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Gebiete der Sozialpolitik. Freiestem Walten der Arbeitgeber im Kampf gegen die Interessen der Arbeiter redete er daS Won. Erinnert fei an seine Ablehnung, gegen jene Organisation des Arbeits« Nachweises mit Zwangscharalter durch die Bewergwcrks- besitzer im Ruhrrevier vorzugehen, wonach durch diesen Zwang die Verwendung der Arbeitskrast mißliebiger Arbeiter gehemmt sowie die Freizügigkeit und das Koalitionsrecht des Arbeiters unterbunden war. Als bei BergarbeiterauS st ändep im MmiSfeldschen und im Weste» lviilitär zugunsten der Besitzer entsendet wurde, verteidigte Delbrück diese Maßregel. Ter von ihm vorgelegte Arbeitskammergesetzentwurf sollte die Kraft der selbständigen, gewerkschaftlich organisierten Arbeiter schwächen. Dem Koalition s recht, erklärte er, loolle er nicht an den Kragen und wolle auch kein Sonder gesetz zum Schutze der Arbeitswilligen. Desto lebhafter trat er für eine Auslegung des Gesetzes und für eine in das all gemeine Strafgesetzbuch gepreßte Sonderbesirafung gegen Arbeiter ein, die von ihrem Koalitionsrecht Gebrauch machen würden. Au dem Gebiete der Versicherungsgesetzgebung kam unter Delbrücks Staatssekretariat die Reichsversicherungsordnung zu stände, die die Beitragslasten erhöhte, dieRenten" für Witwen und Waisen schuf und die Selbstverwaltung den Ver sicherten nahm. Nirgends ein Lichtblick auf dem Gebiete der Sozial Politik, und doch prägte Delbrück im Jahre 1S14 das Wort, es müsse eine Pause in der Sozialpolitik eintreten. Tragikomisch wirkte es, daß dieser stramm konservativ gerichtete Staatssekretär von den Ultra? in Preußen öfter angehaucht wurde, weil er nicht genugstarker Mann" war. Dem Staatssekretär fehlte zur Inangriffnahme einer gedeih« licheu Wirtschafts- und Sozialpolitik die Fähigkeit, den Interessenten- kreisen gegenüber durchzugreifen, die sich sozialen Zielen entgegen stemmten. Sie mußte ihm fehlen, weil dieser Minister für Sozial Politik selbst den Zielen einer solchen widerstrebte. Den Beweis bis in die letzte Zeit hinein liefert das Mäuslein einer Vercinsgcsetznovclle und das Wirken Delbrücks auf dem Gebiete der Lebensmittelversorgung. Statt großzügiger Inangriffnahme der Regelung einer Produktion von Reichs wegen und einer Durch- führung einheitlicher Verteilung der Produkte: allzugroße Rücksicht« nähme aus die Interessenten und hin- und herschwankendes Borgehen auf dem Gebiete der Verteilung: einen Schritt vorwärts und, so bald die mächtigen Interessentenkreise sich regten, drei rückwärts. Durchweg nur Scheinreform, eine Unmenge Arbeit und Behörden, aber nirgends volle resultatlicferndc Arbeit. Dem Nachfolger Delbrücks steht ein reiches Feld nutzbringender Tätigkeit auf dem Gebiete der Wirtschafls- und Sozjpl-, vor allem auf dem der Ernährungspolitik offen. Wird er es fruchtbar bt ackern oder durch festgewurzelte Vorurteile und durch Steinwürfe aus altpreußifchem Lager eine gedeihliche Saat sich verderben lassen?

politische Uebersicht. Die Regierung gegen die Reichsvermögenssteuer. Eine offiziöse Nachrichtenstelle schreibt: In einem Bericht über die bevorstehende Tagung des preußitchen Abgeordnetenhauses ist ausgeführt, es solle im Reichs- tage die Absicht bestehen, an Stelle der von der Kommission be schlossenen Erhebung einer vierten Rate des Wehrbeitrags eine ReichSvecmögenssteuer zu beschließen. Das preußische Abgeordneten- hauS würde, falls diese Absicht zur Durchführung gelaugte, die von der Regierung eingebrachte Vorlage über die Erhöhung der Zuschläge zur Einkommen- und Ergänzungssteuer ablehnen. Diese Ausftihrungen dürsten im B u n d e s r a r e die Beachtung finden, die sie verdienen. Denn in ihnen tritt die Gefahr klar in die Erscheinung, die sich aus einer gleichzeitigen direkten Be steucrung von feiten des Reiches und der Bundesstaaten ergibt. Preußen ist gezwungen, die Fehlbeträge in den Etatsjahren während des Krieges' durch Mehreinnahmen aus den direkten Staatssteuern in Höhe von 100 Millionen auszugleichen. Hierzu soll für die Dauer des Krieges eine Erhöhung der Einkommen- und Er« gänzungssteuer eingeführt werden. Andere Wege, um das Gleich- gewicht zwischen Staatseinnahmen und-ausgaben wiederherzu- stellen, stehen nicht zur Verfügung. Der Gesetzentwurf findet denn auch im Landtage eine fichere Mehrheit. Und nun wird plötzlich sein Zustandekommen in Frage gestellt, weil der Reichstag an« geblich eine Reichsvermögenssteuer zu beschließen beabsichtigen soll.

Ja, Herr Major, die Mücken!" Ach was, Mücken Mücken! Die Mücken schießen Ihnen kern Loch in' Kopp. Schade um jeden Kerl, den uns die Schweine noch runterholen." Kopp weg, Bsene weg, det andre jeht alleene weg. Mit diesen Worten sprang Leutnant L.... zu mir ins Loch. Dann wurde Kriegsrat gehalten. Das Ende war, wir mußten hundert Meter weiter vor und von neuem einbuddeln. Gegen Abend- dämmern mußten wir dann noch den Weizen hundert Meter vor uns niedertreten, um freies Schußfeld zu gewinnen. Franz jam- merte und wehmerte über das schöne Korn,-das so verast wird. Jeder Tritt schnitt ihm in seine biedere Landwirtsseele. Er schimpfte auf den Krieg und hätte fast den Gehorsam verweigert. Schließlich sah er die Notwendigkeit ein und wir pennen beruhigt, mit einer Wachunterbrechung, bis in den glühenden Marge::. Der Tag war ruhig, warm und zufriedenstellend bis auf die »rangelnde Verpflegung. Die Küchen konnten nicht ran. Der zweite Tag ohne warnies Essen wieder mal. Dafür gab's ein halbes Brot uick> schweinernes Büchsenfleisch. Frühmorgens war ich noch schnell ins Gut geeilt und hatte mir auf der Glut der eingeäscherten Häuser einen Topf Tee gekocht. Am Tage schliefen wir weiter. Mittags tvar Panje abgezogen. Eine Patrouille kam atemlos zurück. Der Führer war geblieben. Bier Mann mit einer Bahre gingen los, ihn zu suchen. Wir fanden ihn am Waldrand. Herz- und tzalsschuß. Schon starr. Und trugen ihn zurück.-.. Unterdes war das Bataillon vorgeruckt in den Wald und hatte Zelle gebaut. Ter Abend brach herein. Wir schritten über den Kartoffelacker vor den: Gut. Jetzt sah ich erst, wie gräßlich der Tod hier gewütet hatte. Verkrümmt und gestreckt, manche das Gewehr noch in der Faust, das Bajonett in die Erde gebohrt, in die Knie gesunken, oder auch sitzend, so lagen die grauen Bündel, die noch eben blüheiche Menschen voll Lebenslust und Witz waren, vom jähen Tod ereilt im stürmenden Lauf. Die letzten Strahlen der finkenden«onne spielten liebkosend über die kleine Schar namenloser Helden, die mit ihrem Herzblut die fremde Erde tränkten zum Schutz des Vaterlandes und ach zum Schmerze doch der eigenen Mütter. Ich schritt zu unserem Graben weiter unser Gepäck und Ge­wehre standen noch dort machte ein Feuer an und kochte Tee. Wie wir zusammen beim Tee sitzen, da kommt ein kleines, mageres, graues Kätzchen aus dem Korn, schnurrte um uns rum, sprang mir auf die Schulter und rieb sich an meiner Wange. Brot mochte oder konnte es nicht fressen; weiter hatten wir nichts. Wir schulterten unser Gepäck ans und zogen dem Bataillon nach in den nahen Wald, das Kätzchen sprang uns eine Welle nach und oerschwand dann bei der hereinbrechenden Finsternis. Im Wald bei knisterndem Lagerfeuer und warmein Wendbrot mit Regimentsmustk mußte ich des kleinen Tieres deuten, das nicht Haus noch Untertunsl noch Herrn hat und gewiß klang- und klaglos in seiner hllsloscn Jugend Maienblüte verschollen ist. Durch den Wald schmetterten die Töne von Lutzows wilder ver- jvvgener Jagd.£. D--

Diese Absicht kann nur die Wirkung haben, den Bundesrat in seinem grundsätzlichen Wider stände gegen die Einführung direkter Reichs steuern noch zu b e st ä r k e n. Preußen und ebenso die anderen Bundes- staaten konnten es sich nicht gefallen lassen, daß ihre durch den Krieg notwendig gewordenen Maßnahmen zur Stei- gerung der Staatseinnahmen durch Reichstagsbeschlüsie unmöglich gemacht werden. ES darf infolge dessen heute mit Sicherheit darauf gerechnet werden, daß der Bundesrat einen etwaigen ReichStagSbeschtuß zur Einführung einer Reichsvermögenssteuer mit einemunannehmbar" beantworten wird." Eine solche Steuerpolitik des Bundesrates wäre daS Ver- kehrtcsie, was sich angesichts der großen Steuerprobleme, die der Krieg für Reich und Bundesstaaten aufgeworfen, denken ließe. Will man keine Flickreformen, die das Steuerelend verewigen und für Reich und Einzelstaaten eine immer neue Quelle von Verlegenheiten und Unerquicklichkeiten bilden müssen, so kann nur eine großzügige Steuerreform den Wirr warr lösen, der mit dem famosen Prinzipdurch Steuern der Einzelstaaten" radikal bricht. Von Dallwitz über das Kriegsende. Beim Kaiserlichen Statthalter von Dallwitz fand ein Empfang der Mitglieder der Ersten Kammer statt. Der Statthalter hielt eine Ansprache, die damit schloß: Dem Wunsche, daß es unserem Kaiser bald beschieden sein möge, mit dem Schwerte einen ruhmvollen Frieden zu diktieren, bitle ich Ausdruck zu geben durch den Ruf S. M. der deutsche Kaiser, Hoch!" Nationalliberale Wahlvorbereitungen. Der Vörfitzende der nationalliberalen Parteiorganisation des Rheinlandes, Professor Moldenhauer, entwickelt in derNational- liberalen Korrespondenz für die Rheinprovinz " ein detailliertes Pro- gramm der nationalliberalen Vorarbeiten für die nächsten Reichs- tagswahlen. Er behauptet, daß die Krieger von den Daheim- gebliebenen die Fortsetzung einer sicheren inneren nationalen und auch liberalen Politik verlangen und führt dann wörtlich aus: Nach dem Kriege werden die Parteien sich im harten Kampfe gegenüberstehen. Hier erwächst eine politische, für unsere Partei eine so recht nationale und liberale Aufgabe während des Krieges, unseren Parteifreunden es zur innigen Ueberzeugung werden zu lassen, daß es keine außerhalb des Vaterlandes st ech e n d e n Gegner mehr gibt, daß man mit ihren politischen Grundsätzen und Anschauungen ringt, in ihnen selbst aber stets Dlänner sieht, die von demselben vaterländischen Geiste zu ihren Forderungen getrieben werden. Danach werden die Parteistellungen auch bei den Wahlen sich vielfach anders bilden als früher. Und da es nicht ausgeschlossen ist, daß im nächsten Jahre die ReichStagSwahlen stattfinden, so muß es jetzt schon eine politische Aufgabe sein, in. den einzelnen Wahlkreisen die Organisationen aufrechtzuerhalten, sich um die anderen Parleien zu kümmern, wenn möglich auch schon ge- eignete Kandidaten in Aussicht zu nehmen und durch sie recht beizeiten, nicht erst kurz vor der Wahl, die Wähler zu gewinnen. Nach Hinweisen aus die zugkräftigsten Agitationsmaterialien, Steuer« und Lebensmittelsragen, und nach Anleitung, welche Forde rungen von den nationalliberalen Vereinen auf diesem wie auf dem Gebiete der Sozialpolitik aufgestellt werden müßten, appelliert Prof. Moldenhauer zum Schluß aber auch an den Geldbeutel seiner rheini- chcn Parteigenossen: Der Krieg hat recht vielen Wahlkreisen unseres Vater- landeZ, vor allem des Rheinlandes, große Einnahmen ge- bracht Und bringt sie noch. Sie dürfen sich nicht weigern und sperren, auch ihrer Partei das nötige Opfer zu geben. Was sie jetzt vielleicht als verlorenes Kapital ansehen, das bringt ihnen überreiche Zinsen in der Zukunft." Tie Konservativen znr Wahlvorlage. In einem ArtikelVom politischen Umlernen" schreibt der Landtagsabgeordnete Graes in derKreuz-Zeitting": Wer die staatlichen Fragen nicht nur von unten, sondern auch von oben aus betrachtet, ivird das nicht tadeln, da der Bundesrat, der das so unentbehrliche Zweikammersystem im Reiche wahrt, zu- weilen schon recht tapfere Beweise einer sachlich nicht erforderlichen Nachgiebigkeit gegen allzu demokratische Reichstags- wünsche an den Tag gelegt hat. Im übrigen ist ja n i ch t daran zu zweifeln, daß eine Aenderung dcs preußi- 'chen Wahlrechts von der Regierung nach dem Kriege vorgelegt wird, und auch die konservative Partei des Abgeord- ncten'hauses hat noch im Anfang dieses JahreS durch ihren Führer erklären lassen, daß sie gewillt ist, an der Verbesserung der Schwächen dieses Wahlrechts mitzuarbeiten. Die radikale Presse braucht also gar nicht immer wieder verstehen zu geben, daß die Volksmassen gewissermaßen mn der preußische» Wahlreform willen in den Krieg gezogen seien; sie erreicht ihren Willen auch ohne diese absurde Unterstellung." Wie die Mitarbeit der Konservativen bei der Wahlvorlage sein wird, ist ja zur Genüge aus dem Jahre 1S0S bekannt. Alte Methode«. Der Arbeiterturnverein in Osmünde (Regierungs- bezirk Merseburg ) hatte wegen einer Verordnung bei General­kommandos, wonach junge Leute unter 13 Jahren-öffentliche Wirt- ichaften nicht besuchen dürfen und dadurch der Turnbetrieb ver« hindert wurde, an das Generalkommando und den Amtsvorsteher ein Gesuch eingereicht, daß für die Zeiten der Turnstunden eine Aus nähme gemacht würde und der Turnbetrieb unbehindert stattfinden könne. DaS Generalkommando hat das Gesuch ohne weiteres genehmigt, vom Amtsvorfteher blieb aber die Antwort aus. Der OSmünder Verein ließ nun auf Grund der Genehmigung des GenerallommandoS die Jugendlichen wieder an den Turnstunden teilnehmen, da er glaubte, die körperliche Erziehung als eine der höchsten staatsbürgerlichen Pflichten betrachten zu müssen. Die Merseburger Regierung scheint aber anderer Meinung zu sein, denn ie ließ dem Turnletter der betreffenden Jugendabtcflmig, wie die Arbeiter-Turnzeiwng" mitteilt, ein Verbot folgenden Inhalts zu- gehen: Merseburg , 22. April 1V1S. Wie unS berichtet worden ist, werden in dem dortigen Ar- beitermrnverein. der seine Uebungen in dem Lokale des Anton Sugustyniak daselbst abhält, auch jugendlicbe Personen unter IS Jahren aufgenommen, die sich an den Turnübungen beteiligen. Sie selbst nehmen die Stellung als Turnleiter ein. Nach der In« strultion vom 31. Dezember 1339 bedürfen alle Privatlehrer, also auch alle Leiter von Turn- und Leibesübungen oder von Turn« und Jugendspielen privater Vereine, zur Ausübung dieser Tätig- keit eines staatlichen Erlaubnisscheines. Da Sie sich nicht im Be« sitze eines solchen befinden, müssen wir Ihnen die Ausübung der vorbezeichneten Tätigkeit untersagen. _ Unterschrift unleserlich." berechtigte Kritik. Der MunAener Polizeipräsident. Freiherr v. Grundherr, hat kürzlich in einer öffentlichen Versammlung zu München die Zu- tände in seiner Stadt einer kritischen Beleuchtung unterworfen. Wir können uns mit der Tendenz seiner Ausführungen nicht voll einver« tanden erklären und hallen auch einzelne feiner Ausstellungen für unberechtigt. Trotzdem wollen wir einiges aus seiner Kritik wieder« geben. Der Polizeipräfident sagte nach emem Bericht der, T ä g l. Rundschau" unter anderem:

Man darbt gern für Freunde der Einfachheit und Mäßigkeit, man stirbt gern für deutsche Schlichtheit und deutschen Idealismus. Aber für... und Genußjäger, für selbstsüchtige, oberflächliche Lebe- männer und Hamster, für eitle, kokette Frauen Opfer zu bringen, fällt schwer, weil sie des Opfers nicht würdig sind. Ich stelle folgendes gegenüber: Musik Veranstaltungen am Nachmittag in den Kaffeehäusern, wo aufgeputzte Frauen, Mädchen und Kinder, gepaart mit leichtfinnigen Lebe- männern, um teuren Preis in Ueppigkeit schwelgen. Auf der andern Seile die-1000 bis BOÜO K r i e g er s r a u e n und Klein« gewerbetreibenden, die sich an jedem Markttag in den frühesten Morgenstunden, schon von 1 Uhr ab, am Biktualienmarkt ansammeln, um am nächsten Morgen in der Freibank ein Stückchen Fleisch um einen Preis zu erhallen, den sie erschwingen können. Geduldig und ohne Murren barren sie sechs bis acht Stunden, bei jeder Witte- rung in dürftiger Kleidung, bis die Reihe an sie kommt! Und wenn, wie dies fast regelmäßig der Fall ist, für 300, 400 oder 500 nichts übrig bleibt, so fügen sie sich ruhig in ihr Schicksal. Diese Armen und Aermsten üben Selbstzucbt und Zurückhaltung. Ich verweise auf das Wohlleben vieler reicher Familien, für die der Krieg nicht zu existieren scheint. Sie halten ihre G a st e« r e i e n wie im Frieden, und gewinnsüchtige Geschäftsleute ermög« lichen Meie Schlemmereien durch heimliches Zusenden der nötige» Leckerbissen. Erwähnen möchte ich ferner einige Lebemänner, die eS verstanden haben, ihre Unabkömmlichkeit nachzuweisen und dann neben ihrem Wohlleben ausschließlich dem Jagdsport und sonstigen Vergnügungen huldigten. Das liebe Ich war ihre einzige Sorge. Es ist gelungen, sie in den Schützengraben zu versetzen. Ich erinnere an oie..., stir die Vaterlandsliebe und deutsches Pflichtgefühl aulhören, wenn ihr Geldbeutel in Frage kommt. Eine wirtschaftliche Vereinigung Münchens hat erst kürzlich geschrieben: Die Preisangebote, die sogenannte große Handelsgesellschaften und Großfirmen stellen, übertreffen mitunter den schamlosesten.... den man sich denken kann. ES werden knappe Artikel zu furchtbaren Preisen angeboten." Diesem gefäbrlichen Treiben muß gesteuert werden. Einzelne Firmen haben riefige Mengen von Lebensmitteln in der Hand und erzielen ganz ungeheure Gewinne. Hierunter fallen insbesondere auch die gewissenlosen Berfertiger völlig wert- loser Ersatzstoffe für Lebensmittel, die sie in schwindelhafter Reklame zu abenteuerlichen Preisen anbieten. Es dürfte bekannt sein, daß in letzter Zeit große Mengen von Gemüsen, Wagenladungen von Kraut aus Holland . Hunderte von Zentnern von Rüben, die einzelne Händler»n ihren Kellern zurückgehalten hatten, um aus der Preissteigerung der Gegenwart Nutzen zu ziehen, polizeilich beseitigt werden mutzten, weil sie verfault und ungenießbar geworden waren."_ Zur Lebensmittelversorgung. In Bielefeld hatten sich zur Erörterung der Lebensmittel- Versorgung am Freitag 4000 Frauen in derZentralballe" ein- gefunden. Neben der Versammlung im überfüllten Saale mußte eine Nebenversammlung im Garten abgehalten werden. Noch den Referaten deS Redakteurs S e v e r i n g und des BezirkSselretärS Schreck wurde folgende Entschließung angenommen: Eine unerläßliche Voraussetzung für einen ehrenvollen Frieden, der die Sicherheit und Unabhängigkeit des Reiches verbürgt, ist, ebenso wie der Woffenerfolg der Truppen, die Aufrechterhaltung deS Wirtschaftslebens hinter der Front. Bei einer ungeregelten Er- zeugung und Verteilung der notwendigsten Lebensmittel ist diese Voraussetzung nicht mit Sicherheit gegeben. Die Versammelten fordern daher von den ReichSbehörden die unverzügliche Durch­führung von Maßnahmen zur gleichmäßigen Verteilung aller not- wendigen Lebensmittel, insbesondere der Kartoffeln, des FleiicheS und aller Fetlarten. Von der Stadtverwaltung erwartet die Ver« sammlung, daß sie gleichfalls in diesem Sinne bei der ReichSleilung vorstellig wird und bis zur zentralen Regelung diejenigen Maß- nahmen ergreift, die bei besonderer Berücksichtigung der Minder- bemittelten eine gerechte Vrrteilung der Lebensmittel gewähr- leisten."_ Landwirtschaftliche Produktionsregeluug. In derKöln . Ztg."(Nr. 47S) weist der Erste Beigeordnete der Stadt Köln . Adenauer, mit Recht darauf hin, daß fast alle Lebens« mittel-Programmvorschläge sich in der Hauptsache auf Verteilung und PreiSregclung beschränken, höchstens verlangten sie noch eine Steige- rung der Produktion. Notwendig als Grundlage sei aber vor allem eine allgemeine Regelung der landwirtschaftlichen Erzeugung, ein Anbauprogramm. Jetzt suche jeder Landwirt aus seinem Grund und Boden nicht die notwendigsten Erzeugnisse berauszuwirtschasten. sondern diejenigen, für die der größte Gewinn winke. Beispielsweise beirage der Mehr erlös für den Morgen Land im Vergleich zu Friedenszeiten bei Roggen 27,6032.80 M., Weizen 3035 M.. G e r st e 71.5077 M.. Hafer 71.50-82.50 M.. Kartoffeln 100 M., Zuckerrüben 0.00. Nach diesen Verdienst- stcigernngen richtet der Landwirt seinen Anbau ein. DaS gleiche Uebel zeige sich bei den anarchistischen Verhältnissen in der Vieh­wirtschaft. Der durch seine g»ündlichen Kennwisse der EruährungSfragen und durch große praktische Erfolge bekannte Kölner Bürgermeister kommt daher zu derdringenden Forderung": planmäßige Regelung unserer landwirtschaftlichen Erzeugung vor Beginn deS neuen Wirt- schastSjahres. Material zu einer solchen Regelung sei hinreichend vorhanden. Sie sei weder unnötig noch undurchführbar, und die Behauptungen, daß der Landwirtschaft die LrbeitSsteudigkeit ge- nommen werde und eine ProduktionSverminderung zu befürchten sei, müßten alS nicht stichhaltig zurückgewiesen werden. Allerdings werde für diesen oder jenen Landwirt der Verdienst geringer fem, doch sei dies für die Allgemeinheit nicht entscheidend. Diese Forderungen deS Kölner Bürgermeisters kommen dem Grundübel unserer Kriegswirtschaft viel näher als die zahllosen Verordnungen, mit denen man unS jetzt beglückt. Für das in Aussicht gestellte neue ReichSamt für Er« nährungSfragen stellt dieNeue polittsche Korresp." folgend« Forderungen auf: Es wäre von größter Bedeutung, unseren Oberbau einheit­licher und straffer zu gestalten. Die KriegSgesellschasten müßten lediglich Organe der Zenttallstelle sein und infolgedessen der ganze WirtschaftSapparat mit der Zentralstelle und den einzelnen Reichs- stellen zu einem ineinandergreifenden praktisch arbettenden Räder« werk verbunden werden. Als Unterbau hätten die Kommunalver- bände zu dienen. In jedem Kommunalverbond sollte ein Wirt­schaftsausschuß gebildet werden, um der Verwaltung eine Reihe im Wirtschaftsleben stehender erfahrener Männer beratend und handelnd zur Seite zu stellen." Die Milchpreise zu«iedrig? Die Aktiengesellschaft Meierei volle, deren Direktor kürz- lich wegen Ueberschreilung des HöchstpreiSgeletze» verurteilt wurde. chreibt in ihrem soeben erschienenen Geschäftsbericht: Die hohen Futterpreise geben dem Landwirt nicht mehr genügend Anreiz, ieine Milchproduktion zu steigern, zumal ihm der Milchhandel infolge seiner Beschränkung durch die unserer Meinung nach zu niedrig gegriffenen Höchst« preise nicht mehr die Preise bewilligen konnte, welche den höheren Selbstkosten entsprechen würden. Es gibt kein Nahrung«« mittel welches trotz seines hohen Nährwertes so«ttedria im Preise steht wie die Milch.