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Ein italienischer Anarchist freigesprochen« Bologna  , 17. Juni.  (T. U.) Vor dem Sckwurgericht zu Bologna  fand gestern die Verhandlung gegen den Anarchisten Giulio Cor- dorn statt, der seinerzeit verhaftet worden war wegen Verbreitung eines anarchistischen Flugblattes, herausgegeben vom Zentralkomitee der Anarchisten Europas   in London  , worin dieselben in schwung- vollen Phrasen die Arbeiter auffordern, gegen die Kriegführung jed- wedes Mittel anzuwenden. Der Angeklagte Carboni bekannte sich schuldig der Tatsache, diese Flugblätter verbreitet zu haben, er be- stritt aber energisch, sich irgendeiner Handlung schuldig gemacht zu haben, welche nach den strafrechtlichen Bestimmungen des Landes strafbar sei. Das Flugblatt sei in der ganzen Welt verbreitet worden, viele Zeitungen hätten sogar den Inhalt nachgedruckt, ohne strafrecht- lich verfolgt worden zu sein. Der Staatsanwalt beantragte eine schwere Strafe für den Angeklagten, denn derselbe habe sich durch Verbreitung des Inhalts des Flugblattes der Anstiftung zu Ver- brechen, nämlich Aufforderung zum Klassenkampf usw., schuldig ge- macht, und diese Handlungsweise konstituiere in diesen Kriegszeiten ein Verbrechen an sich. Der Verteidiger des Angeklagten hielt eine feurige Verteidigungsrede, in der er für den Angeklagten und für alle Bürger im freien Lande Italien   die Freiheit der Rede und Freiheit der Gedanken forderte, mit dem Resultat, daß Carboni von sämt- lichen Geschworenen freigesprochen wurde. Die Letten wollen nicht befreit werden. DerDüsseldorfer General-Anzeiger" bringt unter dieser Stichmarke aus Zürich  , 15. Juni folgenden eigenen Drahtbericht: Das Lettische Komitee erlätzt zu dem Hilferuf der russischen Fremdvölker an den Präsidenten Wilson um Befreiung vom russischen Joch, der auch von lettischen Vertretern unterzeichnet war, eine Erklärung, die u. a. folgende Sätze enthält: Das Lettische Komitee in der Schweiz   erklärt mit Bestimmtheit, daß weder das Komitee noch eine andere lettische Organisation oder politische Gruppe in der Schweiz   in irgendwelcher Weise an der Stockholmer   Kundgebung beteiligt ist. Das Lettische Komitee protestiert gegen die dem lettischen Volke verleumderisch unter- schobene Gesinnung, denn die aus der Kundgebung hervorgehende Tendenz steht im krassesten Widerspruch zu dem vom gesamten lettischen Volke einmütig eingenommenen, den Veranstaltern der Kundgebung nicht unbekannt gebliebenen Standpunkt. Die Tendenz der Kundgebung geht unverkennbar dahin, die in der letzten Zeit von Deutschland   offiziell proklamierten, gegen das Selbstbestim- mungsrecht der Völker verstoßenden Annexionsplän« moralisch zu rechtfertigen und als mit dem Willen der betreffenden Völker über- «iniummende Kulturtaten hinzustellen. Das lettische Volk geht nicht und will nicht den Weg des Verrates gehen, geschweige denn unter der Anführung der bei der Kundgebung beteiligten deutsch  - baltischen Junker. Die deutsch  -baltffche Junkerschaft hat in Ruß- land immer die skrupelloseste Reaktion und nationale Unterdrückung organisiert. Das lettische Volk jedoch hatte nichts und hat auch jetzt nichts mit der Junkerpoliti? gemein. Es kämpft« immer und kämpft auch jeyt für die Freiheit seines engeren und weiteren Vaterlandes. Es sah nicht und sieht auch jetzt nicht die Lösung seiner nationalen Frage in einer Losreitzung von Rußland  , sondern in einer zu erkämpfenden Autonomie im russischen StaatSverbande. Es suchte nicht und sucht auch jetzt nicbt seine Zukunft im Gegensatz zu Rußland  , sondern gemeinsam mit dem wahren Rußland   mit der russischen Demokratie, die allein Rußland   und den Fremdvölkern Rußlands   die Freiheit bringen kann.(z) Die Wirren in Mexiko  . London  , 17. Juni. sW. T. B.VMorning Post" meldet auS Washington   vom 16. d. M.: Die Zustände in Mexiko  sind so gefährlich geworden, daß die amerikanische   Regierung nicht viel länger an der Voraussetzung festhalten kann, daß zwischen ihr und der mexikanischen Regierung ein volles Einvernehmen be- stehe. Mexikanische Ueverfälle auf amerikanisches Gebiet kommen läglich vor, und es ist kein bloßer Verdacht, daß die Banden, die diese Ueberfälle ausführen, von Carranza und seinen Leuten geduldet werden, wenn diese nicht Unmittelbar daran teilnehmen. Wenn die Banden ihre Raub- und Plünderzüge, bei denen gewöhn- lich ein paar amerikanische Zivilisten und gelegentlich auch ein Soldat getötet werden, ausgeführt haben, zerstreuen sie sich, und die mexikanischen Truppen machen keinen Versuch, sie gefangen zu nehmen oder die Amerikaner irgendwie zu unterstützen. Präsident Wilson hat die Tinge gehen lassen, weil er den Anschein vermeiden wollte, die Bewerbung um die Präsidenffchaft durch Mahregeln gegen Mexiko   zu beeinflussen. Aber jetzt wird er wohl schärfer auftreten. Der Berichterstatter derMor- ning Post" bemerkt zum Schluß, ein Krieg ziwschen Amerika   und Mexiko   wäre gerade jetzt sehr unangenehm für England, weil die englische Flotte dann ihren Bedarf an Heizöl nicht mehr in Mexiko   würde decken können. »» * Washington  , 17. Juni.  (W. T. B.)- Genöral Funston, der Be- kehlshaber der amerikanischen   Truppen in Mexiko  , berichtet: General Trevino, Befehlshaber zu Chihuahua  , hat mitgeteilt, daß auf jede Bewegung der amerikanisdien Truppen nach Süden, Westen oder Osten ein Angriff der Mexi» taner folgen würde.
politische Uebecsicht. Tagung des Deutschen Flottenvereins  . Der Deutsche   Flottenvercin trat am gestrigen Sonntagvormittag im Plenarsitzungssaale des Herrenhauses zu seiner 15. Hauptver- sammlung zusammen. Im Auftrage de? R e i ch S m a r i n e- a m t e s waren Wirkl. Geh. Rat Dr. F e l i s ch und Korvetten- kapitän Nieder anwesend. Großadmiral d. K ö st e r eröffnete die Hauptversammlung mit einem dreifachen Hurra auf den Kaiser und die deutschen   Bundesfürsten und schlug vor, folgende Trahtun- gen abzusenden: �uiser. 2. An Prinz Heinrich don Preußen. 3. An Admiral Scheer. Wilhelmshaven  . Es wurden ferner noch Begrüßungstelegramme gesandt an den Oestcrreichiichen Flottenverein und an den Staatssekretär a. D. Großadmiral v. Tirpitz. Letzterer wurde gebeten, die b r e n m i kg l i e d schaf t des Deutscken Flottenvereins   anzu- nehmen. Großadmiral v. Koster bericktete über die allge- meine Lage. Er fubrte ii. a. auS: Der Rücktritt de» Großadmirals v. Tirpitz habe im ganzen Volke da« größte Bedauern hervorgerufen. Wir blicken voller Hochachtung auf den «reißen Organisator unserer Flotte. Wenn wir in dem Kampfe gegen eine Welt von Feinden aus den endgültigen Sieg unserer guten Sache- zu hoffen wagen, so ist das sicherlich auch unserer scharfen Wehr zur See zu danken. Die Erkenntnis hat sich uns in diesem Kriege aufgedrungen, daß die eigentliche zweckmäßige Ver- teidigung der eigenen Küsten und des Handels in einer Offensive besteht, durch die unsere Seegeltung sichergestellt wird, und daß zur Durchführung dieser Aufgabe eine starte Flotte erforderlich ist. Tie Aufgaben unserer Marine in diesem.Kriege sind: 1. Das eigene Land vor einem Einfall zu schützen. 2. Tie Hochsce-Handelsstraßen offenzuhalten zum Schutze des eigenen Handels. 3. Störung des s'eindlichen Handels. 4. Ten Feind, der sich die Vernichtung und Aushungerung de� Volkes zum Ziel gesetzt bat. unter Einsetzung der uns zur Verfügung stehenden Krastmiltel nach Möglichkeit zu scbädigen. Tie erste Ausgabe bat Deutschlands   Flotte im vollstem Matze erfüllt, denn sie bat uns vor feindlichen Landungen an unserer Küste bewahrt �as Verhalten der nordischen neutralen Mächte ist sicherlich durch das Vorbandensein unserer Flotte weseni- lich beeinflußt woden. Die.Hoffnung, die wir Seeoffiziere für unsere von tatkräftigem, kriegerischem Geist beseelte Flotte hegten. daß sie sich schon mit Ausbruch des Krieges mit der stärksten See-
macht der Welt würde messen können, konnte leider nicht erfüllt werden, da die Masie der großen englischen Ftotle sich gehütet hat, die Linie Skagen   Edinbourgd auf längere Zeit zu überschreiten. Die durch die Engländer geschaffene Kriegslage macht uns ein scharfe? Vorgehen zur Unmöglichkeit. Bedingt unsere wirtschaftliche Stellung eine Weltmacht- Politik, so brauchen wir neben einer unerschüttelichen Wehr- macht zu Lande eine starke Flotte aus und unter dem Wasser. Als die deutschen   Unterseeboote ihre Tätigkeit aufnahmen, verfolgte das englische Volk die Sache zunächst vom sportlichen Standpunkt. Jetzt behaupten selbst Engländer, daß das Torpedieren eine Krankheit bedeute, die England zum Tode führen mutz. Von feindlicher Seite wurden nun viele Mahnahmen ge- troffen, unter denen die erste die durch kein Völkerrecht begründete Blokade der ganzen Nordsee war. Hierdurch sollte die U-BootSgefahr verringert, andererseits die von Kriegsbeginn be- schlossene Vernichtung und Aushungerung des deutschen   Volkes ge- fördert werden. Als die Verbandsmächte den von der Regierung der Vereinigten Staaten   gemachten Vorschlag, all« Handelsdampfer zu entwaffnen, zurückgewiesen haben, raubten sie tatsächlich unseren U-Bootkommandanten die Möglichkeit, die ihnen in ritterlicher Ge- sinnung sympathische Schonung der Mannschaften der zu torpedie- renden schiffe zur Durchführung zu bringen, da in der Feststellung der Bewaffnung das Gefahrsmoment für das U-Boot liegt. Ge- rechterweise mutz deshalb England und seinen Bundesgenossen die Schuld für das, was jetzt geschehen muß, d. h. die Gefährdung von Menschenleben, zugeschrieben werden. Der Redner betonte im weiteren die Notwendigkeit der Fortsetzung des U- BootkriegeS und schloß mit dem Wunsche, daß uns der Sieg beschieden sein möge, der Teutschlands Zukunft für alle Zeiten sicherstellen soll, damit unS dann in friedlicher Entwickelung die Stelle an der Sonne gesichert wird, die deutscher   Kraft, deutscher Arbeit und deutscher   Intelligenz zukommt. Mit einem Hoch auf das siegreiche Heer und unsere todesmutige Marine schloß Groß- admiral v. Köster seine mit Begeisterung aufgenommene Rede. Es folgte darauf die Erstattung LeS Jahresberichts und der Rechen- schaftSberichte. Der neue Wirtschaftsplan. In der Sitzung der bundesstaatlichen Minister vom 15. und 1 6. I u n i in Berlin   wurden, wie ein offiziöser Bericht meldet, die vom ReichSamt de? Innern vorgelegten Entwürfe über Brot- getreide, Kartoffeln. Hafer, Gerste, Oele und Hülsenfrüchte, Zucker und zuckerhaltige Futtermittel, sonstige Futtermittel, sowie Hirse durchberaten. Die Grundsätze, auf denen der vorjährige Wirtschafts- Plan hinsichtlich dieser Erzeugnisse aufgebaut war, wird nach Mög- lichkeit beizubehalten sein. Im einzelnen wurden einige Abände- rungen angeregt und in Aussicht genommen. Ter Ernährungs- beirat im Reichstag   wird sich am 23. und 24. Juni mit dem Wirt- schaftsplan befassen. Die besonders eiligen Bestimmungen, ins- besondere die Verordnungen über Brotgetreide, Kartoffeln und Oel  - flüchte, über die im wesentlichen schon jetzt Einigkeit besteht, sollen unmittelbar nach der Beratung im Ernährungsbeirat dem Bundes- rat vorgelegt werden. Im übrigen wird das KriegSernährungsamt, dem die Verantwortung für die spätere Durchführung des Wirt- schaftsvlanes obliegt, unter Zuziehung dieses Beirats die ganzen Fragen von Grund aus durchprüfen. Diese Prüfung soll nach Mög- lichkeit beschleunigt werden, damit der Erlaß der Verordnungen rechtzeitig erfolgt.
Lette Nachrichten. Der russische Kriegsbericht. Petersburg, 18. Juni.  (W. T. B.) Amtlicher Bericht vom 17. Juni. W e st f r o n t. Um unser Vorgeben aus Lemberg   aufzuhalten, holt der Feind von anderen Fronten Verstärkungen heran und geht an mehreren Stellen in wütenden Angriffen gegen die Truppen des Generals Brussilow   vor. Westlich des Fleckens Kolki am Sthr griff der Feind, von unserer Artillerie heftig beschosien, in der Gegend des Torfes Hodamicze (12 Kilometer südwestlich Kolki) an. Der Angriff wurde abgeschlagen. Unsere Truppen verfolgten darauf den Feind und brachen in seine starken Stellungen nördlich des Sthr ein. Dort machten wir mehr als 15 Offiziere und 800 Soldaten zu Gefangenen. Nordwestlich Rozyszcze am Stochod nahmen unsere Sibiriaken unter dem Befehl des Obersten Kislhi nach heftigem Kamps mit den Deutschen   in einem glänzenden Angriff das Dorf Swidniki(13 Kilo- meter nordwestlich Rozyszcze). Sie machten 4 Offiziere und 45a deutsche   Soldaten zu Gefangenen. Weißrussische Husaren griffen zu Pferde, unterstützt von unserer Artillerie, drei feindliche Linien hinter- einander an und machten mehr als zwei österreichische Kompagnien nieder. Gestern mittag vertrieb unsere Kavallerie den Feind aus Rad- ziwillow, besetzt« die Stadt und drängte ihn weiter auf Brody zu- rück. Unsere Truppen warfen gestern den Feind aus Stary- und Nowo Poczajew, ebenso aus dem Kloster Poczajew und besetzten diese Orte. Nach den Aussagen eines Korpsführers, der gestern in einem Abschnitt an der Strypa die Kämpfe mit eigenen Augen verfolgt hat, ging der Feind, Deutsche   und Oefterreicher durcheinander, in voller Auflösung fluchtartig zurück. Durch das Gruppenfeuer un- serer Batterien sielen sie zu Hunderten. Unsere Batterien gingen zugweise in langem Galopp in offene Feuerstellungen und nahmen die Fliehenden unter direktes Feuer. Im Räume von Hajwoworonka Kurdanowka(6,5 Kilometer nordwestlich Przewloka) an der Strypa wird äußerst heftig ge- kämpft. Der Feind geht zurück. Heftige Angriffe an der Straße Sniathn Kolomea warfen den Feind über die Eerniawa(Bach 19,5 Kilometer westlich Sniathn). Nordwest front: Im Räume Dünaburg   beschoß unsere Artillerie weiter mit sichtbarem Erfolg die feindlichen Stellungen. Kaukasus  : Im Abschnitt von Trapezunt   scheiterten türkische AngrisfSversuche. In der Gegend von Platana   machten unsere Truppen Fortschritte. In Richtung Mosul   vorgehend überfiel eine 27 Mann starke Patrouille eine feindliche Abteilung in Stärke von etwa 399 Mann. Der Kampf dauerte ununterbrochen fast zwei Stunden. Das genaue Schießen unseres tapferen Jagdkommandos veranlaßte den Feind, den besetzten Abschnitt zu räumen und zwang ihn zur Flucht. Auflauf in München  . München  , 18. Juni.  (W. T. B.) In einem von der Polizei- direktion München   ausgegebenen amtlichen Bericht über Anfamm- lungen auf dem Marienplatz heißt es: Heute mittag sammelten sich am Marieiiplatz und beim Rathaus-Torwart einige Frauen an, die auf dem Markte nichts dekomme» hatten und insbesondere Brot- karten verlangten. Sie wiieden an die Brotkarten-Verteilungsstellen in den Schulhüusern verwiesen. Die zum Teil erregte Unterhaltung ließ Neugierige sich ansammeln, die sich aber gegen Abend auf per- sönliches Eingreifen des Polizeipräsidenten wieder zerstreuten. Mit Einbruch der Dunkelheit kam weiteres Publikum, insbesondere Männer, leider auch verschiedene Soldaten, in der Hauptsache jedoch halbwüchsige Burschen. Angeblich weil aus benachbarten Häusern Wasser herabgegossen worden war, wurden Steine gegen das Cafe Ratbaus geworfen. Tie Menschenansammlungen wurden größer, bis schließlich die Schutzmannschaft mit Militär den Platz säuberte. Ein Teil der jugendlichen Demonstranten wurde festgenommen und sieht seiner Bestrafung entgegen. Die gesamte vaterländisch ge- sinnte Bevölkerung und insbesondere die vernünftigen Erwachsenen verurteilen, wie man heute von allen Seiten hören konnte, diese Sorte von Leuten, die um jeden Preis ihreGaudi" haben mutzten.
Generalversammlung Ses Kreises Teltow-Seeskow. Gestern vormittag trat im Berliner   Gewerkschaftshause die Generalversammlung des Wahlkreises Teltvw-Beeskow zusammen. Auf der Tagesordnung stand der Bericht und die Neuwahl des Vor- ftandes. Gleich nach Eröffnung der Versammlung verlas der Vorsitzende Thurow eine längere Erklärung des Kreisvorstandes, welche besagt, der Vorstand sei der Ansicht, daß die Gründe, die gegen die Vor- nähme der Neuwahl während deS Krieges sprächen, auch jetzt noch beständen und die Wahl deshalb nicht zulässig sei. Mit dem Wahl- verein Neukölln werde wegen seines die Beitragssperre betreffenden Beschlusses verhandelt, die Rücknahme des Beschlusses könne vielleicht das Ergebnis der noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen sein. Gegen die Zulassung der Neuköllner   Delegierten zur gegenwärtigen Generalversammlung wolle der Vorstand deshalb keinen Einspruch erheben. Anders sei es mit den Lichterfelder   Genossen. Sie hätten ihren Beschluß, dem Vorstande die Beiträge zu sperren, durch eine Erklärung imVorwärts" aufrechterhalten und sich dadurch außer- halb der Organisation gestellt. Deshalb könnten die Lichterfelder  Delegierten zur Generalversammlung nicht zugelassen werden. Mehrere Delegierte protestierten sofort dagegen, daß der Kreisvorstand vor Eintritt in die Verhandlungen sachliche Streitsragen behandle, die erst in der Versammlung zu entscheiden seien. Ein Genosse aus Lichterfelde   bemerkte, daß der Lichterfelder   Be- schluß besage, dem jetzigen Kreisvorstand seien bis zur Einberufung einer Kreisgeneralversammlung die Beiträge zu sperren. Mit der heute vorzunehmenden Neuwahl des KreiSvorstandeö fei der Lichter- selber Beschluß erledigt. Im übrigen beruhe das Recht der Delegation nur auf der Beitragszahlung im abgelaufenen Geschäftsjahr. Die BeitragSpflicht habe der Lichterfelder   Wahlverein auch bis zum Schluß des Geschäftsjahres erfüllt. Bon anderer Seite wurde bemerkt, der Vorstand habe kein Recht, Delegierte von vornherein auszuschließen. Die Gültigkeit der Mandate habe die Mandatsprüfnngskommission zu untersuchen und nur die Generalversammlung habe darüber zu entscheiden. Die Versammlung beschloß mit großer Mehrheit, über die Er- klSrung des BorstandeS zur Tagesordnung überzugehen. Hierauf verlas der Vorsitzende Thurow  «ine Erklärung, welche in der Hauptsache besagt: Dadurch, daß den Lichterfelder   Delegierten Sitz und Stimme in der Generalversammlung gegeben sei, habe diese eine statutenwidrige Zusammensetzung erhalten. Alle Beschlüsse, welche diese Bersammlung sassen würde, seien nach dem Statut un- zulässig. Eine statutenwidrige Generalversammlung abzuhalten, sei der Borstand nicht in der Lage, er erkläre deshalb die Versammlung für geschlossen. Die Genossen Thurow, Böske, PagelS, Groger verließen hierauf den Vorstandstisch und den Saal. Ihnen folgte Genosse Ernst, der den Zentralvorstand vertrat, sowie eine kleine Anzahl von Tele- gierten. Die Versammlung tagte nun unter einer von ihr gewählten Leitung weiter. Die MandäiSprüfungskommission stellte fest, daß 129 Delegierte, 5 Vertreter des Kreisvorstandes und der Reichstags- abgeordnete deS Kreises als Teilnehmer der fortgesetzten Vcrsamm- lung anwesend waren, 13 Delegierte fortgegangen und ein Tele- gierter fehlte. Mit allen gegen 6 Stimmen wurde folgende Erklärung an- genommen: Die Kreisgeneralversammlung stellt folgende Tatsachen fest: 1. Der Kreisvorstand verlas vor Eintritt in die Tagesordnung eine Erklärung, die bereits zu den wesentlichsten Streitfragen, unter anderem zur Gültigkeit der Mandate von Lichterfctde und Neukölln einseitig Stellung nahm. 2. Tie Generalversammlung beschloß darauf mit überwältigender Majorität Uebergang zur Tagesordnung über diese Erklärung mit der ausdrücklichen Begründung, daß alle diese Fragen im späteren Verlauf der Tagung zu entscheiden seien. In einer neuen, bereits schriftlich fertig vorliegenden Erklärung, die der Vorsitzende nun ver- las, deutete der Kreisvorstand den Beschluß der Generalversammlung fälschlicherweise dabin, alz   hätte die Generalversammlung bereits sachlich über die in der ersten Vorstandscrklärung aufgeworfenen Streitfragen rnffchiedcn. AuS dieser falschen Auslegung heraus er- klärte der KreiSvorstand, dienotwendigen Konsequenzen" ziehen zu wollen, schloß die Versammlung und verlieh unter Mitnahme der MandatSbcstätigungen und allen sonstigen Materials den Versamm- lungSraum. Daraus geht mit aller Deutlichkeit hervor, daß der Kreisvor- stand von vornherein die Absicht gehabt hat, die Versammlung zu sprengen, um vor allem eine Neuwahl deS KreiSvorstandeS zu ver- hindern. AuS den Reihen der Generalversammlung wurde sofort festgestellt, daß die Versammlung ordnungsmäßig einberufen sei und weiter tagen könne. Da der alte Kreisvorstand sich selbst aus- geschaltet hatte, wählte die Generalversammlung ein Bureau zur Leitung der Verhandlungen. Die Generalversammlung protestiert mit aller Entschiedenheit gegen das Verhalten des alten Kreisvorstandes, der eine Sprengung der Bersammlung ganz offensichtlich bezweckte, was die Gefahr der Spaltung der Organisation deS Kreise« Teltow-Beeskow heraus­beschwor. Nach längerer Diskussion wurde gegen 11 Stimmen beschlossen: .Tie Generalversammlung enthebt den alten Kreisvorstand seines Amtes und wählt einen provisorischen Gesamtvorstand. Dieser wird beauftragt, schleunigst eine neue Kreisgcneraloersammlung einzuberufen und bis zu deren Entscheidung alle Geschäfte des Kreises statutengemäß zu führen." In den provisorischen Vorstand wurden gewählt: I.Vorsitzender: Eberlein(Mariendorf  ), 2. Vorsitzender: Zirkel(Neukölln), Kassierer: Freigang(Treptow  ), Schriftführer: Kunkel(Steglitz  ), Beisitzer: Zeim(Charlottenburg  ), Frassek(Niederschöneweide  ). Käte Tuncker (Steglitz  ). Revisoren: Martin(Adlershof  ). Scholz(Treptow  ), Schröder(Britz  ), Hoffmann(Schöneberg  ), Wagner(Steglitz  ). Kinder- schutzkommisiion: Denst(Neukölln  ). BildungSauSschuh: Pieck(Steg­ litz  ), dessen Ersatzmann: Nowakowski(Neukölln  ). Für Groh-Berlin  : Aktionsausschuß: Eberlein(Mariendorf  ), Zirkel lNeukölln). Hilbig (Wilmersdorf  ). Preßkommission: Rosa Luxemburg  , Franke(Neu- tölln), Künstler(Neukölln). Lokalkommission: Kaiser  (Neukölln). Schiedskommission: Müller(Tempelhof  ), Walter(Bohnsdorf  ), West- phal(Marienfelde  ). Vertreterin der Frauen: Käte Duncker  . Revisor: Weimann, als dessen Ersatzmann Osburg(Lichterfelde). Vorschlag für den ParteiauSschutz: Rosa Luxemburg  . Erwähnt wurde noch, daß die Genossen Franke, Koch und Zirkel eine von ihnen unterzeichnete kurze Entgegnung auf die imVor- wärtS" unter der Ueberschrist:Eine Sudelschrift für Beitrags- sperre" vom Parteivorstand veröffentlichte Erklärung der Redaktion desVorwärts" eingesandt haben, deren Wdruck aber Genosse Müller vom Parteivorstand verhindert hat. Weiter bemerkte ein anwesender Redakteur desVorwärts", der Parteivorstand habe die Redaktion auch verhindert, die Kommen- tare abzudrucken, die unsere Parteiblätter in Leipzig   und Braun- schweig zu der erwähnten Parteivorstandserklärung brachten,