finden konnie, selbst wenn ste pradiisib durcbführbar wäre. Im Gegenteil ist man in Frankreich mit dem konsequenten und ziel- bewußten Verfallen der Bundesgenossen sehr einverstanden und die.Zähigkeit" Englands habe ich dort immer wieder alS eine Biirgschast für den Endsieg nennen hören." Die Beobachtung Vorsts entspricht sicherlich der Wirklichkeit viel mehr als die abenteuerlichen Gerüchte über die starke Verstimmung des ftanzösischen Volke? gegen England. Erstarken öer sozialistischen Opposition in ßrankreich. Wie der„Avant:" vom 23. l 1. aus Paris (20. 11.) er- fährt, richteten 22 sozialistische Abgeordnete an die Parteikommission einen Protest gegen die Hal- t u n g der„H u m a n i t 6" und forderten eine Aenderung der Organisation des Blattes, das dem Einfluß der es jetzt beherrschenden„cüteries" entzogen werden müsse. Dies zeigt, wie weit die Unzufriedenheit schon verbreitet ist. Ein sich anschließender Bericht des Züricher Korrespon- deuten des„Avanti" unter der Ueberschrift„Die Jnternatio- nale im Marsch auch in Frankreich " ist fast ganz von der Zensur gestrichen, �u Beginn ist von einer Versammlung der sozialistischen Minderheit, die den Genossen M e r r° h e i n: und Bourdezon Beifall klatschte, die Rede. Schattenseiten öer �heiligen Einigkeit". Die»Humanitö' vom 20. d. M. veröffentlicht den Sitzungsbericht des.Aktionskomitees" der organisierten Arbeiterschaft vom 13. d. M. Er enthält verschiedene Einzelheiten, die zeigen, daß trotz der sozialistischen Minister die»heilige Einigkeit" der Arbeiterschaft nicht lauter Segen bringt. So lesen wir: Toulouse berichtet über die Delegation der Eisenbahner beim Ministerium deZ Innern. Unsere, von Renaudel eingeführten Genossen erhielten verschiedene Zugeständnisie, insbesondere in bezug auf das Recht zur Abhaltung von Versammlungen über berufliche und wirtschaftliche Fragen. Sie protestierten gegen die Bestrafungen und Entlassungen militarisierter Eisenbahner. Re- naudel hat einen Protest der Mechanikergewerkschaft gegen die Stellung eines in einer Werkstatt requirierten Arbeiters vor das Kriegsgericht erhalten. Das Unter- staatssekretariat wird eine Untersuchung anstellen. Merrheim gibt die Requisitionen von Zivilarbcitern bekannt, die trotz der Ber- sprechungen des Genossen Albert Thomas verfügt worden sind. In diesem Zusammenhang mag berichtet werden, daß der „Labor Leader" seine ursprüngliche Darstellung des Falles der Genossin Saumoneau aufrechterhält und namentlich fest- stellt, daß ihre Stellung unter daS„droit commun", d. h. ihre Be- Handlung als gemeine Verbrecherin fortdauert. ver msüernisterte Knutenminister. Der patriotische Aufruf PlechanowS, AlexinSkya usw. an die russischen Arbeiter und Bauern hat bekanntlich in der russischen bürgerlichen Presse lebhaften Beifall gefunden. Wie das Blatt „Utro Rossii" nun aus autoritativer Quelle mitteilt, wurde die Genehmigung zur Veröffentlichung dieses Aufrufes unmittelbar beim neuen Minister des Inneren Chwostow eingeholt.„Der Mi- nister fand, ber Aufruf sei nach seinem Inhalt nicht nur zur Ver- öffentltchung zulässig, er sei vielmehr erwünscht im Interesse der Vereinigung der VolkSmassen auf dem Boden deS gemein- samen Wirkens; der Minister ordnete hierauf an, daß den Preß- organen bei der Verbreitung des Ausrufes der russischen Sozia- listen keine Schwierigkeiten gemacht werden sollten." Run sage man noch, daß Rußland ein rückständiges Land seil prinzipienfeste Monarchisten. Die Bestrebungen zur Wiederherstellung der Monarchie in China haben die echtrussischen Monarchisten in einen bösen Ge-
Sei Kriegsausbruch in dieppe und London . Ich verbrachie den Juli 1914 mit einer englischen Freundin in der Nähe von Dieppe in dem idylliscken Varengeville, das mich an mein heimatliches osipmißistbes Rauschen erinnerte, weitab vom Bade- und Hotelleben aus einer kleinen Farm. AuS der fernen Welt hörte man nur vom Prozeß der Madame Caillaux . Zeitungen las ich fast gar nicht. Da brach plötzlich der Krieg auS. Was war zu tun? Die Post hatte mir seit etwa zehn Tagen weder Briefe noch Geld gebracht. Krieg zwischen Deutschland und Frankreich ! In 14 Tagen ist sicher alles vorüber. Wäre es nicht das beste, still in unserer grünen Meereseinsamkeit das Ende abzuwarten? Wie viele haben dem unerhörten Erlebnis eines europäischen Krieges diese Naivität entgegengebracht! ES kam ander?. Unsere Wirtin, die nicht die geringste Feind- seligkeit zeigte, selbst als sie hörte, daß ich„Pruisienne" sei, kam am 3. August schreckensbleich zu uns:.Ei» Maler im Ort, mit dem schönen Name» Jean Jacques Rousseau habe ihren Mann, unfern Wirt, als schlechten Franzosen beschimpft und verlangt, daß wir beide, die.Spioninnen sofort raus müßten. Wir gingen zum Maire. Der erklärte uns zwar höflich aber unsicher, bleiben könnten wir wohl, aber auf eigene Gefahr. Also blieben wir eben. Doch schon in der Nacht wurde eZ äußerst ungemütlich. Der patriotische Maler hatte einige Leute angestiftet, unserm Bauern das HauS an- zuzünden und uns auszuräuchern. Wir mußten uns auf dem Dach» boden verstecken und draußen entwickelte sich ein bedrohliches Hand- gemenge, das aber doch von einigen besonenen Fischern, die uns vom friedlichen Krabbenfischen her kannten, irgendwie geschlichtet wurde. Am nächsten Morgen, also am 4. August, beschlossen wir, nach Dieppe zu gehen. Unsere Wirtin war doch sichtlich erleichtert, die ge- fährlichen Gäste loszuwerden, doch hatte sie kein unfreundliches Wort. Im Gegenteil, sie kam zu mir und sagte:.Ich weih. Sie erwarten Ihr Geld und sind knapp, Sie brauchen mir nichts zu bezahlen, ich bekomme es schon einmal von Ihnen." DaS wollte ich aber nicht annehmen und zahlte meine Schuld, obgleich meine Varichast dadurch nahezu erschöpft war. So schieden wir durchaus freundschaftlich. In Dieppe blies ein ganz anderer Wind. Ms meine Freundin einen Beamten fragte:»Was geschieht mit den Deutschen , die hier sind?" sagte er:„Die werden wir mit Peitschen an die Grenze jagen, unsere Gefängnisse find uns zu schade für die Boches." Da» sah bös aus. Wir wandten uns an den englischen Konsul. Er ging auf meinen Fall freundlich ein und riet meiner Freundin, wenn ihr mein Leben lieb sei, mich nach England mit'rüberzunehmen, denn die deutsche Grenze würde ich nicht mehr erreichen. Das Volk raste. Am 2. August hatte man die englische Flagge heruntergerisien und ge- trampelt, weil man über die Stellung Englands im unklaren war. Wenn nur ein Schiff ginge! Nächsten Tags kam wirklich eins. Der Konsul verhalf mir pensönlich zu einer Fahrkarte, sorgte sogar noch dasür, daß ich meinen lieben kleinen Teckel bei guten Leuten in Dieppe unierbringen konnte, weil Hunde nicht nach England rein gelassen wurden. So kam ich am ö. Angust auf daS rettende Schiff. Ob ich noch runter kommen würde, meinte der Konsul, wisse er nicht, er habe noch keine Instruktionen, die jedoch jeden Augenblick zu erwarten seien. Denn nun war auch England
wissenskonflikt versetzt Das Organ der Echirussen„Ruß kose S n a m j a" verhehlt sich einerseits nicht, daß die politischen Jnter- essen im fernen Osten„vielleicht die Aufrechterhaltung der republi- kanischen Regierungsform, d. h. der bestehenden Ordnung fordern". Aber andererseits steht es nicht an zu erklären:„Wir als Man- archisten können nicht umhin, den neuen moralischen Triumph der von uns gepredigten Idee zu verzeichnen." Das nennt man in der Tat prinzipienfest. Das Organ der Echtrussen weist mit Recht darauf hin, daß Rußland— und mit ihm Japan und England— vorläufig ein größeres Interesse an der Aufrcchterhaltuna der Republik in China haben— im Gegensatz zu Deutschland , dessen bisheriger ostasiatischer Politik eher eme starke Monarchie in China entspricht. Aber die grund- sätzliche Liebe zur Monarchie überwiegt bei den echtrussischen Mon- archisten doch alle sonstigen Bedenken. Zumal die Usurpation der RegierungZgewalt und die Unterdrückung aller freiheitlichen Re- aungen der Völker bei den russischen Anhängern oer monarchischen Internationale seit jeher den lautesten Beifall gefunden haben.
Der französische Tagesbericht. Paris , 28. November. (W� T. B.) Amtlicher Bericht von gestern nlachmrttag. Aus dem Verlauf der Nacht ist kein Ereignis zu melden. Am gestrigen Tage trieb der Feind zwischen Farges und Bethtncourt westlich der Maas erstickende Gase gegen uns vor, ohne einen Jnfantericangriff zu unternehmen; die Anwendung der Gase blieb ohne Erfolg. Am selben Tage stürzte ein deutsches Flugzeug ein wenig östlich von Berry au Bar in die Aisn«; den Fliegern gelang es, sich durch Schwimmen zu retten. Einige Granaten unserer Batterie zerstörten das Flugzeug. Pari», 28. November.(23. T. B.) Amtlicher Bericht von gestern abend. Ziemlich lebhafte Artillerietätigkeit in Belgien in der Gegend von Lombaertzhde und Boesinghe und süd- lich von der Somme im Abschnitte von Fouqueseemrt. Nördlich von St. Mihiel hat unsere Artillerie eine feindliche Batterie ver- nichtet. Bei St. Marie haben unsere weittragenden Geschütze eine starke feindliche Abteilung bei Dilly souS Mangiennes unter ihr Feuer genommen und zerstreut. Es bestätigt sich, daß der An- griffSversuch mit erstickenden Gasen, der gestern im Abschnitte von Farges und Bethincourt unternommen wurde, ein vollständiger Mißerfolg für den Feind war. Nachdem drei Gaswellen hinter- einander nach vorne getrieben worden waren, denen eine heftige Beschießung unserer Schützengräben folgte, hinderte das Sperr- feuer unserer Artillerie den Feind, den Angriff aus seinen Linien vorzutragen. B e I g iks ch e r B e r t ch t. In der letzten Nacht haben unsere Flieger die feindlichen Stellungen von Flype, Eessen, Olercloen, Schoorbeke und Woumen und ebenso einen Transport, der auS Dixmuiden kam, beschossen. Heut« hat die' deutsche Artillerie unsere Vorposten schwach beschossen. Wir haben auf die vom Feinde besetzten Gräben und Gehöfte Schüsse abgegeben und meh- rere Gruppen von Arbeitern südlich von Dixmuiden zerstreut. Orientarmee. Am 26. November haben wir 60 Bomben auf die bulgarischen Lager bei dem Dorfe Strumitza geschleudert und das linke Ufer der Cerna beschossen, nachdem unsere Kräfte auf daS rechte Ufer dieses Flusses zurückgeführt worden waren. Diese Bewegung wurde ohne jede Schwierigkeit ausgeführt..
Der rujsifche Generalsiabsbencht. Petersburg, 28. November. (W. T. B.) Amtlicher Be- richt vom 27. November 1315: Der gestrige Tag verlief auf der ganzen Front ruhig, außer einem neuen Versuch des Feindes, die kürzlich verlorenen Schützen- grüben im Norden des SwentenseeS wiederzunehmen, welcher jedoch scheiterte. Auf der Kaukasusfront keine Veränderung.
im Kriege gegen Deutschland . Es war ein schreckliches Un- Wetter und ich so seekrank, daß ich die böse Fahrt fast bewußtlos überstand. In Newhaven angelangt, kam die Order: kein Ausländer dürfe von Bord. Wieder fragte meine Freundin:„Was geschieht mit den Deutschen ? Der Schiffsosfizier meinte seelenruhig:»Die springen am besten über Bord, denn wir lassen ste nicht an Land und die Fran- zoien nehmen sie nicht zurück." Da kam nnS ein rettender Gedanke, meine Freundin erklärte mich für ihre schweizer Jungfer. Papiere haben ja Engländer fast nie, also war der Mangel solcher besonders in jener Zeit nicht auffällig� Nach kurzer Musterung und der einfachen Frage„uro you English ?" durften alle Engländer daS Schiff anstands- los verlassen. Das schlichte„zcos" hätte ich doch nicht gewagt, denn daß ich nicht Engländerin sei. sah man mir zu deutlich an. Ich blieb also bei der angenommenen schweizer Nationalität. Meine Freundin blieb bei mir an Bord. Eine lange Wartezeit von 8 Uhr abends bis nächsten Tag um 1 Uhr mittags folgte. Ich rechnete ernstlich mit dem angeratenen Ueber-Bord-springen. Aber dann kam die erlösende Order: die Ausländer duriten an Land, weil bei ihrer Abfahrt noch leine Instruktionen vorgelegen Härten. Welch ein be- freiendes Gefühl, den Fuß an Land zu setzen! In London ging ich in Begleitung eines mir bekannten eng- lischen Offiziers sofort zur Polizei und gab die volle Wahrheit an, gestützt auf meinen deutschen Paß, den ich bis dahin im Schuh ver- borgen hatte. Der Polizeibeamte war zuerst erstaunt, wie ich als Deutsche ins Land kommen konnte. Ich erzählte mein Abenteuer. Er klopfte mir gemütlich auf die Schulter und sagte freundlich: „Seien Sie ganz ruhig, erschießen wird man Sie hier nicht, ich hätte wohl ebenio gehandelt wie Sie." Dann bekam ich meinen illisn-ormeinjr-Schein, der mir nur die Verpflichtung auferlegte, mich nicht weiter als 6 Meilen von meiner Wohnung zu entfernen und eine Wohnunqsänderung bei der Polizei zu melden. 5 Monate bleib ich nocki in Üondon und wechselte meine Wohnung recht oft, doch nie halte ich die geringste Schwierigkeit, bekam sogar mehr- malS Erlaubnis bis nach Richmond und andere Orte zu gehen. Wer sich auS der hetzerischen ZtorlHeliffepresse und Blättern wie der„Globe" eine Meinung über daS Leben der Deutschen tn jener Zeit bildet, erhält ein falsches Bild. Ich bewegte mich in den ver- ichiedensten Geiellschaflsschichten und habe nie Unfreundliches als Deulsche erfahren. Am 10. Februar verließ ich London , um noch vor dem angekündigren UnterieebootSkrieg nach Deutschland zurückzu- kehren. Auch die Formalitäten für die Abfahrt erledigten sich ohne die geringste Schwierigkeit. Der Beamte im Foreign Office ent- schuldigte sich höflich, daß er einige Fragen an mich richten müsse. Ich erhielt einen Passierschein nach Folkestone , wo ich ein hollän- disches Schiff nach Blissingen nehmen wollte. Auf meinem Passierschein stand, daß ich vom Zuge sofort und ohne Aufenthalt aus das Schiff zu gehen babe. Wieder hatte ich das Pech, in einen Seesturm zu geraten. Das Meer ging so hoch, daß die Wellen über den Zug, der bis zum Landungskai fuhr, spritzten. Mir graute vor der stürmischen Ueberfahrt. Als ich den Zug verließ, der über« füllt mit Passagieren war, die nun im strömenden Regen auf Remsion ihrer Papiere warteten, nötigte mich ein freundlicher Beamter in ein leeres Zimmer, in dem nur drei Frauen saßen.„Kommen Sie lieber hier herein, sagte er, ,eS sind nur vier Deutsche , die könnten sich unter all den Belgiern nicht wohl fühlen." Als ich endlich meine Papiere zeigen konnte, sagte ich dem Kontrollbeamten, ich litte sehr unter der Seekrankheit und fühlte mich elend, ob ich wohl ein Schiff überspringen und einen Tag später fahren könnte. Er zeigte achselzuckend aus die Instruktion, dann wandte er sich aber doch an den höheren Beamten und sagte:»Die Dame würde bei
Melüung öer itallenijHen Heeresleitung. Rom , 28. November. (W. T. B.) Kriegsbericht vom Sonnabend. Tätigkeit kleiner Abteilungen und lebhafte Ar- tillerietätigkeit entlang der Grenze von Tirol und dem Trentino sowie in Kärnten mit einigen Fortschritten besonders im Tal des Felizon(Boite). Im Gebiet des Monte Nero nahmen unsere Truppen bei einem Angriff auf den Mrzli dem Feinde 120 Ge- fangene ab, darunter 6 Offiziere. Unaufhörlicher Kampf aus den Höhen nordwestlich von Görz. Mit Unterstützung der Artillerie bahnten sich unsere Truppen Weg« durch die tiefen Drahtverhaue, mit denen das Gebiet bedeckt ist. 30 Gefangene wurden dem Feinde abgenommen. Auf dem Karst Artilleriekampf. Unsere In- fanterie befestigte die erreichten Stellungen und schlug feindliche Gegenangriffe zurück, wobei sie 83 Gefangene machte. General Cadorna .
politische Uebersicht. Tie Beschränkung der Vereins- und Versammlungs- freiheit in der Provinz Brandenburg . Ein Verband kommunaler Vereine in der Nähe Berlin ? hatte beim Oberkommando in den Marken angefragt, ob seine Anordnung vom 8. November 1915, wonach künftighin auch Mitgliederversammlungen, in denen öffentliche Angelegenheiten besprochen werden, anzuzeigen sind, sich auch auf Vorstands- und Kommissionssitzungen von Vereinen beziehen. Darauf hat das Oberkommando unterm 22. d. Mts. geantwortet, daß Vorstands- und Kommissionssitzungen der Vereine stets dann der polizeilichen Anmeldepflicht unterliegen, sobald in ihnen öffentliche Angelegenheiten verhandelt werden sollen. Diese Vorstands- und Äusschuhsitzungen seien in diesem Falle eben- falls 48 Stunden vor Beginn unter Angabe des Orts und der Zeit bei der Polizeibehörde schriftlich anzuzeigen.
Tie Ausländerfrage an der Univerfität. � Zu den von uns kürzlich veröffentlichten„Leitsätzen zur Frage der Ausländer an deutschen Universitäten" teilen wir noch mit: Die Leitsätze werden von einer einzelnen Gruppe der Ber - liner Studentenschaft unter zum Teil wörtlicher Benutzung schon vor dem Krieg in den„Deutschvölkischen Blättern" ver- öffentlichter Grundsätze ausgearbeitet. Sie liegen nunmehr dem Ausschutz der Studentenschaft der Berliner Universität zur Beratung und Bewilligung vor und werden nach ihrer Ge- nehmigung dem Ministerium als Erklärung und Ent- schlietzung der deutschen Studentenschast übergeben werden. Wir behalten uns vor, aus diese aus dem Kreis der akade- mischen Arbeit heraustretende und rein politische Probleme berührende Resolution in bezug auf inhaltliche Wertung und Wirkung nach autzen noch eingehend zurückzukommen.
Zwangsjugendwehr. Der Magistrat in Hadersleben (SchleSwig-Holstein ) hat verfügt, daß von nun an all« Schüler der gewerblichen Fort- bildungsschule verpflichtet sind, an den Uebungen der militärischen Jugendwehr teilzunehmen. Die Verfügung trifft alle Schüler vom 16. Lebensjahre ab.
Erteilung von Reisepässen für Arbeiter. Der stellvertretende kommandierende General deö 3. Armee- korps, v. Roehl, hat folgende Bekanntmachung erlassen: „Es sind Bestrebungen im Gange, solche Arbeitskräfte zur Ab- Wanderung ins neutrale Ausland zu veranlassen, welche für Liese- rungen an die feindlichen Staaten und insbesondere für Kriegs- lieferungcn im weitesten Sinne in Betracht kommen. Ebenso wird
dein Wetter sehr leiden." Ein kurze« Bedenken, dann erklärte dre Beamte, ich könne bis zum nächsten Schiffe warten. So blieb ich einen vollen Tag in Folkeitone und fuhr am nächsten Abend bei ruhigem Wetter nach Vlissingen . Die Stimmung in England den Deutschen gegenüber hat sich wohl erheblich geändert nach ollem was man später darüber ge- hört und gelesen hat, deshalb soll man aber doch die guten Er- fahrungen ebenso hören wie die schlechten. _ Martha Mündt.
Kleines Theater: Henriette Jatohy.*) Georg Hermann , der durch seinen Roman Jettchen Gebert, eine Schilderung altberlinischen jüdischen Familienlebens, mit einem Schlag berühmt geworden, hat als Erzähler sicher eigen- artige und interessante Physiognomie. Allerdings die Fortsetzung des Buches unter dem Titel Henriette Jakoby enttäuschte ziemlich. Aber die Barbiergehilfengeschichte von dem gutmütig harmlosen Kulinke, der plötzlich von drei Alimentenprozessen bedroht, verzagt und etngeängstigt auS dem Leben flieht, zeigt ihn, bei aller Locker- heit der Komposition und Charakterzeichnung, abermals auf eigenen Bahnen. In den Bildern von dem eben erstandenen Hohenzollern- dämm im Westen, der sonntäglichen Fahrten nach dem Grunewald, der mannigfachen Liebesabenteuer, in die der arme Bursch hinein- gerät, deS wogenden GedrängS der Tanzböden treibt ein ganz indi- viduell gearteter Humor sein Wesen. Und in der Nacht deS Doktor Herzfeld gelang ihm auf dem Hintergrunde intim empfundener Impressionen nächtlichen GroßstadtlebenS dann ein durchaus ge- schlossenes Seelen gemälde, daS einen seltenen Reiz ironisch resig- nierter Schwermut trägt. Doch um sich selbst zu geben, bedarf er der Erzählungsform, die ihm erlaubt, seine Einfälle uneingeengt in fteien Reflexionen aus- zuspinnen. Sobald er dramatisieren will, ist er aus seinem Element herausgerissen, ein Fisch, der rettungslos auf trockenem Sande zap- pelt. Schon die Bühnenbearbeitung von Jettchen Gebert bezeugt das. Alle guten Geister sind da entflohen. Nicht nur, daß jeder Schein von Handlung fehlt, auch die Ausmalung des Zuständlichen, das Kolorit des jüdischen Milieus und seiner Typen bleibt im Trivialen stecken. Immerhin, neben der Unmöglichkeit dieser neuen dramatisierten Fortsetzung, wirkt die Erinnerung an jenen früheren Versuch bei- nahe freundlich. Es gab da in der Kontrastierung der beiden jüdischen Familien Geberts und JokobyS doch einige markantere Momente. Wogegen hier sich alles in gestaltlosem Nebel auflöst. Die Liebesgeschlchte Henriettens, die, beim Hochzeitsfest dem an- getrauten unausstehlichen Better Jakoby entlaufen, zur Erkenntnis kommt, daß sie mit ganzer Seele dem feinsinnigen Onkel Jason zugehöre, sich aber dennoch einem anderen jüngeren Werber hin- gibt und dies sich Selbstvergessen durch Selbstmord büßt, bleibt auf der Bühne unverständlich bis zur Abstrusität. In dieses Nichts sind eine Menge nichtiger Genreszenen, die den Theaterabend bis über elf Uhr dehnten, hineingestopft. DaS Publikum verharrte in schweigender Geduld und opponierte nicht, auch als der Autor mehr- mals hervorgerufen wurde. Der vergeistigte weiche Jason war sehr sympathisch durch Herrn Abel, das Uralte Ehepärchen, Onkel Elp und Frau, durch Alice T o r n i n g und L u g u Pick charakteristisch gut vertreten. Der Henriette der Frau Straub gebrach es nach meinem Empfinden an, dem liebenswürdig Gewinnenden, worauf als Grundton die Gestalt gestimmt ist.
•) Die Buchausgabe erschien im illerlag von E. Fleische! u. Co.