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die Seeschlacht vor Sem Skagerrak nach öer darstellung englischer Gefangener. Berlin , 1V. Juni. lW. T. B.) Nachdem vor einigen Tagen in großen Zügen ein vorläufiges Bild von dem Verlauf der Schlacht vor dem Skagerrak anf Grund deutscher Berichts gegeben worden ist, kann nunmehr ganz unabhängig davon eine Schilderung der Schlacht nach den Eindrücken und den Aussagen der während und nach der Schlacht gemachten englischen Gefangenen sinSgesamt 177) gegeben werden. Danach haben an der Schlacht teilgenommen die AufklärungS- streitkräfte unter Vizeadmiral Beatty und das Gros der englischen Flotte unter Admiral Jellicoe . Zu den Aufklärungsstreitkräflen ge» horten die 6 Schlachtkreuzer.Lion" sFlaggschiff),.Queen Mary", „Princeß Royal",.Tiger" als I. Division,.Jndefatigable",»New Zealand " sFlaggschiff) als H. Division. Die I. Division war vollständig zur Stelle, zu der H Division gehörte eigentlich noch die.Australia". Die Angaben über den Grund der Abwesenheit dieses Schiffes lauten sehr geheimnisvoll.— Außerdem waren Beatty unterstellt 4 oder sämtliche 6 schnellen Linienschiffe der„Oueen-Elizabelh'-Klaffe, eine große Zahl kleiner moderner Kreuzer, von denen 13 übereinstimmend von den Ge- fangenen namentlich aufgeführt werden, und 2 Flottillen von Torpedo- booi-zerstörern, darunter die allerneuesten, mit zusammen etwa 40 Ze»störern. Das Gros, das an der Schlacht teilnahm, setzte sich zusammen aus 3 LipienschiffSgeschwadern zu je 6—8 Schiffen, alles Großkampfschiffe, 1 oesonderen Geschwader auS 3 der neuesten Linienschiff« der .Royal Sovereign"-Klasse, 1 Division Schlachtkreuzer:.Jnvincible",.Jndomitable" und .Inflexible", 1 Panzerkreuzergeschwader zu 6 Schiffen, mindesten» 10 kleinen Kreuzern, 4 Flottillen mit 80 bis 100 Zerstörern.' Die vorstehend genannten Streitkräfte waren am 80. Mai aus verschiedenen Häsen der englischen Ostküste nach Osten ausgelaufen. Das Gros der Flotte holte auf dem Marsche etwa? mehr nach Norden aus als die Aufklärungsstreitkräfte. Die daher südlicher als das Gros stehenden Schiffe des Admirals Beatty sichteten die deutschen Schlachtkreuzer zuerst. Zu dieser Zeit am Nachmittag des 81. Mai fuhren die Schlachtkreuzer deS Admirals Beatty in zwei Kolonnen mit östlichem KurS. Am weitesten westlich standen die vier Schiffe der I. Division,.Lion",.Princeß Royal",.Queen Mary" und.Tiger", an Backbord voraus vor diesen die zwei Schiffe der II. Division.New Zealand " und„Jndefatigable" und vor diesen wieder die kleinen Kreuzer und Zerstörer. Als Beatty die deutschen Aufklärungsstreitkräfte in östlicher Richtung sichtete, formierte er mit seinen sechs Schlachtkreuzern Kiel - linie und ging auf Südostkurs. Die 13. Torpedobooteflottille unter Führung des kleinen Kreuzers.Champion" stand vor der Spitze, die übrigen kleinen Kreuzer und Torpedoboote am Schluß der Linie. Die.Queen Elizabeth"-Schiffe, welche bis dahin in einiger Ent- fernung nordwestlich von BeattyS Schlachtkreuzern gestanden hatten, gingen gleichfalls auf Südostkurs und suchten Anschluß an die Schlachtkreuzer zu gewinnen. All« Schiffe nahmen hohe Fahrt, 23 Seemeilen, auf. Zwischen B und 6 Uhr wurde von den Deutschen das Feuer auf etwa 18 Kilometer eröffnet. Kurz vor 6 Uhr erfolgte auf der„Queen Mary" eine gewaltige Detonation mitschiffs an der Backbordseite, das Borschiff sank schnell, nachdem noch zwei weitere Explosionen vorangegangen waren. Als daS Schiff versank, erfolgt« eine viert« besonders schwere Detonation. Der ganze Vorgang dauert« nicht länger als B bis 10 Minuten. Auf der»Queen Mary" befanden sich über vierzehn- hundert Mann, unter ihnen auch ein japanischer Prinz, welcher Marineattachü in London gewesen sein soll. Am Tage vor dem Auslaufen der Schiffe war die Beförderung deS Japaners zum Korvettenkapitän durch ein großes Bankett in der LffizierSmeffe ge- feiert worden. Auf.Jndesatigable", der weiter hinten in der Linie stand, sah man den Vorgang auf der»Queen Mary". Als man an die Unfallstelle der„Queen Mary" kam, erfolgte auch auf „Jndefatigable" kurz nach 6 Uhr an der Backbordseite eine gewaltige Detonation. Die.Jndefatigable' kenterte und sank so schnell, daß sich auf dem GefechtSmarS des Schiffes, in dem sich 14 Menschen befanden, nur zwei retten konnten. sDieseS sind, soweit bekannt, die beiden einzigen Ueberlebenden der etwa tausendköpfigen Besatzung.) Wegen der ungeheuren Gewalt der Detonation auf der.Queen Mary" und der.Jndefatigable" find die Gefangenen im Zweifel, ob die Detonation durch feindliche Artillerietreffer oder durch Tor- pedoexplösionen Herborgerufen waren. Nach dem Sinken der beiden Schiffe gab der Admiral Beatty durch Flaggensignal an die vornstehende englische 13. Flottille den Befehl, einen Torpedoangriff auf die deutschen Schlachtkreuzer zu machen. Dieser Befehl wurde nur von den dem Flaggschiff BeattyS nächststehenden Zerstörern verstanden und wird von mehreren Ge- fangenen als ein Verzweiflungsakt aufgefaßt. Bei dem Angriff wurden die ganz neuen englischen Zerstörer.Nestor " und.Nomad" durch die Artillerie eines kleinen deutschen KreuzerS außer Gefecht gesetzt. Sie blieben bewegungslos liegen und wurden von dem Feuer der nachher hinzugekommenen deutschen Schlachtschiffe ver- senkt. Die Besatzungen retteten sich auf Flößen und in Booten und wurden später von deutschen Torpedobooten aufgenommen. Inzwischen waren die Schiffe der.Queen Elizabeth"-Klaffe herangekommen. Während des Torpedoangriffs schwenkten die englischen Schlachtkreuzer, nunmehr nur noch vier, auf nordwestlichen Kurs. Die„Queen Elizabeth'-Schiffe folgten ihnen im Kielwaffer, als sie die deutschen Schlachtschiffe in südöstlicher Richtung sichteten. Die Entfernung zwischen den englischen Schiffen und den deutschen Kreuzern hatte sich zu dieser Zeit auf etwa zehn Kilometer ver- ringert. Die englischen Schlachtkreuzer liefen mit hoher Fahrt weiter nach Norden, so daß sie bald außer Schußweite kamen. Darauf setzten die.Queen Elizabeth'-Schiffe das Gefecht fort und gingen auf nördliche Kurse mit dem von Beatty erhaltenen Befehl,.den Feind abzuschneiden" stc> out okk tfto onerazt). Bald darauf verließ eines der»Oueen-Elizabeth'-Schiffe, wie die Gefangenen ausdrück- lich sagen, die.Warspite", stark nach der Seite überliegend, die eigene Linie und zog sich nach Nordwesten zurück. Später, etwa gegen 8 Uhr. wurde von dem englischen Zerstörer.Torbulent" die funkentelegraphische Nachricht aufgefangen, daß.Warspite' ge« funken sei. Die Angaben der Geretteten von den Schiffen, die dem Admiral Beatty unterstanden, über den Zeitpunkt deS Erscheinen» des englischen Gros unter Admiral Jellicoe sind sehr widerspruchsvoll. Nach den Angaben der Geretteten der Schiffe, die zu der Flotte des Admirals Jellicoe gehörten, fuhr diese mit südlichem Kurse in mehreren Kolonnen, als die erste funkentelegraphische Nachricht von Beatty über das Sichten des Feinde»»intraf. Diese Nachricht wurde von dem englischen Kleinen Kreuzer.Galatea' gegeben. Admiral Jellicoe b»fahl darauf, daß mit äußerster Kraft nach Süden weiter- gefahren werden sollte. Das Einzige, was diese Gefangenen von Beatty» Flotte sahen, war daS Aufblitzen von Geschützen im Südwestin. Jellicoe machte Kehrt nach Norden und entwickelte seine Linie zunächst nach Nordwesten und Westen. Die Schlacht- kreuzer des Gros„Jnvincible".„Jndomitable" und„Inflexible" und die Panzerkreuzer standen an der Spitze, die drei Schiffe der .Royal Sovereign'-Klasse am Schluß der Linie. Zu dieser Zeit
wurde das englische Linienschiff„Marlborough" durch einen Torpedo« schuß getroffen. Der Torpedo soll von einem U-Boot geschossen sein, das nachher von einem englischen Zerstörer vernichtet wurde. Es wurde beobachtet, wie das U-Boot sich ganz umdrehte.(Da auf deutscher Seite keine U-Boote an der Schlacht teilnahmnn, könnte es sich nur um ein englisches U-Boot gehandelt haben.) Das eng- tische Gros ließ jetzt durch seine Zerstörer U-Boot-Sicherung bilden. „Marlborough" blieb auf ihrem Posten. Die Panzerkreuzer griffen ein einzelnes großes deutsches Schiff an, das mit langsamer Fahrt nach Südosten steuerte. Zu derselben Zeit wurde von dem englischen Gros das Feuer eröffnet. Als die Panzerkreuzer zum Gros zurückkehrten, fehlte die.Defence". „Warrior" hatte zwei große Löcher mittschiffs dicht über der Wasser- linie. Kurz nach dem Eingreifen des englischen Gros in das Ge- fecht entstand auf„Jnvincible" infolge eines deutschen Treffers ein Brand, dem die Explosion folgte. Das Schiff sank. Die kleinen englischen Kreuzer und Zerstörer waren alle in Feuerlee(daS heißt an der dem Feind abgekehrten Seite der Schlachtlinie. Ein deutscher Weitschuß vernichtete den nahe der Spitze stehenden Zer« störer„Acasta". Die weiteren Angaben der Gefangenen über die Bewegungen des englischen Gros bis zum Eintritt der Dunkelheit sind äußerst widerspruchsvoll und unklar. Es geht nur aus ihnen hervor, daß während des bis gegen 11 Uhr nachts fortgesetzten Gefechts nicht immer alle englischen Linienschiffe gleichzeitig feuerten, sondern zeit- weilig die vorderen und zeitweilig die Hinteren Geschwader, sowie ferner, daß beim Eintritt der Dunkelheit die englische Flotte in Kolonnen nach Norden steuerte mit allen leichten Streitkräften, Kreuzern und Flottillen am Schluß der Kolonnen als Rückendeckung. Bon den Zerstörern des Admiral Jellicoe bat der.Tipperarh", allein nach Süden fahren zu dürfen, zu einem Angriff auf die deutsche Flotte. Er erhielt hierzu Erlaubnis, geriet aber bald in eine deutsche Torpedobootsflottille. Die„Tipperarh" wurde außer Gefecht gesetzt und versenkt, die Ueberlebenden gerettet. Von den Streitkräften deS Admirals Beatty hatte die 13. Flottille den Anschluß an die eigenen Schlachtkreuzer verloren und ging bei Dunkelwerden nach Süden. Hierbei traf sie auf mehrere große Schiffe, die für eigene gehalten wurden. ES waren aber deutsche, die Feuer eröffneten und den.Turbulent " vernichteten. Alle Ossi- ziere und der größte Teil der Mannschaft fielen auS, das Schiff verbrannt« vorn und hinten über den MunttionSkammern, als deutsche Torpedoboote herankamen und die Ueberlebenden retteten. Fast alle Gefangenen gaben ihren Unwillen darüber kund, daß von englisckier Seite nichts getan worden sei, um sie zu retten. trotzdem fast alle ihre kampfkräftigsten Schiffe an der Schlacht teil- nahmen. Die Ueberlebenden von„Queen Mary" und„Jndefatigable" waren fast vier Stunden im Wasser, ehe sie von den deutschen Streitkräften gerettet wurden. Sie hatten schon alle Hoffnung auf- gegeben, da von englichen Schiffen seit Stunden nichts mehr zu sehen gewesen war. « Nach den Darstellungen der englischen Gefangenen haken von den 33 Großkampfschiffen, die die englische Marine zurzeit besitzt, 27— 28 an der Seeschlacht teilgenommen. Unter den gesunkenen Schiffen befindet sich auch der Schlacht- kreuzer„Jnvincible", der bereits einmal im Laufe dieses Krieges an einer Seeschlacht teilgenommen bat. Gemeinsam mit dem„In- flexible" und drei Panzerkreuzern der„Devonshire"- und„Kent"- Klasse kämpfte er in der Seeschlacht bei den Falklandsinseln mit, in der die beiden deutschen Panzerkreuzer„Gneisenau" und „Scharnhorst" versenkt wurden. Die 177 englischen Gefangenen, die von den Deutschen gerettet wurden, gehörten sechs verschiedenen Schiffen an, nämlich der „Queen Mary", dem„Jndefatigable", von denen je zwei Mann ge. rettet wurden; ferner wurden gefangen 7 Mann von„Tipperarh", 3 Offiziere, 2 Deckoffiziere, 7B Mann von„Nestor", 4 Offiziere, 68 Mann von„Nomad, 14 Mann von„Turbulent ".
politische Uebersicht. Konflikt zwischen Herrenhaus und Abgeordnetenhaus. Die Finanzkommission des Herrenhauses hat ihren Be- richt erstattet, wonach sie die Regierungsvorlage in bezug auf die Stenerzuschläge wieder hergestellt hat, das heißt, die Steuerzuschläge für Kriegsdauer zu bewilligen vor- schlägt, während das Abgeordnetenhaus die Steuern nur für ein Jahr bewilligt hat. Worin die Unterschiede zwischen der Auffassung des Abgeordnetenhauses und der Finanzkommission des Herrenhauses, der sich sicherlich auch das Herreuhaus selbst anschließen wird, bestehen, führt der Berichterstatter Graf von der Schulenburg- Grünthal in seinem Bericht in folgender Weise aus: „Das Abgeorimetenhaus habe sich zwar in der Sitzung vom 17. Januar auf den Standpunkt gestellt, daß der Landtag die Entscheidung darüber, wie man sich auf dem Gebiete der Be- lastung mit direkten Steuern verhalten solle, in der Hand be- halten müsse, da der Reichstag auch sehr große Anforderungen stellen würde und man die Hand auf den direkten Steuern behalten wolle. Dieser Gedanke habe sich, wie die letzte Vergangenheit lehrt, als nicht durchführbar gezeigt. Das Reich habe gerade jetzt in die direkten Steuern in einer Weise eingegriffen, die dem Landtag außerordentlich unerwünscht war, das Abgeordnetenhaus habe aber trotzdem diese 100 Mil- lionen Zuschläge für das laufende Etatsjahr bewilligen müssen, weil ihm eben nichts anderes übrigblieb, denn der Staat brauche diesen Betrag und er dürfe ihm nicht vorenthalten werden. Das Abgeordnetenhaus habe die Bewilligung auf ein Jahr ferner damit begründet, daß es in die Festigkeit der Staatsregierung dem Reichstage gegenüber kein unbegrenztes Ver- trauen setze. Nach Auffassung des Berichterstatters dürfe man in der jetzigen ernsten und schweren Zeit der Staatsregie- rung ihre schwierige Aufgabe durch derartige Miß- trauensvoten möglichst nicht erschweren, vor allem aber müsse man der Staatsregierung die Mittel in die Hand geben, um dem Reichstage gegenüber die ge- wünschte Festigkeit zu bewahren. Das geeignetste Mit- tel hierfür sei, wenn man vorweg die Hano auf die betreffenden Steuern lege. Hätte das Abgeordneten- haus die Verhandlungen nicht verzögert, sondern dem vorliegen- den Gesetzentwurf in der Fassung der Regierungsvorlage sogleich seine Zustimmung erteilt, so würde es der Staatsregierung sehr viel leichter gewesen sein, bei den Steuerverhand- lungen im Reichstage Festigkeit zu bewahren, als es der Fall war, nachdem man dem Reichstage die Vorhand gelassen und hierdurch die Stellung der Staatsregierung nicht unwesent- lich erschwert hatte." Herrenhäusler wie die Mehrheit des Abgeordnetenhauses sind also gleicherweise der Meinung, daß die Ein- führung direkter Steuern für das Reich nach Möglichkeit bekämpft werden müsse. Nur über die Mittel sind sie verschiedener Ansicht. Octavio v. Zedlitz ist übrigens bereits wieder am Werke, ein Kompromiß zwischen Herrenhaus und den Kon- servativen des Abgeordnetenhauses zustande zu bringen. Er schlägt dem Herrenhaus vor, der Fristbestimmung der Re- gierungsvorlage den Zusatz beizufügen:„jedoch nicht über das Etatsjahr 1917 hinaus". Dadurch würde den Bedenken des Herrenhauses gegen die einjährige Befristung der Steuer
zuschläge Rechnung getragen, während zugleich dt« Forde« rung des Abgeordnetenhauses, die Steuerzuschläge fest zu befristen, Berücksichtigung fände. Ob der salomonische Vorschlag des Freiherrn v. Zedlitz im Herrenhaus Gegenliebe findet, bleibt abzuwarten. Die Fortschrittler und die ReichSpolittk. Am Sonntag tagte in Nürnberg der LandeSauSschutz der Fort- schrittlichen Volkspartei Bayerns. Im Mittelpunkte der Beratung stand die Reichspolitik, über die ReichstagSabgeordneter Müller- M e i n i n g e n sprach. Er trat sür energische Durchführung des U-Boot-Krieges ein, bedauerte die Unfreundlichkeit der nord- amerikanischen Regierung und die persönliche Haltung des Präsidenten Wilson, und wandte sich dann gegen die anonymen und Pseudonymen Quertreiber in der hohen Politik. Die Broschüre des„öumus alter" sei ein Schlag jener kleinen, aber mäckitigen Partei gewesen, die stets nach dem Rezept handelt:„Und der Kaiser absolut, wenn er uns den Willen tut l" Bedauerlich sei, daß durch die inneren politischen Kämpfe das Verhältnis der beiden liberalen Parteien zueinander gelitten hat. Weiter führte Müller nach einem Bericht des„Berl. Tagebl." aus: „Das unbegrenzte Vertrauen, da» daS deutsche Volk in diesem Kriege sich erworben hat, muß gewürdigt werden durch ein freies preußisches Wahlrecht, durch klare Begrenzung von Zivil- und Militärgewalt, durch Beseitigung aller Privilegien in Heer und Verwaltung, durch Reform unseres auswärtigen Dienstes, durch Ausbau des Koalitionsrechtes, durch Reform der Straf- gesetzgebung usw. Sollten die Zusagen der Regierung über eine solche Neuorientierung der inneren Politik nach dem Kriege nicht eingehalten werden, dann würden wir die frühere oppositionelle Stellung wieder in doller Schärfe einnehmen. Wenn die Kriegslage mehr geklärt ist, müßten auch die KriegSztele der Negierung schärfer gezeichnet werden. Als selbstverständlich er« scheint, daß die Zukunft deS Reiches durch entsprechende Gebiets- erweiterungen sichergestellt wird." Nach lebhaften Erörterungen wurde eine entsprechende Ent- schließung angenommen.__ König Ludwig von Bayern über wirtschaftlich« Aufgaben. Nach Erledigung der Tagesordnung in der Hauptversammlung deS Bayerischen Kanalvereins hielt König Ludwig von Bayern eine Ansprache, in der er unter anderem ausführte: „Wir müssen aushalten, wir müssen durchhalten. Das hat ja, und es kann wohl nicht anders sein, seine großen Schwierig- leiten, die Interessen der einzelnen Staaten und der einzelnen Bevölkerungskreise auszugleichen, aber es wird und muß gehen. Es gehört dazu besonders vor allem Geduld und Ausdauer. Eine Lehre hat uns dieser große und schwere Krieg jedenfalls gebracht und das ist die, daß wir dafür sorgen müssen, daß wir in Zukunft ohne Hilfe von auswärts uns im Deutschen Reich allein er- nähren können. DaS ist nur möglich, wenn die Landwirtschaft gefördert wird, und die Landwirtschaft kann nur dadurch ge- fördert werden, wenn sie auch in ruhigen Zeiten einen Ertrag bringt und ihren Mann ernährt. Wie Sie wissen, betreibe ich selbst seit langer Zeit die Landwirtschaft, und ich kann aus eigener Er- fahrungen sagen, wenn sie prosperieren soll, so muß sie intensiv betrieben werden. Mit der Landwirtschaft allein ist es natürlich nicht getan; auch Industrie und Handel müssen ge- deihen. Je größer ein in sich geeinigtes Wirtschaftsgebiet ist, desto vorteilhafter ist es für den Handel und die Industrie. Aber ein Bindeglied brauchen wir für all diese wirtschaftlichen Beziehungen und nicht das geringste unter diesen Bindegliedern ist daS, tva» unser Verein anstrebt. Er strebt an, daß die alte Wasserstraße neu belebt, daß sie verbunden wird. Was wir alle brauchen und wollen, das ist ein guter Großschiffahrtsweg. Wie er hergestellt wird, das steht noch nicht fest, aber daS steht fest, daß in Kelheim die Donau für den Großschiffahrtsweg hergerichtet wird, ebenso der Main bis Bamberg. "_ Beginnende Einkehr. Der Breslauer Universitätsprofessor Hillebrandt hat be- kanntlich im Herrenhaus«inen Antrag eingebracht, wonach der obli- gatorische Unterricht in Englisch und Französisch an unseren höheren Schulen allmählich„abgebaut" und statt dessen„andere moderne Sprachen"— gemeint sind nach dem Wortlaut des Antrags vor allem orientalische Sprachen— eingeführt werden sollen. DaS Herrenhaus hat in seiner Sitzung vor Pfingsten beschlossen, diesen Antrag der Regierung zur Prüfung zu überweisen. Gegen diesen Antrag wendet sich nun eine Zuschrift, die die „R h e i n i s ch- W e st f ä l i s ch e Z t g." an leitender Stelle ver- öffentlicht. Ganz richtig bemerkt diese Zuschrift, daß der Antrag Hille- brandt, wenn er überhaupt einen praktischen Wert jja&e« soll, auf die Türkei und Bulgarien zugeschnitten sei. „So sehr wir— heißt es dann weiter— beide Mächte als tapfere Bundesgenossen und Helfer im Kampf zu schätzen wissen, so wenig dürfen wir uns doch der Tatsache verschließen, daß unsere Bundesgenossenschaft noch viel zu jung ist, als daß wir sie zur Grundlag«für ein« Umwälzung unseres gesamten Unterrichtswesens machen dürs- ten. Denn daß das Bündnis mit der Türkei bisher noch nicht weit über militärische Abmachungen, die die Not des Augen- blicks erfordert, hinausgekommen ist, haben die vor kurzem im Reichstag berührten Verhandlungen über ein Wirtschaftsbündnis mit der Türkei nach dem Kriege bewiesen. Wie weit die gegen- seitigen Verpflichtungen mit Bulgarien gehen, weiß man überhaupt nicht. Ob dem Antragsteller im Herrenhaus darüber mehr bekannt sei als der Öffentlichkeit, darf man sehr bezweifeln. Unserem Kultusministerium sind die Folgen des An- trags Hillebrandt für unser Schulwesen wohl bewußt. Der Kul- tusminister hat denn auch aus seinen schweren Bedenken gegen den Antrag kein Hehl gemacht und offen bekannt, daß er einstweilen noch wenig Neigung hat, auf die ganze Frage einer„Neuorientierung' unseres höheren Schul- wesens einzugehen, geschweige denn über Erwägungen hinaus zu praktischen Folgerungen überzugehen." Zu diesen Bedenken werden in der„Rh.-Westf. Ztg." noch einige weitere angeführt. In erster Linie jenes, daß eS nicht angeht, unser Bildungssystem der jeweiligen außerpolitischen Konstellation anzu- passen. „Ebensowenig wie das radikale England und sein An- hang nach dem Kriege den Handelskrieg gegen DeuffchlSnd bis aufs Messer durchführen können, ebensowenig werden sich unsere Bundesgenossen trotz aller Ver» träge so eng an uns anlehnen können, daß wir mtt einemmal unsere ganze geistige Bildung von heute„neu orientieren" müßten. Das werden unsere Bundesgenossen selber kaum von uns verlangen, ebensowenig wie wir ihnen zu- muten können, englisch und französisch zu verbannen und sich ganz der deutschen Sprache zu widmen, so erfreulich das auch für uns wäre. Englisch ist, um Französisch ganz bei- seite zu lassen, auch heute noch die Weltsprache, d. h. das internationale Verständigungsmittel und wird eS noch auf lange Zeit hinaus bleiben. Das sind Tatsachen, um die man nicht herumkomm t." Die„Rh.-Westf. Ztg." läßt nicht einmal den Einwand gelten, daß mit dem Antrag Hillebrandt unseren Bundesgenossen ein Dienst und eine Freude bereitet werden soll. Mit Recht hebt die Zuschrift hervor, daß die Türkei und Bulgarjen mit chr|y Bundesgenossen and