�us öem Musschuß Ses Serliner Gewerbegerichts. Gutachten über die Lohnregelung Kriegsverlelzter. Aus einzelnen bisher in die Oeffentlichkeit gelangten Mit- f eil un gen sollen Unternehmer bei der Einstellung von Kriegsbe- schädigten die Praxis befolgen, diesen Kriegsbeschädigten, auch wenn sie für ihren früheren Beruf voll leistungsfähig sind, einen geringeren Lohn zu zahlen als dem gesunden Arbeiter. Der Kriegsbeschädigte soll deswegen geringere Bezahlung erhalten, weil er eben Kriegsbeschädigter ist und als solcher von der Militär- Verwaltung eine Rente bezieht. Bei der Beratung über die Organisation der Kriegsbeschädigten- fürsorge in Berlin ist von einem sozialdemokratischen Redner in der Stadtverordnetenversammlung auf einen solchen Fall hinge- wiesen worden. Um einer solchen Tendenz durch die Arbeiterschaft zu begegnen, ist es nicht angebracht, mit der Regelung der Löhne für Kriegsbeschädigte bis zur Beendigung des Krieges zu warten, sondern bereits jetzt Vorkehrungen zu treffen, lohndrückerische Absichten zu verhindern. Die Regelung dieser Angelegenheit geht niiht nur die Kriegsbeschädigten allein an, sondern hat auch vom Standpunkt der Konkurrenz auf dem freien Arbeitsmarkt auch für den gesunden Arbeiter und, volkswirtschaftlich genommen, auch für das Reich, den Staat und die Gemeinden große Bedeutung. In der Erkenntnis, dieser Sachlage hatten 30 Arbeitnehmer- beisitzcr des Berliner Gewerbcgerichts an den Ausschutz desselben Gerichts(Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter) das Ersuchen gerichtet, sich gutachtlich darüber zu äußern: „in welcher Weise die Entlohnung der Kriegsbeschädigten unter besonderer Berücksichtigung der Tarifverträge und der Beschäfti- gung in öffentlichen Betrieben zu regeln ist.' Tie vor kurzem stattgefundene Sitzung de» GewerbegerichtS- ausschusscs hat sich in sehr eingehender Weise mit der Angelegen- heit beschäftigt. Bon einem Arbcitnehmervertreter wurde hierbei auf die Mangelhaftigkeit des Mannschaftsversorgungsgesetzes hingewiesen, daß die Rcntenfestsetzung für Kriegsbeschädigte nach einem rohen Grundbetragc der militärischen Rangstufe und nicht nach dem Ein- kommen, das der Kriegsbeschädigte in seinem früheren Berufe ge- habt hat, erfolgt. Weil diese Rcntcnbeträgc für industrielle Ar- heiter zu gering sind, werde auch die Fürsorge für die Kriegsbe- schädigten im allgemeinen erschwert. Darüber waren sich indes Arbeitnehmer- und Arbeitgeberver- treter grundsätzlich einig, daß bei solchen Kriegsbeschädigten, die in ihrem Beruf dieselbe Arbeit wie früher leisten, eine Aufrechnung der Rente, wenn sie eine solche beziehen, unter keinen Umständen stattfinden darf. Wesentlich anders liegt das Verhältnis, wenn es sich um Kriegsbeschädigte handelt, die durch körperliche Beschädigung zum Teil oder wesentlich an ihrer früheren Erwerbsfähigkeit lerabgcmindert sind. Auch diese können im Arbeitsprozeß nicht zum Lohndrücker werden, wenn sie für den Teil der ihnen gebliebenen Arbeitskraft voll entlohnt werden. Dort, wo der Kriegsbeschädigte Stück- lAkord) Arbeit verrichtet, macht die Durchführung dieses Prinzips keine besonderen Schwierigkeiten. Auch der kriegsbeschä- digte Metallarbeiter, Schneider, Schuhmacher usw. mutz denselben Akkordlohn für das von ihm fertiggestellte Stück erhalten, wie dieses mit seinem Preis zwischen den Organisationen in Tarif- Verträgen vereinbart ist. Schwieriger gestaltet sich die Regelung bei Kriegsbeschädigten, die im Zeitlohn beschäftigt werden und für solöbe Kriegsbeschädigte, fiir deren Gewerbe keine Tarifverträge vorhanden sind. Der Ausschuß des GcwerbegerichtS war auch hier einstimmig der Meinung, daß aus den oben angeführten Gründen diese Kreise der Kriegsbeschädigten in den Kreis der geplanten Regelung einbezogen werden müssen. Der Ausschuß beschloß demgemäß diese beiden Leitsätze: 1. Di« Kriegsrente darf gegen die üblichen in den betreffen- den Gewerben gezahlten Löhne nicht aufgerechnet werden, � 2. mit den infolge der Kriegsbeschädigung minder leistungs- fähigen Arbeitnehmern kann«ine von den üblichen Lohnsätzen abweichende Vereinbarung getroffen werden. Den in Tarif- Verträgen vorgesehenen Schlichtungskommissisnen oder anderen paritätischen Kommissionen bleibt es vorbehalten, von Fall zu Fall auf Antrag einer Partei die Leistungsfähigkeit bzw. deren Minderung und die darauf gegründete Löhnminderung nachgu- prüfen und sodann zu regeln; wo solche Schlichtungskommissionen nickt vorhanden sind, müssen hierfür andere Einrichtungen, wie z. B. Arbeitsgemeinschaften, lleberwachungskommissionen oder sonstige geeignete Stellen geschaffen werden. Dieses Gutachten des Ausschusses des Gewerbegerichts geht zunächst an den Reichsausschutz für Kriegsverletztenftirsorg« und ist mit einer eingehenden Begründung verschen. Insbesondere wird in dieser Begründung Wert darauf gelegt, daß diese vom Aus- schütz vorgeschlagenen Abmachungen nicht nur für Privatunter- nehmungen, sondern auch für öffentliche Betrieb« des Reichs, des Staates, der Gemeinden Geltung haben sollen. Wie den Arbeitnehmervertretern des Ausschusses bekannt ist, werden die vom Ausschutz ausgesprochenen und eigentlich selbst- verständlichen Grundsätze von einzelnen öffentlichen Betrieben nicht befolgt, obwohl selbst das Kricgsministerium in einer besonderen Verfügung, darauf hingewiesen haben soll. Die Aenderung des Mannschaftsversorgungsgesetzes nach der bereits erwähnten Richtung soll Gegenstand eines besonderen An- träges des Ausschusses an die geietzgebende Körperschaft sein. Die Notwendigkeit einer Aenderung dieses Gesetzes soll lediglich mit den Erfährungen der Kriegsbeschädigtenfürsorge, insbesondere im Zusammenhang mit den bestehenden Tarifverträgen der gewcrb- lichen Arbeiterschaft begründet werden. Uebcr diese Verhandlungen wird später berichtet werden.
Mus Groß-Serlin. tzeiratsebbe. Nach der Flut von Eheschließungen, die im Jahre 1914 mit Ausbruch des Krieges einsetzte, ist im Jahre 1915 die Eheschließungsziffer umso tiefer gesunken. Die Ebbe mußte folgen, Iveil die Kriegstrauungen viele erst für später ge- planten Heiraten vorweggenommen hatten. Dazu kam, daß der Nachwuchs an heiratsfähigen Männern teilweise durch Einberufung zum Heeresdienst ausgeschaltet wurde. In Berlin , wo im Jahre 1912 noch 22 995, in 1913 aber nur 21 194 Ehen geschlossen worden waren, brachte das Jahr 1914 wieder 22 701 Eheschließungen. Die für 1914 sich ergebende Zunahme gegenüber 1913 war nur den Kriegstrauungen zu danken, sie reichte indes noch nicht einmal aus. die Zahl der Eheschließungen wieder auf die Höhe von 1912 zu steigern. Welches ist nun das Ergebnis des Jahres 1915, das jetzt hinter uns liegt? Die Eheschließungen minderten sich auf nur 16 622, eine ganz ungewöhnlich geringe Zahl, die hinter derjenigen der früheren Jahre weit zurückbleibt. Die zwölf Monate waren beteiligt in 1914 mit 984, 1126, 1803, 2996, 1742, 1209, 1213. 5793(August). 1570, 1825. 1020, 1420 Eheschließungen. Dagegen lieferten in 1915 die zwölf
Monate 144«. 1S19. 1680, 1747. 1407. 1488, 1429, 1115, 1276, 1525, 1194, 1451 Eheschließungen. Zkriegerfamilienunterstüynng und Krankenhauspflege. Die Lieferungsverbände sollen nach den erlassenen Verordnun- gen auch für die ärztliche Behandlung und Verpflegung der Krieger- familien in Krankheitsfällen sorgen, ohne daß aus diesen Leistungen für die Kriegerfamilie oder für die im Felde stehenden Krieger irgendwelche Nachteile entstehen. In Berlin hat der zuständige Dezernent für das Kriegsunterstützungswesen im Dezernatswege, ohne sich mit der für diese Fragen eingesetzten allgemeinen Kom- Mission ins Benehmen zu setzen, die Verfügung erlassen, wonach bei Aufnahme eines Famlienmitgliedes in ein Krankenhaus, soweit es sich um Kriegerfamilien handelt, diese Tatsache der Unter- stützungskommission mitzuteilen ist, und daß es der Kommission anheimgestellt bleibt, zu beschließen, ob und für welche Zeit die Fortzahlung der Unterstützung eingestellt werden soll. Nun ist es ja bekannt, daß in vielen Fällen aus der Unterstützung auch noch ein Restbetrag an Miete gezahlt werden muß. Deshalb halten viele Kommissionen es für eine Härte, die Unterstützung sofort abzusetzen, wenn ein Familienmitglied sich einige Wochen im Krankenhause befindet. Uns sind Kommissionen bekannt, die erst nach Monats- frist, andere nach zwei Monaten, darüber beraten, ob die Unter- stützung fortzuzahlen ist. Eine Einheitlichkeit besteht auf diesem Gebiete leider immer noch nicht. Wie aber in der Praxis verfahren wird, zeigt ein Vorfall, der im Bezirk der Steuerkasse VII b spielt. Diese Steuerkasse hat einer Frau, die ein Kind im Krankenhause hatte, nicht nur den vollen Unterstützungsbetrag für das Kind während des Kranken- Hausaufenthalts von der Unterstützung abgezogen, sondern noch darüber hinaus. Ueber den Sachverhalt werden uns folgende An- gaben gemacht, die wir nachgeprüft haben:.Im Krankenhaus war das Kind, wie der Entlassungsschein ergibt, vom 10. Oktober bis zum 4. November, das sind 21 Oktobertage und 4 Novembertage. Die Unterstützung des Kindes betrug im Oktober 12 M. für den ganzen Monat oder 40 Pf. für jeden Tag, also für 21 Tage 8,40 M., im November 13,50 M. für den ganzen Monat oder 45 Pf. für jeden Tat, also für 4 Tage 1,80 M., macht zusammen 10,20 M. Will man die Abzüge von der Unterstützung damit rechtfertigen, daß die Mutter für das Kind in den 25 Tagen keine Ausgaben gehabt habe(tat- sächlich hat sie in dieser Zeit so manches an Speisen und Erftischun- gen in das Krankenhaus mitgenommen), dann darf jedenfalls über 10,20 M. nicht hinausgegangen werden. Wieviel aber hat man der Frau abgezogen? Zu beanspruchen hatte sie für sich und ihre drei Kinder bis einschließlich Oktober für den ganzen Monat 00 M., vom November ab für den ganzen Monat 70,50 M. Gezahlt wurden ihr zu Anfang Dezember 28,50 M., zu Mitte Dezember 28,50 M., zu Anfang Januar 23,— M., zu Mitte Januar 34,50 M., während sie jedesmal für den halben Monat 35,20 M. zu beanspruchen hatte. Abgezogen hat man ihr mithin zu Anfang Dezember 8,75 M., zu Mitte Dezember 8,75 M., zu Anfang Januar 8,25 M., zu Mitte Januar 0,75 M., macht zusammen 20,50 M. Das ist u m 10,30 M. mehr als der auf den K ra n k e n h a u s a u f en th a l t fallende Anteil der Kindesunter st ützung. Es ver- steht sich von selber, daß Abzüge in dieser Höhe unter keinen Um- ständen berechtigt sind; denn ein Mchrabzug etwa zur Deckung auch der Kurkosten wäre ja ungesetzlich. Wir raten der Frau, von der Steuerkasse die Rückzahlung mindestens des ihr zuviel abgezogenen Betrages zu fordern. An die Steuerkasse aber muß die Frage ge- richtet werden, wie sie ihr Verhalten rechtfertigen will. Hat sie im Auftrage der Armendirektion gehandelt und den Mehrbetrag schon dorthin zur Kurkostendeckung. überwiesen, so wird die Steuerkasse sich mit der Armendirektion wegen Schadloshaltung auseinander- setzen müssen. Der Mißgriff ist um so schlimmer, weil die Krieger- frau sich alle diese Abzüge gefallen lassen mußte zu einer Zeit, wo das Kind schon aus dem Krankenhaus heimgekehrt war. Das Kind brauchte wieder die früheren Unterhaltungskosten, die die Mutter aus der Unterstützung decken sollte, und gewiß bedurste es noch einer besonderen Pflege. Aber gerade jetzt kürzte man ihr die Unterstützung!' Der Vorfall ist in der Tat unerhört.
Vom Preisprüfungsausschufl. In der letzten Sitzung des Fachausschusses für Hülsenfrüchte' Reis, Grieß, Graupen, Kolonialwaren, Konserven der Preisprüiungs- stelle Groß-Berlin wurde zur Sprache gebracht, daß mehrfach Kon- serven in den Handel kommen, deren Preis der Menge und Art ihrer Bestandteile in keiner Weise entspricht. Aehnliche Beobachtungen sind bei den sogenannten LiebeSgabenartikeln gemacht worden. Mehrere Proben sollen chemisch untersucht und dem Mißstand erhöhte Auf- merksamkeit zugewandt werden. Außerdem wurde eine Reihe von Preisprüfungen deS illegitimen Zwischenhandels, welche auf Grund vonZeitungsanzeigen vorgenommen worden sind, besprochen und beschlossen, sämtliche derartige Angebote zu übermäßig hohen Preisen unverzüglich der Staatsanwaltschaft zur Anzeige zu bringen._ Mit der Gestaltung deS Untergrundbahnhofeö am Hermannplatz beschäfligte sich gestern im Berliner Rathaus eine gemeinschaftliche Sitzung der Verkehrsdeputationen von Berlin und Neukölln. Den Beratungen wohnten Professor Dr. Tauer und ein Vertreter der A.E.G.-Schnellbahn bei. Ueber den Gang und das Ergebnis der Beratungen soll vorläufig Stillschweigen bewahrt werden.
Sandsacknäherei«nd Heimarbeit. Die durch die gesamte deutsche Presse gegangene Mitteilung über die Vergebung von Sandsacknäherei an Heimarbeiterinnen hat in wellen Kreisen zu der irrtümlichen Auffassung geführt, als ob der Deutsche Wohlfahrtsbund, Abteilung.KriegSauSschuß für Heimarbeit', Aufträge an Einzelpersonen zu vergeben habe. Das ist nicht der Fall, vielmehr sind alle bezüglichen Anträge nur an die verschiedenen örtlichen Zentralstellen zu richten, welche das Weitere in Verbindung mit dem Kriegsausschutz veraulassen werden.
Der Lindentunnel. Die beiden Tunnels unter dem Kaiser-Franz-Joseph-Platz, die die Slraßenbahngleise der städtischen Straßenbahnen und der Großen Berliner Straßenbahn ausnehmen werden, gehen ihrer Vollendung entgegen. Die Verhandlung mit dem Finanzministerium über die Festsetzung neuer Fluchtlinien für die Umgebung des Finanz- ministerims sind abgeschloffen, so daß nunmehr auch für die Grund- stücke in der Doroiheenftraße die Fluchtlinien abgeändert werden können. Die Dorotheenstraße soll dort gerade gelegt werden. Von dem fiskalischen Grundstück Dorothenstraße Nr. 1 werden 187 und etwa 50 Quadratmeter, von dem Grundstück des Geh. Kommerzien- rats Herz(Nr. 2) etwa 75 Quadratmeter, vom Garten des Finanz- Ministeriums(Nr. 84) etwa 95 Quadratmeter für die Geradelegung der Dorotheenstraße(späteren Jubiläumsstraße) beansprucht. Die Verhandlungen wegen des Erwerbes der fiskalischen Flächen sind noch nicht abgeschlossen. Es handelt sich dabei um den Ankauf des Grundstücks an der Ecke der Dorotheenstraße Nr. 1 und der Straße Am Kupsergraben, wo ein Platz geschaffen werden soll, der auch zur Aufnahme und Führung von Straßenbahnen in nördlicher Richtung dienen joll._
Dr. Pape kommt vor daS Schwurgericht. In der Strafprozeßsache des ehemaligen Weitzenseer Gemeinde- schössen Dr. Pape, der fich bekanntlich seit drei. Monaten in der Berliner städtischen Irrenanstalt Herzberge befindet, ist eine inter - essante Wendung eingetreten. Selten sind in einer Strafsache, die zur Anzweiflung der geistigen Gesundheit des Angeklagten führt, so grundverschiedene psychiatrische Gutachten erstattet worden. Fast ein Dutzend Psychiater wurden im Lause von anderthalb Jahren zur Abgabe von Gutachten aufgefordert. Die einen Gut- achter sagen, daß Dr. Pape, der wegen Tötung seines Bruders durch einen Revolverschutz gelegentlich eines tätlichen Angriffes des Getöteten unter Anklage steht, völlig geistes- gesund und daher im strafrechtlichen Sinne verantwortlich ist. Die anderen erklären ihn für unheilbar geisteskrank und nicht verhand- lungsfähig, für gemeingefährlich und. dauernd inte.rnierungsbedürstig- Wieder andere stellen nur starke querulatorische Neigungen fest, die aber die gerichtliche VerHandlungsfähigkeit wegen der zur Anklage stehenden Tötung und wegen Beleidigung deutscher Konsulats- behördem nicht ausschließen. Endlich wird noch von mehreren Gutachtern behauptet, daß Dr. Pape schon bei Begehung der Tat an seinem Bruder in Siam unzurechnungsfähig gewesen sei. Selbst die drei Gutachter des brandenburgischen Medizinal- kollegiums, auf deren Gesanllgutachten hin Dr. Pape aus der Untersuchungshaft in Moabit für unbestimmle Zeit nach der Irren- anstalt Herzberge übergeführt worden ist, kommen im einzelnen zu verschiedenen Schlüssen und stellen nur das Querulieren gleichmäßig fest. Drei Irrenärzte der Anstalt Herzberge, der Direktor Professor Dr. Liepmann, Geheimrat Dr. Otto und Assistenzarzt Dr. Schmidt haben nunmehr nach eingehendster Beobachtung und sorgfältigem Aktenstudium ihr Gutachten dahin abgegeben, daß Dr. Pape verh and lungsfähig ist. Er dürste also in das Untersuchungsgefängnis zurückgeführt und nach zweijähriger Unter- suchungshaft endlich vor das Schwurgericht gestellt werden. Die Benutzung der Bolksbibliothekcn. Den Volksbibliotheken der Stadt Berlin hat der Krieg, nach den Angaben des letzten Verwaltungsberichtes, keine sehr bedeutende Verringerung der Benutzung gebracht. In dem VcrwalrungSjahr 1914(1. April 1314 bis 31. März 1915), das mit zwei Dritteln in die Kriegszeit fiel, liehen die 28 Volksbibliotheken 1 446 836 Bände aus, gegenüber 1 848 097 Bänden im vorhergehenden Jahr. Der Rückgang beträgt nur 201 261 Bände, das ist noch nicht ein Achtel der Zahl des vorletzten Jahres. Dabei ist aber zu beachten, daß im Laufe des letzten Jahres der Bücherbestand durch Ausscheidung veralteter Bücher sich auf 231 328 Bände verringerte, gegenüber 238 179 Bänden im vorletzten Jahr. Die Beteiligung der einzelnen Bibliotheken an den Ausleihe- zahlen war wieder, wie alljährlich, sehr ungleich. An der Spitze siand mit 146 084 Bänden die 20. Bibliothek(Ravensstraße), die schon seit einer Reihe von Jahren die meistbenutzte ist. Den Schluß machte mit nur 8506 Bänden die 23. Bibliothek(Olivaer Straße), die gleichfalls schon seit mehreren Jahren die kleinste Benutzungs- ziffer hat. Sehr ungleich waren für die einzelnen Bibliotheken auch die Aenderungen gegenüber den Benutzungsziffern des vorletzten Jahres. Manche Bibliotheken hatten einen auffallend starken Rückgang, bei anderen war ein Verlust kaum zu merken, noch andere konnten sogar einen Auf- schwung verzeichnen. Vom vorletzte» zum letzten Jahr verringerte sich die Zahl der enlliehenen Bände z. B. bei der 28. Bibliothek (Rostocker Straße) von 95 190 auf nur 53 981, um zwei Fünftel, bei der 9. Bibliothek(WilmSstraße) von 102 266 aus nur 76 648, um ein Vcertel, dagegen mehrten sich die entliehenen Bände z. B. bei der 12. Bibliothek(Turmstraße) von 38 336 auf 43 337, unc erheblich mehr als ein Viertel. Auch der Bücherbestand der einzelnen. Biblis - iheken ist ungleich, aber hier sind die Unterschiede bei weitem nicht so groß. Der Bestand vom 1. April 1915 schwankte zwischen 12 012 Bänden in der 28. Bibliothek und 5411 Bänden in der 23. Bibliolhek.(Der Verwaltungsberichi gibt für die 24. Bibliothek sogar 20 353 Bände an, was offenbar ein Druckfehler— statr 1.0 353— ist.) Die Menge der entliehenen Bände hängt nur zum Teil von der Stärke, des Bücherbestandes ab. � Sehr viel größer ist der Einfluß der Betriebsdauer, die jetzt für die ganze Woche bei einigen Bibliotheken 38 Stunden, bei den meisten 20 Stunden, aber bei einigen immer noch nur 6 Stunden beträgt. Auch das spricht mit, in welchem Stadtteil die Bibliothek liegt. Vergleicht man für die einzelnen Bibliotheken den Durch- schnitt des Bücherbestandes(gewonnen aus den BesiandLzahlen vom Anfang und vom Ende des Berwaltungsjahres) mit den Entlcihungs- zahlen des Jahres, so bemerkt man, wie alljährlich, sehr bedeutende Unterschiede. Die Benutzung war im Verhältnis zum Bestand am stärksten bei der 19. Bibliothek(Sonnenburger Straße), die bei Entleihung von 106 018 Bänden und einem Bestand von nur 7634 Bänden ziemlich 14 Entleihüngen pro Band hatte. An zweiter Stelle steht bei dieser Berechnung die schon erwähnte 20. Bibliothek mit zwar 146 064 entliehenen Bänden, aber einem Bestand von 12 036 Bänden, was 12 Entleihungen pro Band ergibt. Andererseits sehen wir die verhältnismäßig schwächste Benutzung bei der 1. Bibliothek(Mohrenstraße), wo bei Entleihung von nur 34 305 Bänden und einem Bestand von 12 856 Bänden(die Bibliothek hatte am Jahresanfang 14273, am Jahresschluß aber nur 10 438) noch nicht ganz 3 Entleihungen auf den Band kamen. Diese Unterschiede zeigen, daß mitunter auch trotz langer Betriebsdauer— sie war bei der 1. Bibliothek 20 Stunden pro Woche— die Benutzung gering sein kann. Eine genügende Be- Nutzung ist namentlich dann schwer zu erreichen, wenn in dem Stadl- teil die Bevölkerungszahl immer weiter zurückgeht. Wie ungleich groß und wie verschieden zusammengesetzt der Leserkreis für die einzelnen Bibliotheken ist, darüber könnte eine Gruppierung der Benutzer nach ihrem Beruf uns belehren. Nachdem diese Angaben, die früher in den Verwaltnngsberichten sich fanden, etwa zwei Jahrzehnte hindurch unterblieben waren, bringt sie jetzt wieder zum ersten Male der neueste Verwaltungsbericht. Wir müssen aber annehmen, daß die Zusammenstellung wohl— leider— nicht bei allen Bibliotheken nach denselben Grundsätzen ausgeführt worden ist. Als Benutzer sind gezählt für die 1.— 27. Bibliothek zusammen 46 063, für die 28. Bibliothek allein 21 349. Dieser offenbare Unsinn steht in dem Bericht; er gibt danach auch die Summe für die 1.— 28. Bibliothek auf 67 412 an. Bei der 28. Bibliothek sind die Angaben falsch, ganz unverdächtig scheinen sie aber auch bei mancher der anderen Bibliotheken, nicht zu sein. Vergleicht man die Benutzerzahlen mit den Entleihungs- zahlen, so sieht man Unterschiede, die man nicht für möglich halten kann. Die 26. Bibliothek(Ehrenbergstraße) zählte 4650 Benutzer heraus, so daß bei Entleihung von 32 728 Bänden auf den Benutzer nur 7 Bände im Jahr kämen. Ein Gegenstück ist die 13. Bibliothek(Waldemarstraße) mit nur 839 Benutzungen, aber 79 625 entliehenen Bänden, was im Jahr pro Benutzer 95 Bände gäbe. Auf Wiedergabe der Gruppierung nach Beruf und Geschlecht wollen wir bei solcher Unzuverlässigkeit der Zahlen verzichten. Nur als Kuriosum sei erwähnt, daß gebucht sind für die 28. Bibliothe! allein 7629 Frauen, aber für die 1.�27.. Bibliothek zusammen nur 8552, davon zum Beispiel für die 13. Bibliothek 1189, für die 13. Bibliothek nur 41. Aehnlich groß sind die Unterschiede sür manche der Berufe.._- 1. 1■..
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