»Die Bezeichnung.Interventionisten� hat heut« keinen Sinn mehr, besser wäre c«, man sage„Exinterventionisten", denn unser Ver> langen vom Mai, der Krieg gegen Oesterreich , ist heute bereits Tat- fache. Man behauptet, wir seien jetzt vereinigt, um das gegen- wärtige Ministerium zur Kriegserklärung gegen Deutichland zu zwingen. Ich kann versichern, daß in der Versammlung der ver- einigten Komitees der Interventionisten kein Wort davon gesprochen wurde. Man will nur die Kriegfiihrung intensiv mit allen Mitteln führen, und alle Hilfskräste des Landes zur Erreichung des Endsieges mobilisieren." Sturmszenen in üer duma. Die sozialdemokratische Dumafraktion hatte im Verein mit der„Arbeitsgruppe" am 25. Februar eine Interpellation in der Duma eingebracht, die anläßlich des Verbotes der Ver- öffentlichung der Rede T s ch e i d s e s(dieses Verbot ist in- zwischen aufgehoben worden) die Frage der Militär- z e n s u r aufrollte. Genosse S k o b e l e w von der sozialdemo- kratischen Fraktion und Dsiubinsky von der„Arbeits- gruppe" begründeten den Dringlichkeitsantrag. Genosse Skobe- lew rief am Schluß seiner Rede aus:„Möge das Land und die Arbeiterklasse wissen, daß wir auch in der belagerten Festung unseren Kampf zu Ende führen werden." Nachdem noch Graf Bobrinsky für die Annahme gesprochen hatte, wurde der Dringlichkeitsantrag mit allen gegen zwei Stimmen angenommen. Bei der darauf folgenden Debatte wurde die Interpellation selbst mit erdrückender Mehrheit angenommen. Ueber die Erörterung dieser Interpellation in einer späteren Sitzung unterrichtet folgende telegraphische Meldung der„National-Zeitung": Die Sozialisten beantragten die Verlesung einer Anzahl der schwersten Fälle von Mißgriffen der Zensur und die Handhabung des offiziösen Nachrichtendienstes. Der Dumaprästdent gestattete jedoch die Verlesung dieser Anklagefälle nicht, da sie mit sehr scharfen An- griffen gegen die Regierung verbunden waren. Die willkürliche Handhabung der Geschäftsordnung durch den Dumapräsidenten Rod- zianko rief im ganzen Hause, besonders aber bei den Radikalen und Progressisten, den schärfsten Protest hervor. ES kam zu Sturm- s z e n e n, so daß die Sitzung für zwei Stunden unter- brachen werden mußte. Nach Wiedereröffnung der Sitzung er- klärte der Abgeordnete Dziubinskh, daß die Handhabung der Kriegizensur skandalös sei und jeder Beschreibung und den elemen- tarsten Bedingungen deS Rechtes spotte. Dem Kriegszensor ist durch die Machenschaften der Regierung, die trotz ihrer augenblicklichen Ae- fügigkeit im Ernste gesonnen sei, die alte Unter- und Bedrückungs- Politik fortzusetzen, eine Macht in die Hände gegeben, die weder Grenzen des Rechts noch der Moral anerkenne. So unterdrücke dieser Zensor ganze Reden und Parteigruppenerklärungen der Duma, so- weit sie Anklagen gegen die Regierung enthalten. Anfänglich be- mühte sich die offiziöse Telegraphenagentur, auch die Anklagen gegen die Korruption in der Regierung teilweise der Oeffentlichkeit wieder- zugeben, nur um die Oeffentlichkeit in Vertrauen zur amtlichen Be- richterstattung zu wiegen. Da» hat sich bereit» in den letzten Tagen geändert. Im Volke ist die Verbitterung und Ent- täuschung wieder im Wachsen begriffen, denn es könne nicht begreifen, wie es möglich ist, daß die Dumareden nicht ver» öffentlicht werden dürfen und daß ein Zensor nach Gutdünken die Reden der Volksvertreter totschweigen lassen kann. Auch in der Armee macht sich dieser skandalösen Zustände wegen bereits große Unzufriedenheit bemerkbar. Der sozialistische Abgeordnete T s ch e n. kell fragte, warum der Sicherheitedienst so augenfällig stark ver- mehrt worden sei. Er könne es nicht glauben, daß plötzlich die korrupte Beamtenschaft oder diejenigen Kreise, die sich heute aus dem Blute des russischen Volkes in unerhörtem Maße bereichern, plötzlich mit Waffengewalt an der Ausübung ihrer verbrecherischen Tätigkeit ge» hindert werden sollen. Schließung öes türkischen Parlaments. Konstantinopel , 13. März.(W. T. B.) Nachdem gestern der Senat den allgemeinen Zolltarif ohne Debatte an- genommen hat. wird heute das Parlament, dessen Mandat er» lischt, durch Erlaß des Sultans geschlossen werden. Der amerikanisch -mexikanische Konflikt. Amsterdam , 13. März.(W.T.B.) Eininn hiesigen Blatt zufolge meldet der Washingtoner„Tiineö"-Korrespondent. daß die 5000 Mann, die zur Verfolgung Villas die mexikanische Grenze überschritten, wenn nötig Verstärkung erhalten würden. Man glaube, daß die Truppen nicht zurückgerufen werden sollen, bis daS ganze Land zur Ruhe gekracht ist. Washington , 12. März.(W. T. B.) Meldung deS Reuterschen Bureaus. Mehrere Zeitungen berichten, daß die Strafexpedition nach Mexiko heute früh begonnen habe. Da» KriegSomt hat keine Mitteilung ausgegeben. Drei Regimenter Kavallerie sind sofort an die Grenze befohlen worden. Der KriegSsrkretär bezeichnet die Expedition nach Mexiko hinein als Verteidigungsmaßregel. New Kork, IS. März.(T. U.) Carranza gestand den Truppen der Vereinigten Staaten da« Recht zu, in Mexiko einzumarschieren, doch unter der Bedingung, daß auch mexikanische Truppen daS G e- biet der Union betreten dürfen, um ameriiansichen Pöbel zu verfolgen, fall« er sich auf mexikanische« Gebiet begebe.— Die Regierung der Union iührte die Zensur über die militärischen Operationen an der Grenze ein.— Die Zeitungen haben einig« Zwoifel darüber, ob der Feldeug gegen Villa leicht beendet werden könne. Mehrere halten die aegen- wältigen Maßnahmen für den Anfang der völligen Pazifikation Mexikos . Wilson erklärte jedoch, ei solle nicht« unternommen werden, wo« über«ine Strascxpedition hinausgehe. Kampf üer sozialistischen jrauen in Australien . Ungeachtet de« auch in Australien proklamierten Ausnahme- zustandes, der der Regierung außerordentliche Macht verleiht und die bürgerlichen Freiheiten einengt, führen die sozialistischen Organi- sationen Australiens einen energischen Kampf gegen den Krieg und die zunehmenden reaktionären Tendenzen im politischen und ivirt- schastlichcn Leben. Eine besondere Rolle spielen hierbei die sozia- listischen Frauen. Sie haben eine besondere Organisation gebildet, die Hand in Hand mit der Partei eine rege Tätigkeit entfaltet. Welchen Charakter die Tätigkeit dieser Organisation trägt, zeigen folgende Auszüge au« einer von ihr angenommenen Resolution: „Wir Frauen und Bürgerinnen Australiens find überzeugt, daß der Krieg allen Grundsätzen der Menschlichkeit und deS Christentums widerspricht. Wir fordern die Männer, die von der Regierung in die Armee gerufen werden, auf, diese Regierung zu fragen: Wie sollen die Frauen und Kinder vor dem inneren Feind geschützt werden? Dieser Feind lebt jn unserer Mitte. Au»»rein patriotischen Er-
k wäaungen" erhöht er die Preise der nokwendigsten Bedarfsarsikel und weigert sich, die Arbeitslöhne zu erhöhen, tvaS zur Folge hat, daß viele Familien hungern müssen und Frauen wie Kinder gezwungen sind, ihre Arbeitskraft für einen Bettellohn zu verkaufen. Dieses Elend der hungernden Bürger wird den sogenannten Patrioten einen ungeheuren Mehrprosit in den Schoß werfen." Wie sehr die australischen Sozialisten, Männer wie Frauen, die Gefahren fürchten, die die demokratische» Einrichtungen Australiens durch die Militarisierung de« englischen Weltreiche«— dieser charakteristischen Folge des gegen den«preußischen Militarismus" geführten Krieges— bedrohen, geht aus folgender Rede der Genossin Bella Lavender hervor:„Schon der Umstand—- führte sie in einer Versammlung aus—, daß unsere Redefreiheit beschränkt wird, zeigt, daß das Ideal der englischen Freiheiten von der Welle der Tyrannei überflutet wird. Trotzdem müssen wir unfern Kampf weiterführen, ohne der Drohungen und Gewalttaten zu achten. Unsere Feinde müssen wir nicht im Auslande, sondern im eigenen Lande suchen— es sind jene Leute, die uns unsere Pflichten vorschreiben wollen und uns wie eine willenlose Herde und wie Verbrecher behandeln. Wir müssen mit allen Kräften dagegen ankämpfen, daß unsere demo- kratischen Einrichtungen dem Militarismus zum Opfer fallen." Mag es auch angebracht sein, sie praktischen Folgen, die der Feldzug unserer australischen Genossinnen augenblicklich haben kann, nicht zu überschätze», so wird man doch ihren Kampfesmut und ihren gesunden proletarischen Sinn als Shmpiom der ungeschwächten Werbekraft des sozialistischen Gedankens selbst an den Küsten des Pazifik mit Freuden begrüßen.
Sonöerbare Gpfenvilligkeit. Man schreibt unS: Die Kriegsgewinnsteuer ist so beschaffen, daß sie von allen Organisationen der Kriegslieferanten mit lautem Jubel begrüßt tvorden ist. Der Hansabund und die Handels- kammcrn des rhoinisch-westfälischen Jndustriereviers haben sie als notwendiges Nebel angenommen. Die Börse, die ob der unerhört guten Abschlüsse in eitel Wonne und Glückseligkeit schwimmt, hat die Vorlage des Gesetzentwurfs mit einer kräftigen Hausso beantwortet. Jetzt hat sich auch der Ausschuß deS Deutichen HandolstageS unter überlauter Betonung der Opforwilligkcit von Industrie und Handel mit den Grund- gedanken der Vorlage einverstanden erklärt. Mit dieser Steuerfreudigkeit läßt sich leicht prunken, weil Industrie und Handel, worden die Vorlagen deS ReichSschatzsekretärs Gesetz. an der einmaligen Äogabe der Kriegsgewtnnsteuer nur eine Lappalie zu zahlen haben. Der Ausschuß des Deutschen HandelstagoS verlangt noch eine andere Bemcssungsgrunolage: »Es geht nicht an, baß das Kalenderjahr 1914 als erstes KriegSiabr angesehen wird, obwohl es zum größeren Teil, mit sieben Monaten, in die Friedcnszeit fällt, und e« geht ebensowenig an, die Abrechnung über den Knegsgewinn mit dem 31. Dezember 1913 zu schließen, auch wenn derKrteg noch länger dauert und während der längereu Dauer Verluste den früheren Gewinn aufzehren können. Zu unhaltbaren Folgen sllhreu auch die Bestimmungen über die Jahresveranlagungen zur Einkomiueustcuer für die Be- rechnung des KrieaScinkommens. Nach dem Gesetz über vorbereitende Maßnahmen zur Besteuerung der KriegSgewinne kann als erstes Kriegsgeschäflejahr das Geschäftsjahr vom 1. September 1913 bis zum 31. August 1914, also ein Jahr mit elf FriedenSmonaten, gelten; auch hierbei kann es nicht Bleibe»." Im Grunde sind auch wir für eine andere zeitliche Bemessungsgrundlage. Aber»vir fassen nicht den Krieg als zeitliche Änheit, sondern verlangen die Besteuerung des jährlichen Einkommenzuwachses, die nicht nur den sonst steuerfreien persönlichen Verbrauch des Mehr- einkommens mit erfaßt, sondern, waS wichtiger ist, die Kontrolle über den Steuerpflichtigen und die Verhinderung von Hinterziehungen erleichtert. Ein weiterer gewichtiger Grund spricht für die Besteuerung deS Mehreinkommens. DaS Dkchreinkommen wird mit Vcrmöaensvorluston kompensiert, so daß der FtSkus auf der Suche nam dem Vermögenszuwachs leer ausgeht. Das ist ganz unstatthaft. Wie im Frieden z. B. das gesteigerte Einkommen unter einen höheren Steuer- satz fällt, ohne Rücksicht auf einen Kursverlust des Steuerpflichtigen an den das Vermögen repräsentierenden Wert« papieren, so muß auch im Kriege das Mehreinkommen zum Steuergegenstand gemacht werden. Nur in besonderen Fallen — wenn durch den Krieg oder seine Folgen z. B. die See- sperre notwendig, nicht spekulative Verluste eintreten-- wird der Bundesrat öder eine besondere Kommission, ähnlich wie es schon jetzt Z 41 des Entwurfes vorsieht, Steuernachlaß oder Steuerrückzahlung gewähren können. Jn der Begründung deS Gesetzentwurfes polemisiert der Reichsschatzsekretär gegen die Besteuerung des Mehreinkommens an Stelle des VermögenSzuwachfeS mit dem stark abgenützten Argument, daß die Veranlagung der Einkommensteuer in den Bundesstaaten verschieden sei. Dabei wird aber übersehen. daß diese Verschiedenheiten kein Hindernis waren, im Wehr- beitragsgesetz eine Rcichseinkommensteuer in Anlehnung an die bundesstaatliche Veranlagung zu schaffen. Im vorliegenden Entwurf wird da» Mehreinkommen nur berücksichtigt, um die Grund st affel für den ein- fachen Vermögenszuwachs absichtlich zu drücken. Der§ 10 bestimmt, daß der Steuerpflichtige von seinem Vermögenszuwachs in der Höhe deS MehrcinkommcnS den doppelten Steuersatz zu entrichten habe. Darum genügt eS nickt, eine einfache schematische Erhöhung der Staffel- sätze sür den Fall zu beantragen, daß der vor- liegende Entwurf mit der Besteuerung des Vermögens- Zuwachses Grundlage der Beratungen bleibt. Es muß der Grundtarif für den Vermögenszuwachs sehr stark gehoben werden, auch unter Verzicht auf den doppelten Steuersatz für den Vermögenszuwachs in der Höhe des Mehreinkommens. Die scheinbare Belastung des Mehreinkommens im Entwurf täuscht nur über die fundamentale Tatsache, daß der Vermögens- zuivachs geschont werden soll. Hat ein Steuerpflichtiger bei einem Mehreinkommen von 350 000 M. einen VermögonSzuwachs von einer Million er- zielt, so verfällt er mit 650000 M. dem einfachen Steuersatz, der mit 14 Proz. sehr niedrig ist, und nur mit 350000 M. dem höheren. Der FtSkus fährt aber besser, wenn die Grund- staffel für einen VcrmögenszuwachS von einer Million, sagen wir, 40 Proz. und der ergänzende Zuschlag auf den VermögcnLzuwachs in der Höhe des MchreinkommenS 50 Proz. beträgt. So werden gerade die Steuersätze, die der Deutsche HandclStag schier unbegreiflich als Höchstgrenze betrachtet, im Mittelpunkt der Kritik stehen müssen. Aber sein Ausschuß denkt offenbar, Bescheidenheit ist eine Zier, doch... und geht in seinen Ansprüchen erstaunlich weit: »Die in FriedenSzeiten durcki vorsichtige Bewertung des Vermögen« gebildelen stillen Reserven dürfen nicht al» Kriegsgewinnangesehenwerden.'
Weiterhin erhebt der Deutsche HandelSiag die Forderung, daß der vom Reich als Kriegsteuer in Anspruch genommene Teil des Vermögenszuwachses der Einzelpersonen sowie die Sonder- rücklage und die KrisgSgewinnsteuer der Gesellschaften nicht auch noch von den Bundesstaaten und Gemeinden besteuert werden darf. Schließlich lehnt der Ausschuß auch die Ausdehnung der AuSkunftspflichr über die Verhälmisse der Steuerpflichtigen aus Banken und Sparkassen ab. Das Kapitel der stillen Reserven ist ein wunder Punkt. Im Haushaltungsausschuß hat der Reichsschatzsekretär klipp unv klar erklärt:„Sofern sich ihre(der stillen Reserven) Ver- Wertung in einem Gewinn äußert, sei das schon ein Teil des Gewinns des Kriegsgeschäftsjahres und insoweit würden einzelne Teile von realisierten stillen Re- serven mit herangezogen werden." Der Gesetz- entwurf weist im Gegensatz zu dieser Erklärung dem Bundes- rat das Recht zu. die in den Kriegsgeschäftsjahren realisierten stillen Reserven aus Fricdensjahren von der„besonderen Ab- gäbe" der Kriegsgewinnsteuer zu befreien. Der Handelstag geht noch weiter und verlangt allgemeine Steuerfreiheit für stille Reserven, die in der Hochkonjunktur anläßlich des Ver- kaufs buchmäßig unterwerteter Bestände zu fordern niemand kühn genug wäre. Im Gegenteil: stille Reserven und Ab- schreibungen müssen möglichst beschnitten werden, soll der Ertrag der Steuer nicht lächerlich gering sein. Die Steuerfreiheit für die besondere Abgabe ließe sich nur rechtfertigen, wenn es sich um eine Besteuerung des Mehr- einkommens handelte. Nicht angängig ist die Freiheit von staatlicher und gemeindlicher Einkommcnsbesteuerung wogen einer später fälligen Vermögensabgabe, deren Zinsgenuß jetzt noch dem Steuerpflichtigen zusteht oder die gar in seinen: Be- triebe als Kapital„arbeitet". Der letzte Wunsch richtet sich selbst. Nur die Deklarations- Pflicht der Banken und Sparkassen kann vor den gröbsten Hinterziehungen schützen, die gewisse Lieferanten mit derselben Virtuosität praktizieren werden, mit der sie verdient haben.
politische Ueberslcht. Tirpitz erkrankt. Berlin , 13. März.(W. T. B.) Wie wir hören, ist der Staatssekretär des Reichsmarineamts Großadmiral von Tirpitz seit einigen Tagen erkrankt. Die Gc- schäste werden von dem dienstältesten Offizier geführt.
Zur Einberufung des Vuudesratsausschufses sür auswärtige Angelegenheiten. München , 13. März.(W. T. B.) Ein Berliner Blatt behauptet, daß die für die nächste Zeit erfolgte Ein- berufung des Bundesratsausschusses für auswärtige An- gelegenheiten den Wünschen des Reichskanzlers nicht ent- sprochen, und daß dieser versucht habe, die Besprechung zu verhindern. Wie die Korrespondenz Hoffmann schreibt, ist dieses Gerede völlig haltlos. Der Ausschuß wurde vielmehr im voll st en Einverständnis mit dem Reichs- k a n z l e r einberufen._ Die verstärkte HaushattSkommifsion des preußischen Abgeordnetenhauses. begann am Montag nach Erledigung der zurückgestellten Teile de« Etats die Beratung des GesetzmttwurfS über die Erhöhung der Zu- schlage zur Einkommens- und zur Evgänzungisieuer. In seiner einleitenden Rede erklärte der Finanzminffter. Dr. Lenz«, sich ent- schieden gegen«ine Heraufsetznng des steuerfreien Existenzmini« mumS sowie gegen weitere Steuererleichterungen. Andererseits wandte er sich auch dagegen, daß die Progvesfion, die bekanntlich bei Einkommen von 190 900 M. Halt macht, darüber hinaus noch ge- steigert wird. Er erklärte, daß eine solche Steigerung bedenkliche Folgen haben könne, der Anreiz zur Steuerhinterziehung wachse, Handel und Wandel würden erheblich geschädigt und der linier- nehmungSgeist lasse nach. Den Schaden davon habe daS ganze Wirtschaftsleben, nicht zuletzt die Arbeiter. Fem, er bekämpfte der Minister die von konservativer Seite beantragte Begrenzung de« Gesetzes auf«in Jahr. Er bezeichnete«s als unbequem, alljährlich «in ueucS Steuergesctz zu beraten und stellte sich auf den Boden der Vovlage, wonach die Steuerzuschläge solange gelten sollen, bi» «in nach Abschluß des Friedens mit den europäischen Großmächten aufgestellter Etat in Kraft tritt. Die Weiteibcratung des Entwurfs wurde auf Donnerstag vertagt. Professor Karl Diehl über den„KriegSfozialiSmuS". Prof. Dr. Karl Diehl (Fretburg) schreibt in seiner eben erschienenen Schrift„Deutschland al« geschlossener HandclSstaat im Wettkriege"(Deutsch « BerlagSanstalt, Stuttgart -Berlin ), besonder« Seite 14 ff.- »Es wäre falsch, unsere kriegswirtschaftliche Organisation al« eine sozialistische oder staatssoziallstische zu bezeichnen.... Gerade da«, wa« da« F u n d a m e n t der sozialistischen Ordnung ausmacht, nämlich eine geregelte Produktion, wurde überhaupt nicht aufgenommen.... Es wurde ein« teilweise staatliche Regelung de» Vertrieb» und der Ver« teilung einiger wichtiger Rohstoffe und Nahrungsmittel vor« genommen... Die« kann niemals und in keinem Ginn« als sozialistische Ordnung des Wirtschaftslebens bezeichnet werden. ES lag aber auch keine Notwendigkeit hierzu vor... Wir hatten nötig insoweit einzugreifen, als sonst infvtge der verhinderten Zufuhr vom Llutlande Schwierigkeiten in der Versorgung unseres Volkes mit den wichtigsten Bedarfsgegenständen entstanden wäre. ... Vor allem ist nochmals zu betonen: Nicht die Produktion, sondern nur Handel und Verkehr wurden vom Staate geregelt, und auch diese nur teklwetse.... Die zahlreichen Gründungen, die unter dem Namen Kriegs Wollgesellschaft.... usw. errichtet wurden, sind nicht etwa staatliche Unternehmungen, sondern Privatgesellschaften, die unter einer gewffsen staatlichen Kontrolle stehen.... Kann schan bei diesen Gründungen nicht von StaatSsozialiSmu«... gesprochen werden,... so ist die ganz übrige... Umorganisierung der Industrien... allein dem privaten Unternehmergeist zu verdanken.... Sind alle diese sogenannten KnegSgesellschaften schon ihrer Grundstruktur nach ketneSweg« sozialkstische Organisatione», so sind sie es auch um deswillen nicht, weil bei ihnen der Gewinn nicht außge- schaltet i st.... Die oft recht kleinlichen Zänkereien zwischen den verschiedenen Jnteressentengruppen über die auf die einzelnen ent« fallenden Gewinne zeigen, wie sehr hier die Kriegskonjunktur auch privatwirtschaktlich ausgenutzt werden kann, und der Egoismus, der sich in der Ausnutzung dieser Kriegskonjunktur zeigt, ist dadurch keineswegs erfreulicher, daß er unter dem Schutze halbamtlicher Or- ganifatlonen zur Entfaltung gelangen kann" usw.