»Ma 33 M,...9 geilte des„Nomillts" Derliner AldslllM. � 14?8"i 1916
Milliaröensegen und �rbeiterkämpfe in Amerika . _ Tie Hochkonjunktur in der Industrie der Vereinigten Staaten hat namentlich den stockenden Geschäftsgang der Eisenindustrie zum Aufblühen gebracht und den Inhabern der Stahltrustaktien hohe Dividenden in den Schoß geschüttet. Während der Auftragsbestand der United States Steel Corporation Ende Juli 1914 4,93 Millionen Tonnen betrug, stieg er Ende Dezember 1915 auf 7,8 Millio- nen und im Januar 1916 hatte der Stahltrust 7,93 Millionen Tonnen unerledigte Aufträge. Entsprechend stiegen auch die Einnahmen des Stahltrusts, und zwar von 558,4 Millionen Dollar im Jähre 1914 auf 726,7 Millionen im Jahre 1915. Noch glänzender gehen die Geschäfte derBetlehemSteel Corporation(Inhaber Andreas Carnegie), deren Aktien infolge der großen Kriegslieferungen eine enorme Steigerung erfahren haben. Der Jahresabschluß dieser Ge- sellschaft, die 1914 eine Brutto-Einnahme von 47,5 Millionen Dollar auswies, verzeichnet für 1915 eine Netto-Einnahme von 24,8 und einen Reingewinn von 22,48 Millionen und die Stammaktien erhalten pro 1915 eine Dividende von 3 9 P r o- z e n t! Der glänzende Geschäftsgang in der Stahlindustrie hat das Selbstbewußtsein der Unternehmer außerordentlich gestei- gert. Die Ausweise der großen Stahlwerke verzeichneten zwar eine gewisse Erhöhung der Löhne der Arbeiter und An- gestellten: die Stahlmagnaten weisen den Arbeitern„groß- mütig" einen Bruchteil ihrer Millionengewinne zu— dafür aber verlangen sie von ihren Untergebenen die Preisgabe jeder eigenen Jnitiatwe und die Anerkennung des von ihnen proklamierten„Klassenfriedens". So erklärte noch kürzlich der Vorsitzende der United States Steel Corporation, Gary, auf einem Unternehmerbankett, die amerikanische Industrie brauche jetzt nur zwei Dinge zu ihrer weiteren Beute: einmal, daß die Regierung die Kapitalisten zufrieden ließe und ihnen keine Schwierigkeiten in den Weg lege, und zweitens, daß die A r b e i t e r den Klassenkampf aufgäben, der„in unse- rem großen und gesegneten Lande überhaupt nicht am Platze sei". Tie Ereignisse, die sich bald darauf in den Werken des Stahltrustes abspielten, zeigten zwar, daß die Regierung den Wünschen der Unternehmer durchaus Rechnung trug, daß aber die Arbeiter nicht daran dachten, sich mit den geringen Zu- geständnissen der Direktionen abspeisen zu lassen und den „Klassenkampf" preiszugeben. Am 29. April traten 9999 Arbeiter der„Westinghaus u. Electric Comp." mit der For- derung des Achtstundentages in den Ausstand. Am 27. April streikten in Pittsburg bereits 129 999 Arbeiter in 39 großen Betrieben: 39 999 bei Westinghaus, 66 999 in anderen großen Metallwerken und 24 999 in den Pittsburger Kohlen- gruben. Die Unternehmer erkannten sofort die große Gefahr des Pittsburger Ausstandes, der durch die Parole des Achtstunden- tages eine starke Anziehungskraft für die Arbeiterschaft und einen festen inneren Halt gewann. Der in Pittsburg ein- getroffene Vertreter des Internationalen Maschinistenverban- des �zames A�n d e r s o n erklärte, daß die Maschinisten der Vereinigten Staaten zum 1. Mai eine gemeinsame Aktion zur Durchsetzung des Acht stunden- tages vorbereiteten. Das erhöhte noch die Besorgnisse der Unternehmerkreise. Während die bürgerliche Presse die öffentliche Meinung im Sinne ihrer kapitalistischen Auftrag- geber und Herren bearbeitete, stellte sich die Justiz völlig in den Dienst der Unternehmer. Hunderte von namenlosen Verhaftungsbefehlen wurden ausgestellt, um jeden beliebigen Arbeiter sofort ins Gefängnis sperren zu können. Gleich bei Beginn des Ausstandes wurde einer seiner Führer F. M e r r, k verhaftet. Das beliebte Mittel der Anwerbung von Berufsbanditen zur Einschüchterung der Streikenden wurde auch hier angewandt, und die Folge war eine Reihe von Zusammenstößen zwischen den Streikenden und den Streikbrechern, die den Behörden Anlaß zum ersehnten Ein- schreiten der bewaffneten Macht bot. Am 2. Mai gab die Polizei auf die friedlich manifestierende Arbeitermenge eine Salve ab, durch die drei Arbeiter getötet und 59 verwundet wurden. Der Pittsburger Bezirk wurde darauf sofort in K r i e g s z u st a n d erklärt, Truppen wurden aufgeboten und die Führer des Ausstandes— am 3. und 4. Mai etwa 59 Personen— ins Gefängnis geschleppt. Als Anstoß für das rigorose Vorgehen der Unternehmer diente u. a. der Mißerfolg der zum 1. Mai angekündigten
das erste Kriegsjahr in Italien . � In einer von der italienischen Briefzensur arg verstümmelten Zuschrift enttvirft unser römischer Korrespondent folgendes Bild von den Zuständen in Italien nach einjähriger Kriegsdauer: Zn diesem Sichadfinden mit dem Gedanken an einen langen Krieg liegt es schon eingeschlossen, daß Handel und Geschäftsleben die Aufregung und Unsicherheit der ersten Kriegswochen völlig über- wunden haben. Von allen Schichten in Italien haben offenbar die mittleren und kleinen Geschäftsleute am wenigsten an den Krieg geglaubt, sind am meisten von ihm überrascht worden. Daher stellte sich sehr früh, zum Teil schon nach wenigen Kriegsmonaten, Mangel an Produkten ein, die aus Deutschland und Lesterreich kamen, was namentlich bei Posamentierwarcn und Küchengeräten sehr empfind- lich fühlbar war. Sicherheitsnadeln, Druckknöpfe, Nähnadeln, Aluminiumartikel usw. fehlten«ine Zeitlang fast völlig. Heute ist alles zu bekommen, wenn auch oft zu fast verdoppeltem Preise. Was früher aus Teutschland ober Lesterreich kam, kommt heute aus England oder Amerika : es kostet mehr, aber eS ist zu beschaffen. In andern Dingen, so namentlich in der Herstellung von Arzneimitteln, hat die LandeSproduktion eingegriffen und hat einer ans Phantastische grenzenden Preissteigerung Einhalt geboten. Auf diesem Gebiet waren die ersten Kriegswochen schlimmer als die jetzige Zeit. Dem Handel ist eben nichts so verhängnisvoll als iahe unvorhersehbare Umschläge und allgemeine Unsicherheit. Heute ist man in ein relatives Tauerstadium getreten. Auch die seelische Ausnahmestellung der Konsumenten, die anfangs in KriegSzeiten dies und das und jenes nicht anschaffen, auf alle» mögliche der- Jjichten wollten, ist du.ch die Dauer deZ Krieges überwunden wor- den. Dem Bewußtfein der großen Massen ist heute der Krieg weniger fühlbar, als in den ersten Monaten. Tie einen nennen das Gefaßtheit, die anderen Gleichgültigkeit, aber es läuft immer auf materielle und seelische Eingewöhnung in die neue Lage hinaus. ...~Le Verteuerung der Lebensmittel ist nicht derart, daß sie diese Eingewöhnung stören könnte. Hier War Man fchon ig dS
1 Aktion der Maschinistev, die nach einer eintägigen Demon- stration für den Achtstundentag zum größten Teil wieder die Arbeit aufnahmen. Trotz dieses Fehlfchlages verloren die Ausständigen in Pittsburg den Mut nicht. Am 5. Mai lehnte die ungeheure Mehrheit der Arbeiter den Antrag der Direk- tion der„Westinghaus Comp." ab, 5 Personen aus der von der Direktion vorgeschlagenen Liste von 299 Arbeitern zur Führung der Unterhandlungen zu wählen. Darauf wurde am 6. Mai das gesamte Streikkomitee verhaftet. Der Ausstand nahm nach diesem Gewaltstreich noch an Umfang und Stärke zu. Gegen Mitte Mai war nicht nur kein Ab- flauen des Streiks zu verzeichnen, sondern man erwartete noch den Eintritt von etwa 29 999 Arbeitern der Werke von Car- negie in Homstead in den Streik. Wie sich die Dinge lveiter entwickelt haben, darüber fehlen vorläufig noch die Nachrichten.
die Reichsbekleiöungsstelle. Die Bekanntmachung über die Regelung des Per- kehr? mit Web-, Wirk- und Strickwaren für die bürgerliche Bevölkerung vom 10. Juni ISIS bezweckt hauptsächlich die gleichmäßige Verteilung und den sparsamen Verbrauch der vorhandenen Bestände, damit bei einer noch so langen Dauer des Krieges kein Mangel eintritt und auch noch Vor- räte vorhanden sind, wenn nach Friedensschluß durch Rückkehr von Kriegern in die bürgerlichen Berufe ein starker Bedarf einsetzt. Neben der Fürsorge für die BedarsSbefriedigung der Bevölkerung im ollgemeinen soll die durch die Verordnung geschaffene Reichs- bekleidungS stelle Web-, Wirk- und Strickwaren für die Behörden, die öffentlich:« und privaten Krankenanstalten und ähnliche Anstalten bereitstellen, die Stoffe für die notwendigen Uniformen der bürgerlichn Beamten besorgen und die Herstellung und den Vertrieb von Ersatzstoffen fördern. Die Reichsbekleidungsstelle setzt sich aus einer Ver- waltungs- und Geschäftsabteilung zusammen. Die Verwaltungs- abteilung ist eine Behörde, die dem Reichskanzler(Reichsamt des Innern) unterstellt ist. Sie besteht aus einem Vorstand und einem Beirat. Während dem Vorstande unter der Leitung seines Vor- sitzenden Geheimer Rat Oberbürgermeister a. D. Dr. Beutler die Ausführung aller der Reichsbekleidungsstelle überwiesenen bchörd- lichen Geschäfte obliegt, hat der Beirat eine begutachtende und beratende Aufgabe: er soll insbesondere über die Durchführung der den Verbrauch einschränkenden Maßnahmen gehört werden. Als Geschäftsabteilung wird der Reichsbekleidungsstelle die Zdriegswirtschafts-Aktiengesellschaft eingegliedert werden, die sich hauptsächlich mit Web-, Wirk- und Strickwaren und deren Erzeug- nissen befaßt, also auf diesem Gebiet schon eingearbeitet ist und ausreichende Erfahrungen besitzt. Die Geschäftsabteilung hat die Aufgabe, der deutschen Devöl- kerung zur notwendigen Bekleidung möglichst viel Web-, Wirk- und Strickwaren zu beschaffen. Die der Verwaltungsabteilung obliegende Verbrauchs- r e g e l u n g erfolgt nicht auf der Grundlage einer Beschlagnahme der in Deutschland vorhandenen Bestände. Man hat von einer solchen tiefeinschneidenden Maßnahme Abstand genommen, viel- mehr dem legitimen Handel möglichst viel Freiheit gelassen und nur dort eingegriffen, wo dies durch Streckung der Vorräte und zur Verhinderung preistreibender Spekulationen nötig erscheint. Dies Ziel soll vorläufig erreicht werden durch eine Beschrän- kung des Absatzes im Kleinhandel bis 1. August 1916(Kon- tingent) und nach diesem Zeitpunkt dauernd durch Aufhebung der Bezugsfreiheit und Erlaubnis der Abgabe" im Kleinverkehr lediglich gegen Bezugsschein. Um den sogenannten Kettenhandel zu verhindern und den Verbrauch einzuschränken, ist angeordnet, daß Fabrikanten und Großhändler nur an solche Abnehmer Ware liefern dürfen, mit denen sie bereit» vor dem 1. Mai 1916 in dauernder Geschäftsverbindung gestanden haben, ferner daß die gewerbsmäßige Herstellung von Bekleidungsstücken nur dann vor- genommen werden darf, wenn der Gewerbetreibende von seinem Kunden einen festen Auftrag schriftlich erhalten hat, in dem Stück- zahl und Preis für jeden Gegenstand angegeben sind. Zur Sicherung der Vorräte hat jeder Gewerbe- treibende, der Kleinhandel mit den von der Ver- ordnung ergriffenen Waren betreibt, unver- züglich eine Inventur über die in seinem Besitze befindlichen Waren aufzunehmen. Hierbei sind die derzeitigen Kleinhandelsverkaufspreise unter Zugrundelegung der Preise einzusetzen, die dem in der Bekanntmachung über Preis- beschränkungen bei Verkäufen von Web-, Wirk- und Strickwaren vom 30. März 1916 vorgeschriebenen Preisen entsprechen. Vor Abschluß der Inventur dürfen die Waren nicht veräußert werden. Nach Abschluß der Inventur dürfen von jeder Art der aufgenommenen Waren bis 1. August 1916 höchstens 20 Proz, nach den in der Inventur einge- setzten Preisen berechnet, veräußert werden. Vom 1. August 1916 ab dürfen Gewerbetreibende im Kleinhandel und in der Maßschneiderei die von der Verordnung ergriffenen Waren nur gegen Bezugsschein an die Verbraucher veräußern. Diese Be» zugsscheine sollen nur im Bedarfsfalle und auf Antrag erteilt werden. Der Antragsteller muß die Notwendigkeit der An.
Zeit der Neutralität auf eine ziemlich schwere Probe gestellt wor- den. Verteuert sind seitdem eigentlich nur Teigwaren, Butter und Oel , Fleisch und Wein. Dagegen sind Brot, Gemüse, Eier, Fisch nicht im Preise gestiegen. Die Preiserhöhung der Steinkohle empfindet der Konsument nicht direkt, so schwer sie auch die In- dustrie empfindet: sie hat dieser Tage zu einem Preisaufschlag des Eisenbahnverkehrs gefuhrt. Jeder Haushalt, auch der ikleinste, wird dagegen durch die Seifenpreise getroffen, die sich im Lause des letzten Jahres mehr als verdoppelt haben, so daß für gewöhnliche Waschseife bis 1,30 Lire pro Kilo bezahlt wird. Bei der Ein- schätzung der Nahrungsmittelpreise in Italien muß man immer im Auge haben, daß die Mehrheit der Bevölkerung viel geringere An- spräche stellt, als in Mitteleuropa , namentlich was den Verbrauch an Fleisch, Fett und Zucker betrifft. Das hiesige Klima macht eine viel größer« Anspruchslosigkeit mit Gesundheit und Leistungsfähig- keit verbeinbar. Außerhpm ist im Sommer der Obstreichtum für die Volksernährung sehr wertvoll, und hier scheint keine Teuerung zu befiirchten; eher ein Sinken der Preise ist zu erwarten, da die Ausfuhr verboten ist. Es gehört zu den Eigentümlichkeiten dieses Krieges, daß ein Land das andere immer darstellt, als ob das Volk vor Hunger revoltiere: der unparteiische Beobachter kann in Italien von einer Krise der NahrungSmittelbeschaffilng nichts bemerken. Ob die Schicht derer, für die hier ein tägliches und unlösbares Problem liegt, sich in den Kriegszeiten verbreitert hat, wage ich dem bloßen Eindruck nach nicht zu unterscheiden. In den großen Städten scheint es, dank der ausgiebigen Arbeitsgelegenheit und der Kriegshilfe, kaum der Fall zu sein. Dagegen klagen die allzeit auf öffentliche Hilfe angewiesenen Personen heute, daß fast alle öffent- lichen oder privaten Unterstützungen für sie spärlicher fließen. Empfindlicher als die Arbeiterschaft scheint der kleine Mittelstand getroffen, der keine Elastizität des Einkommens hat. keine Kriegs- Unterstützung bezieht und vielfach durch die Abwesenheit der er- werbenden Männer an den Rand der Not gelangt. Billiger sind in Rom nur die Mieten geworden, schätzungsweise um 15 Proz., größere Wohnungen um 20 Proz. Eine Erscheinung, die sich wohl daraus erklärt, daß viele Frauen in Ü Abwesenheit des Mannes öjten eigenen Hauchalt aufgebe und mit dex Familie ihrer Eltezn
schaffung auf Verlangen dartun. Unnötige Belästigungen der Antragsteller werden nach den von der Reichsbekleidungsstelle auf- zustellenden Grundsätzen vermieden werden. Die Bezugsscheine werden von einer durch die Landeszentralbehörden zu bestimmen- den Behörde des Wohnsitzes des Antragstellers ausgefertigt werden: wer auf Reisen geht, muß im Bedarfsfalle vor seiner Abreise sich den Bezugsschein beschaffen. Die Bezugsscheine sind frei- zügig, d. h. sie berechtigen im ganzen Deutschen Reiche zum Einkauf der darauf bezeichneten Bekleidungsstücke oder sonstigen Waren. Dadurch wird es ermöglicht, daß jeder Gewerbetreibende seine Kunden behält, insbesondere auch die Landbevölkerung wie bisher in den benachbarten Städten einkaufen kann. Auf Grund der ihm durch die Verordnung erteilten Vollmacht hat der Reichskanzler ein Verzeichnis derjenigen Gegenstände er- lassen, auf welche die Vorschriften der Bekanntmachung, abgesehen von einigen Ausnahmen, keine Anwendung finden(Frei- l i st e) Insbesondere fällt für die in der Freiliste enthaltenen Waren der Jnventurzwqng fort. Für sie ist ein Bezugsschein nicht erforderlich. Ihr Verkauf unterliegt nicht der Beschränkung auf 20 v. H. während der Uebergangszeit. Wohl aber finden die Bor- schriften, wonach Großhändler nur an solche Abnehmer Ware liefern dürfen, mit denen sie bereits vor dem 1. Mai 1916 in dauernder Geschäftsverbindung gestanden haben, die Vorschriften über die gewerbsmäßige Herstellung von Bekleidungsstücken und die Vorschristen über die von der Reichsbekleidungsstelle zustehenden Kontrollbefugnisse Anwendung. Die Freiliste, deren eingehende Durchsicht für jeden Gewerbetreibenden notwendig ist, enthält u. a. Stoffe aus Seide und Halbseide sowie gewisse Waren daraus, Bänder, Kordeln, Schnürsenkel, Hosenträger, Strumpfbänder, Spitzen, Besatzstickereien, Tapisserien, Mützxn, Hüte, Schleier. Schirme, Teppiche, Bettüderdeckcn, farbige Tischdecken, abgepaßte Gardinen und Vorhänge, Tüllgardinen, gewisse wollene Damen- und Mäntelstoffe, gewisse baumwollene Kleider- und Schürzenstoffe, gewisse Herrenstoffe, Pelze, Säuglingswäsche, Taschentücher, Kor- sette und Korfettsckoner, gemusterte weiße Tischzeuge, Kragen. Manschetten, Krawatten u. a. m. Vielfach sind Stoffe und Waren freigegeben, deren Preis eine bestimmte Grenze überschreitet, wie z. B. fertige Rockanzüge für Herren über 75 M., Tamenmäntel über 60 M. Kleinhandelspreis. Eine künstliche Erhöhung billiger Waren auf oder über diese Freigrenze ist unzulässig, weil nach der am 1. April 1916 in Kraft getretenen Bundesratsverordnung über die Preisbeschränkungen Web-, Wirk- und Strickwaren zu keinem höheren Preis verkauft werden dürfen als dem, den der Verkäufer bei Gegenständen und Verkäufen gleicher oder ähnlicher Art inner- halb der Kriegszeit vor dem 1. Februar 1916 zuletzt nachweislich erzielt oder als Verkaufspreis festgesetzt hat. Fehlt es an einem solchen Preise oder sind die Gestehungskosten zuzüglich Unkosten und angemessenem Gewinn höher als dieser Preis, so sind die Ge- stehungskosten zuzüglich Unkosten und angemessenem Gewinn maß- gebend. Jeder Käufer, welcher glaubt, übervorteilt zu sein, kann binnen zwei Wochen nach Abschluß des Kaufes Feststellung des Preises durch ein Schiedsgericht beantragen. Der Reichsbekleidungsstelle und den zur Ueberwachung der Vorschriften betrauten Personen sind umfangreiche Befugnisse zur Kontrollierung der Durchführung der Per- ordnung gegeben. Sie können u. a. Warenlager besichtigen, Auskünfte einholen und Geschäftsaufzeichnungen einsehen. Die zuständige Behörde kann Betriebe schließen, deren Leiter sich in Be- folgung der Pftichten, die ihnen durch die Verordnung auferlegt sind, unzuverlässig zeigen. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der Verordnung sind mit Gefängnis oder Geldstrafen bedroht.,;
politische Uebersicht. „Tie Wifsenschaft und ihre Lehre sind frei". Nach dem Bannstrahl des Dekans der philosophischen Fakultät der Universität München gegen Professor Dr. F. W. Förster, den Sohn des berühmten Berliner Astronomen und Mitbegründers der Gesellschaft für ethische Kultur, hat das Kultusmini st erium die Anordnung erlassen, daß Pro- fessor Förster seine Vorlesungen an der Münchener Universität einzustellen habe. Zu der Angelegenheit selbst, die die Fakultät zu ihrem aufsehenerregenden Vorgehen veranlaßt hat, veröffentlicht Prof. Förster in der.Vossischen Zeitung" folgende Er- klärung: »ES ist un w ah r, daß ich irgendwo und irgendwann ein Flugblatt zur Verhetzung der deutschen Stämme verfaßt oder ver- breitet habe. Ich habe auch keinerlei Verwarnung von irgendeiner Seite erhalten. Wohl ist auf Grund eines Zeitungsartikels gegen mich eine kleine Gruppe von Demonstranten in meinen Hör- saal gekommen, aber sofort wieder hinausgegangen, als mein 100 Köpfe starkes Auditorium sich wie ein Mann durch minutenlanges Beifallklatschen dagegen erhob. Ich gebe meiner Entrüstung über eine derartige Berichterstattung Ausdruck und protestiere dagegen, daß man aus meinen von Grund aus deutschgesinnten Aussätzen einzelne Sätze herausreißt,
zusammenleben. Da die Bautätigkeit völlig daniederliegt— eine große Baugesellschast, die„Edilizia Laziale ", hat für sechs Jahre alle Bauten eingestellt— wird die Verbilligung der Wohnungen nicht lange dauern. Tie große Verteuerung der Baumaterialien. namentlich des Eisens und Holzes, entmutigt, im Verein mit der Erhöhung der Arbeitslöhne, jede Baulust.— Ist das Stratzenbild Roms durch den Krieg wesentlich um- gestaltet worden? Man muß schon auf Einzelheiten eingehen, um eine Aenderung zu gewahren. Daß weniger Männer in der Stadt sind, fällt nicht ins Auge, wohl aber die zahlreichen Uniformen. Man sieht viel mehr Militär als im Frieden. Viel mehr Frauen an den Fenstern, viel mehr Trikoloren in den Auslagen, wohl auch mehr in Trauer gekleidete Frauen und Kinder im Publikum. Aus- fallen können auch die vielen Kraftwagen der Militärbehörde, die an allen Ecken und Enden improvisierten Werkstätten, von denen die zugeschnittenen Kleidungsstücke für die Truppen zum Nähen ausgegeben werden— lange Züge von Frauen warten davor, die Ware abholen oder liefern—. die AutoS des Roten KreuzeS, die Verwundete befördern. Auf den Trams tun Frauen und junge Mädchen Schaffnerdienste, in den Banken sieht man, was früher nie vorkam, weibliches Personal, in den Schaufenster sind österrei- chische Granaten, Geschoßteile usw. ausgestellt, viele Artikel sind feldgrau und für den.Kriegsgebrauch zugeschnitten(das einzig bunte daran sind die Preise). Was man an verwundeten Soldaten sieht, ist nicht so zahlreich, daß es den Gesamteindruck beeinflussen könnte. Ueberhaupt muß man sich die durch den Krieg bedingten Veränderungen aus lauter Kennzeichen zusammenlesen. Hierher gehört auch die Verwendung von Lastochsen in der Stadt, wo man sie an Stelle der requirierten Pferde gebraucht sieht, was sich bei den mächtigen langgehornten Tieren sehr malerisch ausnimmt; hierher gehört ferner die sorgfältige Ausmerzung der Worte„Man spricht deutsch " an den Schaufenstern, das gelegentliche Auftauchen fremder Uniformen, vorwiegend englischer und serbischer, auf den Straßen. Aber aus der Mosaik dieser kleinen Zeichen setzt sich kein wesentlich umgestaltetes Rom zusammen, kein Widerschein der tragischen Wirklichkeit, die sich auf dem Karst und in Südtirol ab- spielt. Der Alltag setzt sich und seine Forderungen durch.(r)