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Nr.52.- 33. Jahrg.

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Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin ".

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morisplas, Nr. 151 90-151 97.

Dienstag, den 22. Februar 1916.

Fliegerangriffe.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigplak, Nr. 151 90-151 97,

Sozialismus oder neustaatlicher Meldung des Großen Hauptquartiers. berbingerien National fomente merden im Namen ber Briegs

Feudalismus?

Vor einiger Zeit hat die Abschiedsvorlesung Adolf Wagners, die in ein Loblied für den Staatssozialismus ausklang, einer Anzahl bürgerlicher Organe Veranlassung ge­geben, sich mit der Frage des größeren oder kleineren Maßes wünschenswerter staatssozialistischer Elemente in der Volks­wünschenswerter staatssozialistischer Elemente in der Volkswirt­schaft zu befassen. Wir haben hierbei die tiefgründige Weisheit erfahren, daß Friedrich Wilhem I. und Friedrich II. fönigliche Staatssozialisten" gewesen seien, und daß das von Bismard eingeführte Zollschutzsystem echter und an sich gesunder Staatssozialismus" war. Bei dem Unfug, der seit Kriegsbeginn( auch in einem Teil der Parteipresse) mit den Begriffen Kriegssozialismus" und" Staatssozialismus " ge­trieben wird, hat es uns nicht gewundert, in einem sonst zum Freihandel schwörenden bürgerlichen Blatte eine Verherr­lichung des Protektionssystems als" echten" und gesunden" Staatssozialismus zu finden. Im Gegenteil, je mehr die auf diese Weise betriebene friegssozialistische" Propaganda ad absurdum geführt wird, desto eher ist zu erwarten, daß die Deffentlichkeit sich von Schlagwörtern befreit, die, ein Pro­duft der Herabsetzung des Einzeldaseins wie des Wirkens innerer sozialer Kräfte und der übermäßig gesteigerten Ein­schätzung des Gößen Staat, die nüchterne Betrachtung der durch den Krieg herausbeschworenen neuen wirtschaftlichen und sozialen Probleme nur zu hindern vermögen.

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Als Versuch einer solchen Betrachtung die sich freilich nur auf die allgemeinen Gesichtspunkte be­schränkt möchten wir hier unseren Lesern die wesentlichsten Stellen aus einem in einem Schweizer Blatte veröffentlichten Auffage des bekannten russischen Genossen 2. Martow zur Kenntnis bringen. Der Verfasser untersucht zunächst die Frage, wer durch den Krieg banterott geworden sei: der Sozialismus oder der Kapitalismus:

Der Kapitalismus hat es im Laufe der Jahrzehnte verstanden, eine gewaltige Weltwirtschaft zu organisieren, die gesellschaftlichen Produktivkräfte in unerhörtem Maße zu entfalten, die Arbeit von Hunderten von Millionen zu vereinigen und zu koordinieren und grandiose Reichtümer aufzuhäufen. Zu gleicher Zeit schuf und ent­wickelte er jenen mächtigen, elastischen Apparat, der in Gestalt der Staatskontrolle, der Börsen, Banten , Kartelle usw. die spontan ent faltete Lebenstätigkeit der von der freien Konkurrenz getriebenen Volkswirtschaft post festum regelte, die Schroffheiten der sie zer­fressenden Widersprüche milderte und die Möglichkeit ihrer Fort­entwidelung ficherte.

Die tiefen ökonomischen Krisen, die Europa in den ersten drei Vierteln des 19. Jahrhunderts erschütterten, das normale Wirtschaftsleben auf Jahre hemmten, frampfhafte Zudungen im gesamten Gesellschaftsförper hervorriefen und auf Perioden wahnsinniger Spekulation und äußerster Anspannung der wirtschaftlichen Tätigkeit folgten, wurden abgelöst durch mildere Formen der Flut und Ebbe der industriellen Energie. Der Klassenkampf selbst gewann, sich weiter entwickelnd und aus­breitend, ein gemäßigteres Tempo und nahm rubigere Formen an. Zugleich zeigte der fortdauerude und nur noch beftiger werdende Konkurrenztampi der einzelnen kapitalistischen Staaten die Tendenz, der blutigen Entscheidung aus dem Wege zu geben und jene Grenze nie zu überschreiten, hinter der für die moderne Gesellschaft der Sprung ins Dunkle begann.

Jezt ist dieser Sprung gemacht, dieser Schritt vollbracht. Es er. wies sich als unmöglich, die zwischenstaatlichen Gegenfäße weiterhin miteinander auszuöhnen, die Entscheidung aufzuhalten. Die Atmos sphäre der internationalen Beziehungen war fo mit Elektrizität ge­laden, daß die Kugel des serbischen Gymnasiasten die Katastrophe heraufzubeschwören vermochte. Aber diese zwischenstaatlichen Gegen­fäge fonnten nur deshalb eine solche Schärfe und Spannung er reichen, weil ihnen die ununterbrochen fortschreitenden Gegenfäße innerhalb der Wirtschaftsordnung der modernen Gesellschaft zu grunde lagen.

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Amtlich. Großes Hauptquartier, den 21. Februar 1916.( W. Z. B.)

Weftlicher Kriegsschauplah.

Nördlich von Ypern wurde ein englischer Handgranaten­angriff gegen unsere neue Stellung am Kanal abgewiesen. Südlich von Loos mußte sich der Feind von unserer Trichter­stellung wieder zurückziehen; an der Straße Lens- Arras griff er vergeblich an.

Unsere Flugzeuggeschwader griffen mit vielfach be­obachtetem gutem Erfolge rückwärtige feindliche Anlagen, unter anderem in Furnes, Poperinghe, Amiens und Luné­ville au.

Deftlicher Kriegsschauplah.

Vor Dünaburg scheiterten russische Angriffe. Kleinere feindliche Vorstöße wurden auch an anderen Stellen der Front zurückgeschlagen.

Balkan - Kriegsschauplah.

Nichts Neues.

Oberste Secresleitung.

Berlin , 21. Februar. Am 20. Februar mittags griffen Marineflugzeuge die englische Küste a tt. Es wurden Fabrikanlagen in Deal, Bahn- und Hafenanlagen sowie ein Gasometer in Lowestoft ausgiebig und mit gutem Erfolge mit Bomben belegt. Hauptbahnhof und Hafenanlagen in Lowestoft wurden mehrfach getroffen, der Gasometer brach unter der Wirkung einer Bombe zu­sammen. Ferner wurden in den Downs zwei Tank­dampfer beworfen.

Trot Beschießung und Verfolgung durch feindliche Flieger sind unsere Flugzeuge sämtlich wohlbehalten zurück­gekehrt.

Der Chef des Admiralstabes der Marine.

Der österreichische Generalftabsbericht.

Wien , 21. Februar. ( W. T. B.) Amtlich wird verlaut bart vom 21. Februar 1916:

Russischer Kriegsschauplatz. Defterreichisch ungarische Abteilungen warfen gestern abend den Feind südöstlich von Kozlow, an der Strypa, aus einer vor­geschobenen Stellung.

Beiderseits erhöhte Fliegertätigkeit.

Italienischer Kriegsschauplay. Keine besonderen Ereignisse.

Südöstlicher Kriegsschauplay. Albanische Abteilungen gewannen, von österreichisch- ungari­schen Offizieren geführt, westlich von Kavaja die Adria- Küste. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabcs: von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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uöte mit Füßen getreten. Ein Zweig der Volkswirtschaft nach dem anderen wird den Händen der Privatpersonen entzogen und den Vertretern der Gesellschaft: dem Staat oder den Munizipalitäten übergeben. Der Staat monopolisiert die Verteilung des Haupt­artikels des persönlichen Konsums des Brotes- und des Haupt­artikels des produktiven Konsums der Kohle. Er macht An­falten, eine ganze Reihe von Industriezweigen zu monopolisieren: Tabat, Naphta-, Zuder-, Dungmittel-, chemische Industrie, Kohlen­förderung usw. Er schreitet zur Reglementierung des persönlichen Konsums durch Brot- und Fleischkarten usw. und zu gleicher Zeit plant er( zum Teil verwirklicht er es bereits) eine zwangs­weise Regelung der Arbeitsleistung" von hunderttausenden Produ­zenten. Zugleich sieht sich der politische Gedanke der leitenden Männer der geschichtlichen Nationalstaaten auf dem Höhepunkt des Krieges, der im Namen der Selbsterhaltung dieser Staaten geführt wird und der eine neue Wera der nationalen Idee und der natio­nalen Leidenschaften geschaffen hat, zur Aufstellung von praf tischen Aufgaben gezwungen, deren Lösung zur Verneinung und Aufhebung der Grundlagen dieser Nationalstaaten führt. Die Pläne des wirtschaftlichen und politischen Zusammenschlusses der jetzt verbündeten Staaten, die Pläne umfassender Gebietserier­bungen und der Schaffung von Weltmächten unterstreichen noch schärfer die innere Fäulnis der geschichtlichen Grundlagen der alten Welt, die jetzt ihre blutigen Triumphe feiert."

Es wäre aber eine verhängnisvolle Illusion, wollte man in den Maßnahmen, die unter dem Diktat der herrschenden sozialen Schichten durchgeführt oder für die Zukunft geplant werden, ohne weiteres einen Schritt zum Sozialismus cr blicken

Die Aufgaben, vor die der Kapitalismus jest gestellt ist, be­stehen in der Ueberwindung des Wirrwarrs der privatwirtschaftlichen Produktion wie in der Ueberwindung der Beschränktheit der jezigen Staatsgrenzen. Die Lösungen dieser Aufgaben, über die er verfügt, und die ihm von den zurzeit herrschenden sozialen Gruppen diftiert werden, verheißen nur noch die Vermehrung der die alte Welt durchdringenden Gesellschaftsübel durch ein neues. Die Klassenungleichheit und die gesellschaftliche Hierarchie werden ergänzt durch die Militarisierung des öffentlichen Lebens und die Imperialisierung des Staates. Das Bild des kommenden Europa , das sich aus den Plänen und Wünschen seiner wirklichen Herrscher ergibt, widerstrebt allen in Jahrhunderten entstandenen demokratischen und kulturellen Instinkten der modernen Menschheit. Noch feindlicher ist es den Interessen der ungeheueren Mehrheit, von der letzten Endes seine Verwirklichung abhängt. Es wird deshalb nicht Wirklichkeit werden. Aber schon die Tatsache, daß der auf dem Boden der Demokratie und der Frei­heit groß gewordene Kapitalismus in eine Sadgasse geraten ist, aus der es nur einen Ausweg in der Richtung eines neuen Feu­dalismus gibt, zeugt von seinem geschichtlichen Bankrott. Weder die Machtlosigkeit der sozialistischen Parteien, den Strieg zu verhindern oder seine Einstellung zu erzwingen, noch der jetzige Triumph aller alten Götzen vermag die Tatsache dieses Bankrotts zu beseitigen oder seine geschichtliche Bedeutung abzuschwächen. An dem Tage, wo der Kapitalismus die Glemente des Weltkrieges ent­feffelte, hat er sich selbst das Todesurteil unterzeichnet."

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Damit dieses Todesurteil auch wirklich vollstrect wird, sind freilich Voraussetzungen erforderlich, über die nach dem Kriege gesprochen werden wird. Was aber schon jetzt möglich und notwendig ist, ist die Klärung der Frage, ob man es in den militärsozialistischen" Maßnahmen mit Sozialis­mus" oder einem neuſtaatlichen Feudalismus zu tun habe. Von der Beantwortung dieser Frage hängt sowohl die richtige Einschätzung der von einigen Illusions- und Konfusions. räten mit Jubelhymnen begrüßten Erweiterung der Grundlagen des Imperialismus ab, wie auch die künftige Taktik der Arbeiterklasse.

Der deutsche Fliegerangriff auf die englische Küste.

stäblich die Erzeugnisse seiner gewaltigen Produktivkräfte, indem er von Monat zu Monat Milliarden an Werten in Pulver und andere Sprengstoffe verwandelt. Der Krieg wird von allen Staaten geführt unter Verpfändung der Arbeit der kommenden Generatio­nen Europas : diesen Sinn haben die ungeheuerlichen Staats­anleihen, deren Verzinsung und Abtragung einen bedeutenden Teil des Nationaleinkommens verschlingen werden. Der gesellschaft- London, 20. Februar.( W. T. B.) Amtliche Mel­Der auf dem Boden der Nationalstaaten groß gewordene liche Fortschritt, die freiwillige Anpassung des Staates an die dung. Zwei deutsche Doppeldecker griffen heute Stapitalismus bat zu gewaltige Produktivfräfte ins Leben gerufen, wachsenden Bedürfnisse und Forderungen der Volksmassen ist für dung. Zwei deutsche Doppelde der griffen heute Sie warfen 17 Bomben aus deren Ausbeutung fortgesezt die Erweiterung ihrer Anlageiphäre Jahre hinaus gehemmt. Der Aufschwung des wirtschaftlichen. Wohl- morgen Lowestoft an. fordert. Die Rahmen des isolierten Einzelstaates werden von ihnen standes der unteren Schichten, der bie Grundlage für die Ent- großer Höhe ab, worauf sie verschwanden. Personen wurden gefprengt, die vergeiellichaftlichte Produktion strebt zur Weltprodukt on widelung der Industrie und des Handels der fortgeschrittenen nicht getroffen; die Nebengebäude cines Restaurants und im unmittelbariten Sinne dieses Wortes. Und der Zusammenprall Länder bildete, wird durch einen starten Rückschlag abgelöst werden zwei Wohnhäuser wurden beschädigt. Zwei Marine- Wasser­der entfalteten Produktivkräfte mit den starren Staatsgrenzen ver- Dies ist der Banfrott des Kapitalismus, den die flugzeuge stiegen auf und verfolgten die Angreifer, jedoch ohne wandelt sich in eine geschichtliche Katastrophe. Im Wahnsinn sozialistische Kritik vorausgesagt hat, indem sie die inneren Gegen Erfolg. der blutigen Orgie tommt das tief fortschrittliche fäße des Kapitalismus aufbeckte und nachwies, daß ihre weitere gefellichaftliche Bedürfnis nach Schaffung eines Entwickelung unvermeidlich zur Katastrophe führen würde." Ein deutsches Wasserflugzeug warf Bomben in weltwirtschaftlichen Ganzen zum Ausdruc In seinen weiteren Ausführungen untersucht Genosse der Nachbarschaft von Kentishtnod- Feuerschiff ab, Dies bedeutet nicht den Bankrott des Sozialismus. Martow die Frage, ob die Maßnahmen, zu denen der Kapi- ein anderes warf sechs Bomben auf Walmer. Zwei Bomben Dies ist der Banfrott des Kapitalismus, der sich ohn­mächtig erwiesen hat, die Ereignisse abzuwenden, die sämtliche im talismus sich jetzt im wütenden Kampfe der entwickeltsten zerstörten Hausdächer, eine andere fiel dicht neben der Kirche Jabrhundert seiner Herrschaft gemachten fortschrittlichen Errungen- Nationen gezwungen sieht, seine weitere Stärkung oder eine nieder, wodurch die Fensterscheiben zersprangen, als die Ge­Unterhöhlung seiner Existenzbedingungen bedeuten: meinde gerade das Tedeum sang. Eine weitere fiel in der Nähe des Strandes nieder und tötete einen Zivilisten und eine Der Kapitalismus hat grandiose gesellschaftliche Reichtümer ge-" Der Bankrott des Kapitalismus wird konstatiert nicht nur schaffen und aufgehäuft. Im Verlauf von nur Jahren ver- durch die Unfähigkeit der Regierungen, den entstande- Marineperson. Insgesamt wurden zwei Männer und ein Knabe nichtet er sie mit einer feine Grenzen kennenden Verschwendung, nen Weltbrand zu löschen, sondern auch durch die Maßnahmen, getötet und eine Marineperson verwundet. Zwei britische Flug­indem er ganze Generationen zur schweren Fron ihrer Wiederher zu denen sie im Augenblid gezwungen sind und die sie zur Liqui- zeuge stiegen in Dover auf und verfolgten die Angreifer, ohne stellung berurteilt. Jm Verlauf von Jahren verpulvert er buch- bation der Kriegsfolgen für die Zukunft planen. e Lehrfäße sie einzuholen.

schaften vernichten.