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krieg«, wie wir Njn jetzt durchleben, ist baZ auSgeschlosten. Vom Frieden kann und sollte zuerst der reden, dessen militärische Lage und wirtschaftliche Stärke ihm gestatten, auch jede Mißdeutung seiner Bereitschaft als Zeichen der Schwäche mit ruhigem Kraft- bewußtsein hinzunehmen. Demnach können wir und deshalb müssen wir vom Frieden reden. �Lebhaftes Sehr richtig I bei den Sozial- demokraten.) Die wilden Zertrümmerungs- und Zerstückclungspläne aus den feindlichen Ländern haben wir nicht vergessen. Al» ehrliche Leute wollen«vir aber gestehen, daß auch bei uns zu Lande Erobcrungspläne ausgeheckt worden sind, an deren Verwirklichung kein politisch reifer Mensch im Reiche denken konnte und deren öffentliche Erörterung, wenn sie möglich gewesen wäre, auch gezeigt hätte, daß das deutsche Volk sie ablehnt. Meine Partei hat gegen diese Eroberungspläne sofort entschiedene Verwahrung eingelegt. Im Ausland sind sie be- nutzt worden, um die Fortsetzung des Krieges immer wieder von neuem als absolut notwendig nachzuweisen. Annexionen Volks- fremder Gebiete verstoßen gegen das SelbslbestimmungSrecht der Völker. Wer will übrigens ernsthaft bestreiten, daß durch solche Annexionen die innere Einheit und Kraft des deutschen National- staates nur geschwächt werden könnte. lSehr wahr! bei den Sozial- demokraten.) Unsere politischen Beziehungen nach außen müßten dadurch dauernd schwer geschädigt werden, eine immerwährende Kriegsgefahr und immer drücker werdende Rüstungslasten wären die absolut sichere Folge. Ebenso scharf wie diese Annexionspläne weisen wir auch die gegen das Deutsche Reich und seine Verbündeten gerichteten Er- oberungsabsichten der feindlichen Mächte zurück. Bis in die jüngste Zeit hinein ist von Staatsmännern feindlicher Mächte gesagt worden, vom Frieden mit uns könne keine Rede sein, bevor der preußische Militarismus vernichtet und Elsaß-Lothringen an Frank- reich gefallen sei. Unsere Gegner verstehen unter dem Mili- t a r i s m u s, den sie zerschmettern wollen, etwas anderes als wir. Sie wollen unsere Heere, in denen unsere Söhne und Brüder stehen, vernichten. WaS wir als Militarismus bekämpfen, ist eine Angelegenheit, die innerhalb unserer Landesgrenzen zu enl- scheiden ist, so wie über den französischen Militarismus und den englischen Marinismus jenseits der Vogesen und jenseits des Kanals zu bestimmen sein wird. Den Gedanken einer An- gliederung E ls a ß- L o t h ri n g ens an Frankreich , einerlei in welcher Form sie erstrebt wird, lehnen wir ab. Ich bitte mir keinen Vorwurf zu machen, wenn ich nur wenig rede von den vielen unerfreulichen Auslassungen in Frankreich , England und Rußland . Ich weiß, daß der englische Ministerpräsiden» sich noch jüngst wieder zu seinem alten Programm der Vernichtung des deutschen Militarismus bekannt hat. Ich weiß, daß der französische Ministerpräsident vor kurzem noch das gleiche Ziel und noch andere erneut aufgestellt hat. Aber was lst in dieiem Kriege nicht schon alles geredet worden. Ich trete ein für baldigen Frieden, und spreche deshalb nur von solchen Aeußerungen, auS denen ebenfalls die Sehnsucht nach dem Frieden klang. Wie mein Freund Ramsey Macdonald in England für den Frieden zu wirken bemüht ist, dürfte Ihnen bekannt sein. Im Unterhause sprach T r e v e l y a n für den Frieden, im Oberhause suchte Lord Ribbesdale nach dem Mittelweg. Lord Lore- b u r n sprach sich im Oberhause am 8. November über die für Eng« land wenig befriedigende militärische Lage aus und fuhr fort:Die Lage ist in der ganzen Geschichte ohne Beispiel. Jede große Nation glaubt, daß der Krieg ihr aufgezwungen wurde. Alle glauben, daß sie im Rechte sind und nur durchhalten müssen, um zu siegen... Wenn der Krieg endlos fortgeht, so werden Revolutionen und Anarchie folgen... Die Menschen müßten seltsam konstruiert sein, die nicht jede ehrenhafte Gelegenheit ergreifen würden, um einen Aufreibungskrieg zu verhindern, der das schrecklichste Unglück wäre das die Menschheit treffen könnte". Lord Courtneh führte aus, daß die ruhmvolle Leidenschaft für nationale Unabhängigkeit versöhnt werden müsse mit der Möglichkeit internationaler Freund- schaft, wenn die Zivilisation besteben bleiben solle. Deuischland glaube ebenso ehrlich wie England dasselbe, was es sagt. Aus der Sackgasse müsse eS einen Ausweg geben. Offen bekannt Hai dieser Völkerrechtslehrer, daß es an der Zeit und verständlich sei, öffentlich von Friedensverbandlungen zu sprechen. Wir Sozialisten haben das bereits seit vielen Monaten getan.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) In der italienischen Kammer verlangte der Sozialist T r e v e s einen Frieden, der nicht die äußerste Erschöpfung der Staaten be- deuten würde, einen Frieden ohne Annexion. Das sagte er der italienischen Regierung inS Gesicht, die den frevelhaftesten aller jemals geführten Annexionskriege erst begannen hat, nachdem die Schrecken des Weltkrieges schon viele Monate lang alle Welt mit Entsetzen erfüllt habe.(LebbasleS Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wir wollen den Frieden, das klang auch aus dieser Rede heraus. In einem französischen Feldpostbriefe heißt es: All die Männer, die der Krieg zusammenrief, haben nur den einen Wunsch, daß er sich niemals wiederholen möge, und daß es ihren Söhnen erspart bleibe, seine Schrecknisse kennen zu lernen, und nur deshalb wollen sie trotz ihrer Müdigkeit bis zum Ende aushalten. Alle Welt sehnt sich nach Frieden. (Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Nur soll man nicht darüber reden, weil das ein Zeichen der Schwäche sei. Wie all die andern, so war auch Lord Courtney verständig genug, sich an diese Redensart nicht zu kehren. Leider hat es auch bei uns nicht an sogenannten Politikern gefehlt, die die Rede Lord Court« neys mit wildem Kriegsgeheul beantwortet haben. Das sind die Kriegswüteriche, wie sie in allen Ländern gedeihen. Die Kriegs- begeisterung dieser gemeingefährlichen Feder- und Maulhelden wächst mit dem Grade ihrer Felddicnstuntauglichkeit.(Lebhosle Zustimmung.) Lord Courtneys Rede ist ebensowenig ein Zeichen der Schwäche, wie es töricht wäre, meine Rede im Ausland so zu deuten. Was ich heute hier über den Frieden sage, habe ich schon vor nahezu Jahres- frist in großen Versammlungen öffentlich ausgesprochen. Und viele Tausende pflichteten mir bei, als ich mich gegen die Annexions« schwätzer wandte. Ich sprach da nicht meine Privalansicht aus, son- dern die Auffassung meiner ganzen Partei.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Ich weiß, daß man in England und Frankreich unausgesetzt hinweist auf den angeblich bevorstehenden baldigen Zusammenbruch Deutschlands . In nachgerade langweilig werdender Eintönigkeit wird auseinandergesetzt, daß wir bald nicht mehr genügend Menschen- Material haben werden, und daß Mangel an Kriegsmaterial und Lebensmitteln uns bald auf die Knie zwingen werde. Das eine ist so falsch wie das andere. Daß es übrigens heutzutage im Kriege nicht mehr allein auf die Zahl der Mannschaften ankommt, ist doch wohl klar genug durch Hindenburg an der russischen Dampf- walze demonstriert worden.(Sehr richtig!) Der Krieg hat in allen europäischen Ländern, auch in den neu- tralen, schlimme Folgen gezeitigt. Europa richtet sich systematisch zugrunde und die Vereinigten Staaten von Nordamerika machen ein glänzen- des Geschäft, wollte man das doch endlich auch in England und Frankreich einsehen. Wie man sich dort auf den Gedanken versteifen

konnte, die Verhältnisse dort seien noch wesentlich besser als bei unZ, ist wirklich kaum verständlich. Der Senator Humbert, ein Spezialist in Militärfragen, schreibt ganz offen, daß Frankreich infolge der neuesten Aushebungsmaßnahmen seiner Erschöpfung der militärischen Kraft entgegengehe, und er schildert auch in den düstersten Farben die wirtschaftlichen Folgen dieser Maßnahmen. Die Ausführungen dieses angesehenen Franzosen sind ein erschütternder Notschrei über die Zustände seines Landes. Wie steht es mit der Aushungerung unseres Volkes? Dieser Plan der englischen Kriegführung ist gescheitert, weil er scheitern mußte. Gewiß, es mangelt uns an diesem und jenem; wir haben uns an mancherlei gewöhnen müssen und werden uns, wie an die Brotkarte, so auch noch an Fleisch-, Fett- und Bulter- karten gewöhnen, deren Einführung meine Partei ja selbst beantragt hat. Wir haben vor kurzem wieder 20 und mehrere Millionen lebender Schweine gezählt, wir haben SS Millionen Zentner Kartoffeln geerntet. Zur Ernährung unseres Volkes gebrauchen wir noch nicht etwa Millionen, wir haben also für Futlerzwecke und zur industriellen Verarbeitung nahezu drei Viertel der gesamten Ernte zur Verfügung. Nein, ausgehungert kann unser Voll nicht werden.(Sehr wahr.) Nachdem wir auch noch den Donauweg offen haben, sollten unsere Gegner doch endlich einsehen, daß ihre Spekulation falsch gewesen ist. Wenn es Aeußerungen der Unzufriedenheit gegeben hat, die im Ausland phantastisch ausgeschmückt wurden, so deshalb, weil nicht schnell und wirksam genug eingegriffen wurde, um gewissenlosen Produzenten und Spekulanten das Wucherer- bandwerk zu legen. Je weniger einschneidend manche behördliche Maßnahme war, um so geräuschvoller wurde sie amtlich in der Presse ausposaunt. Es wäre verwunderlich gewesen, wenn man im Ausland daraus nicht gefolgert hätte, daß wir mit unseren Lebens- Mitteln am Ende seien.(Sehr richtig!) Die Frage unserer Volks- ernährung im Kriege ist eine Frage der Organisation und rücksichtS« losen Entschlossenheit. Wehe der Regierung, die hier dauernd ver- sagte, sie würde dem Zorn des Volkes nicht standhalten können.(Leb- hafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Die Hoffnungen unserer Gegner auf unseren wirtschaftlichen Zusammenbruch sind unbegründet, ebenso die auf unseren mili- tärischen Zusammenbruch. Es ist geradezu verbrecherisch, wenn von Staatsmännern und Politikern der gegen uns kriegführenden Länder ihren Völkern immer wieder vorgegaukelt wird, daß die militärische Situation sich zu unseren Ungunsten wesentlich ändern könnte. Aber was sie auch reden mögen. an unerschüttcr- lichen Tatsachen vermögen sie nichts zu ändern, und nach diesen Tatsachen sind wir es, die jetzt von Frieden sprechen können, und deshalb auch vom Frieden sprechen müssen. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Gibt es einen Menschen im Lande, der nicht froh wäre, wenn wir dem furchtbaren Kampfe ein Ende machen könnten? Nein!(Sehr wahr I bei den Sozial- demokraten.) Nicht nur die Arbeiter, auch die Gewerbetreibenden, die Geschäftsleute und kleinen Bauern wünschen einen Frieden, der unsere wirtschaftliche Entwicklung und politisch« Unabhängigkeit sicherstellt. Und sehnen nicht auch die Mütter, Frauen und Kinder der feindlichen Soldaten ebenso heiß das Ende des Wütens herbei, wie es bei uns der Fall ist. Könnte die Presse in den kriegführenden Staaten frei über die Kriegsziele und den Friedenswillen schreiben, mit elementarer Gewalt würde in allen Ländern der Friedenswille zum Durchbruch kommen.(Lebhaftes Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Selbstverständlich verlangen wir Sozialdemokralen auch in dieser Tagung wieder die Aushebung des Belagerungszustandes und der Zensur. Im Auftrag unserer deutsch -ö st erreich» schen Bruder- Partei habe ich zu erklären, daß sie sich vollkommen einig weiß mit unS in der Pflicht zur Landesverteidigung wie in dem Willen zum Frieden. Uniere Freunde können dies nicht aussprechen, da ihr Reichsrat nicht zusammenberufen wird.(Hört! hört!) Je höher ein Volk in der Kultur steht, um so größer wird die Sehnsucht sein, seine ganze Kraft friedlicher Kulturarbeit widmen zu können. Wer einer Regierung, die unserem Erdteil den Frieden zu verschaffen sich bemühte, in den Arm fiele, der wäre ein Verbrecher an der ganzen Menschheit. Wir Sozialisten in ollen Ländern haben die imperialistische Politik der europäischen Großstaaten alle Zeet bekämpft; wir wußten, daß sie, abgesehen von allem andern, die Gefahr einer furchtbaren Katastrophe in sich trug. Bis zum Tage des Ausbruchs des Krieges haben wir mit allen Kräften gegen den Krieg gewirkt. Wir und unsere Parteigenossen in den andern Ländern waren zu schwach, um ihn verhindern zu können. Als dann der Krieg über uns hereinbrach, war es selbstverständlich, daß wir unser Land. seine Unabhängigkeit und seine Kultur zu schützen halten. Ich brauche nur an Ostpreußen zu erinnern, um zu zeigen, wie groß die russische Gefahr gewesen ist. Aber unmittelbare Gefahren drohen unseren Grenzen jetzt nicht mehr. Da ist es unsere Pflicht, die Frage an den Reichskanzler zu richten, ob er nicht Auskunft geben kann über die Bedingungen, unter denen er in Friedensverhandlungen einzutreten bereit ist. Der Reichskanzler weiß, daß das deutsche Volk einmütig und geschlossen in den Kampf gegangen ist, um Heim und Herd zu verleidigen. Er kann aber auch darüber nichl im Unklaren sein, daß das Volk den Krieg keinen Tag länger führen will, als unbedingt nötig ist, das Ziel zu sichern. Für unser Land und seine Unabhängigkeil setzte unser Volk alles ein. zur Erreichung kapitalistischer Sondermteressen will das Volk nicht das Leben auch nur eines einzigen unserer Soldaten aufs Spiel gesetzt wissen.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Uns treibt nicht Eroberungslust, uns beseelt der unbeugsame Wille, den Platz zu bewahren, aus den Gott uns gestellt hat. für uns und alle kommenden Geschlechter." Diese Worte aus der Thronrede vom 4. August 1914 sollten an keiner Stelle vergessen werden, vor allem nichl da. wo die Verantwortung am schwersten lastet. Wenn sich der Reichsregierung die Möglichkeit bietet, einen Frieden zu schließen, der dem deutschen Volke die politische Unabhängigkeit, die Unversehrtheit des Reiches und die Entwicklungsfreiheit sichert. fordern wir. daß sie Frieden schließt.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Wenn sie die Möglichkeit hat, aus Grund- läge dieser Bedingungen in Friedensverhandlungen einzutreten, dann muß sie es tun im Interesse der menschlichen Kultur. Wir werden dann zusammenstehen und unsere ganze Kraft zusammennehmen, um diejenigen in Schranken zu weisen, die etwa diesen Frieden nicht wollen.(Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Wenn Millionen von uns zu Beginn des Krieges entschlossen zu den Fahnen eilten, so taten sie eS nicht in der Absicht, die Welt dem deutschen Willen zu unterwerfen, sondern um zu verhindern, daß der Wille, die Einheit, die staatliche Stellung des eigenen Volkes durch eine gewaltige feindliche Koalition gebrochen uod zertrümmert werde. Ein sriedliches und besonnenes Volk wie das deutsche mag in Augenblicken höchster Erregung sich vom Zorn übermannen lassen, aber es schwelgt nicht in Rache- und Vernichtungsgedanken. Es sucht seinen freien Platz in der Welt neben den andern, nicht über den andern. Ich habe offen geredet und kann offen sagen, daß wir den

Frieden wollen, weil das deutsche Volk stark genug und eniscblossen ist, auch fernerhin Heimat und Herd zu schützen, wenn die Gegner den Frieden nicht wollen. Der Reichskanzler weiß, daß die ganze Welt seine Antwort aus unsere Frage mit atemloser Spannung er- wartet. Ich hoffe, daß er das erlösende Wort finden und seine Bereitschaft zu Friedensverhandlungen aus- sprechen wird. Unsere heutige Sitzung kann von weit- geschichtlicher Bedeutung werden. Von dem Reichskanzler hängt in dieser Stunde unendlich viel ab. Alle Welt wird sich auf die Seite dessen stellen, der die Hand zum Frieden bietet.(Lebhafte Zu- stimmung bei den Sozialdemokraten.) Wehe denen, die sie abweisen. Ihre eigenen Völker werden sie zur Rechenschaft ziehen. Fluch- beladen würden sie in der Geschichte fortleben, die die Friedenshand zurückweisen, um den furchtbaren Krieg bis zur vollkommenen Ver- blutung Europas fortzuführen. Ich schließe mit dem Wunsche, daß der unendliche Ruhm, den ersten entscheidenden Schritt zur Be- endigung des furchtbaren Krieges getan zu haben, unserm Lande gesichert wird.(Lebhafter stürmischer Beifall.) Reichskanzler v. Bethmann Hollweg : Mcme_ Herren, diese Interpellation hat im feindlichen Aus» lande beträchtliches Aufsichen erregt, zumeist freudiger Natur. M-n, will in der Frage wach den deutschen Friedensbedingungen ein Zeichen des Nachlo,ssens deutscher Kraft und den beginnenden Zerfall der Einmsirkgkeit des deutschen Volkes erblicken. Nun, meine Herren, ich hoffe und ich glaube, daß diese eben gehörte Begrün- dung der Interpellation in der Hauptsache die freudigen Erwar- tungcn uns-�rer Feinde nicht ermuntern, sondern enttäuschen wird. (Sehr richtig!) Gewiß wünschen die Interpellanten den baldigen Beginn von Friedensverhandlungen. Aus den Ausführungen des Vorredners schien mir die Besorgnis herauszuklingen, wir könnten der Möglichkeit eines ehrenvollen Friedens aus dem Wege gehen, vernünftige Friedensangebote, die uns gemacht würden, ablehnen, weil wir alle eroberten Länder behalten oder noch neue dazu er- obern wollen. Ich muß aber anerkennen, daß zu der Anregung den Krieg bald zu beenden und öffentlich zu sagen, wie sich die deutsche Regierung den Frieden denkt, die bisherige Geschichte des Krieges ganz natürlich hinleitet.(Hört! hört! links.) Wir haben ungeheure Erfolge erzielt, wir haben unseren Feinden eine Hoff- nung nach der anderen genommen, mit äußerster Zähigkeit haben sie sich nach dem Verlust der einen Hoffnung an die andere ge- klammert. Solange noch die Hoffnung auf Bulgarien bestand. und die Türkei ohne Verbindung mit den beiden Kaisermächten kämpfte, konnten wir nicht erwarten, daß sie die Hoffnung aufgeben würden, die bisherigen gegen sie gefallenen Waffcnentscheidungen in der einen oder anderen Weise rückgängig zu machen. Jetzt nach der mit Bulgarien hergestellten Waffengemeinschaft, nach den großen Siegen in Serbien , nach der Ocffnung des Weges nach der Türkei und der damit verbundenen Bedrohung der empfindlichen Stellen des englischen Weltreiches(Hört! hört!), muß da nicht bei unseren Feinden mehr und mehr die Erkenntnis sich festsetzen, daß das Spiel für sie verloren ist, und muß da nicht manchem Manne unter uns, der sieht, daß der Krieg sich nicht auf unsere Kosten weiter ausdehnen wird, der Gedanke aufsteigen: Warum noch weitere Opfer? Warum bietet die deutsche Regierung nicht einen Frieden an? Tatsächlich hat keiner unserer Feinde uns Friedensangebote gemacht. Tatsächlich haben unsere Feinde vielmehr es als ihr Interesse angesehen, uns ich habe darauf vorhin schon hinge- deutet fälschlich Friedensangebote anzudichten. Beide? hat denselben Grund: eine Selbsttäuschung sondergleichen, die wir nur verschlimmern würden, wenn wir mit Friedens- angeboten kämen(Lebhafte Zustimmung), statt daß sie uns kommen. Wenn ich über unsere Friedensbedingungen spreche, mutz ich mir zuerst die Friedensbedingungen der Feinde ansehen. Unsere Feinde haben im ersten Rausche der Hoffnung, die sie zu Beginn auf einen leichten Sieg setzen zu müssen meinten, ausschweifende Kriegsziele aufgestellt. Sie haben die Zertrümmerung Deutschlands prokla» miert. In England wollte man,»»enn nötig, für diesen Zweck 20 Jahre aufwenden lHeiterkeit), inzwischen ist man über eine solche Dauer des Krieges besorgt geworden, aber das Endziel ist trotz aller Ereignisse der Zwischenzeit dasselbe geblieben. Ich ver- weise auf die von der vielgelesenenNational Review" auf- gestellten Kriegfziele, die mit wenigen Ausnahmen fast von der ganzen englischen Presse übernommen wurden. Sogar ein scbr gemäßigtes englisches Blatt hat außer der Zurückgabe Elsaß- Lothringens an Frankreich als Friedensbedingung aufgestellt die Vernichtung des sogenannten preußischen Militarismus, die Ver- treibung der Türken aus Europa und die Herstellung eines Groß- Serbiens im Osten.(Lachen.) Von anderer Seite ist d'e Ab- tretung der ganzen linken Rheinseite und des ganzen deutschen Kolonialbesitzes gefordert worden, und derLabour Leader" meint, mit dieser Forderung habe die Regierung einen Fühler ausstrecken wollen. lHeiterkeit.) Also es ist alles beim Alten geblieben, Deutschland muß vernichtet werden. So klingt es auch aus der französischen Presse heraus. Noch immer wird E l sa ß- L o t h r i n- gen gefordert. Hanotaux hat noch ganz kürzlich imFigaro" im Gegensatz zu der sonst üblichen Legende von dem Überfallenen Frankreich das offene Bekenntnis abgelegt. Frankreich habe den Krieg gemacht, um Elsaß-Lothringen zu erobern.(Hört! hört!) Mir scheint, der Abg. S ch e i d e m a n n wollte andeuten, daß solche Preßäußcrungen kaum die wahre Stimmung des Volkes wieder» gäben. Es mag sein, daß bei den Feinben einzelne nachdenkliche Männer, die sich von der militärischen Lage Rechenschaft ablegen, im Grunde ihres Herzens wünschen, daß dem ensse�lichen Blut- vergießen bald ein Ende gemacht werden möge. Aber ich sehe nicht, daß diese Männer auch durchdringen. Vielleicht gehört ihnen ein- mal die Zukunft, die Gegenwart gehört ihnen noch nicht.(Leb- hafte Zustimmung.) Die Oberhausreden, auf die der Vorredner näher eingegangen ist, haben in der englischen Presse mit sehr wenigen Ausnahmen keinen Widerhall gefunden. Aber sie haben die wilden Kriegsziele herausgefordert, von denen ich vorhin gc- sprachen habe. Darüber kann ich nicht hinwegkommen. Völlig ent- scheidend aber für mich sind die Reden der Minister. Mr. Asquith hat in seiner Guild Hall-Rede verkündet, sein KricgSziel sei noch dasselbe wie bei Ausbruch des Krieges, nämlich die Befreiung der kleinen Völker von der Gefahr, vom preußischen Militarismus vernichtet zu werden. Ueber diese kleinen Völker habe ich ja auch vorhin schon gesprochen. Mehr als ein Jahr lang hat die Welt den englischen Versicherungen Glauben geschenkt. Jetzt nach den Vorkommnissen in Griechenland wird sie wohl von dem Glauben kuriert sein, ja vielleicht sind auch die kleinen Völker selbst inzwischen kuriert worden.(Lebhafte Zustimmung.) Wir in Deutschland haben vom ersten Tage an gewußt, daß hinter diesem Schutz der kleinen Völker und der kleinen Staaten sich die Suckit verbarg, den großen Staat, dessen Aufwachsen man so lange mit Neid und Miß- gunst verfolgt hat, ein für allemal abzutun.(Sehr richtig!) Und das nennt man dann Vernichtung des preußischen Milltarismusl Diese englische Parole ist von allen Alliierten übernommen worden. Sie haben übereinstimmend erklärt, sie würden da? Schwert nicht in die Scheide stecken, bevor nicht der preußisch-deutsche Militaris­mus niedergerungen ist. Daneben hat jeder Alliierte seine beson- deren Forderungen. Der englische Kolonialminister will das Na- tionalitätsprinzip durchführen und aus dieiem Grunde Elsaß- Lothringen Frankreich und Polen Rußland zurückgeben. Weiß der englische Kolonialminister, daß in den Reichs landen von rund 1900 000 Einwohnern über 87 Proz deutschen und noch nicht 11 Prozent fanzösischen Ursprungs ssvd.(Hort! Hört!) Ob nach dem Nationalitätsprinzip Polen zu Rußland gc- hört, ist noch mindestens zweifelhaft.(Heitere Zustim­mung.) Es wäre auch ganz iiiteressant. von England einmal zu hören, was nach dem Nationalitatsprinzip aus Indien und Aegypten wird.(Große Helterkeit und lebhafte Zustim- mung.) Ministerpräsident Brmnd will außer der Wiederherstellung Serbiens und Belgiens unter allen Umständen Elsaß-Lothringen haben, und Herr Ssasonow hat ziemlich deutlich auf Konstantinopcl