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tim 13/6 Telegramm- Abreffer Sozialdemokrat Berlia
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Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.
Bernsprecher: Amt Morisplas, Nr. 151 90-151 97.
Donnerstag, den 25. November 1915.
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Expedition: Sw. 68, Lindenstraße 3. fernsprecher: Amt Moritplan, Nr. 151 90-151 97.
Um was handelt es sich?
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In der letzten Sonntagsnummer des Vorwärts" ergreift Stautsty nochmals das Wort, um seiner Bolemit in Nummer 314 einige weitere Ausführungen hinzuzufügen, die er in zutreffender Würdigung unter dem Titel„ Noch etwas eingetrodnete Theoretit" zusammenfaßt. Er leitet seinen neuen Artikel mit der Versicherung ein, er tverde jegt in seiner Entgegnung das Perfönliche hinter bem Sachlichen zurüdtreten lassen. Ein löblicher Vorsag, der nur leider, wie es so oft mit guten Vorsägen geht, nicht zur Ausführung gelangt. Bietet Kautsky zunächst in seinem neuen Artikel auch nur Wiederholungen seiner früheren Behaup tungen, daß die zweite Internationale nicht zusammengebrochen sei, sondern nur ihre Funktionen eingestellt habe, daß ihr Aufbau sich nicht als zu schwach erwiesen hätte, sonbern nur die einzelnen sozialistischen Landesparteien versagt hätten usw., so vermag er das Unterschieben doch nicht ganz zu unterlassen. So behauptet er z. B. wahrheitswidrig, ich hätte versichert, dieselben Organe würden in der neuen Internationale aufs vortrefflichste wirken, die in der bisherigen bersagten". Und zum Schlusse leistet er sich gar die Behauptung, eine der Hauptursachen des Versagens der zweiten Internationale liege in dem Versagen der Gunows in den den verschiedenen triegführenden Staaten
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Leicht wäre es mir, ben Spieß umzukehren und bie meines Erachtens weit besser begründete Behauptung aufzuStellen, daß zur heutigen politischen Verwirrung und ben jezigen Parteiftreitigkeiten in der deutschen Sozialdemokratie wesentlich die Unzulänglichkeit der Kautskyschen Theoretit, be fonders nach dem Tode von Friedrich Engels , beigetragen hat. Doch ich finde, daß unter den heutigen Ümständen solche Anfchuldigungen wenig 8wed haben und nur geeignet sind, bie Diskussion auf ein immer tieferes Niveau herabzudrüden. Biel mehr dürfte eine einfache furze Gegenüberstellung Rautstys und meiner Auffassung der Streitfrage zur Klärung beitragen. Der nicht von vornherein mit bestimmten Vorurteilen an diese Fragen herantretende Leser mag fich dann selbst sein Urteil bilden:
1. Nach meiner Ansicht kann man mit vollem Recht von einem Zusammenbruch der zweiten Internationale sprechen; denn die Verbindung zwischen ihren Gliedern( den Parteiförpern der friegführenden Staaten) ist zerrissen, sie hat zu funktionieren aufgehört, und ihre Leiter bekämpfen sich teilweise aufs fchärffte. Nach Kautskys Meinung darf man bagegen von einem Zusammenbruch nicht reden, sondern nur allenfalls von einem Versagen der zweiten Internationale, benn wenn sie auch nicht mehr funktioniert, so hätte sie doch nicht zu existieren aufgehört, da sie ja nicht formell aufgelöst fet. Es steht mit dieser Streitfrage so, wie ungefähr mit der verschiedentlich von der Presse aufgeworfenen Frage:" Iſt Italien im jeßigen Kriege Deutschlands Feind?" Die einen fagen:„ Selbstverständlich, denn tatsächlich hat sich Italien ber Gegentoalition angeschlossen, stärkt diese und schwächt Desterreichs Kampftraft; ob es Deutschland offiziell den Krieg erklärt hat oder nicht, das hat nur rein formale Bedeutung." Die anderen erklären: Nein, Italien tann nicht als Deutsch Lands Feind gelten; denn noch hat es Deutschland nicht den Krieg erflärt.
2. Was ist die eigentliche Ursache dieses Zusammenbruches bezw. dieses Versagens der Internationale. Nach meiner Meinung vor allem die Schwäche ihres Gefüges und die ungenügende Fundamentierung, weniger die Unzulänglichkeit der einzelnen sozia listischen Landesparteien. Der Strieg aber hat diese Schwäche nicht verschuldet, er gab nur den äußeren Anlaß zum Zusammensturz; er gleicht, um ein Beispiel zu gebrauchen, dem Sturm oder Windstoß, der ein Haus umwebt. Sicherlich, wenn der Sturm nicht gekommen wäre, würde wohl das Haus nicht zusammengebrochen sein; es hätte vielleicht noch eine Zeitlang gestanden, bis ein anderer Anstoß den Zusammenbruch herbeigeführt hätte. Aber ebenso sicher ist, daß, wenn das Haus stärker gebaut, wenn es widerstandsfähiger gewesen wäre, es dem Sturm widerstanden hätte.
Den Beweis für diese Schwäche der Internationale finde ich, wie ich im ersten Artikel„ Die neue Internationale" näher dargelegt habe, nicht nur darin, daß der Krieg sofort die Internationale umzuwehen vermochte, sondern noch mehr in der Tatsache, daß auch in früheren Fällen, z. B. bei der Marottoaffäre, die Internationale eine große Schwäche bewiesen hat, besonders aber, daß sie nie über eine recht lockere Verbindung der einzelnen ganz ungleichartigen und der schiedenartig organisierten fozialistischen Nationalparteien hinausgekommen, nie zu einer wirklichen Arbeits- und Aktionsgemeinschaft geworden ist.
Diese Schwäche der zweiten Internationale ist nicht etwa eine Erfindung meines nationalistischen Geistes". fte war
Meldung des Großen Hauptquartiers. flat
Amtlich. Großes Hauptquartier, 24. November 1915.( W. Z. B.)
Weftlicher Kriegsschauplah.
Reine wesentlichen Ereignisse.
Der englische Oberbefehlshaber hat versucht, bie amtliche deutsche Richtigstellung, daß alle bei den Kämpfen um 2008 am 8. Oktober beteiligten deutschen Truppen nicht, wie von englischer Seite behauptet, 7-8000, sondern 763 Mann verloren haben, anzuzweifeln. Wir haben auf ein solches Unterfangen nichts zu erwidern.
790
Deftlicher Kriegsschauplah.
Beeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg . Südöstlich von Riga fielen bei einem Vorstoß auf Bersemünde, der die Ruffen vorübergehend aus diesem Ort vertrieb, 6 Offiziere, 700 Mann gefangen in unsere Hand. 2 Maschinengewehre wurden erbeutet.timoje
Ein vorgeschobener Poften in Janopol( nördlich von Jugt) mußte fich vor einem russischen Angriff zurüd. ziehen; durch Gegenangriff wurde das Gehöft wieder ge
nommen.
Beeresgruppe des Generalfeldmartcalls Prinz Leopold von Bayern. Die Lage ist unverändert.
000 Beeresgruppe des Generals v. Cinfingen.
Borstöße raffischer Abteilungen nordöstlich von Czar toryst und bei Dubiscze( nördlich der Eisenbahn Rowel Rowup ) wurden abgewiesen. 50 Gefangene und 3 Maschinengewehre wurden eingebracht..
Balkankriegsschauplah.
Mitrovica ist von österreichisch ungarischen, Bristina von deutschen Truppen genommen. Die Serben find westlich von Priftina über die Sitnica zurüdgeworfen. Oberste eeresleitung.
Der öfterreichische Generalftabsbericht.
tex, 24. November. ( W. 2. 8.) Amtlich wird verlautbart: 24. November 1915.
Rights Neues.
Ruffischer Kriegsschauplak.
Italienischer Kriegsschauplay.
Der Görzer Brüdentopf stand zwar auch geftern unter lebhaftem Geschüß- und Minenwerferfeuer. In Infanterietämpfen trat jedoch eine Pause ein, da die Italiener nicht angriffen. Um so erbitterter wurbe beiderseits des Monte San Michele gerungen. Nördlich bes Berges brangen starte italienische Kräfte nachmittags in unsere Stellungen ein. Steierische Infanterie und Honveds schritten zum Gegenangriff und warfen den Feind nach wechselvollen wütenden Nahtämpfen vollständig zurüd. Mehrere Angriffe auf den Monte San Michele selbst und im Raume von San Martins wurden unter schwersten Berluften ber Italiener abgewiesen, Angriffsversuche gegen unsere Stellungen auf dem Monte Dei sei Busi sofort durch Feuer erstickt. Gegen die Straßensperre bei 8 agora warf der Gegner schwere Minenwerferbomben, die giftige Gase entwidelten.
An der Tiroler Westfront wurde der Bahnhof und ber alte Stadtteil von Riva wieber beschossen. Einer unferer Flieger belegte Baraden und Magazine von Ala mit Bomben.
Südöstlicher Kriegsschauplah.
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An der oberen Drina verlief der Tag ruhig. Bei Priboj haben sich unsere Truppen den Uebergang auf das Südüfer bes Lim ertämpft. Südwärts von Nowipazar bringen f. u. L. Streit Die durch das träfte gegen die montenegrinische Grenze vor. Jbar- Tal vorgehenden österreichisch ungarischen Truppen warfen unter heftigen Rämpfen den Feind aus seinen Stellungen nordöftlich von Mitrovica und rüdten in die Stadt ein. Sie nahmen fiebenhundert Mann, unter ihnen vier Offiziere, gefangen. Auch Pristina ist den Serben entrissen worden. Eine deutsche Kolonne drang von Norden her ein, eine bulgarische folgte von Often. 0
Der Stellvertreter bes Chefs bes Generalftabes: don sefer, Feldmarschalleutnant.
fehr bielen Einsichtigen schon bor bem Kriege tlar. So schreibt z. B. der Historiker der Internationale Gustav Jaeckh in seiner 1904 erschienenen Schrift „ Die Internationale "( Seite 218), nachdem er die zweite Internationale als eine nur lose Zusammenfassung innerlich fonsolidierter nationaler Parteiförper" charakterisiert hat:
Nur die Organisation des Proletariats als Klasse tann die Entscheidung, den Sieg bringen. Das Proletariat als Klasse aber ist international, nicht nur in dem Sinne der alten Internationale, des primitiven wirtschaftlichen Antagonismus, auch nicht einseitig politisch in dem Sinne der neuen( der zweiten H. C.) Inter nationale, der überwiegenden politischen Aktion, die den Schwerpunkt in die nationalen Organisations. förper legt, sondern auf der dritten, höheren Stufe der Kombinierung der politischen und wirtschaftlichen Betätigung z 11 internationaler Attion, wie sie die Resolution Vaillant im Haag verlangt hat."
Und auf Seite 219 heißt es über die notwendige Weiterentwicklung zu einer dritten höheren Form:
So steuern wir in die dritte, legte Periode bereits mit Bindeseile hinein. Es ist die Periode der internationalen Trusts und Kartelle, gegen die sich die internationalen egen Gewertschaften organisieren werden. Es ist die Periode des Imperialismus, der Weltpolitik der Bourgeoisie, wo das Proletariat seine Weltpolitit des Friedens und der Kultur der Weltpolitik der gepanzerten Faust entgegensetzen wird. Diese legte Phase der Herrschaft der Bourgeoisie wird mit der Verwirf lichung der Verheißung abschließen, die die Inauguraladresse noch zurüdhaltend als eine Pflicht der Zukunft formuliert hat: daß bie arbeitenden Klassen sich der internationalen Staatskunft bemeistern, die diplomatischen Streiche ihrer Regierungen überwachen und ihnen nötigenfalls mit der ihnen zu Gebote stehenden Macht entgegenarbeiten sollen".
Das war 1904. Seitdem hat der Weltkrieg diese Erkenntnis immer mehr gefördert auch in den Kreisen, die Stautsty viel näher stehen als mir. Wenn Stautsty es wünscht, fann ich dafür verschiedene Belege beibringen. Vorläufig nur folgende Stelle aus Mar Adlers Kriegsbroschüre Prinzip oder Romantit!"( S. 47), auf die mich erst jüngst ein Parteigenosse aufmerksam gemacht hat:
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.Die Internationale hat darum eigentlich auch gar nicht versagt, sondern der Krieg hat nur offenbar gemacht, daß fie überhaupt noch gar nicht bestanden hatte, daß fie noch keine andere Eristenz führte als die einer bloßen Ideologie des Proletariats, als eines edlen Wunsches ohne irgendwelche reale Garantie feiner Erfüllung. Diese Erfenntnis würde vor allem das Gute haben, daß man sich nicht mehr mit der billigen Gebantenplattheit begnügen würde, die Erklärung für das Versagen" der Internationale darin zu finden, daß sich eben überall die nationale Jbee starter erwiefen habe. Denn nun würde man dafür sehend geworden sein, daß das, was wir solange als Inter nationale zu bezeichnen gewohnt waren, die ganze Zeit her schon nichts anderes war als eine Institution, die nicht die Internationalität, sondern die Nationalität zu ihrem Organisations prinzip gemacht hatte, nicht eine Institution aur Vereinigung der Aktion aller Nationen auf einen Punkt, einen Punkt, sondern bloß zur Konstatierung ihrer Parallelität, ihrer gleichen Rich tung, wo und wieweit sich eben eine solche feststellen ließ. Wo man nur irgend Gefahr lief, die Parallelität, dieses bloße Nebeneinander der politischen, wirtschaftlichen oder fulturellen Aktionen und Ziele antasten zu müssen, ließ man das Problem einfach fallen: die sogenannten Interessen und Aufgaben blieben die unüber. steigliche Sarante, wo sie einem internatio nalen Bedürfnis entgegen zu treten schienen."
Mar Adler geht also noch weiter, als ich. Nach seiner Ansicht war die zweite Internationale noch gar keine wirkliche Internationale, sondern nur eine Jbeologie bes Proletariats. Und Rautstys neueste Theorie, die zweite Internationale habe versagt, weil noch überall die nationale dee"( Kautsky sagt nationalistischer Betst") sich als zu start erwiesen habe, bezeichnet Adler mit Recht als eine„ billige Gedankenplattheit".
Kautsky verschließt sich freilich aller solcher Erkenntnis. Auf den Beweis, daß die zweite Internationale. tatsächlich jemals mehr als ein solch lockerer Verband nationaler Parteiförper gewesen ist, läßt er sich nirgends ein; er behauptet frischweg, der Aufbau der Internationale wäre gar nicht schwach gewesen, deshalb könne auch nicht solche Schwäche am Zusammenbruch resp. am Verfagen schuld sein, vielmehr hätte erstens der Krieg, zweitens die Leute mit dem nationalistischen Geist, die Cunows, das Versagen verschuldet.„ Wenn", meint er, der Drganismus der Internationale im Kriege aufhörte, zu funktionieren, braucht dies nicht an einem Fehler der Organisation zu liegen. Wenn man einem Menschen die Kehle zuschnürt und sein Organismus daraufhin seine Funktionen einstellt, wird man das nicht als ein Versagen des Organis mus und einen Beweis dafür ansehen dürfen, daß er schon zu alt und nicht mehr lebensfähig gewesen sei."
Ein hübscher Vergleich, der nur leider nicht beweist, was Stautsty beweisen möchte, sondern eher das Gegenteil. Kautsky vergißt, daß zum Kehlezuschnüren zwei gehören: der,