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Gewerksthastliches. Serlin und Umgegend. Teuerungszulage für die städtischen Arbeiter! Am gestrigen Abend fand eine stark besuchte Versammlung der Vertrauensmänner und Arbeiterausschußmitglieder der städtischen Betriebe Berlins statt, in der Müntner, oft von Zustimmung unterbrochen, referierte. Am Schlüsse fand folgende Erklärung einstimmige Annahme: Die Vertrauensmänner und Arbeiterausschußmitglieder sämtlicher Regiebetriebe der Stadt Berlin bedauern lebhaft, daß die im März d. I. an den Magistrat gerichteten Anträge um Aufbesserung der Löhne und Regelung der Teuerungszulage noch immer keine Berücksichtigung gefunden haben. Durch diese Verzögerung werden unsere Anträge, die sich bis. her stets auf das im Zeitpunkt der Einreichung notwendige Mindestmaß beschränken, infolge der im raschesten Tempo steigenden Teuerung aller Lebensunterhaltsmittel ständig überholt! Es ist daher dringend notwendig, daß eine Aufbesserung der Löhne und eine auskömmlichere und gerechtere Regelung der Teuerungszulagen unseren Anträgen entsprechend schleunigst durchgeführt wird. Wir erwarten auch, daß in Berücksichtigung der inzwischen wiederum gewaltig gestiegenen Lebensmittelpreise die zu ge währenden Zulagen mit rückwirkender Kraft ab 1. Mai zur Aus' zahlung geli ngen werden. Wir vermögen aber in der vom Wagistrat den Stadtver ordneten unterbreiteten Vorlage eine unsere Forderungen be friedigend berücksichtigende Maßnahme nicht zu erblicken! Diese Vorlage gibt den Ledigen, den Verheirateten ohne Kinder und Verheirateten mit nur einem Kinde unter 16 Jahren nichts. Das sind aber die zurzeit stärksten Familiengruppen der städtischen Arbeiter, da die Ernährer der kinderreichsten Fa Milien im Felde stehen! Ganz entschieden aber müssen wir uns gegen die in einigen Betrieben bereits angekündigte Lohn- regulierung wenden, durch welche noch Lohnabzüge anstatt Lohnzulagen erfolgen würden. Wir erwarten daher von den Herren Stadtverordneten , daß sie die von uns gestellten Anträge berücksichtigen und die Vor' läge des Magistrats entsprechend ausgestalten werden. Wir beauftragen die Ortsverwaltung des Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter, etwaige sich notwendig machende Verhandlungen zu führen, wie überhaupt geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um eine baldige Berücksichtigung unserer berechtig. ten Wünsche zu erreichen."_ Ans dem Kriegsausschust für die Metastbetriebe Grost-Berlins. Die bei der Firma D. beschäftigten 32 Schmiede verlangen den Kriegsichein, weil die Firma den Wünschen der Arbeitnehmer kein Entgegenkomnren gezeigt hat Die Schirrmeister haben einen Verdienst von l.öö M, die Helfer von 1,24 M. Es soll noch ein« mal im Betrieb eine Verständigung herbeigeführt werden und will die Firma Vorschläge zu einer Verständigung machen. Erfolgt keine Verständigung, dann soll sich der Kriegsausschutz noch eimal mit der Sache beschäftigen. > Der Maschinenarbeiter H. bei der Firma B. verlangt einen Kriegsschein, weil ihm der Verdienst um 16 Pf. auf 86 Pf. reduziert worden ist. H. hat vorher eine andere Arbeit gemacht und er hat die Reduzierung nur angenommen, weil er wieder in Akkord arbeiten sollte, um mehr zu verdienen. Nun hat er aber das Geld nicht der- dient und will deshalb fort. Die Reduzierung des Verdienstes hält der Kriegsausschuß für ungerechtfertigt. Es soll iedoch noch einmal im Betrieb verbandelt werden; ist H. mit der Regelung nicht ein- verstanden, erhält er den Kriegsschein. Der Mechaniker P. von der Firma St. n. Co. will von der Firma fort, um wieder auf seinem alten Beruf als Feinmechaniker zu arbeiten. Er war der Firma von der Militärbehörde überwiesen und hatte jetzt als Hobler gearbeitet. Nun ist er vom Militär entlassen. Der Kriegsausschuß erkennt die Berechtigung der Er- teilung des Kriegsscheins an und erklärt sich P. bereit, noch eine Woche zu arbeiten, bis für seine Spezialarbeit ein Ersatzmann an« gelernt ist. Der Maschinenschlosser N. von der Firma St. in Eharlottenburg will fort, weil ihm der Verdienst zu gering ist. Es erfolgt eine Verständigung auf der Grundlage, daß der Grundlohn sofort um 16 Pf. erhöht wird, ferner sollen die Akkorde ebenfalls besser- gestellt werden, so daß dann der von R. gewünschte Verdienst er- zielt wird. Der Dreher W. von der Firma N. in Oberschöneweide hat Akkord angenommen, aber mit der Arbeit nicht begonnen, weil er nach seiner Auffassung nichts dabei verdienen würde. Nach den Fest- stellungen handelt es sich um Arbeit, die in der letzten Zeit mehr« mals gemacht worden ist und bei der auch ein annehmbarer Verdienst erzielt wurde. Nachdem sich W. bereit erklärt hat, die Arbeit erst einmal zu versuchen, um den Verdienst festzustellen, wird die Sache damit als erledigt angesehen. Der Schlosser W. von der A.-Werkstatt Spanbau verlangt den Kriegsschein, da ihm die Arbeit zu schwer ist und er infolgedessen bedeutend weniger wie sonst verdient hat. Da W. erst kürzlich krank gewesen ist, wird ihm zugesagt, leichtere Arbeit zu erhalten, auch soll er seinen Verdienst, mit dem er früher zufrieden war, wieder erhalten. Der Maschinenarbeiter G. von der Firma D. u. O. hat einen Lohn von 75 Pf. Vorher hatte G. in den letzten Monaten in Akkord gearbeitet und im Durchschnitt 1,10 M. verdient. Dagegen- wärlig auch die übrigen dort beschäftigten Arbeiter Forderungen ge< stellt haben, wird G. ersucht, das Ergebnis dieser Bewegung erst abzuwarten, im übrigen aber der Firma anheimgegeben, sich mit den Arbeitern durch Gewährung einer Zulage zu ver» ständigen. Der Dreher D. von der Firma W. u. S. in Wilmersdorf hatte ohne Schein die Arbeit niedergelegt und bei einer anderen Firma angefangen. Diese Firma hatte ihn, weil er keinen Kriegsschein beibrachte, wieder entlassen, und er hat sich nunmehr der Firma W. u. S. wiederum zur Verfügung gestellt. Jetzt hat die Firma bei der Wiedesemstellung dem D. nur einen Lohn von 1,16 M. ge­zahlt. Der Kriegsausschuß steht auf dem Standpunkt, daß ein derarttges Verfahren der Firma unberechtigt ist und daß der Dreher D. unter allen Umständen wieder den früheren Lohn von 1,66 M. zu verlangen hat. Auf dieser Grundlage erfolgt eine Ler- ständigung. Der 18 Jahre alte Schlosser W. von der A.-Werkstatt Spandau will einen Kriegsschein haben, weil er sich, weiter ausbilden will. Der Vertreter der Firma erklärt sich bereit, dafür Sorge zu tragen, daß er auch in dem jetzigen Betrieb Gelegenheit hat, sich weiter auszubilden. Damit erklärt sich Sch. einverstanden. Die Dreher U. und B. der Firma M. K. u. Co. verlangen den Kriegsschein, weil ihnen der Lohn zu gering ist. ES handelt sich um zwei junge Arbeiter, die jetzt 1,66 M. verdienen. Sie verlangen den Kriegsschein oder 6 Pf. Zulage, damit sie mit den älteren Kollegen gleichgestellt sind. Die Firma entspricht diesem Verlangen, und' damit ist die Sache erledigt. Der Maschinenarbeiter P. von der Firma St. in Treptow hat bereits am 31. Mai bei der Firma aufgehört und einen Kriegsschein nicht erhalten. Seit dieser Zeit arbeitet er als Hilfsarbeiter in einer Zeitungsdruckerei, will aber dort nicht bleiben, sondern wieder in der Munittonsindustrie arbeilen und verlangt deshalb von der Firma St. den Schein. Es wird ihm geraten, noch einige Tage bei der gegenwärtigen Firma weiter zu arbeiten, da er dann keines Scheines mehr bedarf. Jede neueinstellende Firma ist nur verpflichtet, die Papiere der letzten 4 Wochen nachzuprüfen, und wenn ein Arbeiter über 4 Wochen in einem Betriebe gearbeitet hat. wo er eines Kriegs- scheins nicht bedarf, dann kann nach dieser Zeit jede Firma den be- treffenden Arbeiter auch ohne Kriegsschein einstellen.

Die im Metallarkeiterverband organifierten Maschinenschlosser nahmen in ihrer am 22. d. M. stattgehabten Branchenversammlung zunächst den Vortrag des Kollegen Künstler entgegen. Gegenstand des Vortrages waren Berufsangelegenheiten. Zunächst besprach Kollege Künstler in ausführlicher Weise die wirtschaftliche Lage der Berufskollegen und im Anschluß hieran kritisierte er scharf die Miß- stände, die in der Branche herrschen. Vor allen Dingen muß eine Beseitigung der ungerechten Verteilung des Akkordüberschusses ge- fordert werden. Es ist unbestreitbar, daß die Kolonnenarbeit gerade kein idealer Zustand ist. Trotzdem wird sich das Kolonnensystem nicht beseitigen lassen. Aber verlangt mutz dann mindestens werden, daß die erarbeiteten Akkordüberschüsse in der Kolonne gleichmäßig verteilt werden. Ferner geißelte der Referent die Sucht mancher Kollegen, einen Mehrverdienst durch Ableistung recht vieler Ueberstunden zu erzielen. Die von Tag zu Tag steigende, immer teurer werdende Lebens Haltung der Branckienkollegen zwingt diese, auch eine Erhöhung des Verdienstes durchzusetzen, aber die Erhöhung kann und darf nicht durch Ableistung recht vieler Arbeitsstunden erziell werden, sondern es mutz gefordert werden, daß der Lohn bezw. die Akkordsätze er- höhl werden. Gerade im Hinblick auf den gegenwärtig herrschenden Mangel an Lebensmitteln und die mangelhafte Verteilung der vor- handenen Lebensmittel, unter der die Arbeiterschaft sehr zu leiden hat, veranlaßt die Kollegen, mit ihrer Arbeitskraft hauszuhalten und nicht Raubbau an ihrer Gesundheit zu treiben. In seinem Schlußwort ermahnte der Referent die Kollegen, fest zur Organisation zu halten, um den kommenden wirtschaftlichen Kämpfen gegenüber gewachsen zu sein. Unter Branchenangelegenheiten wurde einer Anregung ent sprechend die Branchenleitung beauftragt, in kürzester Zeit eine Ver sammlung für die in der Automobilindustrie beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen einzuberufen. Eine weitere Anregung aus der Versammlung, die Neberstunden überall da, wo es irgend angängig ist, abzuschaffen, wurde lebhast begrüßt und fand allgemeine Zustimmung.

Lohnanfbefsermtg in der Bilderrahmenbranche. Mit Rückficht auf die außergewöhnlichen Lebensverhältnisse haben die Arbeiter der Bilderrahmenbranche an ihre Unternehmer das Er- suchen gerichtet, die Lohnsätze um 16 Prozent zu erhöhen. In der letzten Branchenversammlung erstattete der Obmann Merx Bericht über das Ergebnis. Eine Zulage wurde demnach bewilligt in 16 Be- trieben, weitere Betriebe stehen noch aus und in einigen Werkstätten werden noch Verhandlungen gepflogen. Die Branche der V e r g o l d e r hat ebenfalls eine Lohnauf­besserung verlangt. Eine am Dienstag abgehaltene Versammlung beschäftigte sich mst dieser Frage. Da aber die Arbeitgeber erst heute, Mittwoch, sich entscheiden werden, so beschloß die Bersamm- lung, erst das Ergebnis dieser Sitzung abzuwarten und dement- sprechend Stellung zu nehmen.

Mus Industrie und Handel. Das Krupp-Unternchmen in München . Am 26. Juni fand in München die Gründung der unter Füh- rung der Firma Krupp ins Leben gerufenen, in der Presse schon mehrfach besprochenen Geschützfabrik unter dem Namen Bayerische Geschützwerke Fried. Krupp Kom- manditgesellschaft" mit dem Sitz in München statt. Wie der Name besagt, ist als äußere Form des Unternehmens die der Kommanditgesellschaft gewählt worden. Die Firma Krupp in Essen ist persönlich haftender Gesellschafter, die übrigen Gesellschafter sind Kommanditisten. An dem Gesellschaftskapital, das auf 26 Mil- lionen Mark festgesetzt wurde, ist die Firma Krupp mit 66 Prozent beteiligt. Von Verwandten des Hauses Krupp sind beteiligt Herr Arthur Krupp in Berndorf (Niederösterreich ), der Besitzer der be- kannten Metallwarenfabrik; ferner der Schwager des Herrn Krupp v. Bohlen und Halbach, Freiherr v. Wilmowski, Landrat in Merse- bürg. Die übrigen Anteil« sind in Händen bayerischer Bank- und Jndustriekreise. Zu ersteren gehören die Deutsche Bank, Filiale München , die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank München , die Bayerische Vereinsbank München , die Bayerische Handelsbank München , A. E. Wassermann, Hofbankier, Bamberg , die Pfälzische Bank in Ludwigshafen und Friedrich Schmid u. Co., Augsburg . Den Jndustriekreisen gehören folgende Gesellschafter an: Badische Anilin- und Sodafabrik LudwiLhafen, Reichsrat Hugo v. Maffei, München , Herr Professor Dr. Karl v. Linde, Geheimer Rat , Herr Ernst Sachs , Kommerzienrat, Schweinfurt , und Herr Fritz Neu- meyer, Fabrikant in Nürnberg . Den Vorsitz der Gründerversamm- lung, bei der fast all« Gesellschafter persönlich oder durch Mitglieder ihres Vorstandes vertreten waren, führte Herr Krupp v. Bohlen und Halbach. Der Gesellschaftsvertrag wurde genehmigt und unter. schrieben. Sodann erfolgte die Bildung des zur Wahrung der Interessen der Gesellschafter vorgesehenen Verwaltungsrats. Das Recht der Ernennung des Vorsitzenden steht satzungsgemäß der Firma Krupp zu, welche als solchen das Mitglied ihres Direkto- riums Herrn Dr. E. Ehrensberger bezeichnete. Die vorgenommene Wahl der übrigen Mitglieder hatte folgendes Ergebnis: H. Viel­ haber , Professor Dr. F. Rausenberger, Dr. B. Hartwig, sämtliche Mitglieder des Direktoriums der Firma Krupp , Essen, ferner u. a. noch A. Krupp, Berndorf , E. Stauß, Direktor der Deutschen Bank in Berlin . Nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages liegt die Geschäftsleitung des Unternehmens in den Händen der Firma Krupp , die bereits eine örtliche Direktion eingesetzt hat, als deren Vorstand sich Herr Dipl.-Jng. Eppner, bis­heriger Vertreter der Firma Krupp in München , und als Proku- risten die Herren Dansauer und Käferstein, Essen, vorstellten. Nach Schluß der Gründerversammlung fand eine Verwaltungsratssitzung 'tatt, in der Herr E. Stauß zum ersten und Herr Kommerzienrat I. Böhm, Direktor der Bayerischen Vereinsbark München , zum zweiten stellvertretenden Vorsitzenden gewählt wurden. Die Fabrikanlagen sollen auf dem der Firma Krupp gehörigen Gelände im Norden Münchens bei Freimann , und zwar unmittel- bar westlich dieses OrteS, errichtet werden. Der Bau, der durch die Firma Krupp selbst ausgeführt wird, soll in allerkürzester Zeit begonnen und voraussichtlich im Laufe deS Jahres 1917 vollendet werden. Derselbe wird Werkstätten für die Herstellung von Ge- chützrohren und Visieren, Lafetten und Fahrzeugen, ein Hauptwerk zum Walzen von Gewehrläufen. Pressereien und Drehereien für Geschosse, Gesenkschmiede und sonstige Hilfsbetriebe, wie elektrisch« Zentrale usw., umfassen. Außerdem sind ein großes VerwaltungS- zebäude und eine Speiseanstalt für die Arbeiter vorgesehen. Zwi« 'chen diesen Anlagen und der Ortschaft Freimann sollen Woh- nu, igen für die Beamten und Arbeiter errichtet werden. Das Werk wird in erster Linie den Heeresbedarf für Bayern liefern. Es ist aber auch gedacht, Lieferungen für die kaiserliche Marine und für das befreundete Ausland zu übernehmen._ Zur Eindämmung der Börsenspekulation. Der Börsenvorstand hat Grundsätze zur Eindämmung der Wertpapierspekulationen während des Krie- g e s beschlossen, die eine Aenderung der Börsenordnung erforderlich machen. Die Aenderung ist bei den maßgebenden Behörden be- antragt. In den Grundsätzen finden sich folgende Anregungen: Es ist Pflicht der Börsenbesucher, in ihrem Geschäftsverkehr awie in der Verwendung der an der Börse bekanntgewordenen Preise und Nachrichten alles zu vermeiden, was zu einer Anregung der Spekulation in Wertpapieren dient. Insbesondere ist es unzulässig: 1. Durch lautes Ausrufen der Preise(Kurse) in den Börsen- räumen die Aufmerksamkeit eines größeren Personenkreises auf Angebote und Nachfragen in bestimmten Wertpapieren zu lenken.

2. Andere als unmittelbare Kassengeschäfte zu machen. Alle unmittelbaren und mittelbaren Zeitgeschäfte, also auch Prämien, Stellagen und Optionsgeschäfte, sind verboten. Alle zwischen Börsenbesuchern abgeschlossenen Wertpapiergeschäfte müssen spä- testens am drittfolgenden Werktage, mittags 12 Uhr, erfüllt werden. 3. Berichte an das Publikum zwecks Anregung der Speku- lation in Wertpapieren zu erstatten; unter dieses Verbot fallen insbesondere alle Kurs- oder Stimmungsberichte, die zu dem genannten Zweck unaufgefordert oder infolge einer(z. B. durch Zeitungsanzeigen) seitens des Berichtenden hervorgerufenen Auf- forderung schriftlich oder mündlich gegeben werden, sowie regelmäßige Berichte der genannten Art, durch welche das Publikum über die Vorgänge an der Börse auf dem Laufenden gehalten wird. Als schriftliche Berichte gelten auch solche, die im Nahmen eines Briefes oder Telegramms gegeben werden, als mündlich auch solche, die im Rahmen eines telephonischen Ge- spräches gegeben werden. 4. In öffentlichen Anzeigen Rat oder Auskunft in Wert- papieren zu erteilen, oder sich hierzu oder in martkschreierischer Weise zum An- oder Verkauf von Wertpapieren anzubieten. Die Neueinzahlungen auf die vierte Kriegsanleihe betrugen in der Zeit vom 16. bis 23. Juni 364,4 Millionen Mark, so daß nunmehr 16 007 Millionen Mark gleich 92,9 Proz. des gesamten gezeichneten Betrages eingezahlt sind. Die Darlehenskassen haben für die Zwecke der vierten Kriegsanleihe in der Berichtswoche 163 Millionen Mark ausgeliehen, wodurch am 23. Juni insgesamt 662,9 Millionen Mark von den Darlehenskassen für die Zwecke der vierten Kriegsanleihe hergegeben waren Da der gesamte Darlehensbestand bei den Darlehenskassen in der Berichtswoche nur um 62,1 Millionen Mark gestiegen ist, so müssen, da die Kriegsanleihedarlehen für sich betrachtet um 163 Millionen Mark zugenommen haben, bei den anderen Darlehen Rückzahlungen vorgenommen worden sein.

Soziales.

Verantw. Redakt.: Alired Wieley». Reukölln. Inseratenteil verantw. Tb. Glocke. Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts Suchdr.u.LerlagSanftalt Paul Singer Sc Co, Berlin LW.

Arbeitszwang auf Grund des BelagerungsgesctzeS. Eine sehr wichtige Entscheidung fällte das Kammergericht. Der kommandierende General des 7. Armeekorps hatte am LO. August 1915 auf Grund des§ 9b des Belagerungsgesetzes eine Anordnung erlassen, die den Arbeitszwang für Arbeits- scheue einführt. Es wird vorgeschrieben, daß die betreffenden Personen die ihnen auferlegten Arbeiten nach besten Kräften auszuführen haben. Das Gebot, eine bestimmte Arbeitsstelle anzutreten, nämlich auf einer Zeche, war auch an den An- geklagten Brangenberg ergangen. Er stellte sich der Zeche zur Verfügung. Dort wurde aber seine Beschäftigung in der üb- lichen Weise von der Beibringung eines ärztlichen Attestes über seinen Gesundheitszustand abhängig gemacht. Darauf entfernte sich B., ohne wieder zu erscheinen. Er entschuldigte sich später, als er angeklagt wurde, damit, daß er die 3 M. nicht gehabt habe, um sich das ärztliche Attest zu beschaffen. Das Schöffengericht in Steele verurteilte den Angeklagten wegen Nebertretung der Anordnung des kommandierenden Generals auf Grund des§ 9b des Belagerungsgesetzes zu zwei Wochen Gefängnis. Das Landgericht in Essen sprach dann jedoch den Ange- klagten frei und führte aus: Die Anordnung des kommandierenden Generals sei aller- dings rechtsgültig. Sie sei im Interesse der öffentlichen Sicherheit ergangen. Daß die öffentliche Sicherheit durch An- ordnung des Arbeitszwanges gegen Arbeitsscheue geschützt werden könne, unterliege keinem Zweifel. Der Angeklagte würde auch zu verurteilen sein, wenn er das Gebot, die be- treffende Arbeitsstelle anzutreten, nicht beachtet hätte. Er sei aber hingegangen und habe sich zur Verfügung gestellt. Da- durch aber, daß man ihm ein Attest abverlangt habe, sei er wieder in seiner Entschließung frei geworden. Er habe dann nicht noch einmal hingehen brauchen. Daraus folge die Frei- sprechung. Das Kammergericht als Revisionsinstanz hob aber das Urteil auf und verwies die Sache an das Landgericht zurück. Gründe: Mit dem Landgericht sei die Gültigkeit der Anordnung des kommandierenden Generals anzunehmen. Daran ändere auch nichts, daß sich die Anordnung nicht an die Allgemeinheit, sondern an bestimmte Personen wende. 9b schließe das nicht aus. Die Gründe des Vorderrichters für die Freisprechung seien nicht zutreffend. Wenn die Zechenverwaltung von dem Au- geklagten ein ärztliches Attest über seine Gesundheit verlangte, dann hätte ihm das nicht das Recht gegeben, sich nicht mehr um die Sache zu kümmern. Mit der Erfüllung polizeilicher Pflichten seien oft Ausgaben verbunden. Er hätte zum Arzt gehen und sich das Attest beschaffen müssen, um damit wieder zur Arbeitsstelle zu gehen. Konnte er ein Attest nicht be- kommen, weil er vielleicht kein Geld hatte, dann hätte er sich an die Polizeibehörde wenden müssen, damit er sich mit deren Hilfe ein Attest durch den Armenarzt verschaffte. Aus diesen Gründen müsse das Landgericht sich noch einmal mit der Sache beschäftigen._ Schadenersatzanspruch bei Betriebsunfällen. Die Kammer 6 des GewerbegericblS halte sich in ihrer letzten Sitzung mit zwei Klagen zu beschäftigen, die vom Unternehmer Schadenersatz wegen erlittener Betriebsunfälle verlangten. Im ersten Falle klagte ein Dreher gegen die Firma Arendt u. Ko. Hinter dem Arbeiisplatz deS Klägers befand sich eine Drehbank, von der dem Kläger eine Eisenstange in den Rücken geschleudert wurde. Infolgedessen war der Kläger einige Wochen arbeitsunfähig. Er führt den Unfall auf das Fehlen einer Scduyvorrichlung zurück und macht deshalb die Firma für den Schaden, welchen ihm der Unfall verursachte, haftbar. Der Kläger forderte 189 M. Der Vorsitzende, MagislratSrat Schulz, beiieichneie die Rechtslage als zweifelhaft und versuchte deshalb, einen Vergleich zustande zu bringen, was aber nicht gelang. Da« Gericht erkannte auf Abweisung der Klage. weil nach Z 898 der R.V.O. ein Schadenersatz vom Unternehmer nur dann gefordert werden kann, wenn in einem Strafverfahren festgestellt ist, daß er den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat. Eine strasgerichtliche Entscheidung ist aber wenigstens bis jetzt noch nicht ergangen. Anzeige hat der Kläger allerdings erstattet. Aus denselben Gründen wurde ein zweiter Kläger abgewiesen. der in einem Betriebsraum der Aulogenwerke auf dem glatten . öligen Fußboden ausgeglitten war und dadurch Schaden erlitten < hatte._ Eine ungeeignete Lehrstelle. In einer auf Lösung des Lehrvertrages gerichteten Klage gegen den Mechaniker Ladda hatte das Gewerbegericht ein Gutachten durch die Handwerkskammer erfordert. Diese hatte einen Sachverständigen in die Laddasche Werkstatt geschickt, der vor Gerichts angab daß in dem Bettiebe des Beklagten sieben Lehrlinge beschäftigt sind, aber kein Gehilfe. Den Lehrlingen fehle es an geeignetem Werkzeug. ES würden nur einige Spezialartikel bei Ladda hergestellt, der Be- trieb eigne sich in keiner Weise für eine sachgemäße Ausbildung von Lehrlingen. Nack, diesem Gutachten erkannte das Gericht auf Lösung des Lehrvertrages. Der Beklagte wird also von seinen sieben Lehrlingen einen loS, so daß ihm, obgleich sich sein Betrieb nach dem Sachverständigengutachten gar nicht zur Lehrlingsaus- bildung eignet, noch weitere sechs Ausbildungsobjelte bleiben. Hierzu 1 Beilage u. Unterhaltungsbl.