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Nr. 207.

33. Jahrgang.

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Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin ".

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigplak, Nr. 151 90-151 97.

Zum 31. Juli.

Von Karl Kautsky .

Mit einem finnlosen Verbrechen wurde die Aera des Welt­frieges begonnen, mit der Hinmordung des großen Friedens­freundes Jean Jaurès . Zwei Jahre sind seitdem dahinge­gangen, dem einen Opfer sind vier Millionen gefolgt, die auf den Schlachtfeldern Europas ihr Leben gelassen haben. Unsere Nerven sind abgeſtumpft, die Schätzung des Menschenlebens auf ein Minimum gesunken, und doch erfüllt uns die Tat des Raoul Villain immer noch mit Entseßen, so teuer war uns Jaurès geworden, eine so große Lücke riß sein Tod in dem Moment, wo die Internationale seiner am meisten bedurfte. Dabei waren die Umstände seines Todes derart, daß die ge­schäftige Phantasie reichsten Spielraum fand und das Maß dessen, was Jaurès nach dem 31. Juli 1914 hätte leisten können und leisten wollen, über Gebühr vergrößerte.

Sonntag, den 30. Juli 1916.

griffen wurden. Gemäß den bisherigen Regeln der Inter­nationale, die den Verteidigungskrieg gestatten, dagegen den Angriffskrieg verpönen, hätten die Sozialisten Frankreichs und Belgiens das Recht, ja die Pflicht gehabt, die Kriegs­kredite zu bewilligen, die Deutschlands dagegen die Pflicht, sie abzulehnen.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplat, Nr. 151 90-151 97.

Partei von der Tribüne der Kammer eine Erklärung abgegeben worden ist,

fordert die Sektion der Seine- Föderation die Humanité", Zeitung der Sozialistischen Partei auf, diese interessanten Er­flärungen ihren Lesern zur Kenntnis zu bringen."

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An die verschiedenen Föderationen sind offenbar vom Vorstand der französischen Partei Schreiben geschickt worden wegen der Sienthalfahrt der drei Radikalen. Was in dem Schreiben stand, wissen wir nicht, es muß aber eine Anklage enthalten haben, denn der Schriftführer von Vauclug antwortet dem Genossen Dubreuilh:

Wir übersehen nicht, daß andere Kameraden als Brizon, Blanc und Raffin- Dugens es für richtig gehalten haben, sich mit gewissen Vertretern der deutschen Sozialdemokratie zu treffen und Sinn tam, sie zu tadeln oder sie vor den hohen Gerichtshof der dazu besprechen, und wir wissen, daß es niemals jemand in den Partei zu ziehen.

Darüber können wir hier nicht diskutieren, wenn wir auch von vornherein anerkennen, daß die Situation Frankreichs und Belgiens und damit auch die unserer dortigen Genossen, eine andere ist als die Deutschlands . Aber selbst wenn die Voraus­sehung unserer französischen Genossen richtig wäre, so folgte daraus noch nicht die Konsequenz, die sie daraus ziehen. Die französischen und belgischen Sozialisten mögen noch se sehr da von überzeugt sein, daß sie den Beschlüssen der Internationale entsprechend handelten und die deutschen diese Beschlüsse miß­achteten: das würde sie nur zu einer Anklage vor der Internationale berechtigen, nicht aber dazu, mit der Anklage auch gleich das Urteil vorwegzunehmen, das nur die gesamte Internationale fällen kann, und damit ihr Zusammentreten zu erschweren.

Freilich wäre auch das Erheben dieser Anklage nicht sehr zweckmäßig und für die Lösung der wichtigsten und dringend­sten Aufgabe der Internationale im gegenwärtigen Moment nicht förderlich.

Dieses auszusprechen ist zur Pflicht geworden angesichts des zutage getretenen Strebens, durch phantastische Ein­schätzung dessen, was Jaurès gewollt und gekonnt hätte, ihn fälschlicherweise in einen Gegensatz zu bringen zu seinen Ge­nossen und das Prestige seines Namens gegen sie auszuspielen. Was Jaurès nach dem 31. Juli wirklich getan hätte, darauf gibt es eine sichere Antwort natürlich nicht. Was Diese Aufgabe besteht darin, nach dem Beschlusse des Jaurès in den letzten Tagen vor seinem Tode wirklich tat Stuttgarter Kongresses, für die rasche Beendigung des und sagte, steht aber vollkommen im Einklang mit dem, was Serieges einzutreten". Das kann nun nicht etwa bloß heißen, seine Genossen nach seinem Tode vollzogen. Man mag es sich für rascheste Einstellung aller kriegerischen Operationen, billigen oder nicht das ist ein Kapitel für sich aber man ohne Rücksicht auf das Ergebnis des Krieges einzusetzen. Sie höre auf, Jaurès ' Andenken Zwecken dienstbar zu machen, die muß nicht einen bloßen Waffenstillstand anstreben, der bald in vollem Gegensatz stehen zu denen, für die er wirklich eintrat. wieder durch neuen, noch fürchterlicheren Krieg abgelöst wird, Wir wollen hier ganz absehen davon, daß das, was sondern einen Friedenszustand, der erwarten läßt, er werde Jaurès für die Erhaltung des Friedens hätte tun können, ein dauernder sein, und der den internationalen Grundsätzen maßlos überschätzt wird. Diese hing von Faktoren außerhalb entspricht. Das kann nur ein Friede sein auf einer Basis, Frankreichs ab, auf die er nicht den mindesten Einfluß hatte. Die allen beteiligten Völkern ihre selbständige Entwicklung in Und wie klein ist überhaupt in dem jezigen Kriege das Indi- gleichem Maße sichert. viduum geworden gegenüber der anonymen Masse! Wenn

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Was aber das Jaurèssche Wollen anbelangt, so muß fonstatiert w rden, daß ebenso wie die Masse seiner Genossen auch Jaurès in der entscheidenden Woche, die seinem Tode vor- möglich werden, dann hätte die internationale Konferenz fest­Sollte aber eine Verständigung über diese Basis nicht ausging, das größte Vertrauen zur Politik der französischen zustellen, welche der angeschlossenen Parteien dabei die schuld­wie der englischen Regierung gegenüber den Zentralmächten tragende ist. Gegen die Wortführer dieser Partei wäre dann bekundete, und daß sich bis zum wirklichen Kriegsausbruch von der Internationale die international gesinnte Opposition nichts ereignete, was Jaurès anders gestimmt hätte. in dem betreffenden Lande aufzurufen.

Die Aufgabe der internationalen Zusammenkunft wäre früher gerade Kriege das Mittel waren, einzelne Persönliches, zu untersuchen, ob eine Verständigung aller sozialistischen keiten hoch über den Durchschnitt emporzuheben und der Masse Parteien über eine solche Basis möglich ist. Gelingt die Ver­in einem Strahlenglanze des Uebermenschentums erscheinen ständigung, dann wäre es die Aufgabe der Sozialisten eines zu lassen, so hat der jezige Krieg nur Preſtigen zerstört, die jeden Landes, von ihrer Regierung zu verlangen, daß sie ihre er von der Friedenszeit übernommen, aber keine neuen an Bereitschaft erkläre, auf dieser Basis Frieden zu schließen. ihre Stelle gesezt. Opposition anzusagen. Jeder Regierung, die das ablehnt, wäre die energischste

Alles, was an Aeußerungen Jaurès' im gegensätzlichen Sinne vorgebracht wird, beruht auf Unkenntnis der Tatsachen, wenn nicht auf direkten Fälschungen.

überein.

nalen Sonferenz. Sie wird von Tag zu Tag dringender und Darin beständen die nächsten Aufgaben einer internatio­handelt gewiß nicht im Sinne von Jaurès. unerläßlicher. Und wer ihren Zusammentritt erschwert, der

Daß Sie im Hinblick auf die Internationale offiziell nichts tun wollen, versteht sich. Bis zu diesem Tage gab Ihnen die einen nicht gestatten, was Sie der anderen zugestehen, ist bes Mehrheit recht, aber daß Sie unter verschiedenen Formen den fremdend. Alexandre Blanc, unser Erwählter, hat als guter Sozialiſt gehandelt. Wir beglückwünschen uns deswegen. Außer­dem sollen Sie wissen, daß die drei Pilger von Kienthal" die Internationale verteidigt haben, die sie und wir wie immer als lebend ansehen."

in einer Resolution die Sektionen der Marneföderation neben Eine Organisation der Marne - Föderation verpflichtet der Humanité", die das offizielle Organ der Partei ist, den Populaire" zu halten, da es nötig sei, daß neben dem Stand­punkt der Mehrheit auch der der Minderheit zur Geltung komme.

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fation von Dignac, die zur Föderation Charente gehört. Nach Schließlich finden wir noch eine Tagesordnung der Organi­einigen Gedenkworten für die im Kampf stehenden und die ge­fallenen Genossen fährt die Resolution fort: geordneten Blanc, Brizon und Raffin- Dugens wegen ihrer Teil­ Die Gruppe richtet ihre heißesten Glückwünsche an die Ab­nahme am Kongreß von Kienthal, wegen ihrer Erklärung und ihrer Abstimmung vom 24. Juni.

Sie hofft, daß die anderen Abgeordneten der Parteiminderheit bald dem von diesen drei Genossen gegebenen Beispiel folgen wer den; und sie fordern die Föderation der Charente ausdrücklich auf, auf ihrem nächsten Kongreß die beiden vorhergehenden Absätze ( dieser Resolution) zur Diskussion zu stellen."

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Die drei Pilger von Kienthal" scheinen also doch nicht so bereinzelt zu stehen, wie es einige Genoffen der französischen nüßlich, die von den Vereinen gefaßten Beschlüsse zu studieren. Parteimehrheit gern behaupten. Es ist manchmal interessant und Sie geben uns Aufschluß über die Stimmung unter den Partei­genoffen, und wir sehen mit Befriedigung, daß die Taten der Minderheiten in Frankreich wie in Deutschland von den Partei­genossen im Lande wohl verstanden und freudig aufgenommen

werden.

Vertagung der französischen Kammer.

Havas.) Die französische Kammer hat sich heute bis zum Paris , 29. Juli. ( W. T. B.)( Meldung der Agence 12. September vertagt. Der Senat hat sich am Donnerstag auf den 14. September vertagt.

Frauen im finnischen Landtag.

Abkommens.

Wir können hier die Frage der Schuld am Kriege nicht In dem neugewählten finnischen Landtag, in dem be­untersuchen, aber fest steht, daß Jaurès bis zu seinem Tode Daß keine sachlichen Gründe eine internationale Ver- 24 Frauen gewählt worden, die demnach 12 Prozent aller kanntlich die Sozialdemokratie die Mehrheit errungen hat, sind der Ueberzeugung lebte, das einzige Mittel, den Krieg zu ständigung über den Frieden unmöglich machen, hat die Kon- Size inne haben. Die zunehmende Zahl der Frauen in der verhindern, sei die Politik, die Frankreich und England da- ferenz von Zimmerwald bewiesen. Darin liegt ihre historische finnischen Volksvertretung und ihre wirkungsreiche Betätigung mals verfolgten. Das kann niemand leugnen, der die Bedeutung. Diese wäre noch größer gewesen, wenn sie jeden innerhalb wie außerhalb des Parlaments find ein glänzender Aeußerungen Jaurès ' am 29. Juli in Brüssel zusammenhält Zweifel daran ausgeschlossen hätte, daß es ihr nur darum zu Beweis für die praktische Tauglichkeit" des Frauenwahlrechts, mit dem Manifest des französischen Parteivorstandes und der tun sei, die bestehende Internationale in Gang und ihre Be- das bei uns selbst im Zeichen der Neuorientierung" gering­Erklärung der Fraktion unserer Bruderpartei in der Kammer schlüsse zur Durchführung zu bringen; wenn nicht einzelne schäßig als Utopie bezeichnet wird. vom 28. Juli, die beide von Jaurès unterzeichnet und aller Teilnehmer das Bedürfnis gehabt hätten, die Neubelebung Der geheime Teil des russisch - japanischen Wahrscheinlichkeit nach auch von ihm verfaßt wurden, so der Internationale damit beginnen zu wollen, daß sie die be­sehr stimmen sie im Gedankengang mit seiner Brüffeler Rede stehende Organisation in die Luft sprengten und ihre Be­Damit soll jedoch nicht gesagt sein, daß die Haltung un­schlüsse für nichtig erklärten. Manch. D. News", der Offiziofus der Südmand­Doch noch ist die alte Internationale nicht tot. Am schurischen Bahn, an dessen Spize einflußreiche japanische ferer französischen Freunde bis heute ganz dem entspricht, was 31. Juli, dem Todestage Jaurès ', tritt die Konferenz der Staatsmänner stehen, ergänzt die bisher bekannt gewordenen sich Jaurès zur Richtschnur gesetzt hatte, ja, was sie selbst bis Bertreter der neutralen Mächte im Internationalen Bureau Angaben über das russisch - japanische Abkommen und das zum Ausbruche des Weltkrieges als ihre heilige Pflicht anzusammen. Wir dürfen erwarten, daß sie das Werf weiter. gleichzeitig unterschriebene russisch - japanische Protokoll durch Jaurès war der machtvollste Träger jener internationalen führt und vollendet, das in Zimmerwald begonnen worden, interessante Mitteilungen über den geheimen Teil des Ab­kommens. Danach enthält das Protokoll in seinem geheim Politik, die schon auf dem Stuttgarter Kongreß 1907 und seit- die Neubelebung der Internationale. dem auf allen anderen internationalen Kongressen von der Totenfeier des großen Vorkämpfers der Sache des Welt- Pflichten eines Defensiv- und Offensiv. Gelingt ihr das, dann begeht sie damit die würdigste gehaltenen Teil folgende Punkte: Rußland und Japan übernehmen alle Rechte und Internationale forderte, sie solle, wenn sie einen Krieg nicht friedens, Jean Jaurès . Sie begeht sie nicht durch tatlose Bündnisses. verhindern könne ,,, für seine rasche Beendigung eintreten". Iage, sondern durch tatkräftiges Wirken, um dem heißesten Auf dem Basler Kongreß 1912 verlangte Jaurès ausdrück­lich vom Internationalen Sozialistischen Bureau, was immer Sehnen der Millionen der Welt zum Ausdruck und Durch­bruch zu verhelfen. eintreten möge, die Verbindung zwischen den proletarischen Parteien aufrechtzuerhalten und zu verstärken". Diesem Ver­mächtnis Jaurès ' find unsere französischen Genossen bisher Interessante Tagesordnungen und Briefe. die auf China Bezug nehmen.

erkannt haben.

nicht nachgekommen. Sie haben das Internationale Sozia­listische Bureau nicht nur nicht angetrieben, die Verbindung zwischen den proletarischen Parteien aufrechtzuerhalten", son­dern es vielmehr direkt daran gehindert durch ihre Weigerung, mit Vertretern der Mehrheit der deutschen Genossen zu­sammenzukommen.

Sie begründen das mit ihrer Ueberzeugung, daß Frank­ reich und Belgien in diesem Kriege von Deutschland ange­

Der neue Vertrag widerspricht weder dem englisch­japanischen, noch dem russisch - französischen Bündnis. Der Vertrag bezweckt die volle Harmonie in den Hand­lungen der neuen Bundesgenossen. Die Geheimkonvention regelt hauptsächlich die Fragen, Japan ist aller Verpflichtungen ledig, Truppen nach Europa senden.

zu

Im" Populaire" finden wir einige Tagesordnungen und einen Brief von französischen Parteiorganisationen, die für die Be­So hat die 9. Sektion der Seine- Föderation einstimmig beschlossen: burger, Retsch", der wir diese Mitteilung entnehmen, be­urteilung der in ihnen herrschenden Stimmung interessant sind. Soweit die Angaben des japanischen Blattes. Die Peters­" In Anbetracht dessen, daß am 25. Juni vom Genossen merkt hierzu: Raffin- Dugens, Abgeordneten von der fère von der Tri­büne der Deputiertenkammer ,, Wenn die Angaben des japanischen Offiziofus zutreffen, eine Erklärung abgegeben enthält der Wortlaut des russisch - japanischen Abkommens worden ist;

in Anbetracht, daß am 25. Juni vom Genossen Brizon, ernste Ergänzungen an der fürzlich veröffentlichten Abgeordneten des Aliers im Namen von drei Erwählten der Takonischen amtlichen Meldung".