Einzelbild herunterladen
 
Ilr.169. 33. Wt«. KMe desUllMliltg" Kerlilm Wüishllltt.
politische Uebersicht. Die Kriegsziele des Kanzlers. Dem»Lokal-Anzeiger� wild aus Breslau   telestraphiert:»In einer hier abgehaltenen großen öffentlichen Versanimlung, in der der Abg. Vcheidemann über das Thema:»Die deutschen  Arbeiter und der Kriegs sprach, machte Herr Scheidemann  folgende Aeußerung in bezug auf eine Erklärung des belgischen Ministers Band erdelde in derHumanito", der sich mit der seinerzeit gehaltenen Friedensrede des deutschen   Reichskanzlers befaßte und daraus den Schluß zog, daß das Kriegsziel des Reichskanzlers die Eroberung Belgiens   und oller be- setzten französischen Gebiete sei. Abg. Scheidemann   führte aus:Man tut dem Reichskanzler ein gewaltiges Un- recht, wenn man ihm diese Absichten unterstellt. Ich weiß, daß er nicht an derartige Pläne denkt. Ich hoffe, er wird es mir nicht mißdeuten, wenn ich hier eine I n d i s k c e t i o n begehe. Ich be- gehe sie aber in der Absicht, unserem Lande einen Dienst zu er- weisen. Als vor einem Jahre die sechs Wirtschaftsver« bände dem Reichskanzler ihre bekannten Eroberungspläne unter- breiteten, wurde ich mit einigen Parteifreunden beim Reichs- kanzler vorstellig, um Einspruch zu erheben gegen diese Pläne. Wir verwiesen dabei auf unsere im Reichstage am 4. August 1914 abgegebene Erklärung. Wir hatten die Genugtuung, aus dem Munde des Reichskanzlers zu hören, daß er mit jenen Eroberungs Plänen nichts zu tun haben wolle (gewaltiger Beifall), daß er sie weit von sich weise, und daß er sie wie alle ähnlichen Pläne auf das entschiedenste miß- billige.(Großer Beifall und Trampeln.) Das war vor mehr als einem Jahre. Der Reichskanzler hat seitdem nichts gesagt und getan, was unS zu der Annahme nötigte, er stände nicht noch heute auf seinem damaligen Standpunkt." Dos offiziöse Blatt knüpft an dieses Telegramm folgenden Kommentar; »Wir bemerken hierzu, daß die erwähnte Denkschrift der sechs Wirischastsverbände die Annexion von Belgien  , der angrenzenden französischen   Küstengebiete bis zur Somme, der Kohlcngebiete, der Departements Du Nord und des Pas des Calais  , Angliederung von Teilen der Ostseeprovinzen und der südlich davon gelegenen Gebiete forderte. Diese maßlosen Eroberungspläne hat der Reichskanzler in der Tat niemals zu den seinigen gemacht, wie auch aus seinen wiederholten Erklärungen im Reichslage hervorgeht, in denen er seine Kriegsziele in allgemeinen Umrissen angedeutet hat(erhöhte Bürgschaften für Erenzsichcrung, Einfallstore, Neugestaltungen usw.)." Wir möchten unsererseits hinzufügen, daß der Reichskanzler sich mehrfach im Parlament über Kriegsziele in einer Weise geäußert hat, die der grundsätzlichen Auffassung der Sozialdemokratie nicht enlspricht. Aus dem Telegramm des.Lokal-Anzeigers" geht nicht hervor, ob Scheidemann   auch dazu Stellung genommen hat. Bethmann Hollweg   gegen Kapp. Die»Norddeutsche Allgemeine Zeitung" der- öffentlicht an der Spitze ihrer Donnerstagnummer folgende Aus- lassung: Durch das in die Presse gelangte Rundschreiben des General- landschaftsdircktors Kapp ist eine erneute Erörterung des Falles hervorgerufen worden. Tie Presse beschäftigt sich insbesondere mit den Eingangssätzen der Kappschem Erklärung:»Herr Kapp hat der Politik des Herrn Reichskanzlers den Vorwurf der Unfähigkeit und Schwäche gemacht. Der Herr Reichskanzler hat gegen Herrn Kapp persönliche Schimpfworte gebraucht." Diese Darstellung des Sach- Verhalts wird in einer Reihe von Zeitungen abgelehnt. Die Kreuz-Zeitung  " dagegen tritt ihr bei, indem fie er- klärt, Herr Kapp sei tatsächlich persönlich beschimpft worden. Das Blatt unterläßt eine Prüfung der Frage, ob die Kappsche Denkschrift nicht weit über jede zulässige Kampfesweise hin- ausgegangen ist. Dadurch werden folgende Angaben nötig: Die Kappsche Denkschrift behauptet, die Handhabung der Zensur erwecke den Eindruck,daß sie weniger in den Dienst d-r vaterländischen Sache, als in den der gegenwärtig an leitender Stelle befindlichen Männer gestellt wird, zum persönlichen Schutz gegen Angriffe, denen sie wegen ihrer Haltung auf politischem und wirtschaftspolitischem Gebiet ausgesetzt sind." Tie Denkschrift spricht von dem Gefühl der vaterländischen Zhreise, daß die politische Leitung ihrer Aufgabe nicht gewachsen sei und fährt fot:Der Reichskanzler beruft sich demgegenüber auf die unbedingt notwendige Einigkeit des Volkes, das in solcher Zeit voll Vertrauen hinter ihm stehen müsse. Die Parole Einigkeit fängt an, bei uns dieselbe unglückliche Rolle zu spielen, wie«inst im Jahre 180(3 das nach Jena   gefallene staatSvcrräterische Wo rt: Ruhe ist die erste Bürger- Pflicht." Die Denkschrift sagt, das Volk schenke der Versicherung der politischen Leitung, daß nicht Unentschlossenheit, vielmehr nur nüchterne Abwägung aller in Betracht kommenden Momente in der Il-Boot-Frage führend sei, keinen Glauben mehr.Jetzt hat es erkannt, daß nicht Mut, sondern Wankelmut es ist, der diese Waffe seit über Jahresfrist nicht geführt, sondern immer wieder gehemmt Hai." Die Denkschrift erhebt ferner die Vorwürfe:Preisgabe unseres völkischen Ansehen s",mutlose Unent- sch l o s se n h« i t",Ueberschreitung der Grenzen, die der Nach- giebigkeit durch unsere Ehre gezogen sind" usw. Hiernach kann niemand über den klaren Tatbestand im Zweifel sein. Es lagen Angriffe unerhörter Art vor, die eine scharfe Abwehr erforderten, im Staaisinteresse, und es geht nicht an. daß man jetzt versucht, den Angreifer als den Beleidigten hin- zustellen." Ein netter Ratschlag. In derKreuz-Zeitung  " kommt Freiherr S e n f f t d o n P i I s a ch, anläßlich einer Polemik gegen Sir Edward Goschen  , dessen Artikel in derNeuen Zürcher Zeitung  " wir im Auszug wiedergegeben haben, auf dasRingen um die Seele der Neutralen" zu sprechen: »Neben dem blutigen Kampfe der Waffen geht daS geräusch­lose. aber nicht weniger erbitlerte Ringen um die Seele der Neutralen einher.... Kein Mensch, auch kein Engländer oder Franzose, besireitet mehr, daß sich in Europa   die Kriegslage je länger je mehr zu unseren Gunsten entwickeil hat. Diesem unserem Waffenerfolge also können wir unsere Erfolge in dem Ringen um die Seele der Neutralen nicht an die Seite stellen. Nur bei einzelnen von ihnen mag der Eindruck unserer Siege und Eroberungen durch die Rücksicht auf ihren schwachen Küstenschutz gegenüber der englischen Flotte aufgewogen werden. Es mag auch sein, daß die feindlichen Machthaber den unseligen in dem unsauberen Handwerk der Be-
st e ch u n g überlegen sind....Der glänzendeErfolg unserer Kriegsanleihen sollte nns zu drei st em Ueberbieten ermutigen. Dieses Kampsmittel steht freilich in keinem guten Gernch( aber unsere Feinde haben es uns aufgenötigt wie den Gebrauch von Stink- bomben." Wir müssen gestehen, daß uns diese, von Herrn v. Pilsach   so warm empfohleneStinkbombe" denn doch zu anrüchig erscheint._ Bundesratsbeschlüsse. Berlin  , 21. Juni.  (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Bundesrates gelangten zur Annahme: Der Entwurf einer Bekanntmachung über Preisbeschränkungen bei Verkäufen von Seilerwaren, der Entwurf einer Bekanntmachung über das Verbot des Vorverkaufs von Getreide der Ernte des Jahres 1916, der Entwurf einer Bekannt- machung betreffend Erntevorschätzungen im Jahre 1916, und der Entwurf einer Verordnung über u n t a u g- liches Schuhwerk. Vorschlag zum Herrenhaus. Der Vorstand des alten und befestigten Grundbesitze? im Landschaftsbezirk Fraustadt   nahm eine Präsentationswahl für das Herrenhaus an Stelle des verstorbenen Rittergutsbesitzers v. Chlapowski-Kopaszewo vor. Gewählt wurde Rittergutsbesitzer Sigismund v. Chlapowski-Turew mit 24 von 28 abgegebenen Stimmen._ Tie neuen Postwertzeiche«. Zur Einführung neuer Briefmarken macht die Kaiserliche Reichs- postverwallung folgende Mitteilung: Anläßlich der'bevorstehenden Einführung einer außerordentlichen Reichsabgabe, die mit den Post- und Telegraphengebühren voraus- sichtlich vom 1. August ab erhoben werden wird, wird die Reichs- posiverwaltung vorerst folgende Postwertzeichen neu herausgeben: Freimarken zu 2>/,, 7Vz Pst und 15, Postkarten zu 7>/z Pf., Postkarten mit Anlwortkarte zu 7Vz und 7>/z Pf, Freimarkenheftchen mit 80 Freimarken zu 2'/, Pf-(Verkaufspreis 75 Pf.). Mit dem Verkauf der neuen Wertzeichen wird in den letzten Tagen des Juli bei den Postanstalten begonnen werden. Die Marken zu 2'/z Pf. werden es jedermann ermöglichen, etwa vorhandene Be- stände au Marken oder Postkarten zu 5 Pf. aufzubrauchen. Die bayerische   Postverwaltung wird eigene neue Marken her- ausgeben._ Tie Militärzensur von Feldpostbriefen. Soldaten hatten den Wunsch ausgesprochen, daß nicht der un- mitlelbare Vorgesetzte die Brieszensur vornehmen soll, weil dann die Soldaten nicht in voller Unbefangenheit ihre Familien- und Ge- schäflsverhältnisse erörtern könnten. Eine daraufhin vom Abgeord- neten Marquardt an den Großen Generalstab gerichtete Eingabe hat Erfolg gehabt. Der Generalstab des Feldheeres hat ihm ge- schrieben: »Ich beehre mich, Euer Hochwohlgeboren für die zum Ausdruck gebrachte Gesinnung verbindlichst zu danken und gleichzeitig erklären zu dürfen, warum die Beantwortung erst jetzt erfolgt. Die Frage der Zensur von Soldatenbriefen bildete bereits Gegenstand der Er- wägung, als Euer Hochwohlgeboren Schreiben eintraf. Nachdem die Erwägungen im Sinne der von Ihnen gegebenen Anregungen stattfanden, kann ich nunmehr mitteilen, daß auch die end- gültige Regelung der Angelegenheit im Sinne Ihres Schreibens erfolgt ist."(z)
Ein Hastgesang ans Kitchener. Nu« Chemnitz   wird uns geschrieben: Was man nicht für möglich halten sollte, daS hat sich tatsächlich ereignet: in Chemnitz   ist ein Haßgesang auf Kitchener zu dessen Tod fabriziert worden, der nun öffentlich verbreitet und in öffentlichen Lokalen sogar gesungen wird. Wie solche Wische zu bewerten find, darübergibt eS wohl unter anständigen Menschen nur ein Urteil. Bemerkenswert scheint unS aber dabei besonders zu sein, daß der Verfasser diese» Liedes ein schon lange in derselben Richtung tätiger Mitarbeiter der an- gesehensten bürgerlichen Zeitung in Chemnitz   und ein Buch- bändler ist, der sich nicht scheut, diesen Wisch auch noch in seinem Laden zum Kauf(5 Pf. das Stück) auszuhängen!<z)
Volksschule und höhere Schule. Das Deutsche   Philologenblatt enthält folgende Bemerkung: In der Presse finden sich zahlreiche Besprechungen eines Er- lasscs, den der preußische Kultusminister über die Frag«, wie den Volksschülern der Uebergang zur höheren Schule erleichtert werden kann, angeblich veröffentlickit hat oder zu veröffentlichen beabsichtigt. Da es bis jetzt, wie von zuständiger Seite festgestellt worden ist, einen solchen Erlaß nicht gibt, fallen alle näheren Angaben darüber in sich zusammen. Erst wenn die im Ministerium augenscheinlich noch schwebenden Verhandlungen und Erwägungen zum Abschluß ge- langt sind, und wenn ein dahingehender Erlaß tatsächlich borliegt, wird es an der Zeit sein, weitere Mitteilungen über diese An- gelegenheit zu machen." Die»Voss. Ztg." bemerkt hierzu: Wir haben mitgeteilt, daß ein Erlaß über den Aufstieg der Volksschüler in Vorbereitung ist, und halten auch nach dieser Berichtigung daran fest, daß ein solcher Erlaß sich in Vorbereitung befindet._ Eine Riesenknndgebung für? Frauenstimmrecht. Aus Amsterdam   schreibt man uns: Der von der Regierung vorgelegte Entwurf über die Verfassungsrevision sieht bekanntlich die Erteilung des passiven Wahlrechts an die Frauen und ohne be- stimmte Formulierung allerdings auch die des aktiven vor. Um der Reformpolitik den nötigen Antrieb zu geben, hatten die holländischen Vereinigungen für das Franenstimmrecht und andere für das Frauenwahlrecht eintretende Organisationen auf den 18. d. M- cin Meeting in Amsterdam   mit darauf folgendem Straßenumzug an- gesetzt. Auch die Arbeiterpartei hatte beschlossen, sich offiziell zu be- teiligen. DaS Unternehmen ist über alles Erwarten geglückt. Ans allen Teilen des Landes waren die Frauen in Massen gekommen und man kann die Zahl derjenigen, die im Zuge marschierten, auf 12« bis 15000 veranschlagen lauter in Verbänden organisierte Frauen. Niemand kann heute mehr bestreiten, daß hinter der Stimmrechtsforderung eine Masse zielbewußter Frauen steht und daß die Bewegung eine richtige Volksbewegung geworden ist. Der ungemein farbenprächtige Aufmarsch mit seinen Fahnen, Panieren und bewimpelten Girlanden machte auf die in den Straßen zusammengeströmten vielen Zehntausende einen großen Eindruck und hat auch propagandistisch ausgezeichnet gewirkt. Die Spitze des Zuges hatte einen dekorativen Charakter. Hinter dre Frauen in allegorischer Gewandung zu Pferde kamen Gruppen junger Mädchen i» griechischen Kleidern. Dann die bürger- lidben FrauenstimmrechlSvereine des Landes in überraschender Stärke. Daß die Stimmrechtsidee in allen Klassen festen Fuß ge-
faßt hat, kam in den zahlreichen Frauen, die in den malerischen Volkstrachten ihrer Provinz Friesland  , Brabant, Drenihe usw. erschienen waren, zu prächtigem Ausdruck. Herrichte über der ersten Hälfte des Zuges die weiß-gelbe Fahne der bürgerlichen Frauen- stimmrechtsbewcgung, so stand die zweite, die sich hinter dem großen Banner der Arbeiterpartei scharte, im Zeichen der roten Farbe- Hier stiegen die alten Kampflieder der Partei auf. Aber der Ge» danke, die Forderung der Fraueurcchte trotz der Schwierigkeiten die ihr wie der politischen Reform zu drohen scheinen, zum Sieg zu führen, einte alle Demonstranten.
Das tägliche Srot. Ausfuhr von Gänsen und Eiern ans Polen  . Mit der Ausfuhr von Gänsen soll am 1. Juli 1916 begonnen werden. Die Zuteilung erfolgt auf Grund eines von der Amtlichen Handelsstelle aufgestelllen Planes deutscher Bezuggebiete. Mit der organisierten Ausfuhr russisch  -polnischer Eier soll om 15. Juli 1916 begonnen werden. Besonders hervorzuheben ist, daß die Eier künftig mit dem für den letzten Verbraucher maßgeb- lichen Verkaufspreis gestempelt werden. Hierdurch wird es den Konsumenten ermöglicht, Preisüberschreitungen zu verhindern. Als Bezugspreis ist zunächst ein Preis von 19 Pf. in Aussicht ge- nommen. Mahnungen an Landwirte. Mit Mahnungen und Drohungen versuchen �die Landräte die Landwirte, die mit ihren Produkten in der Hoffnung auf immer weitere Preissteigerung zurückhalten, einzuwirken. In einerGebt die entbehrlichen Kartoffeln heraus" überschriebenen Bekanntmachung des Landrats des Kreises Ost Havelland heißt es;»Sämtliche verfügbaren Kartoffeln sind sofort den Gemeinde- und Guts- vorständen oder unmittelbar den von mir zugelassenen Aufkäufern des Kreises anzubieten und zu überlassen. Jedes Verfüttern von Kartoffeln, welche zur menschlichen Nahrung dienen können, ist strengstens verboten. Sollten erhebliche Zuwiderhandlungen gegen die Verordnungen des Reichskanzlers und des Ober- befehlshabers festgestellt werden, so würde ich gezwungen sein, widerwillig, hohe Belohnungen für die Fest- stellung der Uebertretungen auszusetzen. Die Not ist in einzelnen Bezirken wirklich äußerst groß l Jeder helfe jetzt dem Baterlande über den Monat Juni hinweg. waS nicht durch Schelten geschieht, sondern mit Tatkraft und Opfern I' Eine ebenso ernste Mahnung richtet der Landrat des Kreises D e m m i n bezüglich der schnellen Lieferung der Kartoffeln an die Städte, besonders an die Reklamierten und sonst Daheim« gebliebenen. Es heißt in dem Erlaß:»Ehrlos wäre es, ivenn Reklamierte und Zuhausegeblicbene aus Faulheit und Be- quemlichkeit nicht alles daransetzten, die dringend angeforderten Kartoffeln möglich zahlreich und rasch zu liefern."
Immer neue Schliche. Alle gesetzlichen Bestimmungen scheinen gegenüber dem gerissenen Wucher nicht zu helfen. Die Spekulanten finden immer neue Mittel, um durch die Maschen des Gesetzes hindurchzuschlüpfen. Der»Amtliche Nachrichtendienst für Ernährimgsfragcn" macht heute auf folgendes aufmerksam: »Im Anzeigenteil mancher Zeitungen erscheinen jetzt, wo den kettenmäßigen Kauf- und Verkaufsangeboten der Zugriff des Gesetz­gebers droht, vielfach Tauschanerbietungen. Eine Reih« solcher liegt vor, wo Händler alle möglichen Waren gegen Zucker z. B. oder Fleisch einzutauschen suchen. ES steht zu erwarten, daß, je schärfer sich die Verordnungsschlinge um den Kettenhandel legt, um so weitgehender die Umgehungsform des Tauschgebotes versucht werden wird. Während beim Kauf gegen Geld im Preis sofort die Feststellung möglich ist, ob sich der gebotene und verlangte Preis innerhalb der Höchstpreissestsetzungen hält, ist das beim Tausch nicht ohne weiteres möglich. Die Wertverschiebungen sind also verschleiert, die Spekulation kann beliebig starke Formen annehmen. Insofern liegt auch die Wahrscheinlichkeit des Verstoßes gegen gesetzliche Bestimmungen vor, als es sich meistens um befchlag- nahmte Waren handelt, sogenannte verkchrsfreie Ware, die möglicher- weise bei der Bestandsaufnahme nicht angemeldet wurde, und die der Besitzer jetzt im Tausch gegen andere Ware, auf deren Wert- steigernng man spekuliert(Zucker) vorteilhaft loszuwerden versucht." Wenn der Nachrichtendienst zum Schluß verspricht, die bevor- stehenden gesetzlichen Bestimmungen über den Wucher würden auch diesem Treiben ein Ende machen, so ist daS nur lebhast zu wünschen. Aber wir fürchten, auch da werden sich wieder Auswege finden, so- lange man nicht wenigstens die wichtigsten Lebensbedürfnisse dem freien Verkehr vollkommen entzieht. Eine Reichsstelle mit privatkapitalistischen Interesse«. Vom Kriegsansschuß für Kaffee, Tee und deren Ersatzmittel erhalten wir folgende Berichtigung: In Nr. 164 Ihres Blattes befindet sich in dem AbschnittDas tägliche Brot" ein Aufsatz mit der UeberschriftEine Reichsstelle mit privatkapitalistischen Interessen", der sich gegen den unter- zeichneten Kriegsausschuß richtet. Wir bitten auf Grund des Preß- gesetzes K II um gefl. Aufnahme der vorliegenden Berichtigung in die nächste Nummer Ihres Blattes. 1. Der Kriegsausschuß für Kaffee, Tee und deren Ersatzmittel G. m. b. H. ist keineReichsstelle mit privatkapitalistischen Jnter- essen", sondern verfolgt satzungsgemäßausschließlich gemeinnützige Zwecke". Das von privater Seite zur Verfügung gestellte Kapital ist ohne Einfluß auf die Entschlüsse der Gesellschaft; es wird ledig- lich aus einem etwaigen Reingewinn mit 5 v. H. verzinst. Dem Rcichsamt des Innern bzw. dem Reichsschatzamt steht für alle Be- schlüsse des Kriegsausschusses das Einspruchsrecht zu. 2. In Ihrem Aufsatz heißt es:Jeder Händler Kinn kaufen. wie er will. Die einzige Beschränkung, die ihm auferlegt ist, ist die, daß er vor dem Einkauf dem Kriegsausschuß die Sache be- kanntgibt. Damit kann von einem billigeren Einkauf aus dem neutralen Auslande keine Rede sein und die Verhältnisse sind durch diese Reichsgründung demnach nicht gebessert worden." Diese Dar- stellung ist unzutreffend. Absichtlich hat man, um im Interesse der Allgemeinheit alle Zufuhrkanäle offenzuhalten, den Händler nicht ausgeschaltet. Der Kriegsausschuß übt aber eine ausreichende Kontrolle über die Preisgestaltung aus, und zwar dadurch, daß die Anmeldung jeder Kaffeeeinfuhr vorgeschrieben und daß dem Kriegsausschuß das Recht eingeräumt ist, nach jemem Ermessen bestimmte Mengen der Ware zu übernehmen und oen Uebernahme- preis endgültig festzusetzen. 3. Die Abmachungen mit der Bremer   Kaffeehandels-Aktien- gescllschaft find getroffen wanden, um berechtigten Wünschen der Krankenhäuser, Lazarette usw. entgegenzukommen. Die Festsetzung der Preise ist durch die höheren Behandlungskosten für die Koffein- entziehung begründet, wie der Kriegsausschuß in sorgsamster Prü- fung festgestellt bat. Die Preise können jederzeit geändert werden, falls dies nach Lage der Umstände angebracht sein sollte. 4. Ebenso bedeuten die für Kornftanck-Kaffeeersatzmischung (ger.iahlen) und für Kathreiners Mal�kaffee festgesetzten Preise keineVorzugsrechte"; sie entsprechen vielmehr den schon vor Be- stehen des 5driegsausschusses durch die Reichsgetreidestelle und die Reichsfuttermittelstelle auch für alle anderen Betriebe ausnahms- los festgesetzten Preise. 5. Vonbesonderen Vortülen", die der Kriegsausschuß für Kaffee, Tee und deren Ersatzmittel G. m. b. H. irgend jemandem gewährt hätte, kann hiernach feine Rede sein."