politische Ueberslcht. Burgfriede und Wahlrechtsreform. Trotzdem die Andeutungen der„Thronrede" über die preußische Wahlrechtsreform völlig farblos waren, zeigt sich die konservative Presse sehr beunruhigt. So verlangt Dr. Oertel in der„Deutschen Tageszeitun g", daß der „Burgfriede" nicht durch die Erörterung von Streitfragen gestört werde: .Der richtig verstandene Burgfriede verlangt aber ferner, daß Streitfragen nicht ohne Not und Zwang in den Vordergrund gezerrt werden, deren Lösung während des Krieges nicht nötig oder nicht mög- li ch i st,— nicht nötig, weil zu ihrer tieferen Klärung nichts Neues gesagt werden kann, nicht möglich, weil erst nach dem Frieden beurteilt und entschisden werden kann, ob und in welcher Form ihre Lösung gefunden werden könne. ES sind von einem Teil der Presse auch in den letzten Wochen wieder strittige Fragen breit besprochen worden, die zu denen gehören, deren tiefere Klä- rung oder wirkliche Lösung während des Krieges unmöglich erscheint." Eine Notwendigkeit erkennt Oertel nur für die Erörte- rung der Steuerfragen an. Alle übrigen allgemein politi- schen Fragen zu debattieren, sei jetzt weder zweckmäßig nokh notwendig. Dazu gehört für die„Deutsche Tageszeitung" natürlich auch die Wahlrechtsfrage. Noch deutlicher und entschiedener spricht sich die„K r e u z- z e i t u n g" aus. Sie erhebt gegen die Regierung lebhafte Anklage, daß die Ankündigung der Wahlrechtsreform den Meinungskampf provoziert hätte. Aber das konservative Organ ist natürlich bereit, in a l l e n strittigen Fragen seinen besonderen Standpunkt energisch zu vertreten. Sie kündigt die Wiederaufnahme der ständigen Rubrik„Jnnerpolitische Rückblicke" an und schreibt dabei, beinahe drohend, also: „Wir hatten im Frieden die Gewohnheit, an dieser Stelle unseres Blattes einen Ueberblick über die innere Politik der Woche zu geben. ES scheint uns an der Zeit, an diese Gewohn- heit wieder zu erinnern. Vielleicht, wir möchten sagen hoffentlich, wird es noch nicht nötig fein, den alten Brauch schon wieder ganz regelmäßig aufzunehmen. Wir möchten unS die Entschließung in dieser Beziehung noch vorbehalten. Jedenfalls kehren wir heute zum ersten Male wieder dazu zurück." Zur Sache der Wahlreform selbst verhält sie sich natür- lich im wesentlichen ablehnend: „So kann gerade vom Standpunkt der Thronrede aus dieser Krieg, in dem der preußische Geist und die preußischen Einrich- tungen so glänzend sich bewährt haben, unmöglich den An- I a tz geben, oder es als eine dringende Aufgabe erscheinen lassen, daß die Grundlagen, auf denen der preußische Geist er- wachsen ist und die preußischen Einrichtungen geschaffen sind, durch eine radikale Ausgestaltung deS Wahlrechts beseitigt wenden. Wir wollen gleich hinzufügen, daß wir, abgesehen von den Kriegserfahrungen, das preußische Wahl- recht einer Vervollkommnung und Verbesserung wohl für fähig und bedürftig halten. Herr v. Heydebrand sprach es im Abgeord- netenhause ausdrücklich aus, daß die konservative Partei bereit ist, im gegebenen Zeitpunkt daran mitzuarbeiten, die Schwächen auszugleichen und zu verbessern, und zwar in einer Weise, bei der eine möglichst weitgehende UeLevomstimmung der Partsien erzielt wird. Darin dürfte der Minister des Innern sich freilich täuschen, daß er meint, das politische Leben Preußens dauernd von dieser umstrittenen Frage entlasten zu können. Die Sozial- demokraten in ihren beiden Flügeln werden niemals aufhören, für Preußen ein durch Herabsetzung der Altersgrenze und durch das Frauenwahlrecht ijcch radikalisierteS ReichStagSwahlrecht M fordern, und die bürgerliche Demokratie wird ohne das Reich?-' tagSwahlrecht für Preußen gleichSfalls niemals zufriedengestellt werden. Da sich wohl keine preußische Regierung finden wird, die auf diese Weis« die Grundlagen deS preußischen Staates er- ichüttern ließe, so wird man sich auch für die Dauer darauf ge- faßt machen müssen, der radikalen Demokratie trotz aller Zuge- stand nisse doch einen festen Widerstand entgegenzusetzen. Den- noch mag in Zeiten ruhiger Friedensentwickelung eine verbessert« Gestalt des Wahlrechts gesucht werden. Dieser Krieg ist es, wir wiederholen eS nicht, der die sofortige Inangriffnahme solcher Reform unerläßlich erscheinen ließ." Wie ernst es der„Kreuzzeitung " mit ihrem Zugeständnis über die Reformbedürftigkeit des Wahlrechts ist, zeigt am besten die Berufung auf v. Heydebrand, der in seiner Rede bekanntlich das preußische Dreiklassenwahlrecht geradezu „i d e a I" nannte.
.IlOO Millionen Mark neue Stenern. Die Regierung hütet ihr Steuerprogramm noch immer ängstlich als Geheimnis und öffnet damit der Kombination Tür und Tor. Daß diele Geheimniskrämerei der Sache selber dienlich ist, kann man wohl nicht behaupten, denn schließlich sickern die Absichten der Regierung doch nach und nach durch. So hat die»Tägl. Rundschau" erfahren, daß der Bedarf an neuen Sievern sich auf 600 Millionen Mark beziffert und daß diese Summe gewonnen werden soll aus der höheren Besteuerung von Zigaretten und Zigarren, sowie aus einzelnen Zweigen der Post, der Trlegraphie und des Eisenbahnverkehrs. Wie das erwähnte Blatt annimmt, werden die Depeschen und das Telephon verteuert, das Paket- und Briefporto wird erhöht und außerdem soll der Fracht- driesstempel hinaufgeschraubt werden. Dieses Programm wird vermutlich stimmen. In Wirklichkeit wäre der neue Steuerbedarf natürlich viel höher, er wird künstlich dadurch herabgedrückt, daß die fortdauernden Ausgaben des Heeres und der Marine aus den Kriegsanleihen gedeckt werden. EiatSrechtlich ist dieses Verfahren bedenklich, die fortlaufenden Kuegaben des Heeres und der Marine müßten nach den Friedens- iätzen in den Etat eingestellt werden, nur die darüber hinaus- gehenden Ausgaben find die eigentlichen Kriegsausgaben, die aus Anleihemitteln zu decken sind. So wie man jetzt zu verfahren ge- denkt, bietet der Etat ein Bild, das der Wirklichkeit in keiner Weise entspricht.
Angst vor der Kriegsgewinnsteuer. Die vom Kriegsausschuß der deutschen Industrie niedergesetzte Steuerkommission hat in einer am Sonntag abgehaltenen Sitzung den Schatzsekretär telegraphisch ersucht, den Gesetzentwurf über die KciegSgewinusteuer bald bekannt zu geben. Nur dann werde sich übersehen lasten, ob nicht eine Ueberspannung der direkten Steuern zu befürchten sei, die die Weiterentwicklung deS wirtschaftlichen Lebens nach dem Kriege, namentlich die Deckung de» Rohstoffbedarfes, die Wiederaufnahme der Ausfuhr usw. gefährden und damit insbesondere auch die Interessen der deutschen Arbeiterschaft auf das schwerste schädigen würde. Die Nachahmung dieses Beispiels früherer Zeiten, in denen Gesetzentwürfe, die im Bundesrate noch nicht zur Beschluß- fassung gestanden hatten, den berufenen Vertretungen der beteiligten Kreise zur Stellungnahme vorgelegt worden find, sei im vorliegenden Falle um so notwendiger, als es sich hier um daS gesamte Erwerbsleben der Nation handele.
Die Zukunft der Welsen. Die welfischen ReichStagSabgeordneten haben sich bekanntlich der unter Führung der Reichspartei neugegründeten„Deutschen Fraktion" angeschlossen. Dazu bemerkt die„GoSlarsche Zeitung": „Die Welsen hatten sich in früheren Zeiten längere Jahre hin- durch im Reichstage fraklionSmäßig als Hospitanten dem Zentrum angeschlossen, aber da» Zentrum begünstigt« auch die grundsätzlicken politischen Bestrebungen der Welfeu. DaS ist bei der ReichSpartei von vornherein ausgeschlossen, so daß man wohl in der neuen FraktionSbildung neben anderem Erfreulichen auch ein Zeichen dafür sehe, daß die Welsen gewillt sind, aus den staatsrechtlichen Entwick- lungen vor dem Kriege, die den Herzog Ernst August zu Braun- schweig und Lüneburg auf den braunschweigischen Herzogthron führten, die praktischen und politischen Konsequenzen zu ziehen und ihre parteimäßigen politischen Bestrebungen den Gesinnungen des welfischen Fürstenhauses anzupassen." Diesen Glauben zerstört aber der weifische Abg. A l p e r S, der im welfischen Wahlverein in Hannover mitteilte, daß bei der Bil- dung der neuen Fraktion, der auch die Welsen angehören, für samt» liche Parlamentarier lediglich Zweckmäßigkeitsgründe vorgelegen haben. Zur Vermeidung von Mißverständnissen gab er dann sol- gende Erklärung ab:„Die deutsch - hannoverschen Abgeordneten werden niemals auch nur um Haaresbreite abweichen von dem Wege, der uns vorgezeichnet ist durch unsere Vergangenheit, durch die Pflicht gegenüber unserem geliebten deutschen Baterlande, durch die Treue gegenüber unserem Hannoverlande und seinem Fürsten - hause. Von dieser gemeinsamen Bahn abzuweichen hat niemals weniger Grund vorgelegen als in unserer Zeit, wo wir mit allen guten Deutschen auf den baldigen Sieg unserer guten Sache hoffen."__ Preisfestsetzung für Speiseöle. Amtlich. Berlin , 24. Januar. (W. T. B.) Die Preise für Speiseöle haben in letzter Zeit eine durch die Sachlage nicht gerechtfertigte Steigerung erfahren. Wie wir hören, wird seitens der Reichsregierung die Frage einer Preis- bindung für Speiseöle eingehend erwogen.
Eier und Milch als Schweinefutter! In Hannover hat am Sonnabend eine Mitgliederversammlung des Verbandes zur Züchtung des hannoverschen veredelten Land- schweinS stattgefunden, in der ein Vortrag über die.Durchhaltung der Schweinezuchtbcstände" gehalten wurde. Von der Aussprache verdient festgehalten zu werden, was ein Herr von der Decken aus Böhme(Kreis Fölltugbostel) über da» zu sagen wußte, waS dem Schwein am besten frommt. Dieser Herr führte nämlich aus, daß die Versütterung von Milch und Eiern bei den Schweinen am meisten anschlage! Solange eS angängig gewesen sei, habe er noch seine Zuchteber und Bullen mit Eiern und Grünsutter sehr erfolgreich großgezogen. Nach dieser Richtung seien ja jetzt die gesetzlichen Bestimmungen hinderlich und eS wäre zu wünschen, daß wenigstens eine Freigabe der Eier für FütterungSzwecke erfolgte. Der Vorsitzende in dieser Versammlung, Oekonomierat Dobberlau aus Wittingen. beantwortete diesen frommen Wunsch mit einer allerdings sehr zahm gehaltenen Zurückweisung, in der er betonte, daß Eier und Milch unzweifelhaft auch für das Vieh sehr bekömmlich seien, aber zunächst und jetzt ausschließlich für die Er» nährung der Menschen in Frage kommen könnten, wie überhaupt jeder Landwirt die Pflicht habe, die genannten Erzeugniffe zur Verfügung zu stellen. Für die Auffassung, die in manchen landwirtschaftlichen Kreisen herrscht, ist die Forderung des Herrn v. d. Decken sehr charakteristisch.
Zu niedrige Kartoffelpreise? In einer Vollversammlung der scklesischen Landwirt- schaftskammer bezeichnete ihr Vorsitzender Irhr. v. Klitzing die jetzt bestehenden Kartoffelpreise für viel zu niedrig. Die Landwirte, die nur 2,75 M. für den Zentner bekommen, verwenden ihre freibleibenden Kartoffeln viel lieber als Viehfutter, als daß sie diese für den billigen Preis weiter ver- kaufen. Er verspreche sich ein beffere» Auskommen mit den vor» handenen Karloffelvorräten, wenn der Landmann wieder mit den Händlern direkt zu tun bekommt, wie er es seit Jahren gewöhnt ist. Mit den Händlern wolle man einen Konzern bilden, von dem man sich nicht nur eine bessere Kartoffelversorgung. sondern vor allen Dingen auch besondere Preise verspreche. Die gegenwärtigen Preise widersprächen den heutigen Zeitverhälmiffen. Dann beklagte sich Freiherr v. Klitzing noch über die vielen widersinnigen städtischen Klagen über Zurückhaltung der Speisekartoffeln. Diese seien darauf zurückzuführen, daß z. B. in Breslau die Droschken- kutscher ihre Pferde hauptsächlich mit Kartoffeln füttern. Sehr richtig erwiderte Oberbürgermeister M a t t i n g- Breslau , daß der auffällige Mehrverbrauch an Kartoffeln in Großstädten vielfach auf den Ausfall an anderen Lebensmitteln zurück- zuführen fei. Die ganze Aktion der schlesischen Landwirtschaftskammer läuft nur auf eine Verteuerung der Kartoffeln hinau«, die jetzt tatsächlich das HouptnahrungSmittel der übergroßen Masse der Bevölkerung geworden sind._ Der Wirrwarr auf dem Kartoffelmarkt. Eine schlesische Großfirma für den Kartoffelhandel versendet folgenden Wochenbericht: In der Berichtswoche erlitt die Versendung der Kartoffeln eine erhebliche Störung dadurch, daß von feiten der Lieferanten allgemein mit einer E r h ö h u n g d e r Preise gerechnet wurde, in deren Erwartung mit Lieferung zurückgehalten wurde.... Die Nachfrage in Saatkartoffeln aus dem Westen Deutschlands ist unverändert rege; da aber die im Gesetz vom ö. Januar borge- ehene Erlaubnis zum Verkauf von Saatkartoffeln dem Handel bis- her noch nicht erteilt worden ist, steigen die Preise mangels ge- eignetet Organisation deS Handelsverkehrs ganz rapide, so daß be- rellS 5 M. und 6 M. für gewöhnliche Sorten Saatkartoffeln gezahlt werden....
Zur Zuckerpreiserhöhuug. Der amtliche.Nachrichtendienst für Ernährungsfragen" bringt in seiner Nummer vom 22. Januar unter der Rubrik.Unsere Zucker- Versorgung" einen Artikel, in dem darauf hingewiesen wird, daß wir v o r dem Krieg nach England die billigsten Zuckerpreise hatten; jetzt im Kriege sei der englische Zuckerpreis um 146 Proz. gestiegen, der deutsche Preis jedoch nur um 17'/, Proz. Gegenwärtig sei der deutsche Verbraucher nach Vorräten und Preisen am besten gestellt, während in Frankreich und England die allergrößten Schwierigkeiten in der Zuckerversorgung vorhanden seien. Im Hinblick auf das andauernde Geschrei der Zucker- interessenten. nach welchem der Zuckerpreis unbedingt erhöht werden müsse, um die Produktion zu vermehren, kann dieser amtliche Hin- weis auf die ungünstigen Zuckecverhältniffe im Auslände nur dahin gedeutet werden, daß das deutsche Volk sich auf eine Preiserhöhung vorbereiten muß.
In dem Artikel wird auch die Frage nach einer erhöhten Zuckerproduktion untersucht. Der Artikeischreiber kommt hierbei zu einer Bejahung dieser Frage: aber nicht um eine bessere Ver- sorgung des Volkes mit Zucker herbeizuführen, sondern— um größere Zuckervorräte zum Verkauf an das zuckerarme Ausland nach Beendigung des Krieges sofort zur Hand zu haben. Darum also soll das deutsche Volk höhere Preise zahlen und in seinem Zuckerverbrauch beschränkt werden, während die Zuckerinteressenten doppelten Gewinn einheimsen l Diese Bedenken können auch nicht zerstreut werden durch den Hinweis darauf, daß Lei einem größeren Zuckerrüben- anbau und bei der erweiterten Zuckerproduktion durch die Abfälle mehr Fultermitlel bereitgestellt werden.
Aus der Budgetkommission des Abgeordnetenhauses. (Nach dem amtlichen Bericht.) In der Sitzung vom 22. Januar gab der Berichterstatter einen Ueberblick über die Leistungen der deutschen Viehproduktion während der zurückliegenden Jahrzehnte, wies auf die bedeutsame Steigerung derselben hin und stellt sie in einen Vergleich zu den Leistungen der übrigen europäi- icheir Kulturstaaten auf dem gleichen Gebiete. Allerdings habe der deutsche Viehbestand eine schwere Erschütterung durch die in den Frühjahrsmonaten des Jahres 1915 angeordnete Zwangsabschlach- tung der Schweine erfahren. Die Folgen derselben seien allerdings bis gegen den Herbst 1915 durch eine rege Betätigung der Schweine- züchtet wieder abgeschwächt worden. Jedoch erachte der Bericht- erstatter das am 4. November erlassene Höchstpveisgesetz für Schweine und Schweinefleisch für den Fortgang einer solchen er- freulichen EntWickelung höchst schädlich. Die Wirkung des Höchst- Preisgesetzes sei um so bedauerlicher, weil durch dasselbe dem Konsum keineswegs eine vermehrte Fleischzufuhr beschieden ge- Wesen sei, sondern vielmehr der Auftrieb von Schlachtschweinen ganz allgemein aus den deutschen Märkten erheblich zurückgegangen sei. Diese Erscheinung erkläre sich durch die Tatsache, daß die Hersteller von Dauerware in der Lage gewesen seien, höhere Preise für die Schlachtschweine ab Hof der Mäster anzubieten wie die Verkäufer der Frischware. So habe schließlich die Tauer- Warenfabrikation den Vorteil aus der Höchstpreisvcrordnung ge- zogen, welche dem Konsum zugedacht gewesen sei. Gleichzeitig habe aber auch zum Ersatz des mangelnden An- gebots von Schweinefleisch eine wesentlich stärkere A b s ch l a ch- tu na von Rindern stattgefunden, und zlvar unter Ansteigen der Preise für diese Fleischgattung. Bisher könne man daher den Ausgang dieser Höchstpreisverordnung nicht als einen glück- lichen bezeichnen. Man könne nur den Fehlschlag der Verordnung vielleicht durch eine Shndizierung des Viehabsatzes ausgleichen, jedoch sei aus wirtschaftlichen Gründen größte Eile hierbei un- bedingt geboten. AuS der Kommission wurde ausgeführt, wir müßten dahin gelangen, den Konsum an Fleisch aus Eigenem voll zu befriedigen. Das würde auch ein Ausblühen der Bauernwirtschaften mit sich führen. Daß unsere Viehbestände so erheblich waren, habe uns im Kriege sehr geholfen. Es sei eine mangelnde Planmäßigkeit der Verordnungen auf dem Gebiete der Viehversorgung zu tadeln. Man habe nicht rechtzeitig die Versütterung von Brotgetreide gehindert. Nach Ansicht dieses Redners war die Einführung von Höchstpreisen für Schweine geboten, weil die Preise zu hoch ge- stiegen gewesen seien. So seien in Berlin bereits 169 M. notiert gewesen. Zu hohe Schweinefleischpreise würden den Landwirt wieder dazu bringen, Brotgetreide an dw Schweine zu verfüttern. Ein weiterer Redner aus der Kommission trat dem bei, daß das Brotgetreide nicht zur Schweineproduktion herangezogen werden dürfe. Er sei der Meinung, daß der Fleischkonsum ohne Gefahr etwas vermindert werden könne. Der Handelsminister erklärte, daß bei öffentlichen Verkaufs- stellen i» einem, großen Berliner Vorort der Fleischabsatz seit der Einführung der. fleischlosen Tage etwa um ein Viertel zurück- gegangen sei, wobei allerdings wohl auch die Höhe der Fleisch- preise mitgewirkt haben möge. Jedenfalls habe aber hip Ein- führung der fleischlosen Tage auch in zahlreichen Familien An- klang und Beachtung gefunden. Der La nd wi r tschaftsmi nister bestätigt, daß mit einem gewissen Rückgange der Viehhaltung, insbesondere ver Schweine, ge- rechnet werden müsse. Mit Rücksicht auf die Knappheit der Fuiter- mittel könne man jedoch durch Verbote in bezug aus das Abschlachten nicht eingreifen; um so mehr müsse man sich aber hüten, Matz» nahmen zu treffen, die auf eine weitere Einschränkung der Vieh- Haltung hinwirkten. Bereits im Reichstag sei von fast allen Seiten anerkannt worden, daß eine Einführung von Höchstpreisen für Rind- vieh undurchführbar sei. Statt dessen habe er sich entschlossen, durch eine Zusammenführung von Erzeugern, Handel und Verbrauchern eine Regelung der Fleischvevsorgung in die Wege zu leiten. Er verkenne keineswegs die außerordentlichen Schwierigkeiten einer solchen Aufgabe, eine angemessene Lösung könne aber nur im Wege der Selbstverwaltung und Selbstbowirtschaftung gefunden werden. Wenn auch trotzdem mit einer gewissen Einschränkung des Fleisch- Verbrauchs gerechnet werden müsse, so könne diese doch mit Rück- ficht auf den bisher sehr großen Fleischverbrauch als unbedenklich angesehen werden. Haussuchungen. In Düsseldorf fanden im Parteisekretariat, im GewerkschastS- sekretariat, sowie in den Privatwohnungen von etwa einem Dutzend Partei, und Gewerkschaftsangeftellten durch Beamte der politischen Polizei Haussuchungen statt, die sich z. T. bis auf die Kohlenkeller und das Kletderfutter der Sonntagsanzüge erstreckten. Gesucht wurde angeblich nach dem Zimmerwalder Manifest.
Kriegsbekanntmachungen. Postverkehr mit deutschen Gefangenen in Rußland . Berlin , 24. Januar. (W. T. B.) Das Zentralkomitee vom Roten Kreuz teilt mit: In den Briefen unserer KriegSgefan- genen in Rußland ist häufig die Klage zu lesen, daß die Nach- richten aus ihrer Heimat sie sehr unregelmäßig erreichten. In vielen Fällen liegt das an ungenügender Adressierung. Es ist dringend zu empfehlen, Namen, Vornamen, Regiment, Kompagnie, Schwadron oder Batterie in lateinischer Schrift auf der Adresse genau anzugeben. Bei häufiger vorkommenden Familiennamen kann der Zusatz ihres Wohnortes in Deutschland von Vorteil sein. Nützlich ist auch, den Bestimmungsort sowohl in lateinischen, als auch— soweit möglich— in russischen Buchstaben anzugeben; doch wird davor gewarnt, die etwa auf den Gesangenenbriefen stehenden Stempel oder sonstigen Angaben nachzuzeichnen, da dies vielfach zu Mißver- ständnissen Anlaß gibt. Im übrigen ist es zweckmäßig, die in russischer Gefangenschaft Befindlichen, mit denen bereits ein schriftlicher Berkehr besteht, zu veranlassen, daß sie und ihre Mitgefangenen sich ihre Adressen in lateinischer Schrift von einem der ruffischen Sprache Kundigen auf- schreiben� lassen und diese Adressen ihren Angehörigen einsenden, damit diese imstande sind, ihre Briefe richtig zu adressieren. Da auch im Russischen die Aussprache der Ortsnamen vielfach von der Schreibweise abweicht, so führt die Wiedergabe der Ortsnamen nur nach dem Gehör leicht zu Irrtümern.
Letzte Nachrichten. Zur Eröffnung der Griechischen Kammer. Bern , 24. Januar. (W.T.B.)„Secolo" meldet aus Athen : Zur Eröffnung der Kammer befindet sich der größte Teil der Äb- geordneten in Athen , darunter 16 Abgeordnete der nordägäischen Bezirke, gegen deren Zulassung die Ententeminister seinerzeit Ein- spruch erhoben. Die Regierung habe über diese Abgeordneten ein«» Aeschluß noch nicht gefaßt,