpersonen, darunter eine Frau und drei Kinder.

Südöstlicher Kriegsschauplas.

Defterreichisch- ungarische Truppen der Armee des Generals v. Köveß haben füdwestlich von Ivanjica die starkbesetzte Höhe Otolifte genommen und auf Eldoviste, dem Südausläufer der Jelica Planina, eine aus mehreren hintereinander liegenden Schüßengräben bestehende Stellung gestürmt.

Südwestlich von Kraljevo dringen deutsche Streitkräfte beiderseits der Jbar vor. Südwestlich von Krusevac gewannen fie den Raum von Aleksandrovac.

Die Bulgaren werfen den Feind bei Nisch und Aleksinac auf das linke Ufer der südlichen Morava zurüd. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: v. oefer, Feldmarschalleutnant.

London , 10. November. ( W. T. B.) Ueber die Besprechung des Oberhauses betreffend die Zensur und die allgemeine Lage am 8. November wird noch ergänzend gemeldet: Bord Loreburn sagte: Wenn man flagt, daß das Publikum den Ernst der Lage verkennt, so ist die Ursache die, daß die legi­timen Nachrichtenquellen verstopft sind. Man sagt, daß wir durch die Erörterung dieser Dinge den Feind ermutigen, aber der Feind weiß über unsere Angelegenheiten erheb lich besser Bescheid als wir selbst. Was ihn ermutigt, ist unsere Unfähigkeit und Verschwendung. Der Redner kritisierte bie Kriegsleitung an den Beispielen des Unterganges des Geschwaders des Admirals Craddock und den Unternehmungen in Antwerpen und an den Dardanellen und fragte: Wie kann die Re gierung Vertrauen erwarten, welche solche Fehler begeht und dann den Vorhang zuzieht, so daß wir eine Wiederholung der Fehler nicht verhindern können? Diese Fehler, wie auch der Munitions­mangel sind keine gewöhnlichen Wechselfälle des Krieges, sondern deuten darauf hin, daß irgendwo wirklich Unfähigkeit herrscht; aber wir erfahren nicht wo. Der Redner bedauerte die Bildung des Koalitions tabinetts; sie habe nur die parlamentarische, nicht die nationale Lage erleichtert und England des Systems der zwei Parteien und der verantwortlichen Kritik durch die Oppo­fition beraubt. Redner fuhr fort: Wenn wir die Vergangenheit nicht vergessen können, so brauchen wir Versicherungen bezüglich der Zukunft. Wir stehen

vor ernsten Schwierigkeiten auf dem Balkan . Ein neuer Wechsel hat durch Kitcheners zeitweilige Abwesenheit, die hoffentlich kurz sein wird, stattgefunden. Redner fragte, ob für die Truppen in Mesopotamien , Ostafrika und Aegypten ent­sprechende Maßnahmen getroffen worden feien und schloß: Die Lage ist in der ganzen Geschichte ohne Beispiel. Jede große Nation glaubt, daß der Krieg ihr aufgezwungen wurde. AIIe glauben, daß sie im Rechte sind, und nur durchhalten müssen, um zu ſiegen. Die Verluste an Menschen, die bereits auf 15 Millionen Tote und Beschädigte geschäßt werden, und die Kriegsschulden in Höhe von vielen Tausend Millionen werden die gesamte Zivilisation verändern.

Wenn der Krieg endlos fortgeht, so werden te bolu­tionen und Anarchie folgen; große Teile des Kontinents werden eine Wildnis sein mit einer Bevölkerung von Greisen, Frauen und Kindern. Die Menschen müßten seltsam fonstruiert sein, die nicht jede ehrenvolle Ge­Tegenheit ergreifen würden,

um einen Aufreibungskrieg zu verhindern, der das schrecklichste Unglück wäre, das die Menschheit treffen könnte.

Lord Milner kritisierte die Zensur, namentlich die Verstümme lung der deutschen Funkenberichte. Die Zensur könne doch nicht verhindern, daß diese neutrale Länder erreichen. Die Zensur habe die deutsche Meldung unterdrückt, daß die Bemannung eines Höchstens kann Wolfgang Heine auf seine Bemühungen deutschen Unterseebootes von britischen Matrosen er­berweisen, den Zusaminenhang zwischen der auswärtigen und mordet worden sei. Diese Unterdrückung wurde vielfach als inneren Politik darzutun und seinen Lesern klarzumachen, wie Eingeständnis der Schuld angesehen. Dazu kommt die beständige im inneren Leben unseres Voltes die Grundsteine für seine Irreführung des Publikums durch optimistisch zurechtgemachte Weltmachtstellung gelegt werden müßten. Indessen auch der Kriegsberichte, wie über die Schlacht bei Neuve Chapelle am Katalog seiner innerpolitischen Reformforderungen wird ihm 25. September. Milner kritisierte sodann die Balkanpolitik und tvenig nugen. Sozialpolitik, planmäßige Siedlungs- und sagte: Ich weiß nicht, weshalb die griechische Krise uns überraschte. Sie überraschte uns nicht mur, sondern sie warf uns völlig zu Verkehrspolitik, Zerschlagung der Latifundien, Verbesserung Boden, und wir verharrten in dieser Lage, bis Joffre herüberkam, der Verwaltung, Beseitigung des Privilegienwahlrechts in um uns zu helfen, einen Entschluß zu fassen. Milner kritisierte Staat und Kommunen, Abschaffung aller Ausnahmegesetze, die vielbesprochene Erklärung Greys Ende September, die all­Bekämpfung der Militärmißhandlungen- das sind alles ebenso gemein als unbedingtes Hilfeversprechen an Serbien aufgefaßt hübsche wie dringliche Wünsche, und ihre restlose Erfüllung wurde, und sagte: Künftig werden die Nationen unsere Erklärun­würde in der Tat die versprochene Neuorientierung der gen, besonders unsere Versprechungen und Verpflichtungen zur inneren Politik bedeuten. Nur unterscheidet man sich mit Unterstüßung sehr genau prüfen; sie werden sie nicht zum Nenn­diesem Programm noch keineswegs von den Anhängern wußt mit einer Unterdrückungspolitik im Innern verbinden werte nehmen, sondern von allen Seiten betrachten und nachsehen, und Nußnießern des kapitalistischen Ausdehnungs- wollen. Er steht aber mit beiden Füßen auf dem Boden der wo die alle steckt. Man muß daher auch die letzten Versicherungen Asquiths sehr genau prüfen. Er sagte: Wir können nicht zu­branges und noch weniger vermag feine Verwirt Weltmachtenthusiasten vom Schlage eines Naumann, teilt ihre laffen, daß Serbien eine Beute ber Zentralmächte und Bulgariens lichung die aus diesem erwachsenden internationalen Ueberzeugungen und teilt ihre Illusionen, unter denen die wird." Aber heute ist's ihre Beute. Asquith versicherte Gefahren zu bannen. Es überschreitet mit keinem Wort die größte das starte Vertrauen auf die klassenversöhnende Serbien , daß es ruhig sein könne, daß die britische Regierung politischen Grenzen der liberalen Frankfurter Beitung". Es wirkung von gesetzgeberischen Reformen staats- und ver- feine Unabhängigkeit als ein wesentliches Ziel der Alliierten be­ist ein durchaus liberales Programm und der Libera- waltungsrechtlicher Art ist." trachtet. Aber diese Erklärung scheint noch unbestimmter als dic­lismus bemüht sich ja seit Jahren um den Nachweis, daß Selbstverständlich verlangen auch wir Sozialisten diese jenige Greys. Wenn die Unabhängigkeit Serbiens in einigen Sugeständnisse an seine Ideale die Weltpolitik nur um so Reformen. Nur fönnen wir mit ihnen keine Weltmacht- Wochen der Vergangenheit angehört, dann wird Asquith vielleicht ficherer fundamentieren würden. Teils weil er es wirklich wünsche verknüpfen, wenn wir Sozialisten bleiben wollen. gar nicht in Sorgen sein, was die Auslegung seiner Worte betrifft. Vielleicht wird das Haus dann erfahren, wie viel oder wie wenig glaubt, teils weil er sich auf diese Weise regierungsfähig Denn mögen wir auch dem Begriff der Weltmacht eine Aus- feine Worte bedeuteten. Milner schloß: Was mich über das machen will. Heine tann also nur einen Trennungsstrich legung zu geben suchen, die einen Ausgleich zwischen Jm- Kabinett beunruhigt, ist, daß die Elemente der Kraft aus. gegen diejenigen ziehen, die das Streben nach Weltmacht be- perialismus und Liberalismus zuläßt, so stellt sich unter allen scheiden; es verlor Carson, es verliert, mindestens zeitweilig,