stätten. wenn auch in geringerem' Umfange,- möglich gewesen wäre. Aber für den Magistrat gaben Ersparnisrücksichten' den Ausschlag, was im Hinblick auf die Stimmung der ersten Kriegswochen viel- leicht begreiflich war. Allerdings wäre Wohl auch bei Kranken- lassen und Armenpflege die Neigung, in dieser Zeit die Heim- stätten in Anspruch zu nehmen, nicht groß gewesen. Später änderten fich wieder an den in Betracht kommenden Stellen die Ansichten über die Entbehrlichkeit oder Notwendigkeit der Heimstätten in der KriegSzeit. ES wurden dann drei der geschlossenen Heimstätten wieder eröffnet, Heinersdorf im Frühjahr ISIS, Blankenfelde im Sommer ISIS, Gütergotz im Frühjahr 1916. Für Heinersdorf und Gütergotz blieb es bei der früheren Zweck- bestimmung, Blankenfelde aber bestimmte man bis auf weiteres den genesenden Frauen und den Mädchen vom 12. Jahre ab. Im ganzen find jetzt wieder fünf Heimstätten in Benutzung, Buch jedoch mit der Einschränkung, dgst die Halste der Betten dem Militär überlassen ist. In diesem Sommer haben nun die Gesuche um Auf- nähme sich bei einigen Heimstätten schon zeitig ge- mehrt, sehr viel stüher als im vorigen Sommer, soweit damals Heilstätten geöffnet waren. Ende Juni dieses Jahres waren nun in Gütergotz und in Buch noch Betten frei, nachdem Buch in den vorhergehenden Wochen bereits volle Belegung und mehrere Bor- Meldungen gehabt hatte. Volle Belegung und eine nicht geringe Zahl Bormeldungen hat auch Heinersdorf schon feit Mai, und auch durch die im Juni erfolgte Mehrung der Betten konnte dem jetzigen Bedarf nicht genügt werden. In Heinersdorf waren Ende Juni, nach- dem die Bettenzahl erst kurz vorher von 72 auf 85 gesteigert worden war, schon wieder alle Betten belegt und noch 17 Aufnahmesuchende vorgemeldet. Biel schlimmer aber liegen die Dinge in den Heim- fiädten Malchow und Blankenfelde , die beide schon jetzt ganz auher- ordentlich viel Vormeldungen haben. Ende Juni dieses Jahres mühte Blankenfelde berichten, dah alle 78 Betten belegt und 156 Auf- nahmesuchende vorgemeldet waren. Im vorigen Jahre um dieselbe Zeit hotte Blankenfelde noch die Mehrzahl der Betten frei, weil da- malS eben erst die Wiedereröffnung erfolgt war. Malchow hatte Ende Juni im vorigen Jahre bei Belegung aller 104 Betten 25 Bor- Meldungen, in diesem Jahre aber bei Belegung aller 104 Betten 199 Bormeldungen. Wie man sieht, haben besonders die beiden Heimstätten für Krauen jetzt einen starken Zudrang.
Seine« schweren Berletzuvge erlege» ist der SSjährige Offizierstellvertreter Max Fuhrmann aus der Kuglerstr. 84, der am Freitag aUS eigener Schuld verunglückt war. F. hatte versucht, einen in voller Fahrt befindlichen Straßenbahnwagen zu besteigen. Dabei kam er zu Fall und geriet unter den Wagen, wobei ein Fuß ab- gefahren, der andere schwer verletzt wurde. Am Sonnabendabend ist' F. im Krankenhause in Weißensee gestorben. Bon einem Militärauto überfahre« und getötet wurde gestern nachmittag der 3 Jahre alte Knabe Herbert Nehlmann aus der Mühlenstraße 3gd. Der Kleine versuchte vor dem Hause Nr. 29 den Fabrdamm zu überschreiten, als ein Militärauto in scharfem Tempo die Mühlenstraße heruntergefahren kam. Er geriet unter die Räder, bevor der Führer den Wagen zum stehen bingen konnte. In besinnungslosem Zustande und schwer verletzt wurde der Kleine nach der Rettungsstelle in der Warschauer Straße gebracht, wo aber nur noch der bereits eingetretene Tod festgestellt werden konnte. Die Schuld frage ist noch nicht anfgeklärt. Eine« gute« Fang machten Polizei und Feuerwehr mit der Fest- nähme dreier Geldschrankeinbrecher ScharnewSli, Ahlisch und Krüger, die sich im Keller des Grundstücks Kochstraße 8 versteckt hatten. Die drei, die alle schon schwer vorbestraft sind, haben noch eine ganze Reihe anderer Einbrüche auf dem Kerbholz. So erbeuteten sie bei Schwarzlose in der Leipziger Straße 56 800 M. und verschiedene Baren und bei dem Optiker Ruhnke in der Wallstrahe 1 außer >«i«m größeren-Getdberrag-goidene Fassungen und- dergleichen. Dieser beiden Einbrüchetonnten sie schon bestimmt überführt werten. Aufgeklärt ist ein Vorgang, den der Polizeibericht'am Freitag voriger Woche meldete. In der Nacht zum Freitag spazierte ein junges Paar am Schöneberger Ufer auf und ab. Plötzlich brach die Dame die Unterhaltung mit dem jungen Herrn ab, sprang in den Landwehrkanal und ging unter. Der junge Mann konnte sie nicht mehr retten, stieg wieder ans Ufer und fuhr mit einer Kraft- droschke davon, nachdem er zu den Leuten, die sich ansammelten, ge- sagt hatte, daß er Leutnant B. sei. Wie wir erfahren, ist die er- trunkene Dame eine Schauspielerin Frau D., die seit längerer Zeit in einem Pensionat in der RegenSburger Straße wohnte und am Theater am Nollendorfplatz beschäftigt war. Die Leiche ist noch nicht gefunden. Die Berliner Feuerwehr hatte in der letzten Nacht in der Lands- berger Allee zu wn. wo in der Laubenkolonie Grönland Feuer aus- gekommen war. Bei der Löschung find leider den Kolonisten eine Mrnge Früchte verdorben.— Ein kleiner Fabrilbrand mutzte Schwedter Str.- 35« gelöscht werden.— Täglick müssen Bienenschwärme von der Wehr eingefangen werden. Würde die Wehr sie behalten, hätte fie bald einen der größten Bienenstände der Welt. Da es in Berlin an Linden, Akazien usw. nicht mangelt, könnte die Wehr jährlich eine Menge des besten Honigs sammeln.
Mus den Gemeinden. Städtischer Kolonialwarenverkauf i« Lichtenberg. Der Magistrat macht bekannt, daß in den durch rote Anschläge als amtliche Verkaufsstellen gekennzeichneten Kolonialwarengeschäften und in der städtischen Lebensmittelhalle Kronprinzenftraße. Ecke g-anlfurter Allee, in nächster Zeit folgende Lebensmittel zum Ver» uf gelangen werden: Erbsen und B o h n e n Kilogr. zu 50 Pf., Weizen- g r i e ß Vz Kilogr. zu 45 Pf., MaiSgrietz Kilogr. zu 45 Pf., Graupen und Grütze Vi Kilogr. zu 35 Pf., Kakao Vz Kilogr. zu 4,40 M., Kaffee-Erfatzmifchung(20 Proz. Naturkoffee) V, Kilogr. zu 1,80 M-, Holländer G o n d a k ä f e (bester Vollfettkäses V, stikogr. 2—2,40 M., Diy Abgabe von Hülsenfrüchten(Erbsen und Bohnen), Weizen- grieß. Maisgrieß. Graupen und Grütze erfolgt bis auf weiteres gegen Vorzeigung der sogenannten Lebensmittelkarte(der alten Lichten- berger Fleischkartes. Auf den Abschnitt S wird>/« Pfund Bohnen oder Erbsen, auf den Abschnitt 10 V«. Pfund Weizengrieß und>/< Pfund MaiS- grieß und auf den Abschnitt 11>/« Pfund Graupen oder Grütze verkauft. Die Händler find derpflicktet, beim Verkauf die bestimmten Ab- schnitte der Lebensmittelkarte abzutrennen.
Stadtverordnetenversammlung in Köpenick . In der letzten Sitzung am Freitag, den 30. Juni, wurde be- schloffen, für die Gemeindewahlen im Herbst dieses Jahres die letzte Lrste von 1914 zur Anwendung zu bringen; die neuzugezogenen Bürger können ihr Wahlreckt�in ihrem alten Wohnsitz ausüben. Da infolge der-KriegSnot die Bürgerküche in immer mehr steigendem Maße in Anspruch genommen wird,-so hat die Verwaltung an den Magisttat den Antrag auf Gewährung eines städtischen Zuschusses gestellt. ES wurden monatlich 500 M-. bewilligt. Zurzeit werden täglich 350 Portionen zu 15 Pf. abgegeben. Zur Unterstützung der Ferienspiele wurde dem leitenden Komitee 200 M. bewilligt. Auf Antrag unserer Genoffen wurde das Gesuch der städtischen Arbeiter um Erhöhung der bestehenden Teuerungszulage auf die Tages- orduung gesetzt und«ach einer kurzen Begründung durch Genoffen
Blum dem Ausschuß für Besoldungsfragen-überwiesen.' Ferner wurde don unseren Vertretern die Anfrage an den Magistrat ge- richtet, ob er bereit wäre, über den Stand der Texttlarbeiterfürsorge Auskunft zu geben, was von dem Bürgermeister Dr. Langer- Hans bejaht wurde. Genosse S t ü h m e r begründete die Anfrage und verwies auf die gesetzlichen Verordnungen und die Verpflich- tungen der Gemeinden gegenüber den durch die Produktions- einschränkungen arbeitslos gewordenen Textil- und Konfekiions- arbeitern. Dr. Langerhans entgegnete, daß der Magistrat zunächst etwas zögernd an diese Frage herangetreten sei, da die Verordnungen mehr auf die Textilorte angewendet werden können. Da aber doch eine größere Anzahl von Arbeitern dieser Industrie ihren Wohnsitz in Köpenick haben,- so habe sich der Magistrat entschlossen, diese Unterstützung auch für Köpenick einzu- führen. In der nächsten Sitzung des Magistrats werde bereits eine Vorlage zur Beratung stehen. Der Kreis Teltow habe auch ein Zwölftel der Unterstützung übernommen, so daß für die Stadt nur ein Zwölftel in Frage käme._ Massenspeisung in Friedrichshagen . In der letzten Gemeindevertretersitzung wurde der Genosse Her- mann Grau, der bereits dem Ausschuß für daS Fortbildungsschulwesen angehört, auch in die Schuldeputation gewählt. Ferner machte sich die Einsetzung einer Kommission für die Fleisch- Versorgung notwendig. Um auch die ärmere Bevölkerung mit billiger Nahrung zu versehen, wurde die Errichtung einer Kriegs- küche für Massenspeisung beschlossen. Man hofft, eine nähr- haste und schmackhafte MittagSportion für 40 Pf. abgeben zu können. Seit einigen Monaten hat die Gemeinde für die Gasanstalt eine Fabrikknche eingerichtet, in welcher die dort beschäftigten Gefangenen verpflegt werden. Während sich die frühere Verpflegung auf 2,50 M. pro Kopf und Tag stellte, find auch hier die Kosten auf zirka 1,20 M. heruntergegangen, und zwar nicht etwa auf Kosten der Güte und Menge der Speisen. Einige andere Arbeiter der Gasanstalt er- suchten ebenfalls, an den Mahlzeiten teilnehmen zu können. In die Kommission für Maffenspeisung wurde auch Genosse Otto Barth gewählt._ Stadtverordnetcnsitzung in Bernau . � In der letzten Stadtverordnetenversammlung wurde der bis- herige Ratsherr de Martincourt einstimmig auf weitere sechs Jahre zum Ratsherrn wiedergewählt.— Ferner wurde für den am 12. August 1916 aus dem Amte scheidenden Bürgermeister Petzold, der 36 Jahre im Amte war, der Bürgermeister Dr. G e r i ck e aus Ueckermünde mit 15 gegen die 7 Stimmen unserer Genossen als Bürgermeister gewählt. Bon 145 Bewerbern standen vier zur engeren Wahl. Unsere Genossen gaben ihre Stimme dem Bürger- lichcn Dr. Krug aus Drossen , der als einzigster Kandidat ein kommunales Programm für■ die zukünftige Entwickelung der Stadt entworfen hatte._
Gerichtszeitung. Schließen die Höchstpreise die Lieferungsgebühr ein? Zu dieser Frage hat jetzt das Kammergericht als höchste preußische Instanz grundsätzlich Stellung genommen. Die Höchstpreisverordnung des Posener Magistrats vom 18. Oftober 1915 hatte für die Abgabe von Milch an Wiederverkäufer den Höchstpreis auf 24 Pf. pro Liter festgesetzt. Der Großhändler Pawlowicz teilte nun seinen Kunden, die von ihm Milch zum Weiter- verkauf entnähme«, am 5. Februar 1916 mit, daß er vom 7. Februar ab ihnen die Milch im Falle der Anlieferung nur noch für 25 Pf. pro Liter abgeben könne, während sie im Falle der Abholung nur den Höchstpreis von 24 Pf. zu zahlen brauchten. Den Mehrbetrag von einem Pfennig bei Anlieferung wollte er als Lieferungskosten er- heben, um die durch die Anlieferung entstehenden Unkosten zu decken. Das Landgericht verurteilte ihn wegen des Verlangens der Lieferungsgebühr neben dem Höchstpreis wegen Uebcrschreitung der Höchstpreise zu einer Geldsttafe von 2 0 0 M k. Es ging von der Feststellung aus, daß vor Festsetzung deS Höchstpreises für Milch von den Großhändlern neben den damals vereinbarten Preisen keine be- -andere Zulieferungsgebühv. erhoben worden Wal Unter diesen Umständen umfasse der festgesetzte Höchstpreis auch Nebenleistungen wie die Zufuhr der Milch, ohne daß dies die Höchstpreisverordnung des Magistrats vom Oktober 1915 besonders auszudrücken brauchte. Das Kammergericht verwarf die vom Angeklagten eingelegte Re- Vision mit folgender Begründung: Soweit eine Höchstpreisverord- irnng besondere Bestimmungen darüber nicht treffe, welche Neben- leistungen vom Höchstpreise ausgeschlossen sein sollten, wäre davon auszugehen, daß unter den festgesetzten Höchstpreisen alle die Lei- stungen f i e l e n, die vor dem Erlaß der Höchstpreise ohne besonderes Entgelt,' also für den vereinbarten Warenpreis, handelsüblich waren. Es'wäre dann zu fragen: WaS leistete der Gewerbetteibende vor der Höchstpreisfeftsetzung für die von ihm geforderten Preise? Das -alle dann unter der erwähnten Voraussetzung unter den Höchstpreis. Deshalb sei auf Grund der Feststellungen des Landgerichts der An- geklagte mit Recht verurteilt worden. Daß es auf anderen Gebieten Höchftpreisverordnungcn gebe, die hinsichtlich gewisser Nebenleistungen eine besondere Vorsorge träfen, im Gegensatz zu der vorliegenden, wäre natürlich nach dem Ausgeführten für den zur Entscheidung stehenden Fall gleichgültig._ Nahrungsmittelinserate besonderer Art. Als höchst unzuverlässige Händler mit Nahrungsmitteln standen gestern der M a urer Josef M a telewski und essen Ehefrau Wladislatva M a t e l e w s k i vor der 1. Strafkammer des Landgerichts I unter Vorsitz des Land- gerichtsdirektors Dr. S ch w a r tz e. Der hier verhandelte Fall ist typisch für die Art, wie durch alle möglichen Leute, die sich als Wurst- und Fleischwarenhändler etablieren, gerade minder bemittelte Klassen der Bevölkerung geschädigt werden. Als der Angeklagte in seinem Maureriberuf beschäftigungslos wurde, kam er mit seiner Frau auf den Gedanken, daß diese sich als Nahrungsmittelhändlerin betätigen solle. Beide eröffneten dann auch einen solchen Betrieb in ihrer Privatwohnung und lockten Kunden durch Inserate an, durch deren Fassung ärmere Frauen zu der Meinung kamen, daß sie in diesem Privat- Handel besonders billig und günstig kaufen könnten. Zwei Fracken kauften bei ihnen und sind bei diesem Kauf gründlich hineingefallen. Jede von ihnen erhielt ein Pfund ausgelassenen Rinder- talg zu einem Preise, der sogar den festgesetzten Höchstpreis über- stieg. Kaum waren die Frauen mit ihrer Ware auf die Straße ge, kommen, als fie einen penetranten Gestank wahrnahmen, der, wie sie feststellten, von dem gekauften Talg herrührte, der ganz grün aussah. Sie gingen damit auf das Polizeirevier und er- hielten nach der Behauptung der einen Zeugin dort von dem Wachtmeister noch die wenig liebenswürdige Antwort: Das ginge ihn gar nichts an; sie sollen)tch nur mit der Ware nach dem Unter- uchungsamt begeben. Sie zogen aber vor, zu den Angeklagten zurückzukehren und diese zur Zurücknahme des Rindertalgs zu be- wegen..Auch Mettwurst ist verkauft.worden, wobei.die Angeklagten gesagt haben sollen: Die Mettwurst schmecke gut, sie könne zweckmäßig tu Kartoffelsuppe geschnitten und auch in Gemüse ge- steckt' werden.' Der Mann der einen Käuferin hat sich nach de m Genutz der Wurst sofort übergeben und in seiner Em- pörung seiner Frau sogar eine Ohrfeige versetzt. In einem ande- ren Falle hat eine Frau Funke von den Angeklagten Speise- e t t gekauft, das sie zu Bratkartoffeln verwandte. Nach deren Genuß sind die Kinder der Zeugin krank geworden und ste selbst hat einen erheblichen- Ausschlag im Gesicht erhalten. Es ist festgestellt, worden, daß das angebliche Speisefett in Wahrheit Fett war. das die Angeklagten von einer Konservenfabrik„für technische Zwecke" gekauft hatten. Die Angeklagten haben sich -omit nickst nur des Vergehens gegen die'Verordnung vom 28. Ok- tober 1915 betr. das Verbot des Verkaufs von Fleisch an den Diens-
tagen und Freitagen, sondern auch gegen die Höchsipreis-Verord- nung und das Nahrungsmittelgesetz schuldig gemacht. Der Staats- a nw a Ist beantragte gegen den Ehemann 8 Monate und 2 Wochen Gefängnis, gegen die Ehefrau 2 Monate Gefängnis und 350 M. Geldstrafe. Das Gericht verurteilte den Ehemann zu einem Jahre, die Ehefrau zu 9 Monaten Gefängnis, beide auch zu 7 0 0 M. Geldstrafe event. 70 Tage Gefäugnis.
Milchpantscheret. Milchpantschereien in ganz erheblichem Umfange fielen dem M o l k e r e i b e sitzer Czesla und dessen Ehe- fr au au s Spand au zur Last, die gestern unter der An- klage der Nahrungsmittelverfälschung Vor der 1. Strafkaminer des Landgerichts IH standen. Die Angeklagten besitzen eine Milchwirtschaft, in welcher dauernd 25 bis 26 Kühe gemolken werden. Die Beweisaufnahme ergab, daß schon seit dem Jahre 1913 in'dem Betriebe der Angeklagten starke. V erwäs ser u ng cn der Milch gewohnhefts- mäßig vorgenommen worden find. Die Sache hat erst Verhältnis- mäßig spät zur Erhebung einer Anklage führen können, da bezüglich der Täterschaft bisher eine feste Grundlage nicht gefunden werden konnte. Die Angeklagten hatten es verstanden, die.Schuld auf die bei ihnen beschäftigten Schweizer abzuwälzen. Tatsächlich sind die Wasserzusätze aber in den Kühlräumen vorgenommen wor- den, und zwar sind 1913 etwa 10 Proz. zugesetzt worden, die Menge erhöhte sich im'Jahre l'915'auf'20 Liter für 85 Liter und im Jckhre 1916 auf.33� P r oz. Der Angeklagte gab zu, in zwei Fällen Wasser hinzugesetzt zu haben, da er durch das Plötz- liche Absterben zweier Kühe in eine vorübergehende Verlegenheit geraten sei. Das Spandauer Schöffengericht hatte den Angeklagten zu. zw ei Monaten Gefängnis und 600 M. Geldstrafe, die Ehefrau zu 200 M. Geldstrafe ver- urteilt. Gegen dieses Urteil hatten sowohl die Angeklagten als auch der Staatsanwalt Berufung eingelegt. Der Versuch des Ängekla'gten, wiederum die Schuld aiif die Schweizer zu schieben, drang nicht durch, vielmehr wurde festgestellt, daß die Kühlräume ängstlich vor dem Zuttitt der Schweizer bewahrt worden waren und sich in' diesen Räumen eine geheimnisvolle Tätigkeit entwickelt hatte. Nach Anhörung des Sachverständigen, Chemikers Dr. B.aier, hielt die Strafkammer das erste Urteil nicht für aus- reichend, da hier in schamloser Weise aus Habsucht die Milch, die ein Hauptnährungsmittel für Kinder darstelle, verfälscht und ver- wässerte Milch' als Vollmilch verkauft worden sei. Die Strafe wurde gegen den Ehemann auf zwei Monate Gefängnis und 2000 M. Geldstrafe, gegen die Ehefrau auf 1000 M. Geldstrafe erhöht.___ Mus aller Welt. Er will durchhalten. Die Mahnung, sparsam mit den Lebensmitteln umzugehen, um mit den vorhandenen„durchhalten" zu können, ist ja nun gerade oft genug an die Bevölkerung ergangen. Manchem, der diese Mäh- nung reichlich ergehen läßt, fällt es aber doch schwer, Theorie und Praxis in Einklang zu bringen, wenigstens soweit die eigene Pci> son dabei in Frage kommt. Der Inhaber emes Logierhauses in Schreiberhau (Riesengebirges erhielt vor einigen Tagen von einem Herrn aus Charlottenburg (nach Ausweis des Adreß- buches handell es sich um einen Stadtsckretär) eine Postkarte, deren Inhalt lautet: „Ehe ich mich als dringend Erholungsbedürftiger entschließe. eine an Zufuhr arme Gebirgsgegend als Erholungsort aufzusuchen, bitte ich noch um weitere gefl. Mitteilung. Ich möchte dabei vorausschicken, daß sowohl ich als meine Frau aus Gesund- heitsrücksichten vielerlei nicht essen, wie z. B. alle Kohlarten(aus- schließlich Kohlrabi, Grünkohl, Spinats, daß wir morgens Kakao oder gute Schokolade, in reiner Milch gekocht, genießen möchten, baß wir. sogenannten russischen oder chinesischen Tee nicht trinken i'.'izu Paü'se trinken'töix''Brvmbeer'blÄtcr mit Waldmeister-Zusatzs, daß wir in Berlin Sahne(dänische) erhalten haben. Es förntte die Befürchtung aufkommen, daß wir während unseres Kräsiigungsürläübs in einer Gebirgsgegend weniger angemessen leben könnten als hier in Berlin . Ich gestatte mir, folgende Fragen noch zu stellen: Ist gute rohe Milch zu erhalten(Sahne gibt es wohl nicht?) Können frische Eier gegen Bezahlung jederzeit verabfolgt werden? Kann man darauf rechnen, daß Fleisch als Belag(Schinken, Wurst, Aufschnitts abends regelmäßig geliefert werden kann? Wie oft wird in der Woche vegetarisch gegessen?(Erbitte Speisenfolge der letzten Tage.) Hochachtungsvoll Max Grüß, Charlottenbuvg, Grolmannstr. 63." Der„Bote aus dem Rieseugebirge" meint hierzu:„Nähere Ausführungen zu dieser Karte sind wohl überflüssig. Nur eine Frage drängt sich noch auf: Bekommt denn dieser Herr in Berlin jeden Tag Fleisch als Belag?— Nein, Fremde mit solchen An- sprächen können wir in diesem Kriegssommer hier nicht gebrauchen. Auch jene nicht, welche uns hier die Preise unnötig ver- t e u e r n. Viele Sommerfrischler machen regelrechte Raub- züge in die kleinen Wirtschaften und zahlen dort jede« Preis, oft viel mehr als der Erzeuger verlangt, ohne zu bedenken, daß sich in vielen Fällen beide Teile durch Ueberschreitu»« der Höchstpreise strafbar machen. Nun ist die Begehrlichkeit der Erzeuger wahrlich schon groß genug— wenn fie künstlich auf diese Weise noch weiter gesteigert wird, so braucht sich gerade der Sommerfrischler nicht zu wundern, wenn er in späteren Friedens- jähren im Riesengebirge Preise findet, daß ihm die Augen über- gehen." Wir wollen gar nicht in Abrede stellen, daß der Schreiber obiger Postkarte erholungsbedürftig ist. Andere Leute sind es auch. Wie stellt sich aber Herr Grüß das„Durchhalten" vor, wenn jeder noch die Ansprüche an die Ernährung stellt wie er? Er zahlt vielleicht seden Preis für Lebensmittel, wenn er sie nur bekommt. Die Folgen sind die vom„Boten auS dem Riesengebirge" geschilderten. Wenn wir schon durchhalten sollen, dann, bitte, alle Volksschichten, ob arm, ob reich, unter gleichem Verzicht auf die gewohnten Genüsse. Von den Kriegsgefangenen in Russland . In Ruhland beabsichtigen, wie die Zeitung„Djen " mitteilt, viele Semstwos eine Organisation von fliegenden Ärbeiterkolon- neu für landwirtschaftliche Arbeiten zu bilden. Diese Kolpiiuen sollen aus Kriegsgefangenen bestehen, die mit Sämaschinen, Dresch- Maschinen und andern landwirtschaftlichen Geräten ausgerüstet werden. An der Spitze dieser Kolonnen stehen angeblich Land- Wirtschaftslehrer oder Monteure. Durch diese Kolonnen soll dem Mangel an Arbeitern nicht nur auf den Bauerngütern, sondern auch auf den größeren Gutswirtschaften abgeholfen werden. Der Lohn eines jeden Kriegsgefangenen ist angeblich auf 15 Rubel monatlich festgesetzt._ Durch eine Granate gerettet. Ein seltener Fall dürfte es sein, daß einem Soldaten durch eine Granate nicht das Leben genommen, sondern gerettet wird. Wie mehrere Blätter melden, geriet der Sohn des PolizeioberwachtmeisterS Fahrnbacher in Landshut in den Kämpfen um Vaux in einen Sumpf. Trotz aller Ansttengungen sank er immer tiefer ein und hatte nach zwei Stunden jede Hofftiung aufgegeben. Da schlug in nächster Nähe eine feindliche Granate ein, die ihn samt .dem Schlamm hinausschleuderte.. Er verlor das Bewußtsein, wurde aber bald gefunden und in ein Lazarett gebracht. Er hat' nur an. der Hand eind unerhebliche Vcrletzung-davongetragen.(es Ein Millionenbetrug. Wie aus Mailand gemeldet wird, ist der Großindustrielle. Enrico Bcrtoli in' Genua wegen Unterschlagung und Wechselfälschungen in Gesamthöhe von 2 Vi Millionen Lire verhaften worden.