Dr. 185. 83. Jahrgang.
SnlW des JsraWs" Sttlintt Wsdlck.
Aoanabkvd, 8. Juli 1916.
?n Serlins Gbstkammer. Wer Werder zur Blütezeit besuchte, konnte sich freuen, in diesem Jahre ein gutes Kirschenjahr erleben zu können. Die Blüte ließ reiche Frucht erwarten. Sachverständige erklären nun, daß die für eine gute Obsternte so notwendige Be- stäubung durch den Ostwind zum Teil ausgeblieben ist. Dazu kommt, daß die Bewirtschaftung der einzelnen Grundstücke und Obstanlagen durch die Einziehung der Besitzer und deren Söhne nicht so sachverständig ausgeführt werden konnte, wie das der Obstbau erfordert. Wer gute und reichliche Frucht ernten will, muß die Obstbäume gut in Stand halten. Den Hauptwert mutz er darauf legen, die Anlagen vom Ungeziefer möglichst frei zu halten und er mutz ferner für geeignete Düngung sorgen. Das können die zurückgebliebenen weniger sachverständigen Bewirtschafter nicht so, wie die wirklichen Kenner des Obstbaues. Wer einen Gang durch die Obstanlagen Werders und Umgebung unternimmt, wird das unschwer erkennen. Weil den Werderschen Obstzüchtern in letzter Zeit Preistreiberei vorgeworfen wurde, hatte der Magistrat von Werder Ver treter der Presse gebeten, sich an Ort und Stelle durch Augew schein von dem Stande der Dinge selber zu überzeugen. Tatsächlich konnte man die Wirkung der jetzigen unvoll kommenen Bewirtschaftung und den Schaden durch Wittcrungs einflüsse leicht erkennen. An vielen Stellen hat die Raupen� und Läuseplage schwere Verheerungen angerichtet, die auch noch später großen Schaden im Gefolge haben werden. Wo diese Plage herrscht, tritt sie auch auf benachbarte Grund stücke leicht über. Wir sahen auch Anlagen, die gut im Stand gehalten waren und die demzufolge auch reichlich gute und volle Früchte trugen. Das Obst, das in Werder gezogen wird und das zum Versand nach Berlin kommt, ist vornehmlich Oualitätsobst. An der Obstverladestelle am Wasser sahen wir Kirschen, die einen geradezu anlachten, Kirschen, welche die Größe von Pflaumen hatten. Das ist nicht die Massenivare, die wir auf der Straße an den Obstwagen kaufen. Diese Kirschen bekommen große Teile der Bevölkerung kaum zu sehen, geschweige zu essen. Sie zieren die Tafeln der Feinschmecker und der besser Bemittelten. Mühsam wird Kirsche um Kirsche fein sortiert und in Körb- chen im Gewicht von etwa 8 Pfund verpackt. Die Werderaner haben für diese sortierten Kirschen schon immer einen Preis erhalten, der ihnen angemessen erschien, zumal dann, wenn es sich um besonders ausgesuchte Ware handelte. Die Werderschen Obstzüchter erklären, die in diesem Jähre tatsächlich höheren Preise wie im Vorjahre seien auf schlechtere Ernteergebnisse zurückzuführen. Nach den Jahresberichten der Obstzüchter- genossenschaft sind: a) in der ersten Fahrtivoche 1914 7081, 1915 3448. 1916 7666, b) in der zweiten Fahrtwoche 1914 48 388, 1915 39 837, 1916 32 165, o) in der dritten Fahrt- Woche 1914 64 073, 1915 54 478, 1916 37 847, ä) in der vierten Fahrtwoche 1914 72 627, 1915 53 711, 1916 35 345 kleine Körbe, die Kirschen oder Erdbeeren in Achtpfundmengen enthielten, nach Berlin verschickt worden. Ersieht man auS diesen Ziffern für 1914 eine Vollernte, für 1915 eine Mittel ernte, so würde für 1916 in Weichobst eine Minderernte ehr getreten sein. Zahlreiche Züchter, denen beurlaubte Soldaten als Erntehilfe zur Verfügung standen, mußten ihre Hilfskräste zurückschicken, da es an Beschäftigung in den Obstgärten ge- brach. In den letzten Tagen mußte der tägliche Obstzug nach Berlin ausfallen, weil nicht genügend Obst vor- Händen war. Die Preisprüfungsstelle Groß-Berlin hat für Werdersches Obst bestimmte Preise für den Großhandel festgesetzt. Diese Preisfestsetzung ist erfolgt nach Anhörung von Produzenten des Obstbaues und nach Berücksichtigung aller besonders für Werder in Betracht kommenden Ilmstände in diesem Jahre. Diese Preisfestsetzung hat nun überall böses Blut gemacht. Die Konsumenten hielten die Preise für zu hoch, die Prodw zenten für ungenügend. Letztere meinten, die zu den Be> ratungen hinzugezogenen Vertreter hätten keine Vollmacht gehabt, bindende Abmachungen zu treffen, obwohl nicht ge> leugnet werden kann, daß diese Vertreter die tatsächlichen Ver Hältnisse gut kennen und ohne Zweifel als Sachverständige angesprochen werden können. Andererseits ist zu beachten, daß eine Preisfestsetzung für leichtverderbliche Ware, wie es Kirschen und Erdbeeren sind, auch eine Gefahr für die Kon- sumenten in sich schließt, wenn Preise bestehen bleiben, die wohl anfänglich, wenn frische Ware auf dem Markte erscheint, noch gerechtfertigt sein mögen, später aber bei größerem Angebot von Obst in der festgesetzten Höhe gar nicht aufrechterhalten werden können, sollen die Preisfestsetzungen den Konsumenten nicht argen Schaden zufügen. Die größte Erbitterung unter den Werderschen Obstzüchtern hat die Tatsache hervorgerufen, daß sie für beste sortierte Ware den Preis von 50 Pf. pro Pfund nicht übersteigen durften, während der andere Obst- Händler, der dicht neben ihm saß, aber nicht zum Werderschen Obstgebiet gehörte, ruhig 60 und 70—80 Pf. im Großhanoel nehmen durfte, obwohl dessen Ware an Güte nicht an das Werdersche Obst heranreichte. Diese Maximen der Preis- Prüfungsstelle sind ganz unverständlich, zumal das große Publikum das Obst nicht unterscheiden kann, ob es aus Werder oder anderswoher stammt. Erst ganz neuerdings ist diesem Zustande ein Ende gemacht worden, und seit dem 4. Juni verkünden Plakate in der Obsthalle am Reichstagsufer, daß dieser Unterschied ausgehoben ist. Wenn überhaupt die Preisfestsetzung für Obst eingehalten würde, müßten wir die auserlesensten Kirschen mit höchstens 65 Pf. pro Pfund erhalten. Die übrigen natürlich entsprechend billiger. Davon merkt man aber in Berlin nichts. 50 und 60 Pf. werden heute von den Straßenhändlern für ein Pfund Kirschen verlangt, das früher 10 und 15 Pf. kostete und vom Großhandel heute mit höchstens 35 M. verkauft werden darf, vorausgesetzt, daß es gute, wenn auch unsortierte Werdersche Kirschen sind. Heute wird aber unter dieser Flagge großer Mißbrauch getrieben, und die Konsumenten werden arg übers Ohr gehauen. Erfreulich ist, daß wir eine gute Ernte an Aepfeln zu erwarten haben, wenn nicht besonders schlimme Verheerungen durch die Witterung eintreten. Pfirsiche sind schlecht geraten, Johannisbeeren znm Teil gut.
das tägliche Srot. Batockis Stellvertreter. Wie die„Lodzer Zeitung" von amtlicher Stelle erfährt, hat der Polizeipräsident von Lodz , v. Oppen, eine Be- rufung nach Berlin als Stellvertreter des Präsidenten des Kriegsernährungsamtes erhalten und wird sich bereits in den nächsten Tagen zur Uebernahme seines neuen Amtes nach Berlin begeben. Für den Beirat des Kriegsernährungsamts ist aus den Reihen der deutschen Gewerkvereine neben Herrn Hartmann. der vom Berbandstage dazu bestimmt worden war, von der Haupt- leitung des Kriegsausschusses für Konsumenteninterefsen Herr Gl eich auf, Vorsibender des Gewerkvereins der Maschinenbauer, in Vorschlag gebracht worden. Als weiterer Vertreter des Reichsverbandes deutscher Städte wurde auch der Erste Bürger- meister von Eilenburg , Dr. Bclian, in den Beirat berufen. Ferner ist Herr Oskar Tietz , Berlin . Inhaber der Firma Hermann Tietz , zum Mitglieds des Beirates ernannt worden.
Verkehr mit Gerste und Hafer. Durch eine Bekanntmachung des Bundesrats vom 6. Juli 1316 wird die Verordnung über den Verkehr mit Gerste vom 28. Juni 1315 mit einigen Abänderungen auf das neue Erntejahr 1916/17 erstreckt. Als wichtigste Neuerungen sind die folgenden hervorzuheben: Die Menge, die den Erzeugern zur Verwendung im eigenen landwirtschaftlichen Betriebe belassen wird, ist nicht, wie im Vor- jabre, auf die Hälfte, sondern auf vier Zehntel der Ernte festgesetzt. Die Herabsetzung ist erfolgt, um mehr Gerste als bis- her zur Herstellung von Graupen und von Malz und Gerstenkaffee verfügbar zu machen und außerdem die Möglichkeit zu schaffen, landwirtschaftlichen Betrieben, die selbst keine Gerste bauen, Gerste als Schweinefutter zu überlassen. Da wohl mit einer erbeblich besseren Ernte gereckmet werden darf als im Vorjahre, wird den Erzeugern trotz der Herabsetzung der Quote in Wirklichkeit winde- stens ebensoviel, aller Wahrscheinlichkeit nach aber mehr verbleiben als in der letzten Ernteperiode.— Die Verarbeitung der Gerste zu Grütze, Graupen oder G e r st e n m e h l für den Selbstverbrauch der landwirtschaftlichen Betriebe wird wiederum zugelassen, aber dadurch unter Aufsicht gestellt, daß sie nur auf Grund von Mahlkarten erfolgen darf, die die zuständige Behörde ausstellt.— Der Saatgutverkehr ist für Wintergerste in genau derselben Weise neugeregclt, wie beim Brotgetreide(Saat- karten, Konzeffionierung des Handels). Der Handel mit Sommer- gerste zu Saatzwecken ist vorläufig ganz verboten, kann aber später vom Reichskanzler erlaubt und geregelt werden. Die Mindest- menge, die kleinen Erzeugern(unter 26 Doppelzentner Ertrag) be- lassen werden muß, ist wiederum auf 16 Doppelzentner festgesetzt. Der Bundesrat hat auch für die Bewirtschaftung der H a f e r e r n t e aus dem Jahre 1916 ergänzende Bestimmungen erlassen. Die bisher dem Bundesrat zustehende Befugnis, die dem einzelnen Besitzer für Einhufer und Zuchtbullen zu belassenden Hafermengen zu bestimmen, ist auf den Reichskanzler überge- gangen, ebenso ist dem Reichskanzler die Befugnis erteilt, zu ge- statten, daß dem Besitzer auch noch weitere Mengen Hafer belassen werden dürfen. Neu ist die Bestimmung, daß auch solcher Hafer enteignet werden kann, der in die Hand eines NichtlandwirtS über- gegangen ist und von ihm zu dem Zwecke, zu dem er erworben wurde, nicht gebraucht wird. Die zeitweilig beseitigte Befugnis, für den eigenen Betrieb Hafernährmittel zu erzeugen, wird dem Landwirt wieder gewährt. Die Herstellung von Hafernähr- mittel» für den eigenen Betrieb ist aber von einem besonderen Er- laubnisschein abhängig. Dem Reichskanzler ist die Möglichkeit ge- geben, die Kontingente der Hafernährmittelfcrbriken höher festzu setzen als die Friedensproduktion, da es wichtig erscheint, die Her stellung von möglichst großen Mengen von Hafernährmitteln zu er möglichen. Endlich ist eine weitgehende Auskunftspslicht der Kommunalverbände geschaffen, die der Reichsfuttermittelstelle die Grundlage für eine bessere Uebersicht der vorhandenen Vorräte geben soll. Die Veräußerung und der Erwerb von Hafer zu Saotzwecken ist vorläufig ganz untersagt, dem Reichs- kanzler ist aber die Befugnis«ingeräumt, später Bestimmungen über den Verkehr mit Hafer zu Saatzwecken zu erlassen.
größten Teil der Heeresversorgung geleistet, die bayerische Land- Wirtschaft hat ihre Verpflichtungen erfüllt, während mancher norddeutscher Agrarier noch kein Pfund abge- liefert Hai. Bayern hat erst noch in den letzten Tagen 666 Ersenbahnwagen Kartoffeln nach Norddeutschland abgegeben, ob- Wohl es diese Ware selbst notwendig gebraucht hätte. In Nord- deutschland aber, nicht in Bayern , sind die Kriegsmillio- närc wie Spargel nach einem Mairegen geradezu emporgeschossen. Wo ist die gleiche Verteilung? Nord und Süd müßten gemeinsam nicht nur das Gute, sondern auch das Schlechte tragen, das wäre die wirksamste und beste Beseitigung der Mainlinie. Im weiteren Verlauf der Rede kam Dr. Heim auf die Reise Batockis nach München zu sprechen und spottete: Er kam. sah, aber er siegte nicht. Wir haben mit ihm deutsch und deutlich geredet, haben ihm so manches vor Augen gehalten, vor allem auch die Erzeugung ungesetzlichen Mehles in Norddeutschland, und der Präsident hat das eingesehen und ist nicht mit den erwarteten Koffern voll Schmalz, Butter und Eiern nach Berlin zurück- gekehrt." Erwähnt sei schließlich noch, daß Heim auch einen Zusammen- hang zwischen der„Einstellung des 11- B o o t k r i e g e s" und den Schwierigkeiten der Lebens mittelver- s o r g u n g zu konstruieren versuchte. Fleischregelung in Oesterreich . Die österreichische und ungarische Regierung„verlautbaren" aus Grund eines anfangs Juli geschlossencu Uebereinkommens im wesentlichen gleichartige Verordnungen, wodurch der Verkehr mn Schweinen, Schweinefett und Schweinefleisch geregelt und ein um- fassendes Höchstprcissystem festgestellt wird. Tie öfter- reichische Ministerialverordnung setzt ein Schlachtvcrbot für Fett- schweine bis zu 66 Kilogramm und Fleischschweins bis zu 46 Kilo- gramm Gewicht fest. Für den Handel mit Fettschweinen, die zur Schlachtung bestimmt sind, wurde auf die Budapestcr Usance gegriffen, wonach vom Lebendgewicht jedes Schweines zunächst 22 Kilogramm abgezogen und für das verbleibende Gewicht der dem einheitlichen Höchstpreis entsprechende Preis ermittelt wird. Von dem auf diese Weise ermittelten Betrage wird aber noch ein weiterer Abzug von vier Prozent gemacht. Höchstpreise für den Verkauf auf den Märkten bestimmen die politischen Landcsbebörden. dock dürfen die Höchstpreise die Stallpreise um nicht mehr als 2 Proz. übersteigen. Der Handelsminister kann jedoch für Ge- meinden, wo sich die ungarischen Schwcinezufuhren konzentrieren, auch einen höheren als zweiprozentigen Zuschlag bewilligen. Tie Erzeuger-Höchstpreise für rohes Schweinefett und frisches Schweine- fleisch aller Art sind einheitlich mit 786 Krone» für 166 Kilogramm Nettogewicht festgesetzt; für geschmolzenes Schweinefett ist ein zwölfprozentiger Zuschlag zulässig. Höchstpreise für geschlachtete Schweine in ganzen oder halben Stücken haben die politischen Landesbehörden festzusetzen, wobei aber der vorgenannte EinHeits- preis für Rohfett und frisches Schweinefleisch keinesfalls über- schritten werden darf. Erzeugungsböchstpreise für den Verkauf von zubereitetem Schweinespeck und zubereitetem Schweinefleisch sowie Detailpreise flir alle Schweineprodukte sind durch die politischeu Landesbehörden festzusetzen. Jede Uebertretung der Verordnung Wied mit Geldstrafen bis zu 5666 Kronen oder Arrest bis zu sechs Dkonaten bestraft. Für Ueberschreitungen der hinfichtlich der lebenden Schweine festgesetzten Höchstpreise ist die obligatorische Verhängung von Arreststrafen vorgesehen.
Mahnungen der deutschen Bauernverein«. In der Sitzung der Vereinigung der 16 deutschen Bauern« vereine, die eine Mitgliederzahl von 396 666 ausweist, wurde ein- stimmig folgende Resolution angenommen: Die Vereinigung der christlichen deutschen Bauernvereine richtet in Anbetracht der ge- steigerten Knappheit an Nahrungsmitteln der verschiedensten Art, die bis zur nächsten Ernte noch bestehen wird, an die deutschen Landwirte die dringende Bitte, alles aufzw bieten, um möglichst viel Nahrungsmittel zu er- zeugen und sich auch für sich und ihren ganzen Hausstand in den Verbrauch in noch vermehrtem Maße einzuschränken, mn auf diese Weise der städtischen und Jndustriebevölkerung die gegenwärtige KriegSnot möglichst zu erleichtern. Die Reichsleitung möge dahin trachten, daß als Grundprinzip unserer KriegSwirtschaftSpolitik die planmäßige systematische BorratSansammlung in den Ueberschußgebieten angesehen wird. Soweit Regulierungen notwen« dig sind, ist es zu empfehlen, dieselben möglichst gleichzeitig für alle Teile des Reiches vorzunehmen. Besondere Schwierigkeiten herrschen zurzeit in der Fleisch« und Fettversorgung, weshalb es dringend erwünscht ist, daß diejenigen Landwirte, die noch von ihren Vorräten durch vermehrte Sparsamkeit etwa? erübrigen können, möglichst bald eine entsprechende Menge an die städtische Bevölkerung zu onge- messenem Preise abgeben. Hinsichtlich der Getreideversorgung ist e« dringend erwünscht, daß die Selbstbewirtschaftung der Kommunal- verbände in möglichst weitem Umfang« durchgeführt wird. Den für die Kommunalverbände und das Reich mahlende« Mühlen ist jeder Handel mit Mehl und Kleie zu verbieten. Dr. Heim über die Lebensmittelverteilung im Reiche. Der bayerische Abg. Heim hielt in einer Versammlung des Bayerischen Christlichen Bauernvereins zu München eine seiner temperamentvollen Reden gegen die Bureaukkatie und die bösen Norddeuffchen. Er sagte u. a.: „Die schwerste Todsünde unseres deutschen Lebens ist der Bureau kratismus, der keinen Gott neben sich duldet, der beim Reichskanzler anfängt und beim letzten Amtsschimmel aufhört. Ungerecht ist es, wenn jetzt gegen die„Z. E. G." ein Kesseltreiben veranstaltet wird. Die ganz? Anti-.Z. E. G."-Literatur stammt erstens von naiven Leuten, zweitens von Schiebern, denen ein Gewinn entgangen ist, und mttens von unehrlichen Elementen, die wissen, daß sich die „Z. E. G." nicht verteidigen kann. Die Zentral-Einkaufs-Gesell- chaft ist notwendig, aber nicht fehlerlos. Weitere Todsünden, die in der Lebensmittelversorgung begangen sind, heißen Paragraphen- und V c r o r d n u n g s' ch u st c r e i, zweitens DilcttantiS- m u s und drittens mangelhafte Organisation. Unsere Parlamentarier reisen im Auslande herum, ver- geffen aber, sich gründlich in der Heimat umzusehen, und lassen sich zuviel zu politischen Borspann- und Spitzekdiensten verwende». Alan hat in letzter Zeit besonders in der norddeutschen Presse Bayern angegriffen, daß cS nichts herausgebe und selbst in Sau» und Braus lebe. Bayern ermöglicht beute das Dasein der nord- deutschen Brauindustrie durch Abgabe von Malz, Bayern hat den
Mus öer Partei. Ein Prozeß um das 1.-Mal,Flugblatt. Vor der Strafkammer U l m hatten sich am 1. Juli Anton und Karl Preiß und Marie Fetzer wegen Vergebens gegen das Belage- rungSgesetz. begangen durch Verbreitung de» Flugblatts, wegen dessen Liebknecht verurteilt worden ist. zu verantworetn. Die Ver» Handlung fand, wie die„Freifinnige Zeitung" schreibt, unter Aus- schluß der Oeffentlichkeit statt. Die Urteilsverkündung erfolgte in öffentlicher Sitzung. Anton Preiß wurde zu drei Monaten. Karl Preiß zu sechs Wochen, Marie Fetzer zu einer Woche Gefängnis verurteilt._(z) Totenliste der Partei. In Kaufbeuren verstarb im Alter von 72 Jahren der Genosse Ulrich Zitt, eine markante Persönlichkeit in der schwäbischen Partei- bewegung. Sein großes Verständnis für die Not des arbeitenden Volkes, sein umfassendes Wissen und feine Ueberzeugungstreue haben ihm da» Vertrauen weiter Kreise erworben und bewahrt. Wieder- holt war er in den Jahren 1887 bis 1893 Kandidat für den Reichs- tagswahlkreis Kaufbeuren.__ Mus Jnduflm und Handel. Bund deutscher Bereine de» Truckgcwcrbcs, Verlages und der Papiervrrarbeitung. Dem am 4. Juli d. I. begründeten Bund« ge- hören etwa 46 Verbände als körperschaftlich« Mitglieder an. darunter die maßgebenden Vereine des Buchdruckgewerbes. SleindruckgeiverbeS, der Buchhändler-Börsenverein, die Buch-, Zeitschriften-, Musikalien- Verlegervereiue, die Bereine der Briefumschlag-Herstellung, Papier- auSstattungs-, Kartonnagen- und Faltfchachtel-Jndustrie», Groß- buchbinderei, Geschäftsbücherfabrikatlon, Tapetenindustrie. Tüten- fabrikation usw., die verschiedenen Preiskonventionen, endlich die große Vereinigung für die Zollfragen der Papier verarbeitenden Industrie und des Papierhandels.
Soziales.
Grundlos verdächtigt. Schwere und ganz haltlose Verdächtigungen der Ehre eines unbescholtenen jungen Mädchens ließ sich der Baum- Wollwarenhändler Georg Silber st ein zuschul- den kommen, wie vor der 5. Kammer des Berliner Kauf- mannsgericht festgestellt wurde. Die dort Klage erhebende Lageristin war seit März d. I. beim Beklagten in Stellung, dieser war aber mit ihr nicht zufrieden. Sein besonderes Mißfallen erregte es, daß die Klägerin mit einer Mitangestellten, der Expedientin L., freundschaftlichen Verkehr an- knüpfte. Um letztere davon abzubringen, sagte er ihr, sie solle lieber nicht mit der M. verkehren, denn„diese treibe sich mit Kerls herum". Als die Klägerin von dieser Warnung er- fuhr, zog sie es vor, ihre Tätigkeit sofort einzustellen. In der mündlichen Verhandlung wollte der Beklagte„Wahrung berechtigter Interessen" für sich in Anspruch nehmen. Die Kläge- rin soll mit Herren und noch am letzten Tage— entsetzlich!— mit einem Soldaten gesehen worden sein. Sie babe die Zeugin L. zu Kaffeebesuchen angehalten und dadurch nach seiner Ansicht un- günstig auf das junge Mädchen eingewirkt. Da die L. seine erste Expedientin sei und in letzter Zeit mehrere Diebstähle bei ihm vor- gekommen seien, so habe er mit der Warnung nicht nur daSJnteresse der Expedientin, sondern auch sein berechtigtes Interesse gewahrt. Die vom Kaufmannsgericht angeordnete Beweisaufnahme ergab auch nicht einen Schimmer der Berechtigung z u derartig schweren Verdächtigungen. Die t7 jährige L. bekundete, daß sie auf ihren Wunsch von Frl. M. mal ins Theater mitgenommen worden sei, und daß sie auch mal nach Geschäftsschluß eine Tasse Kaffee zusammen getrunken hätten. Irgend etwas llnlauttzres fei dabei nicht vorgekommen. In bezug