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Der Rücktritt des Staatssekretärs

von Irland  .

London  , 25. Mai.  ( W. T. B.) Unterhaus. Birrell, Staatssekretär für Frland, sagte über seinen Rüdtritt, er habe die möglichen Erfolge der Sinn- Fein- Bewegung unzu­treffend eingeschätzt; er habe zwar ihren Charakter, die Zahl ihrer Helfer und der Orte, in denen diese offenbare Treulosigkeit am stärksten überwog, gewürdigt, aber er habe sich die Möglichkeit solcher Ereignisse, wie sie vorgefallen seien, nicht vorgestellt. Er babe Asquith   sein Rüdtrittsgesuch überreicht, sobald der Aufstand niedergeworfen gewesen sei. Zum Echluß sagte Birrell, ſeit Be­ginn des Krieges habe er als seine höchste Pflicht angesehen, sich zu bemühen, Europa   das Bild ungeteilter Einmütigkeit in Irland   sehen zu lassen. Um diese große Aufgabe durchzuführen, habe er ein großes und schweres Risiko übernommen, aber es ſei auch viel erreicht worden, und die irischen Soldaten, die auf allen Striegsschauplägen fämpften, feien noch immer die besten Vertreter ihres Landes.

Redmond zollte dem Staatsjefretär für Jrland Birrell warme Anerkennung und erklärte, er habe die Ansicht Birrells, daß feine wirkliche Gefahr eines Aufstandes in Sicht ge­mesen sei, geteilt und seine Meinung hätte Birrells Politik vielleicht beeinflußt. Redmond wie Carson empfahlen dringend, die große Masse der Rebellen nicht mit allzu großer Härte zu bestrafen.

Massenversammlungen von Jrisch­

Amerikanern.

New York  , 2. Mai.  ( Funtspruch des Vertreters von W. T. B.) In mehreren Städten der Vereinigten Staaten  sind Massenversammlungen von Frisch Ameri fanern abgehalten worden, um den Sympathien für Jrland Aus­brud zu geben und für eine Unterstüßung Jrlands einzutreten. Die Massenversammlung der vereinigten irländischen Gesellschaften, die it New York   abgehalten wurde, war von 3000 Personen besucht, während ungefähr 5000 feinen Zutritt mehr erhalten konnten. Unter größter Begeisterung wurde eine Resolution angenommen, in der die Hoffnung zum Ausdruc tam, daß Jrland als kriegführende Macht und als Verbündeter der Mittelmächte anerkannt werden würde. Deutschland   wurde der Dank dafür ausgesprochen, daß es, soweit die gegenwärtige militärische Lage es gestatte, Jrland in der selben Weise beistehe, wie Frankreich   einst der jungen amerikani­ichen Republik  . John Devon, der Herausgeber der Galic American", sagte in einer Ansprache: Glaubt nicht, daß Eng­land es wagen wird, Casement hinzurichten; er ist lediglich ein politischer irischer Gefangener. Gleichgültig, wie viele Führer ge­benkt oder erschossen werden, neue Führer werden auferstehen. Dieser Kampf wird fortgehen, bis das Ziel erreicht ist.

In der Versammlung der Freunde der irischen Freiheit in Massachusetts   sagte der Richter Cohalan vom Obersten Gerichtshofe in New York  : Im Mittelpunkte der ganzen Lage steht die Tatsache, daß England in diesem Kriege geschlagen worden ist. Die Gr hebung in Jrland ist der größte und wirksamste Streich, der jemals England versett worden ist. Sein ganzer Feldzug von Lüge und Betrug ist völlig fehlgeschlagen, und in den Augen der Welt, seiner řeinde, seiner Verbündeten und der Neutralen, erscheint England mieder nicht als Schüßer der schwachen und Verteidiger der kleinen Rationen, sondern als derselbe alte Tyrann wie immer. Kann man fich eine verächtlichere Rolle vorstellen, als die jest Redmond ipielt?

Griechisches Dementi.

Athen  , 2. Mai.  ( W. T. B.) Meldung der Agence d'Athenes  . Gegen die Agence Radio, welche die Nachricht verbreitet hatte, daß die griechischen Offiziere eine 2iga zur Vertei digung des Königs gebildet hätten, ist eine gerichtliche Untersuchung eingeleitet worden. Die Nachricht ist, wie amtlich fest­gestellt wird, frei erfunden.

Der Druck auf Griechenland  .

Bern  , 3. Mai.  ( W. T. B.) Tribuna" bemerkt zu der Beigerung Griechenlands  , die Serben durch griechisches Gebiet ziehen zu lassen, die Angelegenheit fei damit nicht erledigt, sondern bie Entente werde genötigt jein, bei aller Achtung für die griechische Souveränität zu tun, was die Vernunft des Krieges verlange; Griechenland   werde gezwungen werden, den bitteren selch seiner Passivität bis zur Neige au leeren.

Der französische   Tagesbericht.

Baris, 4. Mai.  ( W. T. B.) Amtlicher Bericht vom Mittwoch nachmittag. In den Argonnen versuchte der Feind nach lebhafter Beschießung mit tränenerregenden Granaten gestern abend einen kleinen Angriff mit drei Kompagnien gegen unsere Schüßengräben zwischen La Herazee und Four de Paris. Die Deutschen  , die einen Augenblid in unseren vorgeschobenen Graben­Stüden Fuß gefaßt hatten, konnten sich dort nicht halten und zogen sich zurüd, von unserem Fener schwer geschädigt. In der Gegend von Verdun   ziemlich starke Tätigkeit der beiderseitigen Artillerie in den Abschnitten Toter Mann" und Douaumont. Unsere weit­tragenden Geschütze beschossen den Bahnhof von Sebastopol. In Lothringen   Zusammenstöße von Patrouillen in der Gegend von Moncel. An der übrigen Front war die Nacht ruhig.

Paris  , 4. Mai.  ( W. T. B.) Amtlicher Bericht von Mitt. moch abend. Westlich der Maas   heftiges Bombardement im Ab­ichnitt von Avocourt. Am späten Nachmittag nahmen unsere Truppen im Laufe eines glänzenden Sturmangriffs deutsche Stellungen nord­westlich von Toter Mann". Wir machten an hundert Gefangene nd eroberten vier Maschinengewehre. Aussehende Artillerietätigkeit auf dem übrigen Teile der Front.

Belgischer Bericht: Die wechselseitige Artillerietätigkeit cauerte während der ganzen Nacht in der Gegend von Digmude et, um gegen Morgen an Heftigkeit zuzunehmen. Nachmittags nahm iie an Heftigkeit ab. Nichts Besonderes von dem übrigen Teile der Front.

Die englische Meldung.

London  , 4. Mai.  ( W. T. B.) Amtlicher Bericht vom Mittwoch. Kein besonderes Ereignis in den legten 24 Stunden. Auf beiden Seiten beschränkte man sich auf Artillerietätigkeit und ge­ringen Minenfampf. Wir ließen heute östlich von Souchez drei Minen springen. Gleichzeitig beschossen wir die feindlichen Gräben. Ziem lich heftiges gegenseitiges Bombardement südlich von St. Eloi und Deftlich von Angres. Unsere Luftstreitkräfte leisteten Beträchtliches. Gestern unsichtiges Wetter. Von den feindlichen Fliegern war wenig zu sehen.

London  , 3. Mai.  ( W. T. B.) Lord French meldet: Ein feindliches Flugzeug, das von Ramsgate   her heute nach­mittag 8 Uhr 59 Minuten über Deal erschien, warf sechs Bomben ab, welche den Bahnhof und mehrere Häuser schwer beschädigten. Ein Mann wurde ichter verlegt. Das Flugzeug verschwand, indem es über den Wolfen davonflog. Unsere Flugzeuge haben die Verfolgung aufgenommen.

Meldung des Großen Hauptquartiers.

Amtlich. Großes Hauptquartier, 4. Mai 1916.( W. Z. B.)

Westlicher Kriegsschauplah.

Im Abschnitt zwischen Armentières   und Arras   herrschte stellenweise rege Gefechtstätigkeit. Der Minenkampf war nordwestlich von Lens, bei Souchez und Neuville besonders lebhaft. Nordwestlich von Lens scheiterte ein im Anschluß an Sprengungen versuchter englischer Vorstoß.

Im Maasgebiet erreichte das beiderseitige Artillerie­fener am Tage zeitweise große Heftigkeit, zu der es anch nachts mehrfach anschwoll. Ein französischer Angriff gegen unsere Stellungen auf dem von der Höhe" Toter Mann" nach Westen abfallenden Rücken wurde abgewiesen. Am Südwesthange dieses Rückens hat der Feind in einer vor­geschobenen Bostenstellung Fuß gefaßt.

Von mehreren feindlichen Flugzeugen, die heute in der Frühe auf Ostende   Bomben abgeworfen, aber nur den Garten des königlichen Schlosses getroffen haben, ist eines im Luftkampf bei Middelkerke   abgeschossen. Der Jusasse, ein französischer Offizier, ist tot. Westlich von Lievin  stürzten zwei feindliche Flugzeuge im Fener unserer Ab­wehrgeschüße und Maschinengewehre ab. In der Gegend der Feste Vaug wurden zwei französische   Doppeldecker durch unsere Flieger außer Gefecht gesetzt.

Deftlicher Kriegsschauplah.

An der Front ist die Lage im allgemeinen un­verändert.

Unsere Luftschiffe haben die Bahnanlagen an der Strede Molodeczno- Minsk   und den Bahnkreuzungspunkt Luniniec   nordöstlich von Pinsk   mit beobachtetem Erfolge angegriffen.

Balkan  - Kriegsschauplah. Reine wesentlichen Ereignisse.

Oberste Heeresleitung.

" L 20" verloren, Mannschaft gerettet. Amtlich. Berlin  , 4. Mai.  ( W. T. B.) Ein Marine Luftschiffgeschwader hat in der Nacht vom 2. zum 3. Mai den mittleren und nörd­lichen Teil der englischen Ostküste an­gegriffen und dabei Fabriken, Hochöfen- und Bahn­anlagen bei Middelsborough und Stockton  , Industrie­anlagen bei Sunderland, den befestigten Küftenplatz Hartle­ pool  , Küstenbatterien südlich des Tees- Flusses sowie eng­lische Kriegsschiffe am Eingange zum Firth of Forth   aus­giebig und mit sichtbar gutem Erfolge mit Bomben belegt. Alle Luftschiffe find trotz heftiger Beschießung in ihre Heimatshäfen zurückgekehrt bis auf L 20", das in­folge starken südlichen Windes nach Norden abtrieb, in Seenot geriet und bei Stavanger   verloren ging. Die gesamte Besatzung ist gerettet.

Am 3. Mai nachmittags griff eines unserer Marine­flugzeuge eine englische Küstenbatterie bei Sandwich­südlich der Themsemündung  - sowie eine Flugstation west­lich Deal mit Erfolg an.

Auch in der Ostsee   war die Tätigkeit unserer Marineflieger lebhaft. Ein Geschwader von Wasser­flugzeugen belegte erneut das russische Linienschiff " Slawa" und ein feindliches Unterseeboot im Moonsund mit Bomben und erzielte Treffer.

Ein feindlicher Luftangriff auf unsere Küstenstation Bissen hat keinerlei militärischen Schaden angerichtet.

Eines unserer Unterseeboote hat am 30. April vor der flandrischen Küste ein englisches Flugzeug heruntergeschossen, dessen Jusaffen von einem feindlichen Zerstörer aufgenommen wurden. Der Chefdes Admiralstabes der Marine.

Der öfterreichische Generalstabsbericht.

Wien  , 4. Mai.  ( W. T. B.) Amtlich wird verlautbart: Russischer Kriegsschauplay. Nordwestlich von Tarnopol   brachten unsere Erkundigungs­truppen einen russischen Offizier und hundert Mann als Ge­fangene ein. Stellenweise Artilleriekampf.

Italienischer Kriegsschauplatz.

Gegen den Tolmeiner Brückenkopf, den Raum von Flitsch und mehrere Abschnitte der Kärntner   Front entwickelte die feind­liche Artillerie gestern eine erhöhte Tätigkeit. Im Tiroler Grenz­gebiete kam es nur zu mäßigen Geschützkämpfen. Die Gefechte in den Felsriffen des Edemelokammes zwischen Stablel und Corno di Cavento dauern fort.

Heute nacht überflog ein feindliches Luftschiff unsere Linien in der Wippachmündung, warf hier Bomben ab und setzte sodann feine Fahrt zuerst in nördlicher Richtung und weiterhin über dem Zdrietal nach Laibach und Sellach fort. Auf dem Rüdwege ver legte ihm unfer Artilleriefeuer bei Dornberg den Weg. Gleich­zeitig von unsern Fliegern angegriffen und in Brand geschossen, stürzte es als Wrack nächst des Görzer Egerzierplates ab;" bie vier Insassen sind tot.

Mehrere eigene Flugzeuge griffen gestern die italienischen Lager bei Bileffe an und lehrten nach Abwurf zahlreicher Bomben und heftigem Luftkampf wohlbehalten zurüd.

Ruhe.

Südöstlicher Kriegsschauplah.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes bon Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Ereignisse zur See.

Am 3. nachmittags hat ein Seeflugzeuggeschwader Bahnhof, Schwefelfabrik und Kaserne in Ravenna   mit Bomben belegt, gute Wirkung, Brände in der Schwefelfabrit und am Bahnhnf beob achtet. Bon zwei Abwehrbatterien heftig beschossen, sind alle Flugzeuge unversehrt zurückgekehrt.

Um dieselbe Zeit stieß eine refognofzierende Torpedoboots­flottille füdöstlich der Pomündung auf vier feindliche Zerstörer. Es entspann sich ein erfolgloses Feuergefecht auf große Distanz, da bie überlegene Gefchwindigkeit des Feindes ein Näherkommen nicht zuließ. Mehrere Flugzeuge beteiligten fich am Kampf und haben die feindlichen Torpedofahrzeuge mit Maschinengewehren beschossen.

Flottenkommando.

Der Feldzug in Mesopotamien  .

Von Richard Gädke.

Wenn die vorbergangene Woche ihr Gepräge durch die Ein­nahme Trapezunts erhielt, so wird die letzte durch die Waffen­stredung des englischen Generals Townshend in Kut   el Amara beeinflußt. Das Ereignis war mit einer gewissen Ungeduld erwartet; denn solange die Stadt widerstand, waren schließlich noch immer Zwischenfälle möglich. Die Freude der Türken über den heißumstrittenen Erfolg, der am 29. April eintrat, ist voll berechtigt.

Als die Engländer im Spätsommer des Jahres 1915 ihren Vormarsch von Bassorah gegen das 450 Kilometer entfernte Bagdad  antraten, lag dem ein wohlberechneter, weit vorausschauender wirt­schaftlicher und politischer Plan zugrunde. Es galt zunächst in diesen Grenzgebieten zwischen der Türkei  , Persien   und den halb unabhängigen Gebieten Arabiens das Ansehen der englischen Macht zu befestigen und jede Neigung der mohammedanischen Welt im Reime zu ersticken, sich etwa dem Nufe zum heiligen Krieg folgsam zu erweisen. Damit sicherte man zugleich am wirf samsten die eigene Herrschaft in Indien   und in Aegypten  . Darüber hinaus aber schien es hier möglich, sich von vornherein einen großen Siegespreis des Weltringens zu sichern. Die jest verwahrlosten aber hoffnungsschweren Gebiete des Zweistromlandes, durch englisches Kapital befruchtet, waren offenbar der glänzendste Zuwachs des britischen Reiches, der auf der ganzen Erde noch zu finden war. Man fonnte berechnen, daß sie das Nilland einst an Fruchtbarkeit übertreffen und das hineingesteckte Geld hundertfach verzinsen würden. Hier konnte der deutsche Wettbewerber mit seinen eigenen Zukunftserwartungen schwerer als in Afrika   getroffen werden, das großartige Wert der Bagdadbahn   eine Sackbahn geworden, der Weg zum Weltmeer wieder an einer Stelle verrammelt! Und zugleich auch gegen den russischen Freund und Bundesgenossen eine fleine freundnachbarliche Vorsichtsmaßregel: die Einflußsphäre in Persien  zu Englands Gunsten doppelt gesichert und erweitert, auch Rußland  wie durch die Japaner im Osten, so hier im Süden pom freien Weltmeere abgeschlossen und mit doppelter Wucht auf den Aus­dehnungsdrang nach Westen gewiesen.

Der unfehlbare Herrscherinstinkt der angelsächsischen Nasse hat fich hier wieder einmal glänzend bewährt!

Aber auch ihr Hochmut, ihre Sorglosigkeit, ibre militärische Un­fähigkeit. Mit einer fast noch beispielloseren Unterschäzung des Gegners, als sie vor den Dardanellen bewiesen, fandten sie eine einzelne Division von kaum mehr als 20 000 Köpfen, einschließlich des Trosses, durch das brennendheiße Wüstenland den Tigris   auf­wärts ins Unbekannte und fast ins Riellose hinein, mit schlecht ge sicherten Verbindungen nach rüdwärts.

Der Anfang war glücklich genug. Der Türkei   standen hier an fänglich in der Gegend von Korea  , am Zusammenflusse des Euphrat  und Tigris  , nur schwache Truppenkräfte, verstärkt durch irreguläre Araberbanden, zur Verfügung. In verschiedenen Gefechten wurden sie beiseite gedrängt, allerdings, wie C3 fcheint, night völlig von den Verbindungen der englischen Truppen abge­schoben und dann fröhlichen Mutes der Marsch auf Bagdad  angetreten. Im September besetzte die englische Division es war die 6. Poona- Division unter General Townshend Kut el Amara, nur noch 100 Kilometer Luftlinie von Bagdad   entfernt! Der Marschweg, der der Verpflegung wegen den ewigen Krümmungen des Tigris­Taufes folgen mußte, war allerdings ganz erheblich länger. Gegen Ende November endlich traf General Townshend   in der Gegend des alten Ktesiphon   ein, 50 Kilometer südöstlich Bagdad  . Aber hier traf er auf überlegenen Widerstand und auf eine überlegene Führer kunst. In den heißen Kämpfen vom 23. bis 26. November wurde er mit schweren Verlusten geschlagen und mußte in eiliger Flucht und in einem Zuge bis Kut   el Amara weichen. Bereits am 4. De­zember trafen die entschlossen folgenden Türken vor seinen Stellungen ein. Hier nun beging der englische General den zweiten und folgenschwersten Fehler, vielleicht auch diesmal wieder durch die Befehle der Londoner   Regierung gedrängt! Gs mag sein, daß er in Kut   el Amara einige Verstärkungen vorfand, befestigt hatte er es schon während seines Vormarsches; der Tigris  , auf dem englische Monitore ihm gefolgt waren, schien ein sicherer Verbindungsweg, und er wußte, daß neue Truppen von Indien   her unterwegs waren. So entschloß er sich, anstait zunächst die Verbindung mit diesen zu suchen und dann einen neuen Vormarsch anzutreten, in Stut el Amara stehen zu bleiben und dort den türkischen Angriff abzuwehren wiederum in hochmütiger Ver­achtung der Unternehmungslust des Gegners. Am 11. Dezember scheint dieser zunächst einen vergeblichen Angriff auf die starken Linien Townshends gemacht zu haben; dann aber breitete er sich aus, umfaßte den an einen Punkt gefesselten Gegner und fandte gleichzeitig eine Dedungsarmee den anmarschierenden englischen Verstärkungen entgegen. Anfänglich war die Einschließung eine Iodere und Townshend scheint noch mehrfach Schießbedarf und Ver­pflegung hereinbekommen zu haben. Aber die Türken schnürten bas englische Lager enger und enger ein und hielten ihre Dedungsarmee bei Aligarti, flußabwärts, in einer Entfernung von 70 bis 80 Stilo­meter von der eingeschlossenen Festung, so daß beide Heeresteile fich fortdauernd gegenseitig unterstüßen fonnten. Am 6. Januar 1916 erfolgte dann der erste Borstoß der Entsazarmee unter Aylmer, der die Türken zunächst bis Essin und Felabie zurückdrängte, zulegt aber in den Tagen bis zum 9. Januar völlig scheiterte. Von dieser Seit an scheint Townshend abgesehen durch Flugzeuge von jeder wirksamen Verbindung nach außen abgeschnitten gewesen zu sein. Verschiedene Versuche, ihm auf dem Flusse Vorräte zuzuführen, scheiterten an den Gegenmaßnahmen der Türken, die die feindlichen Schiffe teils taperten, teils vernichteten.

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Inzwischen waren im Dezember und Januar die englischen Truppen von der Gallipoli- Halbinsel zurückgezogen worden. General Aylmer erhielt die von dort abgerufene 13. Division zur Unter­stügung und ist dadurch, soweit aus englischen Nachrichten zu er sehen, schließlich auf eine Streitmacht von drei Divisionen( bie 3., 7., 13. Division) oder 50 000 bis 60 000 Mann verstärkt worden. Es ist vielleicht auch kein ganz zufälliges Zusammentreffen, daß am 10. Januar die Russen ihren großen Angriff gegen Armenien   unter Großfürst Nicolai begannen und gleichzeitig in Persien   energische Borstöße gegen Kermanfchah, auf dem Wege nach Bagdad  , einleiteten. Trotzdem fie aber am 16. Februar Erzerum einnahmen und sich mit ihrem linken Flügel über Bitlis   in südlicher Richtung gegen Mesopo­ tamien   auszubreiten suchten, trozdem sie am 27. April von Persien  aus nur noch 175 Kilometer von Kut el Amara   entfernt sein wollten, fcheiterte schließlich der Zusammenflang dieser großartigen Um fassungsbewegung an den weiten Entfernungen, dem schwierigen Gelände, dem Widerstande der Türken und vor allen Dingen an den dauernden Mißerfolgen der Engländer.

Schon am 18. Januar mußte General Aylmer nach London  melden, daß das Wetter" jeden Fortschritt hindere. Das Wetter hat dann auch später eine große Rolle gespielt; zuerst war es eine ungewöhnlich eisige Kälte, dann eine ungewöhnliche Hize mit Staub­winden, endlich die Ueberschwemmung! Alle Elemente hatten sich gegen die Engländer verschworen. Nach türkischen Meldungen haben ihre Truppen freilich ebenso sehr darunter gelitten, aber den Widrig teiten zum Troze siegreich ausgehalten.

Im Beginne des Februar wurde die Lage des Generals Townshend bereits fritisch; es gereicht ihm und seinen Truppen zu hohem Ruhm, daß sie rozdem noch zwei Monate ausgehalten und Sturmangriffe der Türken abgewehrt haben. In solchen Lagen hat der englische Soldat zu allen Zeiten seine wertvollen Eigenschaften zähen aushaltens bewiesen. Am 2. Februar erfolgte ein neuer Entsagversuch Aylmers, der aber nach hin und herwogenden Gefechten am 5. wiederum abgewiesen war. Er be­fand sich damals 45 Kilometer von Kut el Amara   entfernt und ist trog aller Vorstöße der belagerten Festung später nur um wenige Kilometer und immer nur vorübergehend näher gefommen. Die wiederholten Angriffe am 22. Februar, am 6. bis 8. März, am 10. und 11., am 22. des gleichen Monats scheiterten zum Teil unter sehr schweren Verlusten; die Tage des 6. bis 8. zum Beispiel kosteten ihn 5000 Mann. Der erfolglose General wurde, wie das so zu gehen pflegt, zur Strafe abberufen; er büßte für die Sünden der Politiker. Aber auch sein Nachfolger, General Gorringe, der viel