Nr. 14.- 33. Jahrg.
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Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morisplas, Nr. 151 90-151 97.
Sonnabend, den 15. Januar 1916.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplak, Nr. 151 90-151 97.
Die Desterreicher in Cetinje .
Der Konflikt in der deutschen | Meldung des Großen Hauptquartiers. baten bitems and all feiner Träger trat bie
Sozialdemokratie.
Bon- Rudolf- Hilferding,
Als am 4. August bie deutsche Sozialdemokratie vor die schwerste und folgenreichste Entscheidung ihrer bisherigen Geschichte gestellt ward, erfolgte ihr Auftreten nach außen in altgewohnter Einheit und Geschlossenheit. Die vierzehn Frattionsmitglieder, die bei der Fraktionsberatung gegen die Bewilligung der Kriegskredite gestimmt hatten, ordneten fich dem Mehrheitsbeschluß unter. Genoffe Haase, der Borfigende der Partei und der Fraktion, gab dem stürmischen und. fast einmütigen Begehren der gesamten Fraktion nach langem Widerstand nach und verlas felbst die Zustimmungserklärung, die er in den internen Beratungen mit aller Energie bekämpft Hatte:
Die Motive dieser Saltung sind klar. Die ungeheure Ratastrophe, die über die Menschheit hereinbrach, konnte auch für die Partei außerordentliche Gefahren mit sich bringen: innere Gefahren, indem die breiten Maffen sich unter der überwältigenden Suggestion der Ereignisse von der Kriegsideologie fortreißen. ließen und sich von der Partei abwandten; äußere Gefahren, ba bei, bem scharfen Gegenjas zwischen Sozialdemokratie und Regierung in Deutschland Unterbrüdungsmaßnahmen nicht von vornherein ausgeschlof fen waren. Bor allem aber fonnte gerabe von der Auffaffung der Gegner der Bewilligung aus erwartet werden, daß der beitere Berlauf der Ereignisje die Partei vor Aufgaben und Stämpfe stellen fönnte, die ihre Geschloffenheit und Tatbereitschaft als oberstes Grfordernis erscheinen lassen mußten. Und nach dem Strieg- und der Zeitpunkt des Friedens erschien ja damals vielen so nahe-harrten der Partei erst recht außerordentliche Kämpfe, die all ihre Straft in Anspruch nehmen würden. Die Entscheidung der Fraktion war mun einmal gefallen und mit überaus großer Majorität erfolgt; da war, um größeres lebel zu vermeiden, die Einfügung der Minorität in den Willen der Mehrheit notwendig, und auch Rautsky forderte damals in der Neuen Zeit" die Einheit der Partei als oberstes Gebot. Jetzt aber haben zwanzig sozialdemokratische Abgeordnete unter Führung Haajes entgegen dem Mehrheitsbeschluß der Fraktion gegen die Kredite gestimmt, weitere vierundzwanzig Gegner der Bewilligung fich vor der Abstimmung entfernt, nachdem Kautsky , in dem wir seit dem Tode von Engels und Bebel den geistigen Nepräsentanten des modernen deutschen Sozialismus zu sehen gewohnt sind, in der Neuen Zeit" in eingehender Weise die Abstimmung gegen die Kredite tros des entgegenstehenden Fraktionsbeschlusses gefordert hatte.
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Versuchen wir uns die Bedeutung dieser Entwickelung benn es handelt sich wahrhaftig um eine bedeutungsvolle geschichtliche Entwidelung innerhalb der Arbeiterbewegung und nicht um persönliche Gegensäße- einigermaßen klarzumachen, soweit es unter den gegenwärtigen Verhältnissen eben möglich ist.
Amtlich. Großes Hauptquartier, den 14. Januar 1916..( W. Z. B.)
Weftlicher Kriegsschauplah.
Bei Sturm und Regen blieb die Gefechtstätigkeit auf vereinzelte Artillerie, Handgranaten- und Minenkämpfe beschränkt.
Deftlicher und Ballan- Kriegsschauplak. Keine Ereignisse von besonderer Bedeutung. Oberste Heeresleitung
Bien, 14. Januar. ( W. Z. B.) Amtlich wib ver lautbart, 14. Januar 1916.
Die Hauptstadt Montenegros if in xnserer Hand. Den geschlagenen Feind verfolgend, find unsere Truppen gestern nachmittag in Cetinje , der Residenz des montenegrinischen Königs, eingerüdt. Die Stadt ist unversehrt, die Bevölkerung ruhig.
Der Stellvertreter des Chefs bes Generalftabes. aefer, Feldmarschalleutnant.
Der öfferreichische Generalstabsbericht.
Bien, 14. Januar. ( W. 2. 8.) Amtlich wird ver lautbart: Wien , 14. Januar 1916.
Russischer Kriegsschauplak.
Der Feind versuchte seit gestern früh neuerlich, unsere beffarabische Front bei Toporous und östlich von Rarancze zu durchbrechen. Er unternahm fünf große Angriffe, deren letter in die heutigen Morgenstunden fiel. Er mußte aber jedesmal unter den schwersten Berluften zurückgehen. Hervorragenden Anteil an der Abwehr der Ruffen hatte abermals das vorzüglich geleitete überwältigende Feuer unserer Artillerie. Seit Beginn der Schlacht in Dftgalizien und an der bessarabischen Front wurden bei der Armee des Generals Freiherrn Pflanzer- Baltin und bei den österreichisch - ungarischen Truppen des Generals Grafen Bothmer über 5100 Gefangene, darunter 30 Offiziere und Fähnriche ein gebracht. Bei Karpilowka in Wolhynien zersprengten unsere Streiftorpskommandos einige russische Feldwachen.
Italienischer Kriegsschauplab.
An der Südwestfront ereignete sich nichts von Bedeutung. Einzelne Bunkte bei Malborgeth and Raibl standen unter feind lichem Geschütfener. Die Tätigkeit der italienischen Flieger er streckte sich auch auf den Raum von Triest . Eine auf Spirano abgeworfene Bombe verursachte keinen Schaden.
Südöstlicher Kriegsschauplah.
Die Montenegriner haben unter Preisgabe ihrer Hauptstadt an allen Punkten ihrer Süd- und Westfront den Rückzug augetreten. Unsere Truppen find in der Verfolgung über die Linie Budua- Cetinje- Grab- Grahovo hinausgerückt und bringen auch östlich von Bileca und bei Avtovac ins montenegrinische Gebiet ein. Bei Grahovo fielen 3 Geschütze samt Bedienung, 500 Ge wehre, ein Maschinengewehr, viel Muntion und anderes Kriegsgerät in unsere Hand. Bei Berane und westlich von Jpet nichts Neues.
Der Stellvertreter bes Chefs bes Generalstabes.
Die Zustimmung der Sozialdemokratie zu den Krediten am 4. August erschien Freund und Feind als Ueberraschung. Sie war die erste große phsychologische Wirkung des Kriegsausbruches. hre Bedeutung sowohl für den Fortbestand der Internationale als auch für die nächste Enttvidelung der Bartei und ihrer weiteren praktischen Stellungnahme war vielen noch verborgen. Unter den Befürwortern der Bewilligung hatte sich auch eine Anzahl radikaler Genossen befunden. Sie fonnten sich darauf berufen, daß sie damit im Geiste sozialistischer Joeologie handelten. Die Notwendigkeit des Schutzes der Landesverteidigung gegen feindliche Invasion hatte die Diefe Hoffnungen und Erwartungen, die freilich schon Partei stets betont. Und der Krieg erschien ja damals noch damals nicht von allen Vertretern der Minoritätsauffassung bor allem als ein Verteidigungskrieg gegen den ruffischen geteilt wurden, haben sich nicht erfüllt. Barismus, gegen den freiheitswürgenden Despotismus, als Auch die deutsche Sozialdemokratie hat wie die meisten ein Freiheitsfampf also, den die deutsche Demokratie einst anderen Glieder der Internationale felbst gefordert hatte. Und diese Auffassung wurde noch durch standzuhalten vermocht.
b. oefer, Feldmarschalleutnant.
dem Sturm nicht
die Fraktionserklärung besonders hervorgehoben, deren Wort- Der größte Teil der Führung und der Parteipresse wich laut, wie immer man zur Abstimmung sich stellte und was für Schritt für Schritt von der Linie, die die Erklärung der FratMängel sie sonst haben mochte, mit dem Geist des Sozialismus tion noch innegehalten hatte.
des tapitalistien Systems unb Sanktioniering ber offiziellen und offiziösen Darstellungen der Kriegsrsachen....
Die internationalen Beziehungen des Sozialismus, die durch den Kriegsausbruch und das Verhalten der Parteias ohnedies faft hoffnungslos gestört waren, wurden durch die Bolerat eines Teiles der Parteipresse, die, von oftmals falschen Voraussetzungen und falschen Beurteilungen que geffend, jede Zurüdhaltung vermissen ließ, wie durch das ungAchickte Auftreten mandher Genoffen im Auslande vollends bergiftet.
P
Im Innern der Partei aber wurden die Angriffe gegen die Grundsäge der Partei und die Grundlagen ihrer Zahir immer heftiger. Die Befürworter des Umlernens" befür: worteten einen politischen Fatalismus, der praktisch auf die Anerkennung des Imperialismus, auf die Zurüdstellung der Sozialistischen Ideale, und ihre Ausschaltung aus der volitischen Praris hinauslaufen müßte. Die prinzipielle Stellung der Partei zu den Fragen des Militarismus, den Flottenrüftungen, der Kolonial- und Schutzzollpolitik tourde als erledigt erklärt, die Anerkennung der Grundlagen der herrschenden. Politik als Ausgangspunkt ihrer fünftigen Taktik, das Prinzip des durch die Gelegenheitsmacherei der Arbeitsgemeinschaft zu ergänzen empfohler. Und diese stetige Propaganda gegen das, was bisher den Charafter der Sozialdemokratie ausmachte, entfaltete sich zu derfelben Zeit, in der Zenjur und Belagerungszuftand die Anhänger der alten Parteigrundfäße an jeder Gegenwirkung na allzu sehr hinderten. Indem die Rechte der Partei, unter: deren Diktatur die leitenden Instanzen immer bedingungs Iajer geraten waren, die Striegsitimmung, für ihre Ausböh Lungstaftit nämlich für die Aushöhlung der jozialistischen Grundsäge- immer intensiver auszunüßen strebte, ver breiterte, verschärfte und vertiefte sie den Konflikt, der on 4. August entstanden war. Denn gerade diese Tätigkeit mußte denen, die von der Richtigkeit der Brinzipien des wissenschaft. lichen Sozialismus überzeugt find, als größte Gefahr erfcheinen. Erwarten sie doch nach dem Krieg eine Situation. in der es den arbeitenden Maffen nach den so furchtbar erkauften Lehren des Krieges möglich sein werde, für ihre Losungen, für ihre Ideale unter entscheidenden geschichtlichen Umständen den Kampf aufzunehmen, für die sozialistische und demokratische Auflösung der furchtbaren sozialen Uebel und politischen Probleme mit ganzer Seraft einzutreten, die der Krieg zwar aufgeworfen hat, aber nicht lösen kann. Und jetzt mußten diese Genoffen zusehen, wie nicht nur für die Gegen wart, sondern auch für die entscheidungsschivere Zukunft entwertet und vernichtet werden sollte, was bisher das Wesen und die Kraft der Partei, der Inhalt ihrer Lebensanschauung, die Nichtschnur ihres Handelns gewesen war.
War die Partei in der bewegenden Frage so immer mehr zu einer Stellungnahme geführt worden, die praktisch fic in Reih und Glied mit den bürgerlichen Parteien gestellt und in die Gefolgschaft der Regierung gebracht hat, so mußten dies auch in allen anderen Fragen auf ihre Stellung zurückwirken. Gewiß haben die Partei als solche und ihre politischen und gewerkschaftlichen Organisationen auch in dieser Zeit Wich tiges und Bedeutendes für die Arbeiterklasse geleistet, auf dem Gebiete der Kriegsunterstützungen, der Lebensmittelversorgung, der Rohn- und Arbeitsverhältnisse als tatkräftige Sachwalterin der Arbeiterinteressen sich bewährt. Aber was sie auf diesem Gebiete erreichte, war nicht mehr und nicht weniger, als ihr Regierung und Unternehmerschaft im Drang der Kriegsumstände zugestehen konnten und wollten. In übrigen aber war die Regierung der Partei in der Frage, auf die es ihr allein ankommen mußte, ohnehin sicher und konnte daher frei das Maß bestimmen, in dem sie ihr sonst entgegenfommen wollte. Und so blieben nicht nur auf wirtschaftlichem, sondern vor allem auf dem politischen Gebiete die Wünsche der Partei unberücksichtigt. Auf die Handhabung des Belagerungszustandes und der Benjur waren die Forderungen der Partei ohne wesentlichen Einfluß, eine wirklich affive Stellungnahme, eine eigene Kritik, eine braktisch politische Beeinflussung blieb ihrer Presse versagt. Hatten ja doch auch im vorhinein etwaige Proteste der Partei wenig Nachdruck. wenn ein sozialdemokratischer Abgeordneter im preußischen Randtag erklären fonnte, daß die Partei nicht etwa deni
nicht in Widerspruch stand. War aber der sozialistische Geist Die Abstimmung selbst hatte in der breiten Oeffentlichund Charakter der Partei erhalten, die Abstimmung zwar feit, obgleich gegen den Willen auch der Mehrheit, als eine äußeren 3mang gehorchend, sondern innerlich den Burgfrieden dieselbe wie die der bürgerlichen Parteien, ihre Motive aber Art Sanftion des Krieges durch die Sozialdemokratie ge- anerfenne oder ein leitender Redakteur einer großen Parteidurchaus verschieden, die selbständige und besondere Stellung wirkt. Der Belagerungszustand und die Zensur verhinderten zeitung die Bekämpfung der Zensur so auffaßte, daß er denen, der Partei gegenüber den anderen gewahrt, so fonnte die Wei- eine wirksame und eingehende Aufklärung der Massen über die unter der Zensur nicht schreiben könnten, den Rat erteilte, norität hoffen, daß die Kriegsereignisse selbst den der Sozial- die Stellung der Partei. Da wäre Zurüdhaltung und Vor- die Feder aus der Hand zu legen. Das Resultat war jedendemokratie immanenten Gegensatz zu der Politik der herr- ficht in der Beurteilung besondere Pflicht der Parteiorgane, falls, daß eine politische Bewegungsfreiheit der Sozialdemo schenden Klassen wie im Frieden so erst recht während des namentlich der Bresse gewesen. Daran fehlte es je länger, je fratie nicht erreicht wurde. Krieges offenbaren, die Partei wieder in gemeinsamer At- mehr. Die leitenden Kreise identifizierten sich nur allzusehr So fam, was fommen mußte. Nahezu anderthalb Jahre tion vor allem für das Friedensinteresse der Massen einigen mit dem Kriege und der Kriegsführung. Die besondere Stel- dauerte der Krieg, währte die Taftit, die die Führung unter werde in ihrem Innern, wie nach außen mit den anderen lung der internationalen Sozialdemokratie zum Kriege wurde der Diktatur der Rechten verfolgte. Und ihr Erfolg? Man Gliedern der Internationale. außer acht gelaffen. An die Stelle der allgemeinen Schuld mag die Sache selbst für gut oder schlecht, für unvermeidlich