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Nr. 166.

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Telegramm Adresse: Sozialdemokrat Berlin  ".

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Hernsprecher: Amt Moritplat, Nr. 151 90-151 97.

Das liberale England zur Friedensrede Wilsons.

Die Rede des Präsidenten Wilson auf der Versammlung Der Friedensliga hat in allen friegführenden Ländern nur zu begreifliche Aufmerksamkeit gefunden. Amerika   ist die führende unter den neutralen Mächten. Kaum eine fann einen solchen Einfluß auf die Geschicke Europas   ausüben, wie die Vereinigten Staaten  . Eben aus diesem Grunde hatte man seit langem eine vermittelnde Tätigkeit des amerikanischen  Präsidenten erwartet, und als sie ausblieb, gab es nicht wenige, die dem amerikanischen   Volk den Vorwurf machten, der europäische   Friede sei ihm gleichgültig, solange es so gut am Krieg verdiene. Der Schluß lag nahe. Ganze Städte schossen um die großen Munitionsfabriken aus der Erde em­por. Das Bombengeschäft und viele andere Industriezweige prosperierten. Und vielleicht war die günstige wirtschaftliche Lage danach angetan, daß die verantwortlichen Männer Amerikas   sich allzu leicht mit der Aussichtslosigkeit einer Ver­mittlertätigkeit abfanden. Hätte jedoch bei den Regierungen der kriegführenden Staaten ein lebhafter Wunsch nach Frie­densvermittlung durch den Präsidenten der Vereinigten Staaten   bestanden, so hätte sich Wilson nicht darüber hinweg­sezen können. Aber jede Anregung von den europäischen   Re­gierungen blieb aus. Sie waren zu fest ineinander verbissen. Steine wollte zurück, jede hoffte den Gegner noch vollständig zu Boden werfen zu können.

Ist das heute anders? Kaum scheint es so. Von neuem werden in gewaltigen Anstürmen im Osten und Westen und Süden die Truppen gegeneinander geführt; soll es der lette Versuch sein, eine militärische endgültige Entscheidung herbei. zuführen? Sieht man noch immer nicht ein, daß keine der Hauptmächte so zu Boden geworfen werden kann, daß die andere als Siegerin den Frieden diftieren könnte? Müssen, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, weitere Hunderttausende geopfert werden?

Es ist hohe Bett für eine Vermittlertätigkeit der neutralen Staaten, wenn Europa   aus diesem entseglichen Ringen über­haupt noch herauskommen soll, und jedes Mort, das uns die Vermittlung näher bringt, muß deshalb freudig begrüßt wer­den. Aber wie ist es mit den anderen Ländern; weisen sie nicht jede Aktion in dieser Richtung energisch zurück? In Frankreich   hat Herr Poincaré   eine höchst überflüssige Rede gehalten, die den Frieden sicher nicht erleichtert. Aber Frank­ reich   hat nicht allein über Krieg und Frieden zu entscheiden. Ohne die Rückendeckung durch England würde es seine finan­zielle Stüze verlieren. Auf Großbritannien   kommt es an. Seine Stellung zum Frieden müssen wir näher untersuchen, und es ist wertvoll zu wissen, wie die englische Presse sich über die Wilsonsche Ansprache äußert.

Die Times" hatte die Rede heftig fritisiert, aber die Times" ist nicht England, und ebensowenig kann das Blatt als Vertreterin der Auffassungen angesehen werden, die die Regierung in bezug auf äußere und innere Politik hat. Zu den Organen, die eine entschieden liberale Politik treiben, aber um etwas weiter links stehen als die englische Regierung, gehört das Wochenblatt" The Nation". Nation" hält die Kritik der Times" für den Ausfluß eines großen Mißver­stehens der Ansprache des Präsidenten, Diese hätte feine Prüfung der Kriegsursachen oder eine Polemik darüber ent­halten können, denn die League to Enforce Peace" seze sich nicht die Aufgabe, den jezigen Krieg zu beendigen, son­dern sie beabsichtige, ein internationales Parlament oder einen internationalen Gerichtshof einzusehen, der mit der Macht ausgestattet ist, die Beratung internationaler Streitig­feiten zu erzwingen. Sie schlägt nicht vor, diesen Krieg durch Waffengewalt oder Verhandlungen zu beenden, sondern den Frieden, wenn er geschlossen wird, zu garantieren. Dieser Gesellschaft gegenüber habe Wilson nicht einmal einen di­rekten Vermittlungsvorschlag unterbreiten können. Aber ein solcher Vorschlag fönne fommen, und die Nation" hofft, daß er kommt, ob er von den kriegführenden Mächten erbeten werde oder nicht. Wenn man diese Hoffnung hege, so dürfe man nicht von Wilson verlangen, daß er sich in den diplomati­schen Streit mit Deutschland   formell zugunsten Englands ausspreche. Aber wenn sein Vorschlag einer amerikanischen  Friedensgarantie auf fruchtbaren Boden fällt, werden die Vereinigten Staaten   ganz klar als das Haupt und der Sprecher der neutralen Nationen hervortreten. Ist das eine kleine Sache? Wenn Deutschland   die amerikanischen   Unterseeboots­bedingungen zurückgewiesen hätte, würden die beiden Länder als Kriegführende erschienen sein. Da Deutschland   sie in der Hauptsache bewilligt hat oder sie bewilligt zu haben scheint, hat uns der Präsident unserer Ansicht nach einen nur etwas weniger bedeutenden Dienst erwiesen als den der Erscheinung feines Landes in schimmernder Rüstung auf dem gegen­wärtigen Schlachtfeld."

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Wilson schlägt nicht vor, daß Amerika   selbst die Friedens­verhandlungen führen soll. Er wünscht nur, daß die Ver­einigten Staaten als der Garant des Prinzips des öffent­ lichen Rechts  " hinter dem Vertrag stehen sollen. Das sei ein Ausspruch Gladstones, und Asquith   und Grey haben ihn übernommen als eine Feststellung des englischen Kriegs­objekts. Der Arieg sei nicht ein Krieg um Territorien oder

Montag, den 19. Juni 1916.

Expedition: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morikplatz, Nr. 151 90-151 97.

ein dynastischer Krieg. Er sei ein Krieg der Sicherheit, die

Meldung des Großen Hauptquartiers, folange nicht vorhanden sei, wie Verträge als Bapierfezen"

Amtlich. Großes Hauptquartier, den 18. Juni 1916.( W. T. B.)

Westlicher Kriegsschauplah.

An verschiedenen Stellen unserer Front zwischen der belgisch  - französischen Grenze und der Somme herrschte lebhafte Artillerie- und Patrouillen- Tätigkeit.

Links der Maas   fanden nachts Infanteriekämpfe um vorgeschobene Grabenstücke am Südhange des Toten Mannes" statt. Rechts des Flusses scheiterte ein durch mehrstündiges Vorbereitungsfeuer eingeleiteter starker französischer Angriff vor den deutschen   Stellungen im Thiaumont Walde. Ein vom Gegner genomme­ner fleiner Graben vorderster Linie wurde nachts wieder gesäubert.

Der Fliegerangriff auf die militärischen Anlagen von Bar- le- Duc   wurde wiederholt.

Im Feuer unserer Abwehrgeschüße stürzte ein fran­zösischer Doppeldecker westlich von Lassigny ab und zer­schellte. In der Gegend von Bezange- la- Grande( südlich von Chateau- Salins  ) schoß Leutnant Wintgens sein sechstes, Leutnant Hoehndorf sein fünftes feindliches Flug­zeug ab; die Insassen des einen sind tot geborgen. Am 16. Juni abends wurden die Trümmer eines im Luft­kampf unterlegenen französischen   Doppeldeckers nord­östlich des Hessen  - Waldes brennend beobachtet.

Deftlicher Kriegsschauplah.

Bei der Heeresgruppe des Generals von Linsingen wurden am Styr beiderseits von Kolki russische Angriffe abgewiesen. Zwischen der Straße Kowel- Luck und dem Turya- Abschnitt nahmen unsere Truppen in erfolgreichen Kämpfen den Russen an Gefangenen 11 Offiziere 3446 Mann, an Beute 1.Ge­schüz, 10 Maschinengewehre ab.

Bei der Armee des Generals Grafen von Bothmer brachen feindliche Angriffe nördlich von Przewloka bereits im Sperrfeuer blutig zusammen. Balkan  - Kriegsschauplah.

Die Lage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichische Generalstabsbericht.

Wien  , 18. Juni.  ( W. T. B.) Amtlich wird verlautbart: 18. Juni:

Russischer Kriegsschauplab.

Gestern mußte die Besakung der Brückenschanze von Czernowitz   vor dem konzentrischen Geschüßfeuer eines weit überlegenen Feindes zurückgenommen werden. In der Nacht erzwang sich der Gegner an mehreren Punkten den Uebergang über den Pruth   und drang in Czernowih ein. Unsere Truppen räumten die Stadt. In Ost galizien  ist die Lage unverändert. Westlich von Wisniowczyk an der Strypa wurden russische Angriffe durch Artilleriefeuer ver­eitelt. In Wolhynien   haben unsere Truppen nördlich der Lipa, nördlich von Gorochow und bei Lokaczy Naum gewonnen und russische Gegenangriffe abgewiesen. Es blieben vorgestern und gestern neunhundertfünf Gefangen und drei Maschinen­gewehre in unserer Hand. Nördlich des Turya- Ab= schnittes brachten deutsche Streitkräfte in erfolgreichen Kämpfen elf russische Offiziere, dreitausendvierhundertsechs­undvierzig Mann, ein Geschüß und zehn Maschinengewehre ein. Zwischen Sokul und Kolki wurden abermals starke russische Borstöße zurückgeschlagen.

Italienischer Kriegsschauplas.

An der Isonzo   front schickten sich die Italiener wieder an mehreren Stellen, so gegen den Südteil des Monte San Michele und gegen unsere Höhenstellungen nördlich des Tol­meiner Brückenkopfes zum Vorgehen an. Dank unferes Ge­schüßfeuers tam jedoch kein Angriff zur Entwickelung. In den Dolomiten ließ die feindliche Tätigkeit im allgemeinen nach, nur der Monte San Cadini stand zeitweise unter sehr heftigem Artilleriefeuer, dem mehrere schwächliche, bald abge= wiesene Angriffe folgten. Aus dem Raume von Primolano und gegenüber unserer Front südwestlich Asiago erneuerten die Italiener ihre Vorstöße; diese wurden wieder überall abge= schlagen.

Südöstlicher Kriegsschauplak.

Unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

angesehen werden. Aber wie zu der Sicherheit" gelangen? ,, Nation  " deutet zwei Wege an. Der eine ist danach die voll.. ständige Niederwerfung Deutschlands  ; er müsse beschritten: werden, solange die Anerkennung von Verträgen nur von Deutschland   abhänge. Der andere Weg eröffne sich durch die Rede Wilsons, wenn eine große Macht, wie die Vereinigten Staaten   mit Südamerika   und einem Körper europäischer. neutraler Staaten den Verträgen den Rüden decke. Amerifa glaubt an das Recht der Nationen, ihre eigene Regierung zu wählen, an das gleiche Recht der Freiheit für große und Kleine Völfer und an das Recht der Welt, frei von aggressiven Friedensstörern zu sein. Wenn die Kriegführenden ihre Be­dingungen festgelegt haben, wird Amerika  , wie Wilson meint, bereit sein, sie zu garantieren. Es würde einer allgemeinen. Vereinigung von Nationen" beitreten, um 1. die Sicherheit der Meeresstraßen für den allgemeinen Gebrauch aufrecht­zuerhalten und 2. um Kriege gegen Vertragschließende zu verhüten, die ohne Erklärung der Ursache begonnen werden.

Nation" nennt das ein faires" Angebot, das ein ge­rechtes Ende des Krieges verspreche, wie es von England ge­wünscht werde. Amerika   könne feinen Frieden garantieren, den es selbst nach Wilsons Rede als ungerecht ansehen müffe. Manches sei noch ungenau, und die englische öffentliche Mei­mung sei bezüglich der Phase der Sicherheit der Meeresstraßen nicht sicher, ob damit nur eine Revision des Seefriegrechts ohne eine gleichzeitige Einschränkung der Kriegführung zu Lande gemeint sei.

Die Blutopfer, die jedes Land bringt, find furchtbar. Der Vorschlag des Präsidenten Wilson läßt das gleiche Ziel auf fichererem und weniger schrecklichem Wege erreichbar scheinen. Wer hat den Mut, die Hand, die einen Ausweg zeigt, zurück­( z) zustoßen?

Generaloberst v. Moltke   gestorben.

Berlin  , 18. Juni.  ( W. T. B.) Generaloberst v. Moltke  , Chef des Stellvertretenden Generalstabes der Armee, ist heute 1 Uhr 30 min. nachmittags gelegent­lich einer im Reichstage stattfindenden Trauerfeier für den Feldmarschall v. d. Golz einem Herzschlage erlegen.

Helmuth Johannes Ludwig von Moltke   war ein Sohn des jüngeren Bruders des berühmten preußischen Generalstabschefs Feldmarschall Moltke. Der Verstorbene war am 13. Mai 1848 im Mecklenburgischen   geboren. Nach Teilnahme am Kriege von 1870/71 machte er seine Laufbahn in den höheren militärischen Stellen bei der Garde, u. a. war er auch persönlicher Adjutant seines Onfels und Flügeladjutant des Kaisers. Im Jahre 1904 wurde er zur Dienstleistung zum Chef des Generalstabes der Armee komman­diert und 1906 selbst in diese Stellung berufen. Als Chef des Großen Generalstabes hatte der Verstorbene während der ersten Monate des Weltkrieges im Großen Hauptquartier   verantwortungs­volle Arbeit zu leisten. m 26. Oktober 1914 kam die Nachricht, daß Generaloberst von Moltke   an Leber- und Gallenbeschwerden erkrankt sei, und daß seine Geschäfte dem Kriegsminister von Falkenhayn   übertragen wurden. Am 2. November 1914 wurde Generaloberst von Moltke zur Wiederherstellung seiner Gesundheit beurlaubt, ging aber nach Wiederherstellung nicht wieder in das Große Hauptquartier   zurück. Am 9. Dezember wurden vielmehr die Geschäfte eines Generalstabschefs endgültig dem General von Falkenhayn übertragen, der auch noch längere Zeit gleichzeitig Kriegsminister blieb, bis dieses Amt dem General Wild von Hohenborn übertragen wurde. Generaloberst von Moltke   wurde zum Chef des Stellvertretenden Generalstabes der Armee mit dem Amtssit in Berlin   ernannt.

Außer diesen persönlichen Daten läßt sich zurzeit über die militärische und militärpolitische Bedeutung des Verstorbenen nichts, Eingehenderes sagen.

Die Lösung

der italienischen   Ministerkrise.

Lugano  , 18. Juni.  ( T. U.) Das Kabinett Boselli ist munmehr definitiv gebildet, nachdem die Zahl der Portefeuilles auf 20 erhöht worden ist. Die Zusammensetzung des Mi­nisteriums entspricht ungefähr der bereits am Freitag ver­öffentlichten Liste. Den schon bekannten Namen fügt das Giornale d'Italia" noch folgende hinzu: General   Morrone Krieg und Admiral Corsi Marine. Das Parlament tritt am 27. Juni wieder zusammen. Die letten Phasen der Kabinettsbildung fanden unter starkem Druck der Entente­diplomaie statt, um ein Scheitern zu verhindern. Nach dem ,, Giornale d'Italia" gehören Boselli, Sonnino, De­nara, Arlotto und Raffini den Liberalfonservativen an, Me da den Katholiken, Orlando  , Gareano und Ruinari den Liberalen, Colosimo den Giolittianern, Sacchi und Fera den Radikalen Bissolati und Bonomi den Reformsozialisten, Co mandini den Republikanern. Außerdem werden dem Corriere della Sera  " zufolge morgen noch Fianchi, Girardini und Senator Scialoja. 311 Ministern ohne Portefeuille ernannt werden. Die Ernennung Scialojas fellt sich als eine Konzession an sine Forderung des